Thema: Und wie ist es heute?
Es ist eine Woche, es fühlt sich an wie eine Ewigkeit.
Das heißt nicht, dass es besser geworden ist, ich weiß nicht, ob es das ist; es tut immer noch genauso weh wie am Anfang, aber zunächst geht es ja gar nicht darum, den Schmerz los-, sondern eher darum, mit ihm fertig zu werden.
In der vergangenen Woche also Versuche meinerseits, es zu realisieren (unnötig zu erwähnen, dass sie fehlgeschlagen sind, alle), und als der Fremde dann am Sonntag doch beim Raucher vorbeikam und zuvorkommender und freundlicher war als sonst, sich, nachdem ich erwähnt hatte, dass ich bald gehen würde, extra mit dem Essen daheim beeilte und pünktlich wiederkam und mir am Schluss die warmherzigste Abschiedsumarmug seit Beginn unserer seltsamen Freundschaft verpasste, fragte ich mich so ein kleines bisschen, was das sollte, während ich versuchte, die Hoffnung niederzuringen und das Miststück zu erwürgen.
Vermutlich ist es das schlechte Gewissen.
Der Fremde hat es mir noch nicht gesagt, er geht wohl davon aus, dass ich es dank Ms Golightly schon weiß, und vielleicht kommt diese (immer noch leicht distanzierte) Freundlichkeit einfach von seinem schlechten Gewissen, so ein bisschen scheint er auch davon auszugehen, dass jetzt alles geklärt ist und wir somit weitermachen können wie bisher, nur ohne Annäherungsversuche meinerseits.
So geht das aber nicht.
Ich will ein Gespräch, ein persönliches, und ihm sagen, dass es nicht nett ist, jemanden so in der Schwebe zu lassen und immer wieder die Hoffnung zu reanimieren, so lange, bis sie nicht mehr totzukriegen ist, und dass ich auch Gefühle habe, und man mir auch wehtun kann, auch, wenn er das nie so richtig mitbekommen hat, weil ich jedes Mal die Zähne zusammengebissen und einfach weitergemacht habe, wenn er es mal wieder geschafft hat, mich in den Abgrund zu schubsen, und weil er in dieser Hinsicht das Einfühlungsvermögen einer Leitplanke hat.
Ich war kurz davor, es ihm zu sagen, aber dann dachte ich mir, eigentlich ist das sein Job.
Eigentlich müsste er mir sagen, dass es von ihm aus nichts wird, und nicht Ms Golightly; eigentlich sollte er sich nicht einfach aus der Affäre ziehen, nur, weil ich es ja jetzt weiß und Ende, und ganz davon abgesehen sollte er sich eigentlich wie der Erwachsene verhalten, der er laut Personalausweis schon ein paar Jahre länger ist als ich.
Vielleicht habe ich doch einen Fortschritt gemacht in der Woche.
Es tut immer noch furchtbar schrecklich weh, entweder habe ich ganz vergessen, wie weh es tut, oder es ist diesmal schlimmer als sonst, und ich hoffe immer noch, aber immerhin gebe ich der Hoffnung bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit der Faktenkanone eins auf den Deckel, und ich kann mir sogar ansatzweise Aggression einreden.
Auch, wenn ich weiß, dass sie nicht echt ist. Und ich ihn nicht hasse. Und nichtmal richtig wütend bin.
Und eigentlich nur will, dass alles gut wird.
Aber das habe ich wohl, aus irgendeinem Grund, nicht verdient.
Und dann ist da Papa Mayhem, der mich in der Kleinstadt anruft, den Weltuntergang über mir herabregnen lässt und dann verkündet, die Katze muss gehen. Jetzt sofort, auf der Stelle. Nein, er kann nicht bis Ende November/Anfang Dezember warten, wenn ich sowieso gezwungenermaßen ausziehe und in der selben Woche noch Chemie, Mathe und Wirtschaft schreibe.
Der Schlagzeuger merkt es nicht, der macht weiter Witze. Der Fremde schaut kurz her, konzentriert sich aber dann wieder aufs Gitarrespielen.
Nur der Raucher hat wohl mitbekommen, was los ist, obwohl er nichtmal neben mir sitzt, und er deutet in Richtung Terasse, schließt die Tür hinter uns und nimmt mich kurz in die Arme.
"Wenn dein Vater die Katze und dich jetzt rauswirft, könnt ihr zu mir, bis du mit der Nachbarin in die Mietswohnung gehst. Ich klär das mit meinen Eltern, denen gehört das hier ja, aber es müsste schon klargehen. Platz genug is, Benzin sparste dann auch ohne Ende, und dann haste wenigstens die Ruhe, die du brauchst um das Seminararbeitdings und das andere da zu schreiben. Und brauchst keine Angst ham, dass die Katze fliegt. Und auch nicht vor deinem Vater, oder seiner Freundin."
