Thema: persoenlichkeitsfetzen
18. Oktober 12 | Autor: mayhem | 0 Kommentare | Kommentieren
Und mitten im Chaos taucht der Fremde auf, plötzlich wieder online und auf Kontakt gepolt, und meldet sich, als wäre nichts gewesen, und schreibt, man müsse unbedingt wieder was zusammen machen, ich solle mich doch bitte melden und die Gitarre mitnehmen, wir wollten doch schon seit Ewigkeiten mal zusammen spielen..
Und aus dem inneren Sumpf schießt die Hoffnung geysirartig in die Höhe, bis an die Schädeldecke, und sie schreit, es wird alles gut, er hat es doch gesehen, jetzt wird es, alles wird gut.
" Wer am meisten liebt, ist der Unterlegene und muss leiden."
Fühlt sich nicht gerade angenehm an, sowas.
Oben an der Schädeldecke klebt der Rest meiner noch nie sonderlich gut ausgeprägten Vernunft, den ich über den Sumpf gelegt hatte, um ihn notdürftig abzudecken.
Aber er ist gar nicht bewusstlos, der Vernunftrest, obwohl er das nach so einem Aufprall eigentlich sein müsste, und er erinnert mich daran, auf meine Intuition zu hören.
Also antworte ich dem Fremden nicht, fürs Erste. Der kann ruhig warten.
Und schwebe nicht wie auf Wolken durchs Haus, aufs Happy End muss ich wohl auch warten, denn das hier ist es nicht.
So sehr ich es mir auch wünsche, das ist es nicht.
Ich werde die Gitarre mit in die Kleinstadt nehmen. Und ich werde auch wieder mit dem Fremden weggehen. Vielleicht auch mit ihm zusammen spielen, auf der Terasse des Rauchers, oder, wenn ich mutig bin, in der Stammkneipe, in der passenderweise open stage ist. Eine Herausforderung für mich und gegen meine Unsicherheit. Innerlich zittere ich. Vielleicht nehme ich sie an, trotzdem oder gerade deswegen.
Ich werde beim Raucher schlafen, egal, was passiert, und einen kühlen Kopf bewahren, egal, was vom Fremden kommt.
Ich habe keine Lust, dritte Wahl und nur deshalb wieder gefragt zu sein, weil die Ghettoschwester sich nicht meldet und der Grinch auf die Idee gekommen ist, dass sie ja auch einen Freund hat und das Wochenende bei ihm verbringen könnte.
Aber wenn alle Stricke reißen, setze ich mich ins Mayhemmobil und fahre heim, oder schlafe drin, falls ich schon was getrunken habe. Mein Auto ist groß, meine Sitze sind gemütlich, ich habe zwei Flauschedecken, eine wieder funktionierende Heizung, für 1,57 Euro pro Liter vollgetankt und davon abgesehen einen Gutschein über 40 Euro.
Wenn ich wollte, könnte ich nach Prag fahren.
Ich überstehe das alles. Ich bin inzwischen stolze Besitzerin eines Traguspiercings und habe sogar das überstanden, da packe ich das Wochenende ja wohl mit links. Egal, wie pärchenübersättigt unsere Gruppe diesmal ist, wie zwanghaft mich der Mischpultmann von sich überzeugen will und wie freundlich der Fremde ist.
Danach kann ich implodieren und mein Herz Blut kotzen gehen, so viel es will, aber ich steh das durch.
Wieder aufstehen, wie immer.
Ich krieg das hin. Und hätte ich die Möglichkeit, nochmal an den Anfang zurückzukehren, es anders oder besser zu machen, ich würde es nicht tun.
Kommt ja doch alles, wie es muss, und alles geht vorbei.
Und vielleicht wird ja doch alles gut, auf irgendeine Art und Weise, irgendwann.
"(....) Noch einmal anfangen? Aber es hülfe nichts.
Es würde wieder so werden. - Alles würde wieder so kommen, wie es gekommen ist.
Denn Etliche gehen mit Notwendigkeit in die Irre, weil es einen rechten Weg für sie überhaupt nicht gibt. "
------
Zitate aus Thomas Manns Tonio Kröger.
Und aus dem inneren Sumpf schießt die Hoffnung geysirartig in die Höhe, bis an die Schädeldecke, und sie schreit, es wird alles gut, er hat es doch gesehen, jetzt wird es, alles wird gut.
" Wer am meisten liebt, ist der Unterlegene und muss leiden."
Fühlt sich nicht gerade angenehm an, sowas.
Oben an der Schädeldecke klebt der Rest meiner noch nie sonderlich gut ausgeprägten Vernunft, den ich über den Sumpf gelegt hatte, um ihn notdürftig abzudecken.
Aber er ist gar nicht bewusstlos, der Vernunftrest, obwohl er das nach so einem Aufprall eigentlich sein müsste, und er erinnert mich daran, auf meine Intuition zu hören.
Also antworte ich dem Fremden nicht, fürs Erste. Der kann ruhig warten.
Und schwebe nicht wie auf Wolken durchs Haus, aufs Happy End muss ich wohl auch warten, denn das hier ist es nicht.
So sehr ich es mir auch wünsche, das ist es nicht.
