Sonntag, 10. August 2014
Vermutlich liegt es an mir.
Der Hippiehäuptling, ein Freund Mr.Gaunts, den ich letztens wieder getroffen und Tante Emma zuliebe eingeladen habe, Tante Emma, und zwei ihrer Bekannten, der Limp Bizkit-Fan und der Offizier, sitzen um mich rum auf unserem Dach und halten mit Ausschau nach Sternschnuppen.
Könnten wir alle gebrauchen, sowas.
Tante Emma und der Freund Mr.Gaunts sind im Laufe des Abends zu einem verknalltheitstriefenden, klebrigen Einheitsbatzen geworden, der fröhlich händchenhaltend mit der jeweils freien Hand die Decke einascht, die sie aus dem Wohnzimmer mit hier hoch genommen haben, während der LimpBizkitFan irgendwann flüchtet, das verträgt sich alles nicht mit seinem Liebeskummer.
Der Offizier quatscht währenddessen den Hippiehäuptling voll, von wegen ich wäre ja so eine Traumfrau.
"Dann frag sie halt mal nach ihrer Nummer".
-"Boah, das mach ich." Der Offizier, der direkt neben mir sitzt, dreht sich wieder zu mir. "Hey, mayhem, würdest du mir deine Nummer geben?"
Da ist so viel naive, ganz normale Freude und Erwartungshaltung in seinem Gesicht, dass selbst das Gefühl, irgendwie..außerhalb zu stehen, die Alienhaftigkeit, die es sich heute Abend in meinem Gehirn bequem gemacht hat, für einen Moment nicht weiß, was sie dazu sagen soll.
"Ja, meinetwegen". In diesem Moment ist er einfach nur irgendein Endzwanziger, der sich einen Ast darüber freut, dass er die Handynummer der Fürstin der Verdammnis kriegt.
Armes Kind.

Es liegt an mir. Nicht am Wein, nicht an Medikamenten, die ich im Moment nicht mehr nehme, nicht an sonstwas.
Da sind Tante Emma und ihr neuer Anhang in Arbeit, der sie irgendwann rein trägt und sich mit ihr im Gästezimmer ablegt, weil sie beide total fertig sind.
Und der Hippiehäuptling, der sich ultimativ verbunden mit der Erde fühlt, als er so auf unserem Dach liegt und mit den Füßen die Farbrollen streichelt, die immer noch zum Trocknen hier liegen, obwohl mein Zimmer schon längst fertig ist.
Und der Offizier, der mich zur Traumfrau, nein, seiner Traumfrau erklärt hat.
Ich könnte mich nicht isolierter fühlen.
Aber vielleicht soll das so.

Vielleicht bedeutet "stabil" nicht, auf die klassische Art und Weise klar zu kommen; eingegliedert zu sein und sich heimisch in dem, was da draußen ist, zu fühlen.
Vielleicht bedeutet "stabil sein", zumindest das, das auch ich erreichen kann, in sich selbst sein Zuhause gefunden zu haben.
Und vielleicht ist diese erreichbare Stabilität, das Verankertsein in dem da draußen, das, was einen vorm Umfallen bewahrt, auch einfach nur die Glasglocke, unter der man sich bewegt, und die einen abschirmt.
Manchmal kann es ganz schön einsam unter dem Ding sein.
Manchmal ist das gut, manchmal auch nicht.
Aber vielleicht muss das so.