Als der Raucher mich heimfährt, beschließen wir, noch zum Aussichtspunkt zu laufen, Sterne gucken, und ich lasse mir das Wochenende nochmal durch den Kopf gehen, der Fremde, vor allem der Fremde, wieder mal, den Fakt, dass es mit ihm doch nichts werden soll, irgendein schlauer Mensch hat mal gesagt, die größte, intensivste, wahrste Liebe ist die, die unerwidert bleibt; die böse Kneipe, übernachten beim Raucher, wirken beziehungshaft, sind es aber nicht , dafür wohl Freundschaft mit Kuschelfaktor, Tendenz Richtung weitere Extras, keinerlei enttäuschte Hoffnungen seinerseits und wohl auch keine meinerseits, dafür zwischendurch aus dem Nichts heraus innere Abwehrreaktion bei mir, unterdrücke sie und verfluche mich selbst ein wenig dafür, dann wird es wieder besser, vielleicht lag es nur daran, dass Samstag und Sonntag zu viel Nähe auf einmal waren, und irgendwie ist es wohl so, dass ich ihm Halt gebe, mehr,als das seine Familie oder seine Freunde können, und er war die letzten Wochenenden nüchtern, das war er sonst nie, sagt er, und dieses Wochenende hat er keine einzige Zigarette geraucht.
Unter der Woche sind Schlaflosigkeit und depressionsgetränkte Liedtexte seine Begleiter, am Wochenende bin ich es.
Wenigstens mit einem von uns beiden geht es bergauf.
Und immer noch: Ja, es tut weh.
Die wüsten Straßen fließen lichterloh
durch den erloschnen Kopf. Und tun mir weh.
Ich fühle deutlich, dass ich bald vergeh-
Dornrosen meines Fleisches, stecht nicht so.
De Nacht verschimmelt. Giftlaternenschein
hat, kriechend, sie mit grünem Dreck beschmiert.
Das Herz ist wie ein Sack. Das Blut erfriert.
Die Welt fällt um. Die Augen stürzen ein.
("Punkt" von Alfred Lichtenstein)
Das heißt nicht, dass es besser geworden ist, ich weiß nicht, ob es das ist; es tut immer noch genauso weh wie am Anfang, aber zunächst geht es ja gar nicht darum, den Schmerz los-, sondern eher darum, mit ihm fertig zu werden.
In der vergangenen Woche also Versuche meinerseits, es zu realisieren (unnötig zu erwähnen, dass sie fehlgeschlagen sind, alle), und als der Fremde dann am Sonntag doch beim Raucher vorbeikam und zuvorkommender und freundlicher war als sonst, sich, nachdem ich erwähnt hatte, dass ich bald gehen würde, extra mit dem Essen daheim beeilte und pünktlich wiederkam und mir am Schluss die warmherzigste Abschiedsumarmug seit Beginn unserer seltsamen Freundschaft verpasste, fragte ich mich so ein kleines bisschen, was das sollte, während ich versuchte, die Hoffnung niederzuringen und das Miststück zu erwürgen.
Vermutlich ist es das schlechte Gewissen.
Der Fremde hat es mir noch nicht gesagt, er geht wohl davon aus, dass ich es dank Ms Golightly schon weiß, und vielleicht kommt diese (immer noch leicht distanzierte) Freundlichkeit einfach von seinem schlechten Gewissen, so ein bisschen scheint er auch davon auszugehen, dass jetzt alles geklärt ist und wir somit weitermachen können wie bisher, nur ohne Annäherungsversuche meinerseits.
So geht das aber nicht.
Ich will ein Gespräch, ein persönliches, und ihm sagen, dass es nicht nett ist, jemanden so in der Schwebe zu lassen und immer wieder die Hoffnung zu reanimieren, so lange, bis sie nicht mehr totzukriegen ist, und dass ich auch Gefühle habe, und man mir auch wehtun kann, auch, wenn er das nie so richtig mitbekommen hat, weil ich jedes Mal die Zähne zusammengebissen und einfach weitergemacht habe, wenn er es mal wieder geschafft hat, mich in den Abgrund zu schubsen, und weil er in dieser Hinsicht das Einfühlungsvermögen einer Leitplanke hat.
Ich war kurz davor, es ihm zu sagen, aber dann dachte ich mir, eigentlich ist das sein Job.