Ich werde die Gitarre mit in die Kleinstadt nehmen. Und ich werde auch wieder mit dem Fremden weggehen. Vielleicht auch mit ihm zusammen spielen, auf der Terasse des Rauchers, oder, wenn ich mutig bin, in der Stammkneipe, in der passenderweise open stage ist. Eine Herausforderung für mich und gegen meine Unsicherheit. Innerlich zittere ich. Vielleicht nehme ich sie an, trotzdem oder gerade deswegen.
Ich werde beim Raucher schlafen, egal, was passiert, und einen kühlen Kopf bewahren, egal, was vom Fremden kommt.
Ich habe keine Lust, dritte Wahl und nur deshalb wieder gefragt zu sein, weil die Ghettoschwester sich nicht meldet und der Grinch auf die Idee gekommen ist, dass sie ja auch einen Freund hat und das Wochenende bei ihm verbringen könnte.
Aber wenn alle Stricke reißen, setze ich mich ins Mayhemmobil und fahre heim, oder schlafe drin, falls ich schon was getrunken habe. Mein Auto ist groß, meine Sitze sind gemütlich, ich habe zwei Flauschedecken, eine wieder funktionierende Heizung, für 1,57 Euro pro Liter vollgetankt und davon abgesehen einen Gutschein über 40 Euro.
Wenn ich wollte, könnte ich nach Prag fahren.
Ich überstehe das alles. Ich bin inzwischen stolze Besitzerin eines Traguspiercings und habe sogar das überstanden, da packe ich das Wochenende ja wohl mit links. Egal, wie pärchenübersättigt unsere Gruppe diesmal ist, wie zwanghaft mich der Mischpultmann von sich überzeugen will und wie freundlich der Fremde ist.
Danach kann ich implodieren und mein Herz Blut kotzen gehen, so viel es will, aber ich steh das durch.
Wieder aufstehen, wie immer.
Ich krieg das hin. Und hätte ich die Möglichkeit, nochmal an den Anfang zurückzukehren, es anders oder besser zu machen, ich würde es nicht tun.
Kommt ja doch alles, wie es muss, und alles geht vorbei.
Und vielleicht wird ja doch alles gut, auf irgendeine Art und Weise, irgendwann.
"(....) Noch einmal anfangen? Aber es hülfe nichts.
Es würde wieder so werden. - Alles würde wieder so kommen, wie es gekommen ist.
Denn Etliche gehen mit Notwendigkeit in die Irre, weil es einen rechten Weg für sie überhaupt nicht gibt. "
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Zitate aus Thomas Manns Tonio Kröger.
Thema: persoenlichkeitsfetzen
Mit dem Raucher in meinem Zimmer gesessen, das Telefon auf meinen Knien liegend.
Die Nummer rausgesucht, ihn nochmal angesehen und in seinem Blick die Bestätigung gefunden, dass es das Richtige ist, was ich tue. So tief wie möglich eingeatmet, um die Ketten wegzusprengen, die mir Herz und Kehle zusammenschnüren.
Vatersfreundinstimme auf der anderen Seite der Tür. Das Telefon will sie, jetzt sofort.
Wir brauchen es kurz, bitte.Dauert nicht lang.
Kein "es dauert nicht lang". Sie braucht das Telefon, jetzt.
-Aber es ist doch wichtig, und dauert wirklich nicht lange. Bitte.
Kein aber, das Telefon. Jetzt, sofort.
Erstaunlich, Papa Mayhem wird wieder richtiggehend gesprächig mir gegenüber, sobald es um seine Freundin geht.
Ein Blick auf die Uhr lässt Telefonweggeben wie keinen sehr weisen Schachzug erscheinen. Blick zum Raucher, der das selbe denkt wie ich.
"Du gibst mir jetzt das Telefon!" Vatersfreundin, die gleichzeitig klopft und eintritt, mir das Telefon aus der Hand reißt, dabei einen Finger umbiegt und so schnell wieder verschwindet, wie sie angegriffen hat.
Auch eineinhalb Stunden später kein Telefon, sie hat ihre Schwester an der Strippe (zu erkennen daran,dass sie noch lauter telefoniert, als sie sowieso schon ist) und das kann dauern. Außerdem warten der Mischpultmann, der Fremde und mutmaßlich Mr.Gaunt schon seit geraumer Zeit darauf, von uns eingesammelt zu werden
Im Gruftkeller gesessen und erfolgreich die Tränen zurückgehalten.
Als der Fremde erst behauptet, krank daheim zu liegen und dann damit rausrückt, mit dem Grinch ins Kino gegangen zu sein.
Als mir klar wird, dass er es mir immer noch nicht gesagt hat. Wir seitdem keinen Kontakt mehr hatten. Er es nichtmal fertig gebracht hat, mir für heute abzusagen, geschweige denn, zu reagieren.
Als die Erkenntnis folgt, dass es mal wieder daran gescheitert ist, dass ich "zu erwachsen" bin.
Als mein Gedächtnis mich unsanft daran erinnert, dass es bis jetzt jedes Mal so war.
