..that are sinking to the ground...

Ich bin heute aufgestanden.
Nachdem mein Vater wieder in Feldwebelmanier und in tiefster, dunkelster Nacht gegen die Zimmertür getrommelt hatte , sodass ich schon fürchtete, gleich würde seine Faust durchbrechen, und sein "Aufstehen!" auf mich abgefeuert hatte, bin ich ins Bad gegangen, habe mich wieder hingelegt, als er und die Vatersfreundin weg waren, und bin 3h später richtig aufgestanden.
Es klingt für normale Menschen wohl unbegreiflich, aber für mich war das eine Leistung, das aufstehen ohne einen Zwang von außen. Und dann, dann habe ich sogar das Bad geputzt und die Spülmaschine angemacht und mich um meine Wäsche gekümmert. Richtig motiviert, für meine Verhältnisse, an den meisten Tagen bin ich froh,wenn ich es schaffe, aufzustehen, weil da das graue Etwas meinen kompletten Verstand und mein Herz gleich mit einnimmt. Das tat es heute auch, aber ich bin aufgestanden und habe was gemacht.
Die Vatersfreundin hat in einer der endlosen Streitrunden, die wir zu dritt führen, wenn sie da ist, mal gesagt, dass das gut ist,kleine Schritte, und ok ist. In kleinen Schritten was machen.
Für mich waren die kleinen Schritte heute ziemlich groß, besonders,wenn man sie mit den Tagen davor vergleicht, könnte ich das so einfach, stolz auf mich sein, dann wäre ich es heute ein bisschen gewesen.
Dieses Gefühl hielt genau so lange an, bis sie wieder heimkamen, mein Vater und seine Freundin.
Schwiegen mich eine Viertelstunde an, bis sie ein "Was hast du heute eigentlich gemacht?" auf mich abfeuerte und es daraufhin wieder los ging. Die ganze Diskussion, die übliche Abendgestaltung. Das Übliche: Sie sagt, es kann so nicht weitergehen, mein Vater sagt nichts, bis ich etwas sage. Wenn ich dann spreche, unterbricht er mich, sagt, dass das keinen Sinn hat alles, dass reden nichts, aber auch garnichts bringt und ich gefälligst meine Klappe halten und einfach machen soll.
Heute, da hat er gesagt, ich würde ihn und seine Freundin erpressen. Erpressen würde ich sie, weil ich nichts machen würde.
Ich habe ihn angeschaut und gefragt, wieso erpressen. Gesagt, erpressen ist, wenn ich was böses mache, um etwas zu bekommen, was ich will.
Er hat gesagt, ich soll meine Klappe halten, ich würde sie erpressen.
Wieder hab ich versucht, es zu erklären,dass ich sie nicht erpressen will, und dann hat er gelacht.
Das Lachen ist immer das Schlimmste; allen Hass und alle Aggression, die er empfinden muss, wenn er mich sieht, steckt er in dieses Lachen, nichtmal die USA würden es als Foltermethode nutzen,das Lachen, so schlimm ist das.
Er hat wieder gelacht, das böse lachen, und dann ist er rausgegangen, hat vorher noch gesagt, ich hätte mich dumm studiert, und dann war er draußen. Dabei studiere ich doch noch garnicht.
