Thema: Exilgebloggtes.
Wings - Frittenbude.
Und da sitze ich alleine in meiner Wohnung.
Kater Mayhem hat sich hinter den Kühlschrank verkrochen und weigert sich beständig, rauszukommen; weil ich Angst hatte, dass er eventuell festhängt, habe ich die Fußleiste komplett entfernt, um dann festzustellen, dass von ihm sowieso nur eine Pfote zu sehen ist, weil er den Restkörper so weit nach oben gequetscht hat, dass niemand an ihn rankommt.
Zwei Stunden später traut er sich raus, nachdem ich ihn dauerhaft mit Unspoken von Four Tet beschallt und außerdem ein Räucherstäbchen abgebrannt habe, das so reinhaut, dass man es als Quasi-Methadon für leichtere Drogen verkaufen könnte, und wühlt sich, eine staubige, nervöse Fellkugel, ganz tief in mein frisch bezogenes Bett, um beim ersten Geräusch aus den angrenzenden Wohnungen sofort unter den Kleiderschrank zu schießen und dort auch zu bleiben.
Das kleine Knäuel Überforderung unter dem Schrank und ich, wir sind immer noch ereignisschocksgelähmt.
Dass es tatsächlich geklappt hat.
Dass wir hier sind...
dass wir alleine sind.
Als ich meine letzten Sachen hole, sitzt Papa Mayhem vor dem Fernseher und sieht semi-zerstört aus, zeigt sich aber neutral-freundlich und trägt sogar seine leere Wasserflasche selbst in den Keller; etwas, das in 18 Jahren noch nie vorgekommen ist, wenn ich da war.
Ich verabschiede mich mit dem Hinweis, die Katzenstreu morgen mit zu nehmen und der Bitte, mich anzurufen, wenn er Opa Mayhem abholen möchte.
Dann gehe ich, aus dem Haus, weg von der Straße, zur nächsten, die Treppen hoch, und noch weiter, und noch weiter, und noch weiter, in die Wohnung, meine Wohnung, schließe hinter mir ab und erschrecke die Katze damit so sehr, dass sie sich den Kopf am Schrankboden stößt, und während mein Vater drüben vor seinem Fernseher sitzt und sich an mechanisch-geordnetem Pflichtreihenfolgenleben festzuhalten versucht, rolle ich mich auf dem Bett zusammen, meinem Bett, in der Dachschräge, so, wie ich es immer wollte, und weil sonst niemand zum festhalten da ist, halte ich mich an der Decke des Rauchers fest, die er hier gelassen hat, wickle mich ein, begrabe mich unter ihr und versuche, weiterzuexistieren.
Und ich existiere auch weiter, in diesem Haus, auf dem Bett zusammengerollt, unter der Dachschräge, versteckt unter der Decke des Rauchers
Während mein Vater Akten sortiert und Chips isst und Bier trinkt und fernsieht
mein Großvater im Heim vor sich hin vegetiert, am Mittwoch hat er zwar mich erkannt, aber Papa Mayhem nicht mehr,
die Vatersfreundin wieder mal den Kontakt zu ihm abgebrochen hat, tippe bezüglich des Eintritts des Krisenendes auf "noch heute Abend",
der Raucher bei seiner Familie sitzt, wie der Hut, die Nixe, die Blondinenfraktion,
und mein Pate irgendwo in der Tundra unterwegs ist, windumrauscht, schneesturmgepeitscht und fast taub, eigentlich bräuchte er zwei Hörgeräte, hat er geschrieben.
Dass er deshalb nicht mehr so gerne telefoniert, ich aber vorbeikommen kann, wenn ich will.
Ich weiß nicht, ob ich will.
Aber ich bemühe mich, Kontakt zu halten, Mailkontakt, weil er sich sonst schämen würde, wenn ich wegen ihm so schreien muss, und eigentlich ist das ganz gut so, Distanzkontakt.
Halbwegs gut verträglich, nicht zu persönlich.
Geregelt, geordnet, genügend Abstand.
Kater Mayhem kommt unter dem Schrank rausgekrochen und wühlt sich zu mir durch.
Ich ziehe uns beiden die Decke des Rauchers über den Kopf und wir halten Winterschlaf ohne Schlafen, Eiszeitaussitzen im Wachzustand.
Warten auf bessere Zeiten.
Und da sitze ich alleine in meiner Wohnung.
Kater Mayhem hat sich hinter den Kühlschrank verkrochen und weigert sich beständig, rauszukommen; weil ich Angst hatte, dass er eventuell festhängt, habe ich die Fußleiste komplett entfernt, um dann festzustellen, dass von ihm sowieso nur eine Pfote zu sehen ist, weil er den Restkörper so weit nach oben gequetscht hat, dass niemand an ihn rankommt.