Am Auto mit dem Mischpultmann auf den Raucher, Ms Golightly und den Masochisten gewartet und jeden Annäherungsversuch erfolgreich abgeschmettert, wie auch seine vorhergehenden Versuche, mich abzufüllen;
ich weiß nicht, wer mehr über meine Trinkfestigkeit erstaunt ist, er oder ich. Aber er hat wohl seine Lektion gelernt, investiere nie in den Versuch, eine Frau betrunken zu machen, nur, weil du anders noch weniger Chancen bei ihr hättest. Sie könnte es bemerken und ein wenig ausnutzen,um auch mal wieder zu ihrem Malibu-Kirsch zu kommen.
Allgemein macht man Leute nicht einfach betrunken.
Im Auto neben dem Raucher gesessen und, als sich Ms Golightly ein Lied ausgesucht hat, zusammenbruchsfrei Wings von Frittenbude gehört.
Auch, wenn es das Festivallied ist, das erzählt von Hinfahren und Vorfreude, von Warten und Imautoschlafen, auf dem Schoß des Fremden, von Imzeltliegen und Frieren, in den Armen des Fremden.
Von Zugfahrten in die Kleinstadt, mit ein wenig Vorfreude und viel geistiger Anstrengung zur Optimismusbeschaffung, und immer mit dem Gedanken, es wird alles gut, muss ja.
Von dieser betäubten Fassungslosigkeit, die sich einstellt, wenn man realisiert, dass man mal wieder verloren hat.
Von Liebe, zumindest für mich, und eigentlich habe ich gehofft, dass es ein glückliches Liebeslied ist, für mich.
So ist es eben nur ein Liebeslied, und ich nehme nicht ihn mit, aber dafür ein Erinnerungsbündel, ein Quäntchen mehr Lebensweisheit, ein paar weitere Narben, denn irgendwann sind es nur noch Narben und keine Platzwunden mehr, und ich weiß ein wenig mehr, wie es aussieht, wenn die Endzeitstimmung akut gefährlich wird.
Vielleicht gehöre ich zu denen, die nicht dazu bestimmt sind, glücklich zu werden.
Am Tisch der Raucherfamilie gesessen, von Großvater Raucher als "guter Fang" bezeichnet worden, wovon er auch nicht abkam, als wir erklärt haben, dass wir nicht zusammen sind, und von Großmutter Raucher ein Kompliment für meine ausnahmsweise offenen Haare bekommen, "so schöne lange, rote Wellen, wie eine Elfe. Oder eine von den Urwaldfrauen da, wie eine Amazona." Amazone, korrigiert der Raucherbruder. Und meint, dass das davon abgesehen nicht geht, entweder Elfe oder Amazone.
Jeglichen Fluchtinstinkt erfolgreich unterdrückt, obwohl mir so sehr nach Weglaufen war. Immer wieder vom Raucher beruhigt worden, niemand hasst mich, alles wird gut, ich störe nicht, sonst war der Fremde auch immer einfach so zum Geburtstagskuchen da, und abends.
Der Fremde hat auch keine Angst davor, mit unbekannten Menschen zu reden.
Oder mit ihnen an einem Tisch zu sitzen und Kuchen zu essen, während sich die Überzeugung, von ihnen mit den Augen seziert zu werden und einen Eindruck zu hinterlassen, der nicht gerade positiv ist, immer weiter festigt, wie Beton, der sich als Mauer um das Selbst hochzieht und einen so nur noch mehr isoliert.
Viel zu spät nach Hause gekommen, weil Großmutter Raucher und die Rauchermutter mich ins Kreuzverhör genommen haben, während Großvater Raucher und der Rauchervater parallel ihren Sohn über unser Verhältnis zueinander ausfragten, sie mir nebenher noch Kuchen andrehen wollten und der Hund so lange die Tür blockierte und mich nicht gehen lassen wollte, bis der Raucherbruder ihn angeleint und Gassi geschleift hat.
Bemerkt, dass sich dem Raucher gegenüber die altbekannte Näheallergie (wieder?) einstellt.
Mich auf die Suche nach dem Telefon gemacht, um anzurufen. Ohne Raucher.
Es blockiert vorgefunden, gewartet, irgendwann fast durchgedreht und die große Runde spazieren gegangen.
Drei Stunden später wieder heimgekommen und nicht getraut, bei der Notfallnummer anzurufen.
Versagt.
Die Nummer rausgesucht, ihn nochmal angesehen und in seinem Blick die Bestätigung gefunden, dass es das Richtige ist, was ich tue. So tief wie möglich eingeatmet, um die Ketten wegzusprengen, die mir Herz und Kehle zusammenschnüren.
Vatersfreundinstimme auf der anderen Seite der Tür. Das Telefon will sie, jetzt sofort.
Wir brauchen es kurz, bitte.Dauert nicht lang.
Kein "es dauert nicht lang". Sie braucht das Telefon, jetzt.
-Aber es ist doch wichtig, und dauert wirklich nicht lange. Bitte.
Kein aber, das Telefon. Jetzt, sofort.
Erstaunlich, Papa Mayhem wird wieder richtiggehend gesprächig mir gegenüber, sobald es um seine Freundin geht.
Ein Blick auf die Uhr lässt Telefonweggeben wie keinen sehr weisen Schachzug erscheinen. Blick zum Raucher, der das selbe denkt wie ich.
