Nach der Katharsis meiner eigenen kleinen Apokalypse befinde ich mich in einer Art Schwebezustand.
Der Rest der Welt rauscht eben so an mir vorbei, ich mittendrin, in den Trümmern der Glaskuppel, die mich sonst nach außen abgeschirmt hat.
Und ich nehme mir die Freiheit, verloren zu sein in meinem Trümmerhaufen.
Keine Versuche, aufzustehen, keine zu hastigen Bewegungen. Sich aufs Weiterleben konzentrieren, ganz buchstäblich.
Versuchen, nicht zu oft alleine zu sein. Die ehemalige Chemiekurskollegin besuchen, die Nachbarin besuchen, die Büchereichefin besuchen.
Einmal auch ein Spaziergang, alleine.
Ansonsten, abwarten. Abwarten und einfach weiteratmen.


Der Psychodoc sagt, ich bin stabil.
Er sagt das am Telefon, obwohl meine verheulte Stimme bis zu ihm durchklingt;eigentlich bin ich auch immer noch halb am Heulen. Weil ich zu potentieller Chefin2, nachdem ich in 3 Wochen immer noch nicht erfahren habe, was ich eigentlich genau hätte machen sollen, und wie viel ich dafür gekriegt hätte, und die Fragen danach als "unnütze Diskutiererei" erstickt worden sind, bevor ich sie überhaupt komplett hatte aussprechen können, gesagt habe, "ja gut, dann lassen wirs eben".
Eigentlich nicht so sehr aufgrund dieser Aussage, sondern eher wegen der Gereiztheit meines Telefon-Gegenübers, und vor allem, weil ich ständig unterbrochen wurde und keine Chance zum Klarstellen hatte.
"Sie weinen, weil jemand am Telefon unfreundlich zu Ihnen war?"
-"Ja!"

Er sagt es, obwohl ich, als mein Vermieter mir die Nebenkostenabrechnung in die Hand drückt, schon Panik habe, bevor ich sie öffne, und gleich wieder anfange, zu heulen, panisch und verzweifelt, als ich den Betrag sehe.

Obwohl ich immer noch Angst vor fremden Menschen habe; so sehr, dass ich am Freitag, als wir mit der Hexe und Co. unterwegs waren, total verloren und verzweifelt war, weil ich es immer noch nicht schaffe, mit ihnen zu reden, und weiß, dass das Mr.Gaunt beschäftigt, und mich regelmäßig noch unfähiger und unzureichender fühle, wodurch sich dann auch noch massive Verlustangst zu der kleinen Horrorparty in meinem Kopf/Herz-Verband gesellte.

Obwohl ich mich immer noch nicht traue, in die böse, gemeine, verhasste Kleinstadt zu Fahren, was, da Chef1 ein Gesundheits-, sowie ein Führungszeugnis und noch anderen Kram braucht, echt mal notwendig wäre.
So, wie ich mich mal aufraffen könnte, um diverses Zeugs abzuschicken und die Wohnung aufzuräumen.

Ich nehme mir die Freiheit, es zu lassen.
Die Wohnung vorerst im Müllhaldenmodus zu belassen, zwei Wochen zu brauchen, um endlich den blöden Brief abzuschicken, oder noch länger,
und mehrere Stunden damit zu verbringen, Soap&Skin am Keyboard zu üben.
Einfach, weil das gerade so muss.

Meine kleine Welt ist manchmal erträglich, und viel öfter am Untergehen, dann und wann merke ich, dass das Ende erreicht ist, aber ich bleibe stehen, wo ich bin.
Endstation, fürs Erste.
Kein nach vorne sehen, kein zurückkippen, kein Sturz in noch tiefere Abgründe.
Stillstand.
Ich bleibe genau da stehen, oder liegen, wo ich bin. Gelegentlich im Angesicht der kleinsten Kleinigkeit verzweifelnd, oder auch nicht. Kennt man ja schon.
Jetzt eben in der Deluxe-Edition mit noch schlimmerer Panik/Angst/Verunsicherung/Verzweiflung und gratis Rumgeheule.
Und ich nehme mir die Freiheit, das so zu lassen, es zu akzeptieren, irgendwo. Versuche es zumindest.
Versuche, die ganzen Krisengefühle eben da sein zu lassen, wenn sie das gerade wollen.

Alles auf Null, und mal schauen, wohin der Stillstand führt. Und wenn es eine einzige große Abwärtsspirale ist, dann ist es eben so.
Aber vielleicht wird ja wirklich alles gut.
Man wird sehen.





c17h19no3, Mittwoch, 18. Dezember 2013, 20:28
die talsohle dauert. vier bis sechs wochen würde ich erstmal den medikamenten zeit geben. da tut sich noch ganz viel. die käseglocke ist ein erster schritt. die brauchst du auch, diese leere gelassenheit.

man fällt so eine ganze weile auf sich selbst zurück. schließlich hat man ja jahre und jahrzehnte damit verbracht, nicht man selbst zu sein. sondern souverän, selbstständig, hart. ein strahlekind, das man doch eigentlich liebhaben müsste. für wen auch immer.

bleib einfach dran. du hast nichts zu verlieren. und wenn der psychodoc kacke ist, dann sag ihm das und dass du dir einen anderen suchst. du brauchst keine dummschwätzer.

es wird sich irgendwann ein bisschen klarheit auftun, und dann noch mehr. ab und an scheint sogar die sonne. aber es wird nicht leichter. das liegt nicht an der welt, sondern an unserem blick darauf. und den erwartungen, die daraus entstehen, dass wir so klar sehen, wie krank und falsch vieles läuft. ich denke, wir waren nie anders, aber je weiter es in die welt hineingeht, desto schwieriger wird es, die missstände auszublenden. es fehlt da etwas in uns. ein filter, ein schutzschild. gesunde borniertheit. kaltblütigkeit. eigennutz.

dafür haben wir aber auch ein paar fähigkeiten, die andere nicht haben werden. unter anderem sehen wir mehr, und wenn wir an diesen wahrnehmungen dran bleiben und sie ausdrücken, entsteht etwas. geschichten. bilder. klänge. kleine schöpfungen. ich vermute mal, man braucht uns in dieser welt. was nicht heißt, dass sie auf uns wartet. aber wenn man streut und säht, kann man irgendwann auch ernten. ein bisschen wenigstens.
ich hoffe immer noch drauf.