Eigentlich müsste er mir sagen, dass es von ihm aus nichts wird, und nicht Ms Golightly; eigentlich sollte er sich nicht einfach aus der Affäre ziehen, nur, weil ich es ja jetzt weiß und Ende, und ganz davon abgesehen sollte er sich eigentlich wie der Erwachsene verhalten, der er laut Personalausweis schon ein paar Jahre länger ist als ich.
Vielleicht habe ich doch einen Fortschritt gemacht in der Woche.
Es tut immer noch furchtbar schrecklich weh, entweder habe ich ganz vergessen, wie weh es tut, oder es ist diesmal schlimmer als sonst, und ich hoffe immer noch, aber immerhin gebe ich der Hoffnung bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit der Faktenkanone eins auf den Deckel, und ich kann mir sogar ansatzweise Aggression einreden.
Auch, wenn ich weiß, dass sie nicht echt ist. Und ich ihn nicht hasse. Und nichtmal richtig wütend bin.
Und eigentlich nur will, dass alles gut wird.
Aber das habe ich wohl, aus irgendeinem Grund, nicht verdient.
Und dann ist da Papa Mayhem, der mich in der Kleinstadt anruft, den Weltuntergang über mir herabregnen lässt und dann verkündet, die Katze muss gehen. Jetzt sofort, auf der Stelle. Nein, er kann nicht bis Ende November/Anfang Dezember warten, wenn ich sowieso gezwungenermaßen ausziehe und in der selben Woche noch Chemie, Mathe und Wirtschaft schreibe.
Der Schlagzeuger merkt es nicht, der macht weiter Witze. Der Fremde schaut kurz her, konzentriert sich aber dann wieder aufs Gitarrespielen.
Nur der Raucher hat wohl mitbekommen, was los ist, obwohl er nichtmal neben mir sitzt, und er deutet in Richtung Terasse, schließt die Tür hinter uns und nimmt mich kurz in die Arme.
"Wenn dein Vater die Katze und dich jetzt rauswirft, könnt ihr zu mir, bis du mit der Nachbarin in die Mietswohnung gehst. Ich klär das mit meinen Eltern, denen gehört das hier ja, aber es müsste schon klargehen. Platz genug is, Benzin sparste dann auch ohne Ende, und dann haste wenigstens die Ruhe, die du brauchst um das Seminararbeitdings und das andere da zu schreiben. Und brauchst keine Angst ham, dass die Katze fliegt. Und auch nicht vor deinem Vater, oder seiner Freundin."
Als der Raucher mich heimfährt, beschließen wir, noch zum Aussichtspunkt zu laufen, Sterne gucken, und ich lasse mir das Wochenende nochmal durch den Kopf gehen, der Fremde, vor allem der Fremde, wieder mal, den Fakt, dass es mit ihm doch nichts werden soll, irgendein schlauer Mensch hat mal gesagt, die größte, intensivste, wahrste Liebe ist die, die unerwidert bleibt; die böse Kneipe, übernachten beim Raucher, wirken beziehungshaft, sind es aber nicht , dafür wohl Freundschaft mit Kuschelfaktor, Tendenz Richtung weitere Extras, keinerlei enttäuschte Hoffnungen seinerseits und wohl auch keine meinerseits, dafür zwischendurch aus dem Nichts heraus innere Abwehrreaktion bei mir, unterdrücke sie und verfluche mich selbst ein wenig dafür, dann wird es wieder besser, vielleicht lag es nur daran, dass Samstag und Sonntag zu viel Nähe auf einmal waren, und irgendwie ist es wohl so, dass ich ihm Halt gebe, mehr,als das seine Familie oder seine Freunde können, und er war die letzten Wochenenden nüchtern, das war er sonst nie, sagt er, und dieses Wochenende hat er keine einzige Zigarette geraucht.
Unter der Woche sind Schlaflosigkeit und depressionsgetränkte Liedtexte seine Begleiter, am Wochenende bin ich es.
Wenigstens mit einem von uns beiden geht es bergauf.
Und immer noch: Ja, es tut weh.
Die wüsten Straßen fließen lichterloh
durch den erloschnen Kopf. Und tun mir weh.
Ich fühle deutlich, dass ich bald vergeh-
Dornrosen meines Fleisches, stecht nicht so.
De Nacht verschimmelt. Giftlaternenschein
hat, kriechend, sie mit grünem Dreck beschmiert.
Das Herz ist wie ein Sack. Das Blut erfriert.
Die Welt fällt um. Die Augen stürzen ein.
("Punkt" von Alfred Lichtenstein)