Freitag, 30. November 2012
Den Raucher ins Krankenhaus geschickt, nachdem er vor ein paar Tagen eine Flasche auf den Kopf geschlagen bekommen hat und gestern bewusstlos vom Stuhl gefallen ist.
Hilflosigkeit, weil ich in der Schule saß und ihm nicht helfen konnte.
Und irgendwas zwischen Sorge und Aggression, weil er trotz allem wieder auf die Arbeit gegangen ist.

Der Umzugstermin verschiebt sich, muss doch mehr gemacht werden, als gedacht.
Erfahren von der Nachbarin, nicht vom Vermieter, der mir morgen den Schlüssel geben und sich spätestens heute melden wollte, eigentlich.
Parallel dazu ein immer stärker werdendes crescendo der Ausbrüche der Vatersfreundin, und Papa Mayhem entscheidet relativ spontan zwischen Zuschauen und einfach Zustimmen, gelegentlich kommt auch eine Stichelbemerkung.
Sollte gerade eigentlich die Verwandlung von Kafka als Klassenlektüre lesen und habe das Gefühl, selbst ein ekliger Käfer zu sein.

Die Fabrik macht genau dann Winterferien, wenn ich es auch tue, das andere Fließband will Schüler nur in den Sommerferien einstellen und auch die Nixenmutter reicht ihre Arbeit lieber unbezahlt an die Tochter weiter, statt mir ein paar Euro die Stunde dafür zu geben.
Letzte Hoffnung auf eine halbwegs stabile Einnahmequelle ist somit die Tochter der reichen Russen, die sich zuhause erkundigt, ob irgendjemand für irgendwas gebraucht wird, und wenn es nur um die Entalgung des Springbrunnes im Eingangsbereich geht
(Ein Springbrunnen... in meinem zukünftigen Wohnungseingangsbereich ist nichtmal Platz für einen Kasten Wasser).

Immer noch keine Reaktion von der Werkstatt, dafür hat das Auto ein ganz neues Problem und gibt von selbst Gas. Klingt beim Kuppeln, als stünde ich auch auf dem anderen Pedal und bei absolutem Stillstand, als wäre ich ein Pseudogangsta, der an der Ampel mit dem Gaspedal spielt und den Bürokaufmann im Mercedes neben sich zu einem Rennen auffordert.
Kein Geld für ein anderes Auto, davon abgesehen ließe sich das Jetzige selbst dann nicht verkaufen, wenn ich es irgendwie übers Herz bringen würde.
Mein Mayhemmobil bleibt bei mir, und davon abgesehen ich bin auf es angewiesen.

Der Raucher versucht, mir so zu helfen, dass ich es nicht zu sehr merke, um mein schlechtes Gewissen etwas einzugrenzen, und ist in letzter Zeit verdächtig oft "zufällig in der Gegend" weshalb er mich mich " auch einfach " mitnehmen kann, wenn wir abends was vorhaben. Außerdem findet man seit Neuestem gelegentlich genießbare Lebensmittel in seiner Küche, und wenn nicht, verwirrt er mich so lange mit mathematischen Tatsachen, bis ich selbst nicht mehr weiß, wie viel Geld ich ihm für die Zutaten des gemeinsamen Abendessens schulde und ihm den Betrag gebe, den er nennt.
Der wohl immer etwas zu gering ausfällt.

Die liebe Dorfgemeinschaft kann sich gar nicht entscheiden, ob sie lieber Verschwörungstheorien bezüglich meines Umzugs und der häufigen Sichtung des Raucherautos in meiner Nähe bilden oder nur lästern soll und Brotkaufen wird immer mehr zum Spießrutenlauf.

Opa Mayhem fragt nach mir und ich schaffe es emotional weder, ihn alleine zu besuchen, noch, mich an die Vatersfreundin und Papa Mayhem dranzuhängen.
Schlechtes Gewissen ist gar kein Ausdruck mehr dafür.

Der Patenonkel hat immer noch nichts von mir gehört.

Der Grinch ist wieder solo, verkündete in einer Eil-Stautsmeldung inklusive Herzchen, heute mit dem Fremden im Kino zu sein, während die Ghettoschwester schauen muss, mit wem sie in die Dorfdisko geht, und im Dialog mit mir, ihn "haben" zu wollen. Nicht auf einmalig-sexuelle, sondern auf besitzende Art und Weise, unter dem Deckmantel einer Beziehung.
Einfach so, weil ihr danach ist.
Um sich zu beweisen, dass sie es kann.
Außerdem ist er doch weltfremder, halbverlorener Musiker; um die würden einen die anderen Mädchen immer beneiden.

Habe ihn gefragt, ob ich seine CDs persönlich vorbeibringen oder beim Raucher lassen soll, wenn ich morgen in die Kleinstadt fahre.
Reaktion war, kannst dich ja mal melden.
Morgen gebe ich ihm die Musik zurück, und wenn ich es nicht verhindern kann, wird er mich weinen sehen.
Aber einer muss es schließlich mal aussprechen.
Wie auch immer ich das schaffen will.

Eigentlich war ein Besuch der bösen Kneipe mit Mr. Gaunt geplant. Er hatte dem Raucher eine sms geschickt, bis zu dem Zeitpunkt waren wir uns nicht sicher, ob der Mensch überhaupt irgendein modernes Kommunikationsmittel besitzt und auch nutzt, vorgeschlagen, danach noch ein bisschen in die Absteige zu gehen, den Probenraumschlüssel habe er und die Instrumente stünden noch drin,und er hat gefragt, ob ich vielleicht mitkommen möchte.
Eigentlich.
Dann durch Esmeralda erfahren, dass er morgen den ganzen Tag mit ihr und seiner Exfreundin, der Löwin, die im schlechtesten Fall wieder Interesse hat, unterwegs ist und abends auf ein Konzert geht.
War wohl nichts.
Wieder mal versetzt für die, die eigentlich ein abgeschlossenes Kapitel sein sollte.


Ich muss verdammt viel schlechtes Karma angesammelt haben.