Samstag, 24. Dezember 2011
Thema: gefunden.


Frohe Weihnachten.




Heiligabend, Samstag.

morgens.
Aufgeweckt vom Geschrei der Vatersfreundin (Frohe Weihnachten allerseits) begebe ich mich in Richtung Küche, um zu erfahren, was sie diesmal zum verzweifelt-wütenden "Wieso muss immer ich die Arbeit von anderen Leuten??" gebracht hat. Die Antwort auf ihre Frage lautet übrigens in fast jedem Fall: Weil sie es freiwillig macht. Meinetwegen vom Putzzwang angetrieben (sieht lustig aus mit den zwei "z"), in jedem Falle aber immer, bevor jemand anderes es überhaupt ansatzweise in Angriff nehmen konnte.
Ich erwarte also entweder Tragödie eins: Sie musste die Katze füttern, was bei ihr bedeutet, Futter bis der Napf, so einer von den großen, weil die Katze sich als Kind gerne reingesetzt hat und auch nur dann gegessen hat, überquillt, weil das arme Tier ja hier ansonsten verhungern würde , denn entgegen der Meinung von mir, der Futterverpackung, der Tierärzte, die ich bereits in ein Gespräch mit ihr geschleift habe und der Ratgeberbücher, die ich, wenn sie sich doch einmal mit in eine Buchhandlung gewagt hat, aus dem Regal gezogen und vor ihr aufgeschlagen habe, bekommt die Katze ja viel zu wenig Futter. Sähe man doch daran, wie sie jedes Mal durchdreht, sobald sich die Vaterfreundin dem Schrank, in dem Futter und Co. sind, nähert.
(Den Vorschlag, die Katze sei ja nicht dumm und wisse, dass sie von der Vatersfreundin immer was bekommt, weshalb sie so einen Aufstand macht jedes Mal, lehnt die Vaterfreundin rigoros ab). Gestern Abend also 70Gramm abgewogen, damit sie sich besser vorstellen kann, wieviel das ist. War natürlich nicht "Napf voll". Natürlich lag das keinesfalls daran, dass sie der Katze zu viel füttert, nein, die Waage war selbstverständlich kaputt, obwohl sogar Papa Mayhem bestätigte, dass das Gerät einwandfrei funktioniert.
Also ein genervtes "Is gut, ich fütter die nichtmehr...das arme Tier" ihrerseits, ein "GUT" von mir, und die sichere Gewissheit, dass der Napf bei der ersten Gelegenheit wieder überquellen wird.
Tragödie zwei wäre ein eventuell noch nicht geleerter Mülleimer, was sogar sehr wahrscheinlich war, da die Generalleerung der Mülleimer, die bei uns einfach nicht früher voll werden, generell Samstags durchgeführt wird.
Diverse andere Szenarien fielen mir auch noch ein, eventuell als Rache für die Tatsache, dass man gegen eine Waage, die funktioniert, eben nicht argumentieren kann.
"Morgen". Ich schaltete in den bewusst gleichgültigen Modus, ließ diverse böse Blicke ihrerseits und solche, die in die Kategorie "versuchter Mord" fallen müssten und von meinem Vater abgefeuert wurden, abprallen, machte mir meinen Tee und ignorierte die brodelnde Ignoranz einfach zurück.
Ich meine, hey, es ist Weihnachten. Das Problem hat eine neue Freundin, mein rotes Kreuz musste gestern ohne mich feiern, weil mich niemand abholen und hinfahren wollte, meine Hennamischung hat entgegen jeder Logik ihre Farbintensität von "nix" hin zu "Mist, die sind ja so gut wie dunkeldunkeldunkelbraun" gesteigert und das Ergebnis wird von immernoch hellorangen Flecken an den dümmsten Stellen (Hinterkopf...Anfängerfehler, nach all den Jahren) aufgelockert, ich habe der Zweckgemeinschaft fürs Einkaufen gehen abgesagt, weil ich sowieso nur am heulen wäre, der Student hat einen Pseudokonkurrenten in Form des halbschwulen Fotographen bekommen, der einfach nicht locker lässt, und ich möchte beiden ein "verdammte Scheiße ich hab keinen Nerv für sowas, und für euch sowieso nicht, nicht auf dieser Ebene" ins Gesicht schlagen, aber da das ihre Gefühle verletzen würde, mach ichs nicht und versuche eher, die Sache dezenter zu klären.