"Du gibst mir jetzt das Telefon!" Vatersfreundin, die gleichzeitig klopft und eintritt, mir das Telefon aus der Hand reißt, dabei einen Finger umbiegt und so schnell wieder verschwindet, wie sie angegriffen hat.
Auch eineinhalb Stunden später kein Telefon, sie hat ihre Schwester an der Strippe (zu erkennen daran,dass sie noch lauter telefoniert, als sie sowieso schon ist) und das kann dauern. Außerdem warten der Mischpultmann, der Fremde und mutmaßlich Mr.Gaunt schon seit geraumer Zeit darauf, von uns eingesammelt zu werden
Im Gruftkeller gesessen und erfolgreich die Tränen zurückgehalten.
Als der Fremde erst behauptet, krank daheim zu liegen und dann damit rausrückt, mit dem Grinch ins Kino gegangen zu sein.
Als mir klar wird, dass er es mir immer noch nicht gesagt hat. Wir seitdem keinen Kontakt mehr hatten. Er es nichtmal fertig gebracht hat, mir für heute abzusagen, geschweige denn, zu reagieren.
Als die Erkenntnis folgt, dass es mal wieder daran gescheitert ist, dass ich "zu erwachsen" bin.
Als mein Gedächtnis mich unsanft daran erinnert, dass es bis jetzt jedes Mal so war.
Am Auto mit dem Mischpultmann auf den Raucher, Ms Golightly und den Masochisten gewartet und jeden Annäherungsversuch erfolgreich abgeschmettert, wie auch seine vorhergehenden Versuche, mich abzufüllen;
ich weiß nicht, wer mehr über meine Trinkfestigkeit erstaunt ist, er oder ich. Aber er hat wohl seine Lektion gelernt, investiere nie in den Versuch, eine Frau betrunken zu machen, nur, weil du anders noch weniger Chancen bei ihr hättest. Sie könnte es bemerken und ein wenig ausnutzen,um auch mal wieder zu ihrem Malibu-Kirsch zu kommen.
Allgemein macht man Leute nicht einfach betrunken.
Im Auto neben dem Raucher gesessen und, als sich Ms Golightly ein Lied ausgesucht hat, zusammenbruchsfrei Wings von Frittenbude gehört.
Auch, wenn es das Festivallied ist, das erzählt von Hinfahren und Vorfreude, von Warten und Imautoschlafen, auf dem Schoß des Fremden, von Imzeltliegen und Frieren, in den Armen des Fremden.
Von Zugfahrten in die Kleinstadt, mit ein wenig Vorfreude und viel geistiger Anstrengung zur Optimismusbeschaffung, und immer mit dem Gedanken, es wird alles gut, muss ja.
Von dieser betäubten Fassungslosigkeit, die sich einstellt, wenn man realisiert, dass man mal wieder verloren hat.
Von Liebe, zumindest für mich, und eigentlich habe ich gehofft, dass es ein glückliches Liebeslied ist, für mich.
So ist es eben nur ein Liebeslied, und ich nehme nicht ihn mit, aber dafür ein Erinnerungsbündel, ein Quäntchen mehr Lebensweisheit, ein paar weitere Narben, denn irgendwann sind es nur noch Narben und keine Platzwunden mehr, und ich weiß ein wenig mehr, wie es aussieht, wenn die Endzeitstimmung akut gefährlich wird.
Vielleicht gehöre ich zu denen, die nicht dazu bestimmt sind, glücklich zu werden.
Am Tisch der Raucherfamilie gesessen, von Großvater Raucher als "guter Fang" bezeichnet worden, wovon er auch nicht abkam, als wir erklärt haben, dass wir nicht zusammen sind, und von Großmutter Raucher ein Kompliment für meine ausnahmsweise offenen Haare bekommen, "so schöne lange, rote Wellen, wie eine Elfe. Oder eine von den Urwaldfrauen da, wie eine Amazona." Amazone, korrigiert der Raucherbruder. Und meint, dass das davon abgesehen nicht geht, entweder Elfe oder Amazone.
Jeglichen Fluchtinstinkt erfolgreich unterdrückt, obwohl mir so sehr nach Weglaufen war. Immer wieder vom Raucher beruhigt worden, niemand hasst mich, alles wird gut, ich störe nicht, sonst war der Fremde auch immer einfach so zum Geburtstagskuchen da, und abends.
Der Fremde hat auch keine Angst davor, mit unbekannten Menschen zu reden.
Oder mit ihnen an einem Tisch zu sitzen und Kuchen zu essen, während sich die Überzeugung, von ihnen mit den Augen seziert zu werden und einen Eindruck zu hinterlassen, der nicht gerade positiv ist, immer weiter festigt, wie Beton, der sich als Mauer um das Selbst hochzieht und einen so nur noch mehr isoliert.
Viel zu spät nach Hause gekommen, weil Großmutter Raucher und die Rauchermutter mich ins Kreuzverhör genommen haben, während Großvater Raucher und der Rauchervater parallel ihren Sohn über unser Verhältnis zueinander ausfragten, sie mir nebenher noch Kuchen andrehen wollten und der Hund so lange die Tür blockierte und mich nicht gehen lassen wollte, bis der Raucherbruder ihn angeleint und Gassi geschleift hat.
Bemerkt, dass sich dem Raucher gegenüber die altbekannte Näheallergie (wieder?) einstellt.
