...und auch nicht bei den Hunger Games.
Der Souffleur ist konventionell attraktiv und quasi Frischfleisch im Theaterdunstkreis, dementsprechend gravierend sind die Auswirkungen - oooohs und aaaaahs, sobald man ihn Bühenelemente heben sieht, und noch nie waren so viele Frauen plötzlich Gelegenheitsraucherinnen oder mit der Planung ihres ersten Tattoos beschäftigt.
Auch sämtliche "Ich könnte ja niemals was mit einem jüngeren Mann haben"-Vorsätze scheinen über Bord geworfen, und so hat sich mittlerweile eine semi-permeable Mauer aus verzückten zwanzig- bis dreißigjährigen Damen entwickelt, durch die man sich erst mal durchkämpfen muss, wenn man ihm mitteilen will, er möge heute bitte in einer anderen Ecke sitzen, wir wollen da noch jemanden für Fotos unterbringen.
Interessanterweise nehme ich mich aus dem ganzen Geschwärme und Gezanke heraus und scheine es damit nur mehr anzufeuern. Je weniger ich mich beteilige, desto härtere Geschütze fahren die anderen Frauen auf.
Wenn ich neben dem Souffleur sitze, sitze ich neben dem Souffleur; wenn nicht, dann eben nicht.
Wenn er gerade rauchen geht, wenn ich dampfe, ok, aber ich warte nicht extra - ist eh noch nicht sicher, ob der einfach nur unsicher-überlastet oder doch ruppigdorfkinddoof ist.
Er macht irgendeinen uralten Pubertärwitz? Sage ich ihm.
Blöder Spruch über irgendwas Normabweichendes, was er nicht kennt? Konstruktivitätsschelle zum Mitnehmen.
Geht, ohne sich zu verabschieden? Ok, spare ich mir beim nächsten Mal die Begrüßung.
Männer (oder Frauen) sind keine Siegertrophäe am Ende eines langen, anspruchs- und leidvollen Wettbewerbs, in dessen Verlauf man zeigt, was für ein grandioser Übermensch man ist und die Konkurrenz ausschaltet, koste es, was es wolle.
Es gibt nen ganzen Haufen von denen, und entweder taugen sie was oder eben nicht. Sinnvollerweise findet man das raus, bevor man sich Pfeil und Bogen schnappt, um sie zu erobern.
Meine Psyche macht weiter mit diesem seltsamen Ding, bei dem wir uniblockiert sind, aber in allen anderen Bereichen des Lebens beinahe exponentielles Wachstum hinlegen. Als hätte sie die ganzen Jahre zugehört, gewartet, beobachtet, um jetzt loszusprinten; nicht wie ein Gepard, sondern wie ein verdammter Wanderfalke im Sturzflug nach oben.
Mit Raketenantrieb.
Und natürlich bin ich unsicher, natürlich ist da zwischendurch Frust, Verlust- und Versagensangst ohne irgendwas, das es zu verlieren gäbe oder irgendwas, wobei ich versagen könnte.
Wenn die zwanzigjährige Pissgelb-Jaqueline gaaaaaanz dringend Hilfe mit ihrem Kleid braucht und ihn danach in eine Unterhaltung über ihre gemeinsame Zuneigung zur Ghettosaufpartymusik verwickelt.
Oder die dreißigjährige schlechtrotgefärbte Wonderbra-Waldtraud demonstrieren muss, WIE chillig, WIE pflegeleicht, kumpelhaft, gnadenlos versaut, trinkfest und ÜBERHAUPT-NICHT-WIE-DIE-GANZEN-ANDEREN-WEIBER sie doch ist. Alles anstrengende Tussis, aber sie nicht, neee, sie ist schon immer besser mit Männern klar gekommen (die sehen das meistens anders, aber das ist ein unwichtiges Detail), und überhaupt, sie spielt Flöte, das zeigt, dass sie voll gut blasen kann, höhöhöhö.
Und sie hat ja mal vor zehn Jahren auf einer Weihnachtsfeier mit ihrer Arbeitskollegin rumgemacht, das war voll cool, also, außer, wenn jemand der Zuhörer das nicht cool findet, dann war es nicht cool, sondern eine ganz miese Nummer ihrer bösen Arbeitskollegin, die sie abgefüllt hat, jawohl.
Die natürliche Heimwegreihenfolge wäre Souffleur-Auto ->meine WG, aber Waldtraud geht natürlich gerne einen Umweg zu ihrem Auto, um noch ein Stückchen mit uns zu laufen und uns anzubieten, uns zu unseren jeweiligen Zielen zu fahren.