Zwei Stunden später traut er sich raus, nachdem ich ihn dauerhaft mit Unspoken von Four Tet beschallt und außerdem ein Räucherstäbchen abgebrannt habe, das so reinhaut, dass man es als Quasi-Methadon für leichtere Drogen verkaufen könnte, und wühlt sich, eine staubige, nervöse Fellkugel, ganz tief in mein frisch bezogenes Bett, um beim ersten Geräusch aus den angrenzenden Wohnungen sofort unter den Kleiderschrank zu schießen und dort auch zu bleiben.
Das kleine Knäuel Überforderung unter dem Schrank und ich, wir sind immer noch ereignisschocksgelähmt.
Dass es tatsächlich geklappt hat.
Dass wir hier sind...
dass wir alleine sind.
Als ich meine letzten Sachen hole, sitzt Papa Mayhem vor dem Fernseher und sieht semi-zerstört aus, zeigt sich aber neutral-freundlich und trägt sogar seine leere Wasserflasche selbst in den Keller; etwas, das in 18 Jahren noch nie vorgekommen ist, wenn ich da war.
Ich verabschiede mich mit dem Hinweis, die Katzenstreu morgen mit zu nehmen und der Bitte, mich anzurufen, wenn er Opa Mayhem abholen möchte.
Dann gehe ich, aus dem Haus, weg von der Straße, zur nächsten, die Treppen hoch, und noch weiter, und noch weiter, und noch weiter, in die Wohnung, meine Wohnung, schließe hinter mir ab und erschrecke die Katze damit so sehr, dass sie sich den Kopf am Schrankboden stößt, und während mein Vater drüben vor seinem Fernseher sitzt und sich an mechanisch-geordnetem Pflichtreihenfolgenleben festzuhalten versucht, rolle ich mich auf dem Bett zusammen, meinem Bett, in der Dachschräge, so, wie ich es immer wollte, und weil sonst niemand zum festhalten da ist, halte ich mich an der Decke des Rauchers fest, die er hier gelassen hat, wickle mich ein, begrabe mich unter ihr und versuche, weiterzuexistieren.
Und ich existiere auch weiter, in diesem Haus, auf dem Bett zusammengerollt, unter der Dachschräge, versteckt unter der Decke des Rauchers
Während mein Vater Akten sortiert und Chips isst und Bier trinkt und fernsieht
mein Großvater im Heim vor sich hin vegetiert, am Mittwoch hat er zwar mich erkannt, aber Papa Mayhem nicht mehr,
die Vatersfreundin wieder mal den Kontakt zu ihm abgebrochen hat, tippe bezüglich des Eintritts des Krisenendes auf "noch heute Abend",
der Raucher bei seiner Familie sitzt, wie der Hut, die Nixe, die Blondinenfraktion,
und mein Pate irgendwo in der Tundra unterwegs ist, windumrauscht, schneesturmgepeitscht und fast taub, eigentlich bräuchte er zwei Hörgeräte, hat er geschrieben.
Dass er deshalb nicht mehr so gerne telefoniert, ich aber vorbeikommen kann, wenn ich will.
Ich weiß nicht, ob ich will.
Aber ich bemühe mich, Kontakt zu halten, Mailkontakt, weil er sich sonst schämen würde, wenn ich wegen ihm so schreien muss, und eigentlich ist das ganz gut so, Distanzkontakt.
Halbwegs gut verträglich, nicht zu persönlich.
Geregelt, geordnet, genügend Abstand.
Kater Mayhem kommt unter dem Schrank rausgekrochen und wühlt sich zu mir durch.
Ich ziehe uns beiden die Decke des Rauchers über den Kopf und wir halten Winterschlaf ohne Schlafen, Eiszeitaussitzen im Wachzustand.
Warten auf bessere Zeiten.
Thema: Exilgebloggtes.
25. Dezember 12 | Autor: mayhem | 0 Kommentare | Kommentieren
Gibt es Uruguay eigentlich noch? - Frittenbude
Wir schleppen
an den anderen, an uns, meine Möbel die Treppen hoch.
Schwer atmend, Aufzüge sind Luxus, und Luxus kann man sich nicht leisten, Schranktür um Schranktür, Lattenrostplanke, Bettbrett, immer so weiter.
Parallel putzen, mein Zimmer, das Bad meines Großvaters, die Küche. Der väterliche Anspruch, den Sauberkeitsgrad zu erreichen, der nie da war.
Irgendwann ist es dunkel und wir tragen immer noch, Wäschekörbe, Spiegel, Schminktisch. Erbstück und trotzdem nicht als mein Besitz anerkannt, die Restverwandschaft lauert.
Dann Regen, wir hören auf, ich hole die Instrumente rüber, das Katzenklo und die Futternäpfe, und ganz am Schluss trage ich die große, blaue Transportbox, aus der Kater Mayhems gelbe Augen nervös durch die Gegend zucken,während ich versuche, sein Teilzeitgefängnis möglichst ruhig zu halten und der Raucher als Absicherung nebenher läuft und versucht, uns ein bisschen von den ganzen Autos abzuschirmen und vom Jugendzentrum, an dem wir vorbeimüssen.