Mich auf die Suche nach dem Telefon gemacht, um anzurufen. Ohne Raucher.
Es blockiert vorgefunden, gewartet, irgendwann fast durchgedreht und die große Runde spazieren gegangen.
Drei Stunden später wieder heimgekommen und nicht getraut, bei der Notfallnummer anzurufen.
Versagt.
Wieder auf dem Boden hinter der Zimmertür gesessen und am Ende gewesen. Die üblichen Gründe, der eine weiblich, dauerrauchend und hexenartig, der andere soll wohl mein Papa sein.
An dieser Stelle also mal wieder danke fürs Kaputtmachen. Auch an den Fremden.
Im Unterricht mal wieder was gesagt, so, wie früher; danach als akut suizidgefährdet eingestuft worden.
Danach Familienidylle, sobald ich wieder halbwegs sprechen und klar denken kann ein Anruf beim Raucher,ich brauch Unterstützung und Rückenhalt, und das nicht zu knapp.
Auch,wenn der Fremde mal gesagt hat, dass ich stärker bin, als ich denke; der Fremde hat auch so getan, als wäre das was gegenseitiges, und der Fremde ist ...der Fremde.
Ich weiß, wann man aufhören muss. Das ist jetzt.
Und eigentlich traue ich mich nichtmal, mich dort zu melden und einen Termin auszumachen, aber so geht das nicht mehr.
Und deshalb bitte ich jetzt den Raucher darum, mich anzurufen, wenn er Feierabend hat, und erkläre ihm dann, dass er mir helfen muss, mit fremden Menschen zu telefonieren und da auch wirklich einen Termin auszumachen.
Nächste Station: Sozialpsychatrischer Notdienst.
An dieser Stelle also mal wieder danke fürs Kaputtmachen. Auch an den Fremden.
Im Unterricht mal wieder was gesagt, so, wie früher; danach als akut suizidgefährdet eingestuft worden.
Danach Familienidylle, sobald ich wieder halbwegs sprechen und klar denken kann ein Anruf beim Raucher,ich brauch Unterstützung und Rückenhalt, und das nicht zu knapp.
Auch,wenn der Fremde mal gesagt hat, dass ich stärker bin, als ich denke; der Fremde hat auch so getan, als wäre das was gegenseitiges, und der Fremde ist ...der Fremde.
Ich weiß, wann man aufhören muss. Das ist jetzt.
Und eigentlich traue ich mich nichtmal, mich dort zu melden und einen Termin auszumachen, aber so geht das nicht mehr.
Und deshalb bitte ich jetzt den Raucher darum, mich anzurufen, wenn er Feierabend hat, und erkläre ihm dann, dass er mir helfen muss, mit fremden Menschen zu telefonieren und da auch wirklich einen Termin auszumachen.
Nächste Station: Sozialpsychatrischer Notdienst.
Thema: oh happy day.
Meet you downstairs in the bar and hurt ...
Als wir die böse Kneipe betreten, ist es drei Uhr morgens, die sollten eigentlich schon geschlossen haben, und die einzige Person, die noch am Tresen sitzt und trinkt, ist Mr. Gaunt. Er sieht immer wieder auf sein Handy, während der Raucher und der Mischpultmann ihre Jacken aufhängen, und wirkt gar nicht mehr so utracool.
Vielleicht auch, weil außer dem Kneipenchef niemand mehr da ist. Ich beschließe, einen Unterhaltungsversuch zu starten, und nachdem Mr. Gaunt uns alle begrüßt und sich bedankt hat, dass wir vorbeigekommen sind und ihm keine runtergehauen haben, weil er so spät noch anruft, traue ich mich und frage, wer den Lebensbaum auf seinen Oberarm tätowiert hat, danach, welche Bedeutung er für ihn hat, und tatsächlich erringe ich im Kampf mayhem vs. Smalltalk einen Punkt, schaffe es, ein Gespräch zu starten und anscheinend ist es nichtmal unangenehm für ihn.
Und er wirkt fast herzlich, und wenn er lächelt, sieht das ein wenig aus, als hätte er Zahnschmerzen, aber ich mag sein Lächeln trotzdem, weil es sein ganzes Gesicht ausfüllt. Und wenn er lacht, zeigt er spitze Eckzähne und zurückgehendes Zahnfleisch dort, wo er Unterlippenpiercings hat; meinen Hinweis, Teflonstecker statt immer nur Metallringe würden dieses Problem ziemlich ausbremsen, wischt er weg wie ein Katzenhaar vom Oberteil und sagt, als alter Mann sei er sowieso noch hässlicher als jetzt und müsse Gebiss tragen, da käme es auf den Zentimeter Zahnfleisch auch nicht mehr an.
Eigentlich will ich mit ihm diskutieren und ihm erklären, dass er mehr wert ist, als er denkt, aber das wäre jetzt unangebracht, also lasse ich es und wir hören dem Mischpultmann zu, der gerade von damals erzählt, als er noch mit dem Fremden in einer Band gespielt hat.
Überhaupt, ich könnte diese Art von Diskussion mit Mr. Gaunt gar nicht führen. Selbstwertgefühl und solche Sachen.. tendenziell eher schwierig für mich.