Siehst du, habe ich zur Vatersfreundin gesagt, leicht stockend, weil ich wieder mal sehr nah am Heulen war, Siehst du, und deswegen habe ich dir gesagt, dass es nichts bringt.
Ich habe ihr gesagt, dass diese Gesprächsrunden, in der erst alle Beteiligten auf mir herumhacken und sie dann versucht, uns zum Lösungsfinden zu motivieren und alle Vorschläge ablehnt, um danach auf heile Welt zu machen, dass die nichts bringen; und dass die Lösung ist, dass ich meine Zeit noch absitze, mit 18 ausziehe, hoffentlich eine Arbeit finde und das Jahr bis zum Abitur und eben dieses in einer netten Plattenbauwohnung alleine mit der Katze absitze.
Sie hat gesagt, das ist Wegrennen.
Kann sein, meinte ich. Kann sein,dass das Wegrennen ist, aber alles andere geht nicht, Coexistenz schon lange nicht mehr und jeden Tag geht es weiter kaputt und ich gleich mit.
Sie hat wieder angefangen, genau so wie er hat sie angefangen, ich müsse doch einfach nur was machen.
Da habe ich gemerkt,dass auch sie es nicht verstanden hat, und versucht, mich geistig auszuklinken.
Einfach über der Sache schweben, auch, als mein Großvater begeistert angefangen hat, aufzuzählen,was er heute alles im Haushalt gemacht hat, habe ich mich weiter darauf konzentriert, über der Sache zu schweben und das klappte ganz gut, aber als mein Vater wiederkam und sagte, es hat keinen Sinn, das alles, weil ich sie erpressen würde, nichts mache und immer im Kreis rede, als er mich nicht hat ausreden lassen, als ich meinte, ich wiederhole mich nur deshalb, weil du mich nie zu Ende sprechen lässt, geschweige denn, darüber nachdenkst,was ich sage, als er wieder alles an Hass, was er in sich finden konnte, losgeschleudert hat auf mich, da hat er mich erwischt.
Und ich konnte mich hinter meinem Haar verstecken und die Augen schließen, aber nicht mehr über der Sache schweben.
Die Vatersfreundin versuchte wieder, Gespräche zu erzwingen, sagte, sie gehe jetzt rauchen und wenn sie wiederkommt, will sie ein Ergebnis hören und derartiges.
Mein Vater saß auf seinem Stuhl und begann, die Zeitung zu lesen.
Einfach so, saß einfach da, dieser kaputtgearbeitete, gealterte Mann, der mein Vater sein soll, und hat seine Zeitung gelesen.
Ich habe zwei Minuten lang versucht, etwas zu sagen, aber schon beim Versuch schossen mir die verdammten Tränen in die Augen, deshalb habe ich es jedes Mal wieder gelassen und nochmal neu angefangen, bis ich es dann sagen konnte.
Dass ich glaube,dass er auch nicht klarkommt mit allem,was war, aber er immernoch verdrängt; und dass er genauso wenig über Gefühle und Probleme reden kann wie ich, aber das wichtig ist; und es schwierig für mich ist, ich habe mich ja nicht einmal getraut, ihn zu fragen, wie es ihm geht, als der Todestag seiner Mutter war,geschweige denn, ihn zu umarmen oder sowas.
Er hat nur umgeblättert und weiter Zeitung gelesen.

