Frau Mayhem läuft fluchend und schimpfend durch die Wohnung: Der hat mir halt echt ne 3,0 gegeben! Scheiße ey, die Arbeit war GUT! Die war besser als die im Nebenfach! Und weißt du, was ich da gekriegt hab?

Mitbewohnerin: Nee, wasn?

Frau Mayhem: Ne 1,7! Die hat mir ne verfickte 1,7 gegeben, für ne dreiviertels Themaverfehlung, die ich in viel zu kurzer Zeit aufs Papier gerotzt hab, grad mal 11 Seiten und 20 waren verlangt, und das war trotzdem ne 1,7!

Mitbewohnerin: Vielleicht haste da zu deiner Genialität zurückgefunden.

Frau Mayhem: Das hätte mal im Hauptfach passieren sollen. Ich hab an Quellen rangekarrt, was ging, und es hat SINN gemacht, was ich da geschrieben hab, das waren....

Mitbewohnerin: ...bahnbrechende Erkenntnisse?

Frau Mayhem: JA! Halt nein, verarsch mich nicht. War schon etwas anders, als ders vermutlich wollte, aber gut begründet, untermauert, und der Kerl hat Begabtenförderung gekriegt und ist Doktorand, wie kann man da zu blöd sein, um meinen Ausführungen zu folgen...oder ich bin blöd. Was auch ok wäre, ausbaufähig war das Ding, aber wenn ich nicht die verkackte 1,7 auf größeren Bullshit gekriegt hätte! ARGH!!

Mitbewohnerin: Freu dich doch.

Frau Mayhem: Ja toll, jetzt steh ich im Nebenfach auf 1,4 und im Hauptfach auf 3,35. Geil. Ich will eigentlich auch nen Master anhängen, aber so viel mit super Sprachbegabung is irgendwie nicht anscheinend. Dabei MAG ich E.T.A.Hoffmann.

Mitbewohnerin: Hm, der Dozent vielleicht nicht.

Frau Mayhem: Doch, das isses ja. Vielleicht hab ich mit der Arbeit einfach alles zerstört, was ihm jemals was bedeutet hat. Und die 3,0 gabs, weil er schon meinte, er würde "bei der Korrektur auf die Erkrankungsproblematik Rücksicht nehmen". Zum Glück ey.
Aber sonst wär ich wahrscheinlich durchgefallen.

Mitbewohnerin: Jo, kann sein. Aber hey, bestanden. Is das der Dozent, von dem du mir wochenlang erzählt hast, wie heiß der ist? Stell dir doch vor, wie deine Arbeit ihm geistig und körperlich Schmerzen zugefügt hat, du stehst doch auf so'n Zeug.

Frau Mayhem: Mir scheißegal, ob der heiß ist -

Mitbewohnerin: das klang aber gestern noch anders!

Frau Mayhem: mir scheißegal. Ob heiß oder nicht, davon kann ich mir auch nix kaufen. Mir jetzt auch egal, ob der blöd ist oder ich, ich geh nie wieder in ein Seminar bei dem! Verfickte Scheiße, ich HABE AHNUNG.Zumindest manchmal.

Mitbewohnerin: Kannste ja mit ihm diskutieren. Vielleicht steht er auf Wutsex.

Frau Mayhem: Pfff, als ob ich auch nur einen Gedanken daran verschwenden würde, den in meine Nähe zu lassen. Der Zug ist abgefahren!

So schnell kann Begeisterung verfliegen.^^





arboretum, Mittwoch, 29. März 2017, 23:52
Auch dafür sind Sprechstunden von Dozenten gut, man kann sich die Bewertung einer Hausarbeit erläutern lassen. Auch im Hinblick auf weitere Arbeiten ist das sinnvoll.


mayhem, Donnerstag, 30. März 2017, 19:10
Hab ich auch überlegt. Aber ich weiß nicht, ob es was bringt (dass die Arbeit nicht perfekt war, ist mir bewusst, und ich werde bei diesem Dozenten studienverlaufsplanbedingt keine Arbeit mehr schreiben). Und vor Allem hab ich Angst, mit vernichtender Kritik in den Boden gestampft zu werden (meine Fähigkeit, mit Kritik umzugehen, steckt tendenziell noch in den Kinderschuhen). Und auch, dass er denkt, dass ich über die Note diskutieren will, oder dass eigentlich alles klar ist.
Aber vor Allem mal wieder davor, mit einer fremden (Autoritäts-)person zu reden und von ihr erzählt zu bekommen, was für einen Mist ich da gebaut habe.

Hadere dementsprechend noch mit mir, ob ich um einen Sprechstundentermin bitten soll, oder nicht.


arboretum, Freitag, 31. März 2017, 01:16
Mir ist das auch mal passiert, dass ich eine 3 auf eine Hausarbeit kassiert habe, wo ich gar nicht damit gerechnet hatte. Das Referat, das ich zuvor darüber gehalten hatte, kam nämlich bei den Zuhörern gut an.

