Mittwoch, 15. August 2012
Festivaleinkäufe getätigt....
"Wieso schaut die Kassiererin so komisch? Nur, weil wir fünf 5l-Kanister Wasser, zwei Paletten Dosenbier/Radler/Biermischgetränk, zwei Tetrapacks Wein und eine Probiergröße Prinzessin Lillifee-Shampoo kaufen?"


...der Fremdenschwester spontan die Haare getönt..
Türklopfen.
"Sorry, wenn ich gerade störe, aber einer von euch hilft mir jetzt bitte beim Haaretönen, ich brauche da tatkräftige und auch seelische Unterstützung.."
-"Aber du hast dir doch noch nie irgendwas an den Haaren gemacht, außer schneiden, wieso..."
"Ruhe, Bruder. Mayhem, komm mit, du machst das jetzt!"
Fünfunddreißig Minuten später. Fassungsloser Blick der Fremdenschwester in den Spiegel, dann taucht da auf einmal ein Lächeln in ihrem Gesicht auf, das schnell zu einem Grinsen wird.
Die zwei Schritte über den winzigen Hausflur bis zum Zimmer ihres Bruder scheint sie zu schweben, ruft ein breit grinsendes "Ich hab mich getraut, und es sieht gut aus!" zu ihm rein und schwebt weiter zu ihrer Mutter in die Küche. Die findet, dass ich das gut hinbekommen habe, auch wegen Einwirkzeit ändern undso, und dass ich, davon abgesehen, ruhig öfter vorbeikommen könnte; ihr persönlich sei ich lieber als die Ghettoschwester, die am Samstagabend zum wiederholten Mal in der Wohnung gekotzt habe.
Schwebe zurück ins Zimmer des Fremden, lasse mich die nächste halbe Stunde mit seiner Musik beschallen und befinde, dass seine Mutter eine sehr sympathische Frau ist.

..ein Testberatungsgespräch geführt...
Verschüchtertes Schweigen, nicht direkt total unangenehm, aber trotzdem...
Er kann sich wenigstens an seiner Gitarre festhalten, ein wenig. Dann springt er auf, holt seinen Aktenordner und fragt, ob er ein Testberatungsgespräch mit mir führen darf. Einerseits, damit ich mir besser vorstellen kann, was er so auf der Arbeit macht, andererseits, damit er das üben könne. "Natürlich nur, wenn du auch willst. Aber ich fände das echt nett von dir, ich glaube nämlich, dass du gut beurteilen kannst, was ok war und was schlecht, und wie das bei einem echten Kunden ankommen würde, und dass du das auch ehrlich sagst."
Also lasse ich mich testberaten. Und er gibt sich richtig Mühe, den auswendig gelernten Phrasen, die ihm sein Ausbilder beigebracht hat, Leben einzuhauchen, auch, wenn man trotzdem noch merkt, dass es Standardschemata und -sätze sind, an denen er sich da festhält, aber vielleicht muss das auch so sein.
Sage ihm das und ermutige ihn, spontan zu sein, auch, wenn man dann das Gefühl hat, den Halt in der Konversation zu verlieren.
Komme mir doof vor bei der Aussage, aber dann meint er, dass er das schön von mir findet. Dass ich so ehrlich bin, und dass ich das verstehe, mit dem Halt verlieren.
Er lächelt mich an.
Ich lächle zurück.
Sekundenbruchteil, dann synchrones Wegschauen.
Schüchtern sein ist manchmal unpraktisch.


...keinen Film, aber mal wieder die familiäre Idylle gesehen..
Den Vorschlag des Fremden, einen Film zu gucken, muss ich abwehren, weil Papa Mayhem findet, 21 Uhr sei eindeutig zu spät, um noch in die Kleinstadt zu fahren und mich abzuholen.
Schade, ich hätte den Film gerne gesehen. Zum einen, weil der Fremde, abgesehen von einer Vorliebe für Horrorfilme, die ich nicht teile, einen ziemlich interessanten Filmgeschmack hat, der meinem nicht unähnlich ist, zum anderen, weil das ein Grund gewesen wäre, mich todesmutig vielleicht sogar etwas mehr anzulehnen als beim letzten Mal.
So bringt er mich zur Tankstelle und erklärt sich sogar bereit, mit mir auf meinen Vater zu warten, der gerade auftaucht, als der Raucher und der Pinguin, die noch schnell tanken wollten, uns erzählen, dass das Festival ein einziges Desaster werden wird, weil wir so wenig Erfahrung mit derartigen Veranstaltungen haben.
Auf der Heimfahrt folgen fünfzehn Minuten Schweigen, dann der Hinweis, dass ich ganz schön tief gesunken sei, wenn ich mich mit "den Asozialen da" abgeben würde.
Ich äußere den Verdacht, dass es sich bei zwei der "Asozialen" um vermutliche Freunde handelt.
"Außerdem bin ich genauso schlimm."
-"Da hast du wohl recht."
Zuhause das übliche Gezetere der Vatersfreundin, was mir eigentlich einfalle, meinen Vater so reinzustressen wegen dem Fahren.
Verzichte auf den Hinweis, dass nicht ich die Person war, die 20 Uhr festgemacht hat, fliehe möglichst bald in mein Zimmer und freue mich über die Musik, die der Fremde auf meinen mp3-Player übertragen hat und die dafür sorgt, dass mir das menschliche Gewitter vor meiner Zimmertür egal ist.