Und ich saß so da, in der üblichen Diskussionsrunde, ich hatte meinem Großvater ein leises "nicht jetzt, bitte" entgegen gesetzt, als er, mitten im Gespräch, wieder anfing mit seinem Gerede, aber das "nicht jetzt, bitte", das für mich eine so riesengroße Leistung darstellte, das hat er einfach überhört und die Vatersfreundin gefragt, wann sie ihr Auto gekauft hat, und ob es ein Gebrauchtwagen ist oder ein neuer.
So ging es mal wieder den halben Abend, mein Vater schweigend oder verletzend, sie in ihrem verzweifelten "Ja aber so geht das doch nicht!", nicht richtig auf meiner Seite, aber auch nicht neutral, sondern logischerweise eher hinter ihm stehend, und ich arbeitete mich von wenig sagen hin zu "nichts mehr sagen" und versuchte, auf der Stelle zu verschwinden. Leider löst man sich nicht einfach so in Luft auf, also habe ich dann irgendwann doch geweint,auf meine zurückhaltende Art und Weise, ihm ist das egal, er sagt, ich solle mir das Geflenne sparen, sie sagt, wir drehen uns im Kreis, mein Großvater sagt, er hat heute auch gestaubsaugt.
Dabei bin ich heute aufgestanden.
Kleine Schritte machen, hat sie gesagt. Hat sie gesagt, und ich dachte, sie meint das ernst, und ich dachte, ich hätte heute ausnahmsweise etwas auf die Reihe bekommen, auch,wenn es für mich viel mehr war als für sie und für ihn, aber wir haben doch letztes Mal gesagt, dass das in Ordnung ist.
Und ich habe gedacht, dass es in Ordnung ist, wie ich bin, und dass es mir eventuell nicht ganz gut geht, wegen dem grauen Etwas, dass sie es akzeptieren und eine Sekunde lang sogar, dass sie es verstehen, ansatzweise.
Ich sollte aufhören, in Menschen menschliches sehen zu wollen.
Dieses menschliche, was ich gerne sehen würde, vielleicht gibt es das ja gar nicht.
Vielleicht sind ja alle so, wenn man lange genug mit ihnen zu tun hat. Bis jetzt war es jedes Mal so. Menschen verlieren ihr menschliches, wenn man lange genug mit ihnen zu tun hat.
Vielleicht liegt es ja an mir.
Mein Vater sagt, es liegt an mir, ich habe sie so werden lassen. Hat er gesagt, als wir mal zu zweit gestritten haben.
Wie immer wurde die heutige Diskussion mit einem "und jetzt machen wir alle alles anders", das mir bestätigte, dass ich es wieder nicht geschafft hatte, oder sie es nicht verstehen wollten oder konnten, beendet, und als ich den Müll rausbrachte und sie rauchte, habe ich versucht, der Vatersfreundin das graue Etwas zu erklären.
Habe gesagt, Vatersfreundin, ich fand das verletzend heute, das "Was hast du den ganzen Tag gemacht?". Dass es schon eine Leistung war, aufzustehen,weil ich nicht weiß,wofür das alles.
Weiter durfte ich nicht reden, ein "Spinnst du?!?" hat sie ausgerufen, ein richtig lautes, richtig böses, und mir gesagt, ich hätte doch einen Schlag, wenn ich nicht weiß, wofür ich morgens aufstehe und wofür ich vor mich hin lebe.
Gäbe so viel wichtiges im Leben. Ich würde doch spinnen.
Danke fürs Michnichtausredenlassen, hab ich gesagt,als sie fertig war. Ganz leise, weil ich mich wieder vom Weinen abhalten musste, wie immer. Ich habe es schon mal geschrieben, ich bin nicht nahe am Wasser gebaut, sondern mitten im Fluss.
Ja, dann rede halt. Wieder dieser aggressive Ton.
Ich solle doch einfach reden.
Sagt sie, die kurz zuvor gesagt hat, ich soll aufhören, zu reden. Einfach machen.
Als ich das erwähne, gibt sie wieder einen genervt-pseudoverzweifelten Seufzlaut von sich.
Ich versuche es trotzdem, und kann nicht ausmachen,ob sie es versteht oder nicht.
Aber als ich die Wohnung wieder betrete, als letzte, weil ich vorher überlegt hatte, einfach wegzugehen, zu laufen, wohin meine Füße mich führen, sitzen sie wieder da, im Wohnzimmer, auf dem Sofa, jeder sein Glas Wein vor sich, am Telefon lachen sie, dann, als der Anrufer aufgelegt hat, auch wieder das übliche Totschweigen, wie immer nach einer Diskussionsrunde, und Großvater Mayhem sitzt auf einem Extrastuhl und fängt an, Belang- und Zusammenhangsloses zu reden. Wie immer.
Scheint vergessen zu haben, wie mein Vater, sein Sohn, ihn angeschrien hat, und als sie mich sieht, fragt die Vatersfreundin in neutral-freundlich, ob ich die Fernsehzeitung gesehen hätte und einen Tee wolle.