Ich habe mich damals überwunden und bin in die Sprechstunde des Dozenten, obwohl klar war, dass ich keine Seminare mehr bei ihm haben würde. Er war auch nicht prüfungsberechtigt, somit war klar, dass er mir auch nicht irgendwann einmal in der Magisterprüfung wiederbegegnen würde. Lehrreich war das Gespräch trotzdem, so hatte ich zum Beispiel versehentlich beim Abtippen eines englischen Zitats eine Zeile übersprungen. Beim Korrekturlesen war mir das nicht aufgefallen, da der Satz trotzdem Sinn ergab. Der Dozent konnte das Zitat aber zufällig auswendig, weil er sich mit dem Theoretiker intensiv beschäftigt hatte. Fortan habe ich jedes Zitat immer mit dem Originaltext verglichen, bevor ich eine Arbeit abgab. An einer anderen Stelle meinte der Dozent, dass ich das noch etwas genauer hätte ausführen müssen.

Der Prof, bei dem ich meine Magisterarbeit schrieb, merkte bei der Magisterarbeit eines Kommilitonen, dass eine Literaturangabe aus den Fußnoten nicht im Literaturverzeichnis auftauchte. Der Kommilitone hatte sich ein Makro geschrieben, dass alle Literatur aus den Fußnoten automatisch ins Literaturverzeichnis sortierte, aber bei der einen Quelle vergaß er das entsprechende Tag. Dieser Mangel führte zusammen mit einigen anderen Mängeln dazu, dass er eine Viertelnote schlechter bewertet wurde.

Ob ein Dozent den Eindruck bekommt, dass man über die Note diskutieren will, hängt auch davon ab, wie man das angeht. Die meisten freuen sich eher, wenn man nachfragt, was in ihren Augen suboptimal war, um es das nächste Mal besser zu machen.

Ich kann jedoch verstehen, dass und warum Dir das schwer fällt, in die Sprechstunde zu gehen.


mayhem, Freitag, 31. März 2017, 20:56
Danke für den Kommentar. Bei mir ists einfach die Angst, da inhaltlich Mist gebaut zu haben, bzw. die Gewissheit, und dafür eingestampft zu werden.
Aber ich schreib ihm ne Mail bzgl. Sprechstundentermin. Im schlimmsten Fall hab ich ein paar Tage echt miese Laune, aber dafür Gelegenheit gehabt, ihn unauffällig mental anzusabbern. Meine Therapeutin hat gesagt, ich soll positiv denken. :D


okavanga, Freitag, 31. März 2017, 21:30
Huhu, hatte auch mal diese Situation, auch mit einer 3, dabei fand ich mich so originell und konstruktiv kritisch. Leider habe ich es damals versäumt nachzufragen, ich denke aus ähnlichen Gründen wie Sie: bisschen Schiss vor der Antwort, oder gar als völlig unfähig und ungeeignet für das Studium beurteilt zu werden.
Heute bedauer ich das. Ich wüsste gern wie er meine Arbeit gesehen hat und was genau eigentlich das "Problem" war.
Nur Mut! :-)

P.S. Ist über 12 Jahre her, und doch frag ichs mich anscheinend heute noch.


arboretum, Freitag, 31. März 2017, 23:31
Manchmal baut man halt auch mal Mist, ist so. Ist aber nicht so schlimm, so lange man etwas daraus lernt. Wenn der Dozent halbwegs was taugt, erläutert er Dir das gut und sachlich, was an der Hausarbeit in seinen Augen nicht gestimmt hat. Und nur um die geht es, nicht um Dich als Person.

Klar, ist das total ärgerlich, zumal Du Dir viel Mühe damit gegeben hast. Aber letzten Endes ist es nur eine Hausarbeit. Ich habe eine Freundin, die hatte ihre Magisterarbeit total versemmelt, sie bekam eine 5. Beim zweiten Anlauf dann eine glatte 2.

Ich finde es gut, dass Du ihm eine Mail wegen eines Sprechstundentermins schreiben willst. Vielleicht findest Du eine Formulierung, ihm vorab schon zu verstehen zu geben, dass Du nicht über die Note diskutieren willst, sondern auf ein konstruktives Feedback aus bist, um daraus für künftige Hausarbeiten zu lernen.


mayhem, Montag, 3. April 2017, 18:57
Dozent hat geantwortet, er würde in den nächsten Tagen sowieso jeder Person, die teilgenommen hat, eine Kopie der korrigierten Arbeit inklusive persönlichem Feedback zukommen lassen. Sofern das nicht reichen sollte, könne ich gerne in seine Sprechstunde kommen. :)


huehnerschreck, Dienstag, 4. April 2017, 18:15
das ist doch ne gute ansage.


arboretum, Mittwoch, 5. April 2017, 19:29
Na, das ist ja mal ein Service. :-)


arboretum, Mittwoch, 19. April 2017, 18:44
Hast Du die korrigierte Arbeit inzwischen bekommen und aus dem Feedback etwas mitnehmen können?


mayhem, Mittwoch, 19. April 2017, 19:47
bisher noch nicht.


arboretum, Freitag, 21. April 2017, 17:02
Der macht es aber spannend.