Mittwoch, 25. Juni 2014
Pendelnd zwischen der WG, der Unistadt, der Wohnung des Mischpultmannes und allen Konzerten, die sich ergeben und mich keinen Eintritt kosten, zersetze ich mich in meiner eigenen Seelensuppe, verglühe langsam und bete mir vor, alles wird gut. Wer schnell fährt, wird eben manchmal von der Fahrbahn gedrückt.
Und wer mit Sehschwäche, ohne Karte und ohne Navi, in tiefster dunkelster Nacht und mit einem inkontinenten, zerrosteten Polo, dessen linker Außenspiegel aus einem Motorradaußenspiegel, der mit zwei Kabelbindern befestigt wurde, besteht, unterwegs ist, muss erst recht mit Kollateralschäden rechnen.


Der Polo fährt aber nicht mehr. Ohne Bremsflüssigkeit (die suppt nämlich raus ohne Ende) eher suboptimale Bremswirkung, und ohne die ist Autobahnfahren keine gute Idee.

Und weiter geht es trotzdem, muss ja.
Ich weiß gar nicht mehr, wohin mit den ganzen Kollateralschäden.
Bohre sie mir irgendwo in die marode Psyche wie einen Reißnagel zum Posteraufhängen in die Wand.

Und laufe weiter.
Zum Bahnhof, oder zum Mischpultmann, und einmal sogar zum Raucher.
Jeder ein Bier, er eine Schachtel Kippen, ich meine letzten Filter und ein bisschen was von dem Tabak, den mir der Mischpultmann geschenkt hat.
Sternegucken, den Hund flauschen.
Wie früher.
Bis ich mein Bier leere und mich verabschiede.
Von so viel mehr als nur ihm und seinem Hund.

Ohne Auto und ohne Geld für den Zug komme ich nicht zurück nach Mayhemsdorf, deshalb findet Kommunikation mit Papa Mayhem nur auf telefonischem Wege statt.
Er will wissen, was mit Geld passiert ist, dass ich vor fünf Jahren hatte, und überlegt immer noch, ob er, wie es meine potentiellen neuen Vermieter fordern, seine Unterschrift unter den Mietvertrag setzen, bzw alternativ für mich bürgen soll. Warum zur Hölle er das machen sollte.
Was er sich nicht überlegt, ist die ewige Unterhaltsgeschichte. Die akuter ist denn je, denn Bafög bekomme ich nicht, weil er zu viel verdient. Und überhaupt, ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.
Er habe mich ja nicht zum Auszug gezwungen.

Also laufe ich, sobald ich einen Termin und Geld für den Zug habe, nicht nur zur Rentenversicherung (Waisenrente) und Familienkasse, sondern auch gleich noch ein Gebäude weiter. Vielleicht hilft ja ein freundliches Schreiben.
Für nen Anwalt reicht es ja leider nicht.
Vermutlich werde ich auf ewig im Hass der Vatersfreundin brennen.
Und in dem Papa Mayhems.

Manchmal nimmt man aber nicht nur Kollateralschäden und ein paar auf der Windschutzscheibe zerplatzte Fliegen mit. Als Ausgleich.
Als Ausgleich ist der Raucher wieder da, als Freund. Nicht wie früher, aber er ist da. Und er ist glücklich, und sobald er oder sie es endlich mal in Worte fasst, sogar offiziell nicht mehr alleine, und eigentlich freue ich mich für ihn, unter Allem, was da so auf meinem Herz lag.
Habe es alles zusammengeschaufelt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Mein Herz muss atmen können.
Als Ausgleich sind der Mischpultmann und Tante Emma, die anscheinend dank meiner schon mehrfach erwähnten Katalysatorwirkung ebenfalls zusammen gefunden haben, da.

Oder so.


Ausgleich ist, was du draus machst.
Für den Optimismus, den der Postbote predigt, reicht es gerade nicht.
Für den Moment beschränke ich mich auf "einfach weiteratmen".
Das ist meine Art von Krisenmanagement.