Sonntag, 20. Oktober 2013
Thema: monolog
Nach gefühlten Ewigkeiten und Nonstop-unter-Strom-stehen (aber hey, ich hab nicht nur ein Praktikum, das wohl ganz gut wird, sondern auch einen Nebenjob, den ich schon nach einem Tag Probearbeiten abgrundtief hasse, auf den ich aber leider als Einnahmequelle angewiesen bin) mal wieder einen Tag mit/bei Mr.Gaunt verbracht, ohne, dass es in einem emotionalen Weltuntergang endete.
Und noch einen, weils grad so schön war.
Und noch einen, weil ich, nachdem wir die Küche geholt haben, sowieso wieder bei ihm war.
(Selbstverständlich wurde die Katze zwischendurch gefüttert, getränkt und, zugegebenermaßen etwas sporadisch, gekuschelt).

Richtig, ich habe eine Küche.
Normalerweise hätte ich mir sowas gesucht, wenn es denn dann soweit ist, aber für 45Euro Du-bist-Mr.Gaunts-Freundin-das-passt-schon-so-Sonderpreis die mir bekannte und von mir heimlich angeschmachtete Band-WG-Küche mit funktionierendem (und echt guten) Herd, intaktem und fast neuen Ceranfeld, Kühl- und Gefrierschrank, Spüle,Unterschrank und Arbeitsplatte sowie zwei Hängeschränken abzustauben, ist dann doch etwas, was man als "Glücksgriff" bezeichnen kann.
Da das gute Stück bis Ende dieser Woche aus der WG raus musste und ich eine Möglichkeit habe, sie bis zum Umzug Richtung Unistadt* zu lagern, war ich zu schnellem Handeln gezwungen (ich hassehassehasse Entscheidungen), aber passt schon.
Küche abgebaut, Küche mit Mr.Gaunt und Papa Mayhem verladen,fertig.
Von Papa Mayhem ein bisschen sinnlos anschreien lassen, Küche bei ihm abgestellt und nochmal anschreien lassen, weil ihm spontan eingefallen ist, dass er doch nicht helfen will, sie in ihr Zwischenlager zu bringen; bisschen drüber aufgeregt, aber passt schon.

Erwähnte ich schon, dass ich endlich mal wieder weltuntergangsfrei Zeit mit Mr.Gaunt verbracht habe?
Wahnsinn, wie gut das tun kann.
Ein bisschen tiefgründig geredet, ein bisschen seinem Vortrag über Verstärker und Bässe, die so viel kosten wie ein mittelmodernes gebrauchtes Auto, gelauscht; seine sehr ausführlichen Begründung, warum er genau so einen braucht, angehört und versucht, in Anbetracht der für mich utopischen Geldbeträge nicht allzu erschüttert zu wirken. Der spielt in einer Band mit Plattenvertrag und nächstes Jahr auf diversen nicht mal so unbekannten Festivals, der darf Instrumente anpeilen, deren Preise im vierstelligen Bereich liegen, und unter seinen vier bereits vorhandenen einen Lieblingsbass besitzen, der so viel gekostet hat, wie das Mayhemmobil.
Außerdem verkauft er seine Seele nach wie vor an eine der eher weniger netten Fabriken hier, weil er sich nicht traut, sich bei einer besseren zu bewerben, die aktuell Leute sucht, aber ihm, als er sich vor über einem Jahrzehnt für einen Ausbildungsplatz beworben hatte, eine Absage erteilt hatte.

Kurz vor Ladenschluss durch den Supermarkt gelaufen, Nahrungsbeschaffungsmaßnahmen durchführen. Total verpennt und wohl mehr oder weniger verwahrlost aussehend, aber das muss so. Opa Gaunt vorm Kühlregal getroffen, als die inzwischen nicht mehr ganz so neue Freundin vorgestellt worden. Reaktion überrascht, aber nicht unfreundlich. Eher neutral.
Ein Plüsch-Robbenbaby gesichtet, für toll und süüüüß und überhaupt ganz super und absolut besitzenswert befunden und nach einem Blick aufs Preisschild enttäuscht bis ansatzweise traurig zurückgelegt.
Ich mag Robben und Seehunde.
Ich mag Plüschtiere (man ist nie zu alt für Plüschtiere!).
Plüsch-Robben haben einen ganz großen Platz in meinem Herzen.
Aber nicht für 7,99 Euro.
Leider.

Auf der Terasse gesessen, die Nebelschwaden über der Kleinstadt beobachtet, die eigentlich ganz ok ist, und nachts sogar relativ schön.
In mich hineingehört und festgestellt, es ist alles gut.

Wieder reingegangen und nicht nur den inzwischen aus dem Proberaum zurückgekehrten Mr.Gaunt, sondern auch die Plüsch-Robbe auf dem Sofa vorgefunden.
Mal wieder geistig und emotional total überlastet gewesen. "Du kannst doch nicht einfach 7,99 für mich ausgeben!"
-"Doch."
Noch ein bisschen vor dem Fernseher gegammelt, ich hatte schon fast vergessen, wie laut und nervig Werbung sein kann.
Angekommen gefühlt.
Am nächsten Tag seiner Mutter wohl einen mittelschweren Schock verpasst, weil sie, zeitgleich anklopfend und den Kellerbunker betretend, mit meiner tendenziell eher unbekleideten Seitenansicht konfrontiert wurde.
Sehr schneller Rückzug ihrerseits, zum wiederholten Male die Ankündigung ihres Sohnes, den Bunker in Zukunft abschließen zu wollen.
Äußere, um ihn zu ärgern, ein "Würdste nich in deinem Alter wieder bei Mutti wohnen, hättste solche Probleme nicht!" und kann gerade noch schnell genug ausweichen, um nicht mit einem Arbeitspullover abgeworfen zu werden.
Blick auf die Uhr, doch schon so spät.
Schade.
Freies Wochenende gibts nur alle sechs Wochen.

Irgendwann dann doch mal auf den Heimweg gemacht. Vorbei an Mrs Gaunt, die sich nicht traut, mich anzuschauen, zum von diversen Dorfeingeborenen bereits misstrauisch beäugten Mayhemmobil.
Total verpennt, tendenziell wohl ein bisschen verwahrlost aussehend, mit Tasche, Duschtuch und einer Alditüte bepackt und einer 35cm-Plüschrobbe unterm Arm.

Alles wird gut.




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*Etwas anderes Studienfach, andere Stadt, nicht der Ursprungsplan, man kennt mich ja. Tendenziell wohl aber die bessere Entscheidung, bis jetzt zumindest. Weiß man ja vorher nie so genau.
Jedenfalls heißt es,mutmaßlich zum Sommersemester (Ja, Sommersemester. Auch nicht Plan A, aber weniger Ansturm und verbesserte Wohnungschancen sind ein Argument), sofern ich mir das nicht auch wieder anders überlege: Adios, Mayhemsdorf, Hallo Großstadt.