Um vier wirft uns der Kneipenchef raus, also laufen wir noch ein bisschen durchs gelbliche Straßenlaternenlicht der Kleinstadt, über uns die Sterne und um uns Musik, weil Mr. Gaunt nicht nur Metal, sondern auch Frittenbude auf dem Handy hat, und es ist eigentlich furchtbar kalt, aber gerade macht mir das nichts, und Mr. Gaunt läuft neben mir, leicht schwankend, aber noch ansprechbar, im Mundwinkel eine Zigarette und in der Hand eine halb volle Flasche Ouzo, die er in einer Hecke vor der bösen Kneipe deponiert und beim Verlassen wieder mitgenommen hatte.
"Wegzehrung", erklärt er mir, bevor er die Flasche ansetzt und um ein gutes Stück leerer macht.
Diverse Alarmknöpfe in meinem Kopf fangen an, zu leuchten, allen voran der mit der Aufschrift "Nicht schon wieder so einer!", aber ich kann mich ganz gut beruhigen mit dem Hinweis, dass unklar ist, ob ich den Fremden überwunden habe, der Feststellung, dass mir Mr. Gaunt eigentlich zu kaputt ist und der Besinnung auf den Fakt, dass meine Intuition ihn als hochgradig lebensgeschädigt einstuft und das nicht gut für mich wäre.
"Auch nen Schluck?", fragt er in die Runde und sieht dabei mich an.
"Nee, bin doch Abstinenzler", lehnt der Mischpultmann ab.
"Danke, aber ich trink nix hartes mehr", erklärt der Raucher.
"Nein danke, da könnt ich auch gleich Desinfektionsmittel trinken. Schmeckt ähnlich scheiße", bringe ich die Realität mal wieder perfekt auf den Punkt.
"Eigentlich hast du Recht", lacht Mr. Gaunt und trinkt weiter.
-"Wieso kippst du dir das Zeug dann rein?"
"Günstig gekriegt und tut seinen Dienst."
Weiteratmen, ich bin nicht seine Mutter, und diskutieren bringt nichts. Nicht jetzt.
Nimm ihn hin, wie er ist, oder lass es sein. Ändern kannst dus nicht.
Kennt man doch schon. Und wieso eigentlich genau jetzt der Helferkomplex?
Nachdem wir den Mischpultmann heimgebracht und zwischendurch den Musiker an einer Straßenkreuzung, an der er anscheinend ausgesetzt wurde, eingesammelt haben, landen wir schließlich auf dem Spielplatz, und weil der Musiker darauf besteht, dass der Raucher mit ihm schaukeln geht und ihn anschubst, sitzen Mr. Gaunt und ich alleine auf den Fahrradständern und lauschen dem manischen Kichern des Musikers.
Die innere Bestandsaufnahme ergibt leicht beschleunigten Herzschlag und mehr Sympathie, als nach ein paar Stunden da sein sollte. Zerre mir wieder vor Augen, dass er kaputt ist und bleibt, egal, ob er auf einmal so ganz anders, viel weniger abweisend, und bei überraschend Vielem auf meiner Wellenlänge ist.
Denke mir trotzdem, dass es irgendwann, wenn ich herzmäßig wieder repariert bin, etwas werden könnte, als wir über Lieblingsautoren reden und er sich als kafkabegeistert und Bernemann nicht abgeneigt herausstellt.
Vor allem, weil mir selbst das zu dem Zeitpunkt eigentlich schon total egal ist und ich einfach unzurechnungsfähig-geflasht vor ihm sitze und ihn innerlich ein kleines bisschen anhimmle, soweit das eben im Moment emotional geht.
Freue mich trotzdem, als er nochmal mit zum Raucher geht, und erst recht, als er sich dort immer wieder neben mich setzt, eigentlich nur mit mir redet und schließlich, als mich der Musiker hochzieht und mit mir tanzen will, ebenfalls aufsteht, mich dessen Armen entreißt und selbst übernimmt. Mit Zahnschmerzlächeln.
Und er sagt, dass er mich besonders findet, begleitet vom obligatorischen "und das nicht nur, weil ich betrunken bin", das ich in letzter Zeit so oft hören musste, und wir tanzen völlig aus dem Takt, obwohl wir beide Musiker sind, aber in dem Moment ist das egal und schon ok so.
Dann sitzen wir wieder, er hat seinen Arm auf der Sofarücklehne über mir abgelegt und ich korrigiere: ich bin sowas von geflasht, und ich finde ihn so toll, wie das gerade nur irgendwie emotional geht.
Also eigentlich weit unter dem Normalwert.
Fühlt sich trotzdem unbeschreiblich an, wie auch die letzte Runde tanzen, langsamen Walzer auf Rammstein, dann muss er gehen, und bevor er unseren Tanz beendet und mich loslässt, drückt er mich nochmal ganz leicht und lächelt zum Abschied. Hach.
"Egal, wie cool du den Typen findest, das würde eh nie was werden, niemals nie!", zerschmettert der Musiker jedes harmlose Positivgefühl, das sich ansatzweise in mir aufgebaut hat.
-"Ich würde zur Zeit doch sowieso nichts auf die Reihe kriegen. Aber wieso sollte das nichts werden?"