As I'm falling into the deep.






threebluesheeps, Sonntag, 4. März 2012, 11:21
Puuh....
Also wenn ich ehrlich bin weiß ich gar nicht was ich jetzt schreiben soll.
Ich finde es erstaunlich, dass du noch so viel Kraft aufbringst zu veruschen es hinzubiegen. Mit dem habe ich längst aufgehört. Verhalte mich einfach still - und wenns dann mal brenzlich wird versuch ich halt zu verschwinden. Ich bin auch schon mal einfach weggegangen. Da war ich noch kleiner. Einen ganzen Tag lang war ich weg, bin aus der Haustür raus ohne ein Wort. Meine Mutter ist mir weder nachgekommen noch fragte sie wo ich war als ich wieder zu Hause war. Aber ich denke meine Eltern feuern nicht so oft ihren Hass auf mich ab. Immerhin haben sie auch wenig Grund, da ich ja eigentlich verusche das "Graue" geheim zu halten. Und ich bin stolz auf dich, dass du aufgestanden bist - wie gesagt - kleine Schritte. Das ist ein guter Anfang :) Nur weiter so - und hoffentlich schaffen wir es ohne Komplikationen diese Zeit abzusitzen. Den Sinn des Lebens denke ich wird so mancher bis ans Ende seines Lebens suchen. Den Grund zu leben werde ich sicher auch noch länger suchen. Es bleibt nur die Hoffnung, dass es eines Tages besser wird - denn bis jetzt ist der Stand: es ist normal - zumindest Teilweise.

Die Pläne fürs Ausziehen stehen auch schon. Manchmal werf ich sie um, manchmal wünschte ich ich könnte einfach meine sieben Sachen packen und sofort gehen. Also wenn du kannst - dann lauf das nächste Mal. Lauf weg - aber komm wieder zurück, bis das mit der eigenen Wohnung klappt.

Und bei mir ist es ja eigentlich umgekehrt - meine Eltern wollen ja was verändern - nur ich nicht mehr. Hab zu lange gewartet....meine Geduld ist vorüber.

Hmm ich weiß nicht ob du jetzt was damit anfangen kannst.

Aber - *dich in den Arm nehm*
mitten im Fluss gebaut bin ich auch ...
und der mega Klos den ich manchmal im Hals habe, ist an manchen Tagen einfach nicht mehr zu schlucken.


PS: der song ist wieder mal genial ....


mayhem, Sonntag, 4. März 2012, 16:29
bei mir gehört "das kanns doch nicht gewesen sein" fest dazu, und gerade bei ganz offensichtlich aussichtslosen problemen habe ich die angewohnheit, nicht loszulassen.
in dem fall bin ich schon lange nicht mehr motiviert genug dabei, und dass sense ist,sobald ich ausziehe, weiß ich auch. trotzdem schaffe ich das nicht, einfach ruhig sein und weggehen. vielleicht bin ich zu emotional.
ich bin ganz sicher zu emotional, nicht nur in der hinsicht.

Ich glaube, das geheimhalten macht es schlimmer auf dauer.
ich habe so viel unbewusst verdrängt (ja, das hört sich jetzt an wie aus einer ratgeberzeitschrift), und auch,wenn ich das nicht dachte: es holt mich ein.
also stelle ich mich jetzt dem ganzen.


der plan mit dem ausziehen ist teilweise schwierig, weil ich mit 18 ja immernoch zur schule gehe, einfacher wäre es, damit bis zum fsj zu warten, dann bekomme ich wohngeld und rund 250 euro im monat. nicht viel, mit kindergeld und waisenrente reicht das aber.


wieso willst du nichts mehr verändern?
ob ich verändern will, ist die frage,mir fehlt eigentlich die kraft dazu. meine leistung ist deshalb das "einfach weiteratmen". bewusst versuche ich schon länger nicht mehr, mich auf die reihe zu kriegen.
habe ich von der alten sache gelernt, die dinge einfach eine weile existieren zu lassen,ohne zu sehr gegen sie anzukämpfen, aber auch ohne sie schönzureden, als nicht so schlimm abzustempeln oder sie zu verdrängen.
klingt absurd, aber bis jetzt funktioniert das; nicht komplett, aber besser als anderes.

