Freitag, 1. Juli 2016
Die immer wiederkehrende ironische Unterstellung, der Billardspieler/Mr.Mayhem und ich seien in Auftreten und Gesamtwirkung mit einem alten Ehepaar, mindestens aber mit einer epischen Langzeitbeziehung zu vergleichen, bewahrheitet sich.
Beziehungs-Insiderwitze.
Inzwischen gemeinsames Billardspielen, statt nur noch beobachtendes.
Ich beziehe zwei Bettdecken und koche für mindestens zwei Leute, denn manchmal haben wir Besuch.
Meistens Tante Emma und ihren Freund, die Betreuung brauchen und gerne so wären wie wir.
So vertraut.
So stabil.
Hachwürg, "in guten wie in schlechten Zeiten".

Nachdem ich ihr Tagebuch gelesen hatte, habe ich mir vorgenommen, nicht wie meine Mutter zu enden, beziehungstechnisch.
Deshalb habe ich mich vom Raucher getrennt.
Weil ich nicht in einer Beziehung bleiben konnte, die mir nur Stabilität gegeben hat, während ich Gefühle und letztlich auch so gut wie alle physischen Angelegenheiten auslagern wollte/ausgelagert habe.

Der Billardspieler liegt mir am Herzen.
Mehr als der Raucher. Vielleicht sogar mit Mr.Gaunt messbar.
Ich habe es gerade nicht übers Herz gebracht, zu schreiben "mehr als Mr.Gaunt".Nicht mehr (?).

Letztlich gibt es doch mehr Parallelen, als ich wollte.
Ich sehe Mr.Mayhem, wenn er von der Arbeit heimkommt, durch oft recht lange Autobahnheimwege nicht vor 21, 22 Uhr. Wenn er auf den an mein Zimmer angrenzenden Balkon geht, eine raucht, und sich dann entweder an seinen PC (in seinem Zimmer) setzt, oder ins Bett (in meinem Zimmer) fällt, äußerste Ecke, möglichst weit weg, Rücken zu mir.
Seit Monaten.
Gut gelaunt erwische ich ihn nur, wenn er genug Geschäft geschrieben hat und sich für etwa zehn Minuten darüber freut, bis ihm etwas anderes auffällt, das ihn stört. An sich, an seiner Familie, an der Welt.
Das "genug" ist dabei eine fiktive Zahl, an die er sich klammert, und die anscheinend unerreichbar ist.
Ob es so ist, wie es mir vorkommt, und er seine Emotionen von seinem Kontostand abhängig macht?
- Ja.
Ob er das gut findet?
- Ja, schon.

Ich rutsche in die vermeintlich determinierte Elternschiene.
Nicht, weil ich mich auf etwas eingelassen habe, das ich nicht wollte, sondern weil das, oder der, den ich wollte und will, sich so sehr verändert.
Es kriecht nicht hinter einer Fassade hervor, sondern aus seinem Unterbewusstsein; ich glaube, das macht mir viel mehr zu schaffen.
Seine Kälte, seine Gleichgültigkeit, "ich hab doch gesagt, ich bin manchmal geldgeil".
Geküsst werde ich, wenn wir unter Menschen sind und mich jemand für seinen Geschmack zu lange angesehen hat.
Kurz, nachdem er sich an der Bar eine halbe Stunde mit einer Frau unterhalten hat, die ihm Getränke spendiert und so nachhaltig angeglüht hat, dass ich es mir nicht länger anschauen konnte und zum Rauchen geflüchtet bin.

Mir fehlt die Wärme und die Bestätigung, von der ich dachte, ich würde sie jetzt, in einer Beziehung, mit einem Menschen, für den ich romantische Gefühle habe, finden.
Die Art davon, die man nicht aus sich selbst heraus erzeugen kann, und die ich sonst über verschiedene Wege bezogen habe.
Geistiger Austausch mit Legolas, die Bestätigung, dass ich jemanden dazu bringen kann, sein schlechtes Gewissen und das, was er Moral nennt, auszuschalten, ebenfalls.
Wärme und gelegentliches Rebellentum vom Wikinger.
Sex nach Bedarf. (Und alle so: Waaaas, Frau Mayhem hat Sex? Aber das steht hier nie!)
Das ist ein Verhaltensschema, an das ich mich anscheinend recht gut gewöhnt habe, aber mit dem ich jetzt nichts mehr anfangen kann. Oder sollte.
Werde.

Die Amazone hat festgestellt, dass der harmlose Spaß zwischen ihr und dem Ziegenmann doch nicht so harmlos, sondern tendenziell eher wichtig ist. Tendenziell wohl schmerzhaft.
Ich habe festgestellt, dass sie den Blog gefunden hat (an dieser Stelle, falls du doch noch einen Blick hier rein werfen wolltest: Hallo! Und es sei der Hinweis angebracht, dass es einen Unterschied zwischen in emotionaler Aufgewühltheit und im _Vertrauen_ vorgelesenen Texten gibt, und denen die ich nicht vorlese, sondern bewusst und anyonym da parke, wohin sich keine mir Bekannten verirren sollen oder können, weil vielleicht der Inhalt gleich ist, aber nicht die Art, wie ich es sage, und das dann wieder nur Menschen auf die Füße tritt) und sie, dass ich, naturgemäß, über die Situation geschrieben habe.
Ich habe es als ein "wir sind quitt" betitelt, sie als ein "Schwamm drüber", und so wurde es mit einer Runde Schnaps besiegelt.

Ich hatte nicht mal richtig das Bedürfnis, ein "ICH hab es euch ja gleich gesagt" abzufeuern, oder mich über mir serviertes Leid zu freuen (soll ja manchmal helfen).
Das, was ich nicht verstanden habe, was mich irritiert und verletzt hat, das "es ist ein harmloser Spaß, den wir jederzeit beenden könnten" und das offensichtliche Nicht-Wollen, ist nicht mehr da.
Es ist kein Nichtwollen, sondern ein nicht Können.
Das war das Einzige, was ich hören wollte.
Dass die Karten auf den Tisch gelegt werden und ich aufhören kann, zu zweifeln, ob ich es vielleicht nicht wert bin... was eigentlich?
Vermutlich ist es ein egoistisches Sich-Hintergangen-Fühlen gewesen.
Das, was mich verletzte, weil dabei jemand, den ich kenne, hintergangen wurde, und man es weder sagte, noch sein ließ, obwohl es doch "harmlos" und ich eine "Freundin" und er der "geliebte Freund" war.
Alles, was ich hatte hören wollen, war die Erkenntnis, die Selbsterkenntnis, dass es eben nicht so ist.

Lediglich partielles Verständnis für die Blogsituation hin oder her, ich kann aufhören, Menschen und den Strudel aus Verletztheit* (mein Jungevogelseelchen), sehr detaillierten und tendenziell wohl eher krankhaften Rachephantasien (der Teil, der zur lustigen Teegesellschaft meines Hirns eher selten eingeladen wird) und allem anderen, was sich ebenfalls auf die Wasserrodelbahn werfen wollte, aus meinem Kopf verbannt zu halten.

Die Katzen jagen sich durchs Zimmer, seit ich irgendwann vor zwei Stunden angefangen habe, den Eintrag zu tippen.
Gustav Mahler (Symphonie No. 1, 3.Mov., endlich mal wieder) läuft ebenfalls in Endlosschleife.
Der Malibu-Likör 43- Kokosananasreismilch-Pansch allerdings ist leer.

Um es kurz zu machen: Hallo, da bin ich wieder.

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*die Autokorrektur hat interessanterweise "hirnverletzt" vorgeschlagen)