"Weil der der Löwin nachtrauert, immer noch. Die waren zusammen, sie ist mehrmals fremd gegangen, er hat Schluss gemacht, bereuts noch heute, muss sie dauernd sehen, weils die beste Freundin seiner Bandkolleginnen is, und geht seitdem total kaputt deswegen. Der Kerl is schrottreif, nur wegen der Löwin.
Echt mal, nur wegen der. Weiber ey. Immer Weiber, die machen alles kaputt, also, nix gegen dich mayhem, du bist die Ausnahme, die absolute Ausnahme, hast unsern Raucher hier wieder aufgebaut und zum Nichtraucher gemacht, aber alles machen die kaputt, alles.
Mr. Gaunt ist schrottreif, den kannste gleich einsargen. Nur wegen sowas, nur wegen sowas.."
Er schüttelt energisch den Kopf.
Der Raucher deutet fragend in Richtung Terasse, Krisensitzung?
Ich winke ab.
"Nur wegen sowas, nur wegen der Löwin. Weil die fremdgegangen is, und jetzt isser allein und hätte so viele haben können, wenn er gewollt hätte, aber er wollte nicht und sagt, er will keine mehr, und säuft und raucht und kifft sich kaputt und nimmt wahrscheinlich noch sonstwas, weil er nicht auf die Olle klarkommt..."
Lasse den restlichen Abend Revue passieren, führe nochmal eine innere Bestandsaufnahme durch und mir anschließend die Worte des Musikers vor Augen und denke mir abschließend so, ach scheiße.
Als wir die böse Kneipe betreten, ist es drei Uhr morgens, die sollten eigentlich schon geschlossen haben, und die einzige Person, die noch am Tresen sitzt und trinkt, ist Mr. Gaunt. Er sieht immer wieder auf sein Handy, während der Raucher und der Mischpultmann ihre Jacken aufhängen, und wirkt gar nicht mehr so utracool.
Vielleicht auch, weil außer dem Kneipenchef niemand mehr da ist. Ich beschließe, einen Unterhaltungsversuch zu starten, und nachdem Mr. Gaunt uns alle begrüßt und sich bedankt hat, dass wir vorbeigekommen sind und ihm keine runtergehauen haben, weil er so spät noch anruft, traue ich mich und frage, wer den Lebensbaum auf seinen Oberarm tätowiert hat, danach, welche Bedeutung er für ihn hat, und tatsächlich erringe ich im Kampf mayhem vs. Smalltalk einen Punkt, schaffe es, ein Gespräch zu starten und anscheinend ist es nichtmal unangenehm für ihn.
Und er wirkt fast herzlich, und wenn er lächelt, sieht das ein wenig aus, als hätte er Zahnschmerzen, aber ich mag sein Lächeln trotzdem, weil es sein ganzes Gesicht ausfüllt. Und wenn er lacht, zeigt er spitze Eckzähne und zurückgehendes Zahnfleisch dort, wo er Unterlippenpiercings hat; meinen Hinweis, Teflonstecker statt immer nur Metallringe würden dieses Problem ziemlich ausbremsen, wischt er weg wie ein Katzenhaar vom Oberteil und sagt, als alter Mann sei er sowieso noch hässlicher als jetzt und müsse Gebiss tragen, da käme es auf den Zentimeter Zahnfleisch auch nicht mehr an.
Eigentlich will ich mit ihm diskutieren und ihm erklären, dass er mehr wert ist, als er denkt, aber das wäre jetzt unangebracht, also lasse ich es und wir hören dem Mischpultmann zu, der gerade von damals erzählt, als er noch mit dem Fremden in einer Band gespielt hat.
Überhaupt, ich könnte diese Art von Diskussion mit Mr. Gaunt gar nicht führen. Selbstwertgefühl und solche Sachen.. tendenziell eher schwierig für mich.
Um vier wirft uns der Kneipenchef raus, also laufen wir noch ein bisschen durchs gelbliche Straßenlaternenlicht der Kleinstadt, über uns die Sterne und um uns Musik, weil Mr. Gaunt nicht nur Metal, sondern auch Frittenbude auf dem Handy hat, und es ist eigentlich furchtbar kalt, aber gerade macht mir das nichts, und Mr. Gaunt läuft neben mir, leicht schwankend, aber noch ansprechbar, im Mundwinkel eine Zigarette und in der Hand eine halb volle Flasche Ouzo, die er in einer Hecke vor der bösen Kneipe deponiert und beim Verlassen wieder mitgenommen hatte.
"Wegzehrung", erklärt er mir, bevor er die Flasche ansetzt und um ein gutes Stück leerer macht.
Diverse Alarmknöpfe in meinem Kopf fangen an, zu leuchten, allen voran der mit der Aufschrift "Nicht schon wieder so einer!", aber ich kann mich ganz gut beruhigen mit dem Hinweis, dass unklar ist, ob ich den Fremden überwunden habe, der Feststellung, dass mir Mr. Gaunt eigentlich zu kaputt ist und der Besinnung auf den Fakt, dass meine Intuition ihn als hochgradig lebensgeschädigt einstuft und das nicht gut für mich wäre.
"Auch nen Schluck?", fragt er in die Runde und sieht dabei mich an.
"Nee, bin doch Abstinenzler", lehnt der Mischpultmann ab.