Danke für deinen Kommentar übrigens.


Freut mich,wenn du Thoughts Paint The Sky (die Band, von der das Lied kommt), magst, ich habe die erfahrung gemacht,dass sie relativ polarisierend sind.
ist aber eine meiner lieblingsbands und steht auf der "muss ich noch live sehen"-liste sehr weit oben.


threebluesheeps, Sonntag, 4. März 2012, 16:35
In der Hinsicht bin ich auch emotional. Einfach so weggehen kann ich auch nicht. Es tut weh, aber ich hab das Gefühl, dass das das Beste ist.
Vielleicht hältst du es ja noch bis zum fsj durch.
Und mit verheimlich mein ich ja auch nur meine Eltern. Ansonsten wissen ein paar Leute davon.
Und immerhin arbeite ich ja auch dran - geh jetzt zur Psychotherapeutin. Nur die meinte das wäre eigentlich größten Teils normal. Deshalb hab ich irgendwie das Gefühl wieder am Anfang zu stehen.
Naja mal sehen.
Also schön "weiteratmen".


mayhem, Sonntag, 4. März 2012, 16:40
es wäre auch das beste; aber ich schaffe es nicht und manchmal will ich es auch nicht, schließlich ist der mensch da, mit dem mich meine mutter alleine gelassen hat, nicht irgendwer, sondern mein vater.

die zeit von 18 bis zum fsj wird nochmal anstrengender, weil dann das "ja dann geh halt, bist alt genug" von seiten der vatersfreundin auftauchen wird. dooferweise ist auch mietwohnung im plattenbau nicht das Günstigste, preislich gesehen.

wissen deine eltern eigentlich,dass du zur therapeutin gehst? ich habe überlegt, eine zeit lang, kam aber zu dem schluss, dass mir das nur noch mehr probleme bereiten würde, mein vater ist ja der überzeugung, für solche "eingebildeten probleme" braucht man keine hilfe, und therapeuten allgemein seien solche nutzlosen akademiker, die einem das geld aus der tasche ziehen.


man dreht sich im leben manchmal ziemlich im kreis, ja..


threebluesheeps, Sonntag, 4. März 2012, 16:45
Ob ich es schaffe wegzugehen weiß ich auch nicht. Immerhin hänge ich ziemlich an meinen Eltern.

Nein sie wissen nicht, dass ich zur Psychotherapeutin gehe. Deswegen war ich auch so geschockt als gestern morgen meinen Mutter beim Frühstück zu mir sagte sie wolle meine Psycho-Termine haben. Dabei meinte sie damit nur die Termine wann ich Philosophie (und nicht Psychologie) Unterricht habe (ist nur einmal im Monat).

Und was ist mit einer Wg (vielleicht findet sich ja jemand mit dem du dich verstehst) ?


mayhem, Sonntag, 4. März 2012, 16:52
es ist auch normal,dass man an seinen eltern hängt, denke ich..
nur manchmal geht es nicht anders, leider.

hmn, soweit ich bis jetzt informiert war, kann/soll/muss ein therapeut meinen vater darüber informieren,dass ich zu ihm gehe.. aber vielleicht gibt es da eine andere möglichkeit.

da wäre ich auch geschockt gewesen...
bei dir an der schule gibt es philosophie? ich bin neidisch..bei uns wird das gar nicht angeboten...


die leute, mit denen ich in eine wg gehen würde,wohnen zu weit weg, bzw. gehen oder sind an den falschen unis.
mit einer freundin schreibe ich zur zeit wieder relativ viel, sie macht aber jetzt ihr abitur, dh sie hat ihren bachelor schon fertig,wenn ich meine rettungssani-ausbildung rum habe und mit dem studieren anfange.
aktuell sieht es mit wg schlecht aus, weil die meisten ja jünger sind als ich und erst mit 18 ausziehen wollen, bzw. ihre eltern es nicht früher erlauben.


