Freitag, 28. November 2014



Die Kleinstadt-WG gibt es nichts mehr.

Eine leer stehende, verwüstete, vermüllte Wohnung. Irgendwo da drin noch meine Erinnerung ans Abitur, und mit Glück die von Großvater Mayhem geerbte Stehlampe.
Eine Küche, die aussieht wie ein Container voller uralter Schlachtabfälle, und auch so riecht.
Irgendwo da drin noch meine Tees und Geschirr.
Ein Badezimmer, das wirkt, als wäre es vor Jahren so hektisch verlassen worden, dass keiner mehr Zeit hatte, den Wasserhahn zu- und die Heizung runter zu drehen und ein Fenster zu kippen.
Neben dem Waschbecken noch ein Regal Tante Emmas.

Heute eine Nachricht der Nachbarin, die schon länger nicht mehr mit dem Knastbruder zusammen ist.

Der Kater hat den Kontakt abgebrochen.
Ich weiß noch nicht, was passiert ist, aber der Kater hat den Kontakt zum Knastbruder abgebrochen.
Der hat sich nach Hessen abgesetzt.
Der Kater wieder zu seiner Mutter.
Und die Katerfreundin ist nicht mehr mit ihm zusammen und als einzige in der Kleinstadt geblieben.

Ich weiß noch nicht, was passiert ist, aber es ist vorbei.
Die ehemalige WG gibt es nicht mehr.
Der Knastbruder ist weg.
Der Kater hat keinen Halt mehr.
Im sozialen Netzwerk ist immer noch die Kleinstadt als Wohnort angegeben, im Whatsapp-Status steht immer noch das Datum, an dem er mit seiner jetzt Ex-Freundin zusammen gekommen ist.
Aber es ist vorbei.

Bis zum 30. dieses Monats hat die Katerex noch die Wohnungsschlüssel.
Hätte ich nicht gefragt, hätte ich meine Sachen nie wieder bekommen.
So fahre ich, wenn es denn klappt, bald schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage in Richtung Heimat.
Ein letztes Mal zur ehemaligen WG.
Auf der Suche nach einer gefühlt einen Zentner schweren Stehlampe mit gerüschtem Schirm, einem Plastik-Oscar mit meinem Namen auf dem Sockel, und Tante Emmas Regal.
Ein letztes Mal ins Wohnzimmer, dessen Wände der Kater auf einem Trip mit Neonfarben besprüht, und auf dem alle Besucher und Bewohner, auch die Barmaid und ich, sich mit Unterschrift verewigt haben, und auf dessen Fensterbank eine einsame und unkaputtbare Madagascarpalme steht.
Dafür notgedrungen durch die Küche, in der die Natur schon bei meinem Auszug die Machtübernahme eingeleitet hat.
Vielleicht ein Blick in das Zimmer, das mal meines war. In dem ich zuerst mit dem Kater gesessen oder gelegen, und mich später vor ihnen allen versteckt und dabei mehr oder wenigerr tot gestellt habe.
Und ein kurzer in den später zum Gästezimmer erklärten Raum, in dem ich übernachtet habe, als ich zum ersten Mal zu Besuch war.
Eine Runde durch den stinkenden, modrigen Keller, sichten, was mir gehört und noch verwertbar ist, und dann raus da.
Was keinen Nutzen mehr hat, bleibt zurück.
Es ist vorbei.