Unterwegs erzählt sie, was für ein famoses Musiktalent der Souffleur bewiesen hat, als er mit seiner Familienband ein Dorffest beschallt hat, sie hat sich das auf Youtube angeschaut (Jo, ein aus vier Akkorden bestehendes Lied im 4/4-Takt mit dem Bass zu begleiten ist schon eine echte Herausforderung), dass sie seine Tattoos ja soooo toll findet, und dass er nach der letzten Aufführung gerne bei ihr schlafen kann.
Dann fährt sie ihn die ca. 200m zu seinem Auto, was er anscheinend gerne in Anspruch nimmt.
Das Angebot, mich ebenfalls zu meiner WG zu fahren, lehne ich ab und mache einen kleinen Spaziergang draus, allein durch die riesige, erhabene, wunderschöne schlafende Stadt, die meine ist.
Natürlich war da Aggression.
Natürlich ist da Traurigkeit.
Aber ich kann einfach mal damit umgehen.
Natürlich will irgendwas in meiner Psyche Geisterbahn fahren.
Ich aber nicht, also lassen wir das.
Die seltsame alte Frau in meinem Kopf, die Bibliothekarin, die hier inventarisiert und irgendwann vielleicht mal sortiert und ausmistet, hat sich das so angeschaut, über den Rand ihrer dreieckigen Brille hinweg. Dann hat sie sich am Kopf gekratzt, ihren weißen Dutt zurecht und die Katze vom Schreibtisch geschoben, in ein paar Kisten, die da rumstehen, gewühlt und dort ein paar Brösel vom Selbst gefunden.
Ein bisschen -sicherheit, ein bisschen -wert, ein bisschen Ego.
Sie hat sie auf die Kommandobrücke gebracht und da sitzen wir jetzt, wärmen uns die Hände an ihnen, mit hochgezogener Braue das Geschehen beobachtend, dampfend (ich regulär, sie eine E-Pfeife, das passt besser zu ihrem Stil, sagt sie), dann und wann nicken wir uns wissend zu und der Kompass richtet sich gen Klarkommen aus.
Ziemlich geiler Scheiß, ehrlich gesagt.
Der Souffleur ist konventionell attraktiv und quasi Frischfleisch im Theaterdunstkreis, dementsprechend gravierend sind die Auswirkungen - oooohs und aaaaahs, sobald man ihn Bühenelemente heben sieht, und noch nie waren so viele Frauen plötzlich Gelegenheitsraucherinnen oder mit der Planung ihres ersten Tattoos beschäftigt.
Auch sämtliche "Ich könnte ja niemals was mit einem jüngeren Mann haben"-Vorsätze scheinen über Bord geworfen, und so hat sich mittlerweile eine semi-permeable Mauer aus verzückten zwanzig- bis dreißigjährigen Damen entwickelt, durch die man sich erst mal durchkämpfen muss, wenn man ihm mitteilen will, er möge heute bitte in einer anderen Ecke sitzen, wir wollen da noch jemanden für Fotos unterbringen.
Interessanterweise nehme ich mich aus dem ganzen Geschwärme und Gezanke heraus und scheine es damit nur mehr anzufeuern. Je weniger ich mich beteilige, desto härtere Geschütze fahren die anderen Frauen auf.
Wenn ich neben dem Souffleur sitze, sitze ich neben dem Souffleur; wenn nicht, dann eben nicht.
Wenn er gerade rauchen geht, wenn ich dampfe, ok, aber ich warte nicht extra - ist eh noch nicht sicher, ob der einfach nur unsicher-überlastet oder doch ruppigdorfkinddoof ist.
Er macht irgendeinen uralten Pubertärwitz? Sage ich ihm.
Blöder Spruch über irgendwas Normabweichendes, was er nicht kennt? Konstruktivitätsschelle zum Mitnehmen.
Geht, ohne sich zu verabschieden? Ok, spare ich mir beim nächsten Mal die Begrüßung.
Männer (oder Frauen) sind keine Siegertrophäe am Ende eines langen, anspruchs- und leidvollen Wettbewerbs, in dessen Verlauf man zeigt, was für ein grandioser Übermensch man ist und die Konkurrenz ausschaltet, koste es, was es wolle.
Es gibt nen ganzen Haufen von denen, und entweder taugen sie was oder eben nicht. Sinnvollerweise findet man das raus, bevor man sich Pfeil und Bogen schnappt, um sie zu erobern.
