Dienstag, 10. Juni 2014
Nach einem weiteren Ausraster des Knastbruders flüchte ich in der Theorie zum Fremden; in der Praxis wohnt der ja wieder bei Mutti und schiebt mich zum Mischpultmann ab.

Es folgt das obligatorische Gespräch über den Raucher, der sich zwischenzeitlich halbwegs gefangen und durch die Gegend gevögelt hatte, tut ja auch mal ganz gut,
das aber leider im Dauersuff.
Im Westen nichts neues.

Bis der Mischpultmann, der den Raucher seid 12 Jahren kennt, sagt, dass das eigentlich nicht meine Schuld ist.
Dass er so oder so immer wieder seine EvilBlackMetal-Phasen hat, seine Selbstzerstörungstrips fährt, seine Bierkastenburgen baut.
Auch, wenn er mit der ganzen Sache mit mir eigentlich schon abgeschlossen hat.
Dass er vielleicht nur eine Rechtfertigung gesucht hat.
Und in solchen Phasen außerdem fast das homophobste, rassistischste Arschloch ist, das so zum Absteigeninventar gehört.
Dass das einfach so ist
und dass es nicht meine Schuld ist.
Nach etwas über einem Jahr mehr als nur schlechten Gewissens mal eine ganz nette Abwechslung, das zu hören.


Alles wird gut.
Dafür werde ich sorgen.
Ein Wohnungsbesichtigungstermin, vielleicht noch diese Woche,
und ein Festival, dieses Wochenende.
Kein großes, aber ein gutes.
Weil nichts so gut gegen Weltuntergänge hilft wie überteuertes Plastikbecherbier, in der Sonne sitzen, bis die Sommersprossenarmee meine kompletten Wangen eingenommen hat; sich, je nach Bühne, das Hirn wegschreien lassen oder sich über schlechten Pseudopop/Hiphop/Möchtegernelektro aufzuregen,

und ganz einfach mal wieder zu spüren, dass man noch lebt.

In diesem Sinne verabschiede ich mich schon mal prophylaktisch ins Wochenende, sollte ich nicht mehr zum Schreiben kommen.
Man könnte jetzt darüber diskutieren, ob es so schlau ist, mit dem Fremden, dem Mischpultmann, dem Raucher, dem schweigsamen Hessen und wie sie alle heißen auf ein Lokalfestival zu gehen, auf dem so am Rande noch Mr.Gaunt mit Freundin rumfliegt, und das Ganze nebenher noch zur Normalitätskonfrontationstherapie für Tante Emma (Knastbruder-Ex-und-Gelegenheitsfickschnitzel. Versucht, ihr Leben auf die Reihe zu kriegen, hängt aber leider nach wie vor an ihm und lässt sich deswegen auch gelegentlich halb bewusstlos prügeln) zu erklären, der ich gerade beibringe, dass es auch gute Menschen gibt.

Aber es ist Musik, lebende und wummernde und trommelfellkillende Musik, und ein Festival, und es sind all die Menschen, die mal wichtig waren, oder es immer noch sind,
die mal Freunde waren,
oder nur so getan haben,
oder mich an den Rand eines Wutausbruchs bringen,
oder einfach scheiße sind.
Es ist das, was mir die letzten Wochen so sehr gefehlt hat, und vielleicht das, was mich noch irgendwie "bei Verstand" hält.