Prag-Soundtrack, Part 1. Einfach so.
Ich könnte Ihnen von meiner Sitzung bei der Therapeutin erzählen, die mir sagte, mir gehe es doch gar nicht schlecht und ich solle mich nicht so reinsteigern, nachdem sie aus unserem Gespräch (Rederversuche meinerseits und strategisch sehr ungünstig gewählte und sehr zahlreiche Unterbrechungen ihrerseits) gefolgert hatte, dass ich eigentlich nur leicht verstimmt bin und mich nicht so anstellen soll.
Und nicht so "salopp und hektisch" reden, denn: So "kann und will" sie mir nicht zuhören.
Die arme Frau.

Ich könnte davon erzählen, dass ich, aus Frust über diese Frau, den Abend mit dem Ziegenmann, der Amazone und dem Katzenmann in der Stammkneipe verbracht habe; dass der Katzenmann mich, vermutlich alkoholkatalysiert, sehr sehr toll fand, ich mal wieder ein paar obskure Knutschflecken hatte und, natürlich, am nächsten Tag per SMS und nach sehr viel beziehungsähnlichem Gehabe seinerseits die Frage kam, was das jetzt eigentlich gewesen sei, denn von seiner Seite aus habe das kein Beziehungspotential.
Aber Kumpelgeschichte mit gesteigertem Näheverhältnis wäre natürlich ok.

Ich könnte auch von dem Konzert erzählen, das ich mit Tante Emma und dem Ziegenmann besucht habe; auf dem ich Mr.Gaunt gesehen habe, der nicht mehr mit seiner eigentlich frisch Anverlobten zusammen ist, und davon, dass Legolas und ich vorher ausführlich erörtert haben, wie wir "in der Öffentlichkeit" miteinander umgehen könntensolltenwerden, und er mir erklärt hat, dass er gerade "nicht Mann genug" ist, um "damit umzugehen, wie es sich eigentlich gehört" und somit die Heimlichkeitsschiene klar präferiert.

Von Prag könnte ich auch schreiben, oder meinem Unistress/-desaster.
Oder vom Berserkerbär, den ich am Samstag kennen gelernt habe.

Aber das ist gerade nicht das Wichtigste.

Das Wichtigste und Irritierendste, Verunsichernste und Schönste ist, dass ich Menschen habe, die, glaube ich, da sind.
Wenn ich als wandelnde Seuche dauerhustend und rotzend im Schneckentempo durch Prag wandle und ihnen damit auf den Senkel gehe;
wenn ich von einer untersensiblen Therapeutin wiederkomme und mich wie ein sehr kleiner, sehr unsanft in eine Ecke gefegter Haufen Straßendreck fühle;
wenn ich meiner Wahrnehmung nicht mehr traue und deshalb in den alltäglichsten Momenten völlig verunsichert frage, was ihre dazu sagt;
wenn ich medikamentenverstrahlt einmal den kompletten Fear and Loathing in Las Vegas durchlebe;
und auch, wenn es mir gerade einfach neutral geht, ich nicht weiter leide, weil mir der Katzenmann nichts ausmacht, und ich, wie immer in solchen Situationen seit Mr.Gaunt, zwischen leichter Freude und mittelgroßem Fluchtreflex pendle, weil der Berserkerbär..naja, der Berserkerbär ist.
Mit denen ich mal mehr, mal weniger angetrunken durch die Stadt laufe/schwanke und viel zu schlechte Lieder mit viel zu großem Ohrwurmpotential gröhle.
Und für die ich zwei Stunden früher in die Uni fahre, damit sie ihre Freistunden nicht alleine absitzen müssen.

Das, oder die, sind wichtig. Wichtiger als die ganzen anderen Sachen.
Und mindestens diesen einen eigenen, angekitschten Eintrag aus der Versenkung wert.





arboretum, Montag, 1. Juni 2015, 11:15
Uni-Desaster klingt nicht gut. Ich drücke Dir die Daumen, dass sich dafür eine gute Lösung findet. Ansonsten ist es wohl echt an der Zeit für einen Therapeutenwechsel.


mayhem, Dienstag, 2. Juni 2015, 01:55
Ich hab mir dieses Semester einfach zu viel aufgeladen; zumindest für mich.
Beziehungsweise, eigentlich ist es gar nicht zu viel, aber mir fehlt einfach die Energie/Motivation.

Darüber spreche ich auch demnächst mit der Beratungsstellenfrau.
Die mir tausendmal kompetenter erscheint, als diese Therapeutin.


mayhem, Dienstag, 23. Juni 2015, 00:41
Von zwei Seminaren abgemeldet, für ein Referat Aufschub bekommen. Jetzt werde ich zwar im vierten Semester eine Einführungsveranstaltung absolvieren, ggf noch mehr Stundenplanüberschneidungsprobleme bekommen und endgültig zur Langzeitstudentin mutieren, aber wenigstens habe ich nicht mehr ganz so viele Klausuren, Protokolle und Hausarbeiten, vor denen ich mich fürchten muss.


huehnerschreck, Dienstag, 23. Juni 2015, 13:12
pensum reduzieren ist nach meiner erfahrung ein guter weg. „überm gürtel abbrechen“ trägt nämlich auch nicht zu einer kompakten studiendauer bei.


arboretum, Dienstag, 23. Juni 2015, 21:31
Sehe ich auch so.

c17h19no3, Dienstag, 23. Juni 2015, 21:50
in meiner studentenzeit war das auch so. ein kreis lieber leute um mich, der aus ganz verschiedenen ecken zusammengesetzt war und in dem man trotzdem miteinander zu feiern wusste.

wie ich das vermisse.

arboretum, Montag, 20. Juli 2015, 00:09
Wie geht es Dir mittlrweile?


mayhem, Sonntag, 26. Juli 2015, 04:01
Wenn ich das selbst so genau wüsste.