nessi69, Sonntag, 4. März 2012, 18:37
ich hoffe, es ist ok, dass ich mich hier mal einschalte:
(und wenn ihr irgendetwas, was ich hier sage, als unzutreffend empfindet, nehmt es mir bitte nicht übel, ich will keine psychologisch-klugscheißerische Ferndiagnose stellen, sondern schreibe nur runter, was mir auffällt und an Begebenheiten erinnert, die ich selbst schon erlebt hab)

Mayhem, ich bin auch stolz auf dich, dass du gegen das "Graue" (ich hab grad aus Versehen erst "das Grauen" getippt. Freudscher Verschreiber.) angehst, und kleine Schritte sind das Beste, was du machen kannst- sich zuviel auf einmal vorzunehmen überfordert, und dann macht man eh nix.

Ich glaube, das Problem, dass ihr mit euren Eltern deswegen habt, ist immernoch stark von der Gesellschaft mitverursacht. Es ist anscheinend, wie ich in meinem Umfeld festgestellt hab, enorm schwer, die Probleme, die man in einem solchen Fall hat, nachzuvollziehen, wenn man das nicht selbst mal erlebt hat, und deshalb kommen immernoch solche Kommentare wie "jetzt stell dich nicht so an", " sei doch nicht so faul" usw., gerade auch von älteren, denn in unserer Zeit wird das ja immer mehr zur Volkskrankheit. Die haben früher eingeimpft bekommen, dass man nur "abnormale" Leute zum Psychater gehen, und dass das es sich dabei nicht um Krankheitsbilder, sondern um Störungen handelt, die einen Menschen minderwertiger machen als die anderen. Ganz furchtbar sowas. Depressionen etc sind einfach noch viel zu kurz anerkannt.... Und obwohl das heut so viele haben, wissen viele immernoch nicht, wie das ablaufen kann und welche Krankheitsbilder dazugehören. Deshalb komtm man so schnell in die Verlegenheit, sich rechtfertigen zu müssen ("ich bin nicht faul, ich hab nur keine Kraft, aufzustehen"), was dann wiederum als faule Ausrede gesehen wird.
Und ich glaub auch, dass dein Vater, Mayhem, sein ganz eigenes Päckchen zu tragen hat, und vielleicht deshalb erstrecht nicht darauf eingeht, weil er sich, wenn er sich eingestehen müsste, dass du Probleme hast, sich auch damit konfrontieren müsste, dass er auch welche hat, die er vermutlich ziemlich weit versucht wegzuschieben.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass Gespräche da helfen- aber nicht unbedingt mi denen, die es eh nicht verstehen, sondern mit Leuten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Zum Beispiel gibts ja Selbsthilfegruppen und ähnliches, Mayhem, vielleicht wäre das ja eine Alternative zur Therapie? Da gibt es dann auf jeden Fall Menschen, die schonmal das Grundproblem verstehen, weil sie Ähnliches erlebt haben, und dir vielleicht Tipps geben können, wie du den Leuten zu Hause besser verständlich machen kannst, wie du dich fühlst, und dir vielleicht auch Methoden zeigen, wie du dich vor diesen Gefühlsausbrüchen schützen und während des Gesprächs einen ruhigen Kopf bewahren kannst. Und ich glaube, dafür bräuchtest du dann auch nicht die Einverständniserklärung deines Vaters.


