Mittwoch, 21. März 2012
Thema: monolog
Und da steht dieser Mensch, die Vatersfreundin, im Schlafanzug vor mir, und schreit fast in übertriebener Verzweiflungsdramatik:"Verrückt wird man hier, verrückt, kann man nichtmal in Ruhe schlafen, musst du so laut sein??", weil ich, nicht wissend, dass sie anscheinend schon wieder vergessen hat, wo sie wohnt und deshalb hier geschlafen hat, meinem normalen morgendlichen Tagesablauf gefolgt war und dabei Türen normallaut geöffnet und geschlossen und, oh Schande, die Mikrowelle bedient hatte.
" 'Schuldigung, ich hab nicht gewusst, dass du heute hierschl-"
-"Zum verrückt werden ist das! Dass du das nicht leiser machen kannst, Hallo, Fräulein, ich will vielleicht schlafen?"
"Entschuldige, aber ich habe nicht gewusst, dass du-"
"Aber das geht ja nicht,dass man dann leise ist und Rücksicht nimmt, todmüde bin ich, todmüde, nicht schlafen konnt ich, seit du aufgestanden bist, garnicht, zum Verrücktwerden!!"
Ich begnügte mich damit, meinen Tee umzurühren und mich im Geiste zu fragen, wie jemand, der um zweiundzwanzig Uhr bereits so laut geschnarcht hatte, dass ich es bis in mein Zimmer gehört hatte, und vor maximal zehn Minuten geweckt worden war, im Vergleich zu mir (3 Stunden Schlaf dank Gedankenkarussell) so furchtbar erschöpft sein konnte, wie sie es darstellte.


Als ich nachmittags von der Schule wiederkam, zeigte die Vatersfreundin keinerlei Anzeichen von Müdigkeit mehr, im Gegenteil, sie war mit der obligatorischen Kippe im Mundwinkel hochmotiviert dabei, unsere Fenster zu putzen.
"Deins ist als nächstes dran!", ordnete sie zur Begrüßung an.
-"Nein". Ich kann mein Fenster selbst putzen, der Zustand des dazugehörigen Zimmers ist vergleichbar mit der Gedankenwelt meiner Deutschlehrkraft (Wirr und für den Durchschnittsmenschen nicht nachvollziehbar) und davon abgesehen mag ich es nicht, wenn ungemochte Menschen ungefragt in das bisschen Privatsphäre, das ich habe (mein Vater kann mühelos einfache Türschlösser knacken und ist jederzeit bereit, von dieser Fähigkeit Gebrauch zu machen) eindringen und dort bleiben, sitzen, schauen, Dinge verstellen oder Fenster putzen.
"Doch!"
"Ich kann mein Fenster selbst putzen, danke", erklärte ich, während ich die aufmerksamkeitsbedürftige Katze aufhob und nebenher die Post einsammelte.
-"Es ist nicht dein Fenster, es ist das Fenster deines Vaters!"
"Du musst auch nicht die Fenster meines Vaters putzen".
"Doch!"
Soviel zum Thema "Ich bin nicht eure Putzfrau".