Und die alte Sache meldet sich so selten, aber freut sich so sehr, wenn wir uns sehen, während unsere Freundschaft von Distanz zerschnitten und der seltsamen Entfremdung aufgegessen wird.


abends.
Die andere Verwandschaft, how wonderful. Vatersfreundinsohn verkündet, er und seine Lebensgefährtin werden heiraten, ich muss mir dafür freinehmen, das Fotoseminar wird ohne mich stattfinden müssen und ein Notfallplan muss her,damit ich rechtzeitig vor Ort bin.
Und da war die Melancholie, noch so ein glückliches Paar..
Mit Kind, das die ganze Zeit das Haus zusammengeschrien hat, sogar mein schwerhöriger Großvater stellte fest, dass das ja irgendwie laut ist, und ich kam abermals zu der Erkenntis, mir später, wenn es so weit ist, statt einem Kind lieber eine (weitere) Katze zu halten.
Ansonsten war der Abend sehr happy family und ich zog es vor, nach mehreren Stunden in die Ruhe der Abstellkammer meines Zimmers zu flüchten.
Geschenke gabs auch, sogar für mich: Pinke Bettwäsche von der Vatersfreundin. Die hätte ich mir doch gewünscht. Stimmt zwar so nicht ganz, statt "stilisiertes, großes Blumenmandala " war das ausgeguckte damals beim schwedischen Möbelhändler "buddhistisch angehauchtes, großes Mandala in Braun- und Goldtönen" (Wie ich diese Bettwäsche bewundert habe...aber 20Euro sind zu teuer für mich), aber natürlich war das unter Garantie keine Absicht, ich bin ja auch ein sehr pinker,blümchenhafter Mensch und weil Weihnachten ist, verzeihe ich ihr. Was bin ich doch großzügig.
Vielleicht kann mans irgendwie punktuell umfärben und erweitern, zum buddhistischen Mandala.

Papa Mayhem schenkte mir auch was, einen Gitarrenständer von einem deutschlandweit bekannten Discounter.
Und alleine die Tatsache, dass er mir was schenkte, war besser als Weihnachten. Kann mir so richtig vorstellen, wie er nach der Arbeit, kurz, bevor der Discounter zumacht, noch reingeht, stirnrunzelnd vorm Sonderangebot stehen bleibt, den Zollstock zückt um zu sehen, ob der Gitarrenständer auch Durchschnittsmaß hat und keine Montagsproduktion ist, und ihn schließlich unter den Arm klemmt (Einkaufswägen sind für Anfänger) und zur Kasse trägt.
Ob ich sowas schon habe, hat er die Vaterfreundin angeblich gefragt. Hat sie gesagt. Wüsste er nämlich nicht, sie wusste es erst recht nicht.
Hatte sowas noch nicht, brauch es eigentlich auch nicht, die Gitarre steht auch so gut, aber es geht ums Prinzip.
Wer braucht schon sinnvolle Geschenke.
Mein Papa hat mir was geschenkt, ihr könnt mir garnix.

Morgen vielleicht nochmal Gitarrenmusik hören. Vielleicht entgegen jeder Logik und Wahrscheinlichkeit den Fremden sehen. Eventuell spreche ich ihn sogar an, ich meine, viel schlechter als aktuell kann es mir sowieso nicht mehr gehen.

Aber mein Vater hat mir was geschenkt.

Und dass den restlichen Tag lang Weltuntergang herrschte und es morgen so weitergehen wird, und übermorgen auch (und die nächsten acht Wochen, weil er Urlaub hat und sie jede freie Sekunde hier verbringt) ?
Egal, sobald ich alt genug bin, werde ich an Weihnachten zufälligerweise "im Urlaub" sein.
In meiner netten, kleinen Wohnung, mit netten Katzen, einer Kanne Tee und Kuscheldecke.