Und mal zu einem ganz anderen Thema: Wegen Philosophie in der Schule: hatte ich auch. Hat mir null gebracht, erst war ich ziemlich gut, dann plötzlich schlecht, weil Lehrerwechsel. Lehrer wollen gern, dass man ihre Gedanken wiederkäut, und sich nciht seine eigenen macht, was grad bei der Philosophie natürlich ziemlich schwierig ist ;-)
Ich glaub, dass es einfach besser ist, wenn man sich dafür interessiert, sich selbst damit zu beschäftigen.
Es gibt auch viele interessante Bücher, die sich mit dem Thema beschäftigen und Einleitungsliteratur rausgebracht haben. Ich hab den hier als ganz gut empfunden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Paul_Liessmann#Publikationen
Hab drei Bücher von ihm bisher, und fand sie alle sehr gut zu lesen und recht verständlich. Wenn du davon eins borgen möchtest, sag Bescheid, ich wollt mir eh noch eine Mailadresse für Blogger anlegen, die stell ich demnächst auf meinen Blog.


So, genug des Geschwafels :-)


mayhem, Montag, 5. März 2012, 16:35
Hmn, ich bin ja in der beziehung oft auch schon von kleinen schritten überfordert...


ich weiß nicht, vielleicht trägt auch das umfeld dazu bei,dass depressionen und ähnliches nicht anerkannt sind, ich kann mir vorstellen,dass das in städten oder einem nicht so traditions- und konventionsbewussten umfeld doch ein bisschen anders aussieht.

mein vater hat probleme damit, sich seinen problemen zu stellen, ja..
ihm wurde es als kind eingetrichtert, dass es keine probleme gibt,wenn,dann macht man die sich selbst. und emotionales oder weitergehende gedankengänge, das spukt denen im kopf rum, die sonst auch nicht ganz dicht sind. komplett sieht er das nicht mehr so, aber man merkt es immer wieder, und dummerweise habe ich die angewohnheit, emotional zu sein und eher zu viel als zu wenig zu denken.


Ob ich was mache und was das ist, muss ich selbst noch aussortieren. Die frage ist auch immer, ob man mit den zuständigen leuten überhaupt etwas zu tun haben möchte, in einem fall möchte ich das nämlich ganz sicher nicht.


was philosophie betrifft, lese ich mich mal ein, aber nicht jetzt, nach einem blick auf meinen klausurenplan hat es mir förmlich die schuhe ausgezogen, und das geht dann eine ganze weile so; in den sommerferien habe ich weitergehende pläne und zwischendurch fahren alle geschichtskurse zusammen nach berlin. könnte also lockerer sein..


und geschwafel ist der kommentar nicht, "geschwafel" ist wäre negatives.

silentia, Sonntag, 4. März 2012, 20:50
Mir hatte, als ich noch mit meinem Herrn Vater zusammenlebte, geholfen, mir vor Augen zu halten, dass es nicht für immer ist. Möglichst wenig Angriffsfläche bieten und ihm nicht in die Quere kommen. Im Grunde war das damals nichts anderes als ein vor-sich-hin-vegetieren, aber auch Normalität. Das wurde mir erst richtig klar, als ich mit ihm nicht mehr in einer Wohnung zusammenlebte und nur noch sporadisch auf ihn traf. Derartige Treffen führen bei mir regelmässig zu tagelanger Handlungsunfähigkeit. Eigentlich erstaunlich, dass ich damals überhaupt irgendwas "nebenher" leisten konnte.

Ich weiss nicht, ob in solchen Situationen hinbiegen überhaupt noch möglich ist. Da ist über Jahre hinweg wohl etliches schief gelaufen. Das wieder in Ordnung zu bringen, braucht Bereitschaft auf beiden Seiten. Wenn der Herr Vater nicht will oder gar keinen Bedarf sieht (aus welchem Grund auch immer, meiner betrachtete mich immer als seine Art Eigentum, mit dem er machen kann, was er will. Kannte er von seiner Familie her auch gar nicht anders), dann kann das Hinbiegen auch gar nicht klappen. Das ist zwar schlimm und schwierig auszuhalten, aber letztlich rennt man dann nicht ständig gegen eine Mauer.



Ich sollte aufhören, in Menschen menschliches sehen zu wollen.