Meine Psyche macht weiter mit diesem seltsamen Ding, bei dem wir uniblockiert sind, aber in allen anderen Bereichen des Lebens beinahe exponentielles Wachstum hinlegen. Als hätte sie die ganzen Jahre zugehört, gewartet, beobachtet, um jetzt loszusprinten; nicht wie ein Gepard, sondern wie ein verdammter Wanderfalke im Sturzflug nach oben.
Mit Raketenantrieb.
Und natürlich bin ich unsicher, natürlich ist da zwischendurch Frust, Verlust- und Versagensangst ohne irgendwas, das es zu verlieren gäbe oder irgendwas, wobei ich versagen könnte.
Wenn die zwanzigjährige Pissgelb-Jaqueline gaaaaaanz dringend Hilfe mit ihrem Kleid braucht und ihn danach in eine Unterhaltung über ihre gemeinsame Zuneigung zur Ghettosaufpartymusik verwickelt.
Oder die dreißigjährige schlechtrotgefärbte Wonderbra-Waldtraud demonstrieren muss, WIE chillig, WIE pflegeleicht, kumpelhaft, gnadenlos versaut, trinkfest und ÜBERHAUPT-NICHT-WIE-DIE-GANZEN-ANDEREN-WEIBER sie doch ist. Alles anstrengende Tussis, aber sie nicht, neee, sie ist schon immer besser mit Männern klar gekommen (die sehen das meistens anders, aber das ist ein unwichtiges Detail), und überhaupt, sie spielt Flöte, das zeigt, dass sie voll gut blasen kann, höhöhöhö.
Und sie hat ja mal vor zehn Jahren auf einer Weihnachtsfeier mit ihrer Arbeitskollegin rumgemacht, das war voll cool, also, außer, wenn jemand der Zuhörer das nicht cool findet, dann war es nicht cool, sondern eine ganz miese Nummer ihrer bösen Arbeitskollegin, die sie abgefüllt hat, jawohl.
Die natürliche Heimwegreihenfolge wäre Souffleur-Auto ->meine WG, aber Waldtraud geht natürlich gerne einen Umweg zu ihrem Auto, um noch ein Stückchen mit uns zu laufen und uns anzubieten, uns zu unseren jeweiligen Zielen zu fahren.
Unterwegs erzählt sie, was für ein famoses Musiktalent der Souffleur bewiesen hat, als er mit seiner Familienband ein Dorffest beschallt hat, sie hat sich das auf Youtube angeschaut (Jo, ein aus vier Akkorden bestehendes Lied im 4/4-Takt mit dem Bass zu begleiten ist schon eine echte Herausforderung), dass sie seine Tattoos ja soooo toll findet, und dass er nach der letzten Aufführung gerne bei ihr schlafen kann.
Dann fährt sie ihn die ca. 200m zu seinem Auto, was er anscheinend gerne in Anspruch nimmt.
Das Angebot, mich ebenfalls zu meiner WG zu fahren, lehne ich ab und mache einen kleinen Spaziergang draus, allein durch die riesige, erhabene, wunderschöne schlafende Stadt, die meine ist.
Natürlich war da Aggression.
Natürlich ist da Traurigkeit.
Aber ich kann einfach mal damit umgehen.
Natürlich will irgendwas in meiner Psyche Geisterbahn fahren.
Ich aber nicht, also lassen wir das.
Die seltsame alte Frau in meinem Kopf, die Bibliothekarin, die hier inventarisiert und irgendwann vielleicht mal sortiert und ausmistet, hat sich das so angeschaut, über den Rand ihrer dreieckigen Brille hinweg. Dann hat sie sich am Kopf gekratzt, ihren weißen Dutt zurecht und die Katze vom Schreibtisch geschoben, in ein paar Kisten, die da rumstehen, gewühlt und dort ein paar Brösel vom Selbst gefunden.
Ein bisschen -sicherheit, ein bisschen -wert, ein bisschen Ego.
Sie hat sie auf die Kommandobrücke gebracht und da sitzen wir jetzt, wärmen uns die Hände an ihnen, mit hochgezogener Braue das Geschehen beobachtend, dampfend (ich regulär, sie eine E-Pfeife, das passt besser zu ihrem Stil, sagt sie), dann und wann nicken wir uns wissend zu und der Kompass richtet sich gen Klarkommen aus.
Ziemlich geiler Scheiß, ehrlich gesagt.