"Danke, aber ich trink nix hartes mehr", erklärt der Raucher.
"Nein danke, da könnt ich auch gleich Desinfektionsmittel trinken. Schmeckt ähnlich scheiße", bringe ich die Realität mal wieder perfekt auf den Punkt.
"Eigentlich hast du Recht", lacht Mr. Gaunt und trinkt weiter.
-"Wieso kippst du dir das Zeug dann rein?"
"Günstig gekriegt und tut seinen Dienst."
Weiteratmen, ich bin nicht seine Mutter, und diskutieren bringt nichts. Nicht jetzt.
Nimm ihn hin, wie er ist, oder lass es sein. Ändern kannst dus nicht.
Kennt man doch schon. Und wieso eigentlich genau jetzt der Helferkomplex?
Nachdem wir den Mischpultmann heimgebracht und zwischendurch den Musiker an einer Straßenkreuzung, an der er anscheinend ausgesetzt wurde, eingesammelt haben, landen wir schließlich auf dem Spielplatz, und weil der Musiker darauf besteht, dass der Raucher mit ihm schaukeln geht und ihn anschubst, sitzen Mr. Gaunt und ich alleine auf den Fahrradständern und lauschen dem manischen Kichern des Musikers.
Die innere Bestandsaufnahme ergibt leicht beschleunigten Herzschlag und mehr Sympathie, als nach ein paar Stunden da sein sollte. Zerre mir wieder vor Augen, dass er kaputt ist und bleibt, egal, ob er auf einmal so ganz anders, viel weniger abweisend, und bei überraschend Vielem auf meiner Wellenlänge ist.
Denke mir trotzdem, dass es irgendwann, wenn ich herzmäßig wieder repariert bin, etwas werden könnte, als wir über Lieblingsautoren reden und er sich als kafkabegeistert und Bernemann nicht abgeneigt herausstellt.
Vor allem, weil mir selbst das zu dem Zeitpunkt eigentlich schon total egal ist und ich einfach unzurechnungsfähig-geflasht vor ihm sitze und ihn innerlich ein kleines bisschen anhimmle, soweit das eben im Moment emotional geht.
Freue mich trotzdem, als er nochmal mit zum Raucher geht, und erst recht, als er sich dort immer wieder neben mich setzt, eigentlich nur mit mir redet und schließlich, als mich der Musiker hochzieht und mit mir tanzen will, ebenfalls aufsteht, mich dessen Armen entreißt und selbst übernimmt. Mit Zahnschmerzlächeln.
Und er sagt, dass er mich besonders findet, begleitet vom obligatorischen "und das nicht nur, weil ich betrunken bin", das ich in letzter Zeit so oft hören musste, und wir tanzen völlig aus dem Takt, obwohl wir beide Musiker sind, aber in dem Moment ist das egal und schon ok so.
Dann sitzen wir wieder, er hat seinen Arm auf der Sofarücklehne über mir abgelegt und ich korrigiere: ich bin sowas von geflasht, und ich finde ihn so toll, wie das gerade nur irgendwie emotional geht.
Also eigentlich weit unter dem Normalwert.
Fühlt sich trotzdem unbeschreiblich an, wie auch die letzte Runde tanzen, langsamen Walzer auf Rammstein, dann muss er gehen, und bevor er unseren Tanz beendet und mich loslässt, drückt er mich nochmal ganz leicht und lächelt zum Abschied. Hach.
"Egal, wie cool du den Typen findest, das würde eh nie was werden, niemals nie!", zerschmettert der Musiker jedes harmlose Positivgefühl, das sich ansatzweise in mir aufgebaut hat.
-"Ich würde zur Zeit doch sowieso nichts auf die Reihe kriegen. Aber wieso sollte das nichts werden?"
"Weil der der Löwin nachtrauert, immer noch. Die waren zusammen, sie ist mehrmals fremd gegangen, er hat Schluss gemacht, bereuts noch heute, muss sie dauernd sehen, weils die beste Freundin seiner Bandkolleginnen is, und geht seitdem total kaputt deswegen. Der Kerl is schrottreif, nur wegen der Löwin.
Echt mal, nur wegen der. Weiber ey. Immer Weiber, die machen alles kaputt, also, nix gegen dich mayhem, du bist die Ausnahme, die absolute Ausnahme, hast unsern Raucher hier wieder aufgebaut und zum Nichtraucher gemacht, aber alles machen die kaputt, alles.
Mr. Gaunt ist schrottreif, den kannste gleich einsargen. Nur wegen sowas, nur wegen sowas.."
Er schüttelt energisch den Kopf.
Der Raucher deutet fragend in Richtung Terasse, Krisensitzung?
Ich winke ab.
"Nur wegen sowas, nur wegen der Löwin. Weil die fremdgegangen is, und jetzt isser allein und hätte so viele haben können, wenn er gewollt hätte, aber er wollte nicht und sagt, er will keine mehr, und säuft und raucht und kifft sich kaputt und nimmt wahrscheinlich noch sonstwas, weil er nicht auf die Olle klarkommt..."
Lasse den restlichen Abend Revue passieren, führe nochmal eine innere Bestandsaufnahme durch und mir anschließend die Worte des Musikers vor Augen und denke mir abschließend so, ach scheiße.