Wo soll das Menschliche denn sonst sein, wenn nicht im Menschen?


mayhem, Montag, 5. März 2012, 16:38
im großen und ganzen ist das das, was ich versuche. klappt immer öfter gut, manchmal aber auch eher weniger.

die freundin meines vaters sagt immer,dass da so viel schiefgelaufen ist, dass nichts mehr geht, widerspricht mir aber vehement, wenn ich den plan äußere, je nach möglichkeit spätestens zum fsj auszuziehen und mich dann auch vorerst nichtmehr blicken zu lassen. entweder entspannt sich die lage, oder eben nicht.
noch mehr entfremdung ist (fast) nicht mehr möglich.


Vielleicht ist das "menschliche" eine idealvorstellung.
Ich neige ja dazu, zu idealisieren und positives zu suchen.


silentia, Dienstag, 6. März 2012, 20:06
Manchmal habe ich den Eindruck, dass es für viele unvorstellbar ist, dass ein "Kind" sich von seinen "Eltern" so entfremden kann, dass seitens des "Kindes" kein Kontakt mehr gewünscht ist. Gelegentlich stosse ich im Internet auf Seiten, auf denen sich "verstossene Eltern" ausheulen, wie schrecklich ungerecht ihre Kinder sich ihnen gegenüber verhielten und jetzt nichtmal mehr Kontakt wollen – dass diese Eltern sehr wohl auch selber dazu beigetragen haben, dass es zwischen Elter und Kind so weit gekommen ist, wird offenbar nicht gesehen. Ebensowenig wird von Aussenstehenden verstanden, was "Kinder" dazu bringen kann, mit ihren Eltern nichts zu tun haben zu wollen. Kinder seien ihren Eltern gegenüber ja schliesslich verpflichtet, weil sich die Eltern ja soo für sie aufgeopfert hätten. Familie über alles – egal was passiert ist.

Mein Herr Vater rechnet(e) mir immer vor, wie viel er in mich investiert hatte und wie furchtbar undankbar ich doch sei, wenn ich ihm (jetzt) aus dem Weg gehen würde. Wenn das Kinder-haben als eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung gesehen wird, bzw. eine Art lebenslänglicher Anspruch auf das "Kind" erhoben wird – ohne tatsächliche Bereitschaft zu zeigen menschlich etwas für die Beziehung zu tun und immer nur zu fordern, (verbal) um sich zu schlagen und sich so furchtbar ungerecht behandelt zu fühlen – dann weiss ich auch nicht, wie sich diese Eltern (oder auch deren Partner/andere Personen) vorstellen.


mayhem, Dienstag, 6. März 2012, 21:25
Stimmt, ich glaube wirklich, dass Kontaktabbrechen eine dieser Entscheidungen ist, die man "einfach nicht trifft", weil es sich "nicht gehört". Egal,was los ist/war.

Diese Verpflichtung gegenüber den Eltern ist allgemeiner Grundsatz, habe ich das Gefühl; ein Stück weit mag das auch richtig sein, aber es gibt Grenzen. Auch im Umgang mit Eltern, und auch für Eltern. Finde ich.

Wieviel er bis jetzt in mich investiert hat, hat mein Vater mir noch nicht vorgerechnet-er führt aber akribisch Buch darüber,wieviel er ausgibt, sogar unsere Katze hat eine eigene Spalte im Plan, falls er mal das Futter kauft (was selten genug vorkommt, aber ok ist- ist ja meine Katze).


Allgemein haben manche Eltern Vorstellungen, die sehr schwer nachvollziehbar sind, ich bekomme das teilweise mit- aber manchmal auch das komplette Gegenteil, zum Beispiel die Eltern der alten Sache und seiner Schwester- das ist so eine total stabile, ausgeglichene, funktionierende Familie, bestehend aus lauter stabilen, ausgeglichenen, bodenständigen Menschen, ohne dieses verkrampfte Bilderbuchfamilienklischee auch nur anzutasten. Ich fand das sehr seltsam und ungewohnt. Auch jetzt ist es noch irritierend.