Kurzes Aufatmen und dann Pizzabestellen, am Wochenende bekommt man sonst nichts und ich habe beim Aufräumen genug Geld gefunden und habe oft genug die Endlostreppen niedergekämpft, um mir eine genehmigen zu können.
Die Erschöpftheit und das Geleistete streut Positivgefühlspuderzucker über die Gesamtsituation, und der Hut bestellt unser Essen, weil ich mich doch nicht traue, mit fremden Menschen zu telefonieren.
Positivgefühl plus Weltuntergang.
Der Hut und der Raucher Positivgefühl, die Nixe und ich Weltuntergang.
Um mich rotiert es, das Leben, und auf einmal ist es halb drei Uhr morgens, die Nixe musste schon nach Hause und hat sich vorher ausgeweint, der Hut schläft in meiner Gruselkammer und hat sich, während der Raucher die Nixe heimgefahren hat, bei mir über sie ausgeweint, und gerade bin ich dabei, mich auszuweinen, ganz leise, an der Brust des Rauchers, der tief und fest schläft, aber mich immerhin im Arm hält, während ich hin und her gerissen bin, weil ich das eigentlich gut finde, so ein bisschen, aber gerade irgendwie nicht und gleichzeitig doch.
Ich weiß nicht mehr weiter, sage ich zu ihm.
Ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll.
Er schnorchelt kurz, ist genau so schlimm erkältet wie ich, da hilft die Tatsache, dass mein Boiler nicht funktioniert und die Heizung nur langsam warm wird, auch nicht gerade viel, und dann dreht er sich zu mir, sehr zerknautscht, weil sehr müde, und murmelt:"Alles wird gut." Versinkt einen Sekundenbruchteil später wieder in seinem unerschütterlichen Bärenwinterschlaf, wiederholt es aber vorher nochmal,
"Alles wird gut".
Muss ja.
Wir schleppen
an den anderen, an uns, meine Möbel die Treppen hoch.
Schwer atmend, Aufzüge sind Luxus, und Luxus kann man sich nicht leisten, Schranktür um Schranktür, Lattenrostplanke, Bettbrett, immer so weiter.
Parallel putzen, mein Zimmer, das Bad meines Großvaters, die Küche. Der väterliche Anspruch, den Sauberkeitsgrad zu erreichen, der nie da war.
Irgendwann ist es dunkel und wir tragen immer noch, Wäschekörbe, Spiegel, Schminktisch. Erbstück und trotzdem nicht als mein Besitz anerkannt, die Restverwandschaft lauert.
Dann Regen, wir hören auf, ich hole die Instrumente rüber, das Katzenklo und die Futternäpfe, und ganz am Schluss trage ich die große, blaue Transportbox, aus der Kater Mayhems gelbe Augen nervös durch die Gegend zucken,während ich versuche, sein Teilzeitgefängnis möglichst ruhig zu halten und der Raucher als Absicherung nebenher läuft und versucht, uns ein bisschen von den ganzen Autos abzuschirmen und vom Jugendzentrum, an dem wir vorbeimüssen.
Kurzes Aufatmen und dann Pizzabestellen, am Wochenende bekommt man sonst nichts und ich habe beim Aufräumen genug Geld gefunden und habe oft genug die Endlostreppen niedergekämpft, um mir eine genehmigen zu können.
Die Erschöpftheit und das Geleistete streut Positivgefühlspuderzucker über die Gesamtsituation, und der Hut bestellt unser Essen, weil ich mich doch nicht traue, mit fremden Menschen zu telefonieren.
Positivgefühl plus Weltuntergang.
Der Hut und der Raucher Positivgefühl, die Nixe und ich Weltuntergang.
Um mich rotiert es, das Leben, und auf einmal ist es halb drei Uhr morgens, die Nixe musste schon nach Hause und hat sich vorher ausgeweint, der Hut schläft in meiner Gruselkammer und hat sich, während der Raucher die Nixe heimgefahren hat, bei mir über sie ausgeweint, und gerade bin ich dabei, mich auszuweinen, ganz leise, an der Brust des Rauchers, der tief und fest schläft, aber mich immerhin im Arm hält, während ich hin und her gerissen bin, weil ich das eigentlich gut finde, so ein bisschen, aber gerade irgendwie nicht und gleichzeitig doch.
Ich weiß nicht mehr weiter, sage ich zu ihm.
Ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll.
Er schnorchelt kurz, ist genau so schlimm erkältet wie ich, da hilft die Tatsache, dass mein Boiler nicht funktioniert und die Heizung nur langsam warm wird, auch nicht gerade viel, und dann dreht er sich zu mir, sehr zerknautscht, weil sehr müde, und murmelt:"Alles wird gut." Versinkt einen Sekundenbruchteil später wieder in seinem unerschütterlichen Bärenwinterschlaf, wiederholt es aber vorher nochmal,
"Alles wird gut".
Muss ja.