15. September 20 | Autor: mayhem | 0 Kommentare | Kommentieren
"(...)
Erblickt denn zum letzten Mal den Tag. Ich habe nichts anderes getan als die Freiheit gewählt,
Ihr aber das Grab.
Wie Ihr gehe ich einen einsamen Pfad.
Er führt steil hinan.
Ihr seht in die Nacht, und ich sehe in die Sonne, ich wende meinen Blick nicht ab.
Wer vermöchte zu schauen, was ich erblicke, und wer vermöchte mir zu folgen?
Ich erfülle, was ich bin.
Ich versenke Himmel und Hölle in mir und verschließe sie in meiner Brust.
Wer leben will, muss das Ungeheure tun, Sterben allein ist kein Verbrechen.
Ich verwerfe den Segen, und ich greife nach dem Fluch.
(...)
So lebe ich.
Ich will nichts erkennen als mich selbst.
Ich will niemanden lieben als mich selbst.
Ich verlasse dieses Land.
Ich trenne mich von meinem Ursprung.
Wie eine steile Flamme schieße ich hinauf in das Grenzenlose. Ich verbrenne, was mich berührt, ich zerstöre, was sich mir entgegensetzt.
Ich frage nicht, wohin mein Fuß mich treibt, ich habe keine Frage mehr.
Ich habe mich der Welle übergeben, die mich trägt.
Gegrüßt sei die Küste, die mich erwartet, der Fels, an den ich geworfen werde, der Strand, der meine Heimat sein wird.
Ihr aber seid ein verwundetes Tier, das allein sterben muss.
So gehe jeder seinen Weg. Ihr in die Nacht und ich in einen unbekannten Tag."
(aus: Dürrenmatt, Friedrich: Der Blinde)
Erblickt denn zum letzten Mal den Tag. Ich habe nichts anderes getan als die Freiheit gewählt,
Ihr aber das Grab.
Wie Ihr gehe ich einen einsamen Pfad.
Er führt steil hinan.
Ihr seht in die Nacht, und ich sehe in die Sonne, ich wende meinen Blick nicht ab.
Wer vermöchte zu schauen, was ich erblicke, und wer vermöchte mir zu folgen?
Ich erfülle, was ich bin.
Ich versenke Himmel und Hölle in mir und verschließe sie in meiner Brust.
Wer leben will, muss das Ungeheure tun, Sterben allein ist kein Verbrechen.
Ich verwerfe den Segen, und ich greife nach dem Fluch.
(...)
So lebe ich.
Ich will nichts erkennen als mich selbst.
Ich will niemanden lieben als mich selbst.
Ich verlasse dieses Land.
Ich trenne mich von meinem Ursprung.
Wie eine steile Flamme schieße ich hinauf in das Grenzenlose. Ich verbrenne, was mich berührt, ich zerstöre, was sich mir entgegensetzt.
Ich frage nicht, wohin mein Fuß mich treibt, ich habe keine Frage mehr.
Ich habe mich der Welle übergeben, die mich trägt.
Gegrüßt sei die Küste, die mich erwartet, der Fels, an den ich geworfen werde, der Strand, der meine Heimat sein wird.
Ihr aber seid ein verwundetes Tier, das allein sterben muss.
So gehe jeder seinen Weg. Ihr in die Nacht und ich in einen unbekannten Tag."
(aus: Dürrenmatt, Friedrich: Der Blinde)