Samstag, 1. Januar 2011


Nervenzusammenbruch beim Kneipebetreten, zuhören, weil ich sowieso dauernd unterbrochen und übertönt werde und irgendwas zwischen Erleichterung und Enttäuschung, weil er mich beharrlich ignoriert. Zwischendurch ein Einsekundenblick, dem ich ausweiche, ja. 3 Jahre sind eben eine lange Zeit..
Gelegentlich ein verschleierter Blick und ein schlechter Anmachspruch von der Gruppe betrunkener Basketballer am Nebentisch, bis sich der Raum langsam leert und die meisten gehen.
Außer Mitsanitäterin, ihrem schrecklich anhänglichen, pädophil-stalkerhaft wirkenden Vater, mir und der alten Sache.
Der Vater sagt, ich sähe wieder umwerfend aus.
Alte Sache sagt, er müsse sich mal wieder die Haare kürzen lassen.
Ich sage, NEIN.
Mitsanitäterin sagt DOCH.
Ich sage, während ich meine verzweifelt langzüchte, erzählt sie alle zwei Wochen, dass sie ihre wieder mal kürzer säbeln muss.
Sie erwähnt, dass bei ihr der Nacken mal wieder ausrasiert werden muss.
Alte Sache sieht mich an und meint, dass er bei Frauen lange Haare schöner findet.
Ich sehe weg.
Alle bestellen Cappuccino, ich schwarzen Kaffee.
Alte Sache erzählt von der letzten Exfreundin, ich konzentriere mich ganz darauf, aus dem Papier meines Kaffebegleitkeks ein Boot zu falten.
Er sagt, er hängt natürlich den alten Zeiten mit der letzten Exfreundin nach, aber wenn ihm wieder die Richtige begegnet, wär er da ja schon bereit dafür.
Ich zermatsche mein Boot zu einer Kugel.
Er sagt, er geht auf Beatsteakskonzert.
Ich sage, scheiße da wollt ich auch hin.
Er sagt, er kann mich mitnehmen.
Mir fällt ein, dass ich kein Geld für Tickets und vermutlich eher weniger die väterliche Genehmigung zum Weggehen habe.
Irgendwann verlegen er und ich uns wieder aufs Zuhören, so wie immer, und Mitsanitäterin und ihr pädophil-stalkerhaft wirkender Vater aufs Reden und dumme Fragen stellen, so wie immer.
Später zur Abwechslung eine Frage von alter Sache an mich, ob er mich nicht letztens in der einzigen Absteige, in der man hier halbwegs gute Livebands hören kann, gesehen habe.
Von mir ein nein und der Hinweis auf meinen Vater. Er hakt nicht weiter nach, erzählt nur 5 Minuten später von den Problemen, die er mit der Mutter seiner Exfreundin hatte und das er sich das nicht mehr antun möchte.
Später eine halbsekündige Abschiedsumarmung, ein freundlicher Blick, das wars.
Im Auto weist Mitsanitäterin darauf hin, wie toll sie alte Sache findet, und Vater verkündet, dass er nichts gegen so einen Schwiegersohn hätte. Ich weise dezent auf den Alterunterschied hin. Was funktioniert, wenn es mir als Vorwurf an den Kopf geknallt wird, funktioniert da auch, schließlich ist sie eineinhalb Jahre jünger als ich und geht man davon aus, das bei mir sowas wie persönliche und eventuell sogar geistige Reife vorhanden ist, trennen uns Jahrzehnte.
Sie sagt, joa, der Altersunterschied ist tatsächlich da und ziemlich gravierend.
Ihr Vater meint, ach, Alterunterschiede werden überbewertet und versucht, mich über den Autospiegel anzustarren.

Später liege ich auf einer Luftmatratze im Zimmer meiner Mitsanitäterin, weil ich Angst hatte, auf dem selben Stockwerk wie ihr Vater zu schlafen, höre mir eineinhalb Stunden an, wie toll die alte Sache doch sei, und irgendwie tut das fast ein bisschen weh.
Soviel zu "ich bin darüber hinweg". Dabei hatte ich es dermaßen erfolgreich verdrängt.