Eine erneute Steigerung erlebte das Drama, als ich, sobald mein Vater heimgekommen war,in die Küche zitiert wurde.
Eine sehr wütende Vatersfreundin starrte mich aus zu Schlitzen verengten Augen und mit zitterndem Unterkiefer an.
"Fräulein, dein Vater hat gesagt, er hat seine Krümel weggemacht. Da auf dem Tisch sind aber welche. Wem gehören die denn dann, hm?"
-"Nem Geist bestimmt", antwortete ich sarkastisch. Dumme Fragen erfordern bekanntlich dumme Antworten, und ich war es müde, dauer-ruhig und gelassen zu bleiben.Diese Frau strapaziert meine Nerven.
"DUUUUUU warst das!!!", stellte sie fest, in einer Lautstärke, dass man meinen konnte, ich hätte ihr Enkelkind geschlachtet und der üblichen Truppe als Grillfleisch mitgebracht, "WIESO sind da noch Krümel?"
Ein Blick auf den Esstisch zeigte mir, dass dort tatsächlich noch einzelne Brotkrümel lagen.
-"Hab nicht dran gedacht, die wegzumachen". Ehrlich,das passiert mir, gerade,wenn es früh am morgen ist. Ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch.
"Erzähl mir doch nicht so einen Scheiß, es reicht mir mit dir, entweder dein Vater und ich, wir gehen, oder..:" Sie vollendete ihren Satz nicht.
-"Im Ghetto neben meiner Schule ist ne Mietwohnung für 218 kalt freigeworden". Wenn es etwas gibt, was ich von Papa Mayhem gelernt habe, dann ist es die Fähigkeit, auch in Extremsituationen so ruhig,gleichgültig und leicht gelangweilt klingen zu können, dass man meinen könnte, wir würden gerade über einen Bausparvertrag reden.
"Und dann müllste die auch zu, genau wie hier!"
-"Dann ist es _meine_ Wohnung."
"Richtig", bestätigte die Vatersfreundin, immernoch am Rand der Hysterie, "Deine Wohnung ists dann, und wenn du drin erstickst, ist es uns auch egal, scheißegal ist uns das dann! Mir reichts hier, ich gehe!"
"Jo, tu das", waren meine letzten Worte, bevor ich in mein Zimmer verscnwand.
Unnötig zu erwähnen,dass die Vatersfreundin immernoch hier ist,gerade Abendessen kocht,natürlich rein zufällig Schinkennudeln, ist ja nicht so, dass ich schon länger Vegetarierin bin als sie Dauerplage in unserem Haus an der Seite meines Vaters, und dass sie bereits Kleber (alias Haargel), Fön und Haarspray im Bad deponiert hat, um sich morgen früh zurechtmachen zu können.



Sehen Sie also, wenn es so weitergeht, demnächst in diesem Theater:

-Vatersfreundin vs.mayhem, ein Endloskampf in 3 Jahren: Still a Vegetarian, oder: Schinken stammt auch vom Tier und tut das auch dann noch,wenn man ihn in einem Nudelauflauf verarbeitet, so wie zahllose andere Fleisch-und Wurstprodukte, die die Vatersfreundin bereits auf den Tisch brachte,wenn sie beschlossen hatte,für alle zu kochen, auch

-mayhem vs. Der Mensch, dem sämtliche Mietwohnungen in der Kleinstadt gehören, ein Trauerspiel in einer Woche, oder: Ich weiß, dass in Ihren Mietwohnungen nie Küchenzeilen eingebaut sind und nicht immer Toiletten, und das finde ich mindestens genauso scheiße wie Sie den Umstand,dass ich trotzdem dort einziehen und meine Katze mitbringen will

-mayhem vs. Arbeitssuche, ein Trauerspiel in Überlänge, oder: Wenn Sie mich schon ausbeuten und mir viel zu wenig zahlen, weil ich Schülerin bin und mans mit denen ja machen kann, dann unterlassen Sie es doch bitte, dabei den Inhalt meines Ausschnitts physisch untersuchen zu wollen


-mayhem vs. der Zahn der Zeit, das ewig gleiche Problem, oder: Verdammt, morgen schreibe ich Bio Part Eins, am Freitag Deutsch und ich habe bis jetzt noch nichts gelernt, obwohl beide Fächer abiturrelevant sind und ich meinen Schnitt um beinahe 1,0 verbessern muss

-mayhem vs. mayhem, das ewige Drama, oder:
Wie ich lerne, damit zu leben, dass ich über 55kg wiege,es trotz Fahrstunde und akuten Abneigungserscheinungen gegenüber Kriemhild als Einheit mit ihrem Freund schaffe, dieses Wochenende in die Absteige zu gehen, wahlweise den Raucher, den Schlagzeuger oder die mir noch vom Rotkreuzwettkampf Bekannte so zu beeindrucken, dass er/sie wenigstens nicht sofort flieht oder mich auslacht, wenn ich einen Ansprechversuch starte, und nebenher endlich Kontakt zum Fremden herstelle,sollte der wieder auftauchen


-mayhem vs. Kommentator, epic battle, oder: Wenn ich in der praktischen Fotographieprüfung besser bin als du, darf ich dann die überteuerte Kamera, die du sowieso nicht bedienen kannst, gegen deinen Kopf schlagen, bis dein Hirn wieder funktioniert?


Sie sehen, es sieht ziemlich schlecht aus an den Fronten und eine Änderung ist nicht in Sicht.
Wär ja zu einfach, wenn doch.
Und Sie sollten wissen, dass ich mich davon,vom Leben, weder besiegen, noch einschüchtern lasse.