...und festgestellt, dass wir zwar wieder Kaltwasser und sogar eine provisorische Duschmöglichkeit haben, dafür aber jetzt das Wasser im anderen Raum abgestellt ist und somit die Waschmaschine nicht mehr läuft.
Was besonders aufgrund der Tatsache, dass der Großteil meiner Festivalklamotten vorher gewaschen werden müsste und wir am Donnerstag früh losfahren eher unpraktisch ist.




Samstag, 11. August 2012



Heute.
Da wird Fortschritt sein, positiver Fortschritt, irgendwie.
Ab heute.
Ich glaube daran, als ich zum Bahnhof laufe, während ich mich dafür verfluche, keinen Hut mitgenommen zu haben,
Ich glaube daran, als der Fremde, der meinen Anruf nicht mitbekommen hat, 20 Minuten nach meiner Ankunft mit dem Musiker, mit dem er später noch für einen Auftritt Lieder von Coldplay probt, am Zielbahnhof auftaucht, um mich einzusammeln, und sich damit entschuldigt, das Handyklingeln nicht gehört zu haben, weil er mit der Ghettoschwester telefoniert habe.
Ich glaube daran, als ich erfahre, dass wir nach unserer Festivallagebesprechung mit der in Hamburg weilenden Ms Golightly zum Raucher gehen, und auch dann noch, als der am Telefon von "wir warten" spricht und nicht im Singular.
Fremde Menschen, zu viele Menschen vor allem...
Dranbleiben. Der Kumpel hat gesagt, ich soll dranbleiben, also bleibe ich dran, am Fremden, und sage meinen Ängsten, dass ich jetzt keine Zeit für sie habe, ganz einfach.

Beim Raucher diskutiere ich mit dem Klischeeblackmetaler über seine Ansichten, die einfach keine sind, und Anschauungen, für die er keine Argumente hat, denn entgegen dem "Ich merke zwar, dass der Kerl dich innerlich total aufregt, aber es bringt nichts, mit ihm zu diskutieren, ehrlich" des Fremden habe ich, nachdem mein Geduldsfaden nicht nur gerissen, sondern praktisch in die Luft gesprengt wurde, das Wort und nebenher die fünfte Bierdose des Fremden ergriffen und, angefeuert vom Raucher, gegendiskutiert.
Und der KBM erzählt da so, er würde ja Cannabis legalisieren und dafür Alkohol verbieten, der sei eh schädlicher, davon abgesehen gehörten Ausländer und Behinderte seiner Meinung nach sowieso um die Ecke gebracht oder zumindest abgeschoben und Christen sind doch eh alle scheiße. Aber nee, begründen könne er seinen Standpunkt jetzt nicht..
Der Raucher, der solche Situationen wohl schon zu Genüge kannte, lachte zusammen mit dem Bruder der Altesachefreundin über die Stammtischargumentation des KBMs, während der Musiker irgendwann aufstand, in den Garten flüchtete und dabei schrie "Zerstören! Ich muss etwas zerstören, sonst zerstört meine Wut mich!".
Der Fremde saß mir inzwischen gegenüber, weil ich mich nach einer Runde kollektivem Headbangen (einfach, weil es in dem Moment lustig war) vorm Gartenzaun der Nachbarn als eine der Ersten wieder hingesetzt hatte, worin der Raucher seine Chance gesehen und sich kurzentschlossen neben mich gepflanzt hatte, und verfolgte die Diskussion.
Dann Handyklingeln, diesmal keines der Groupies, sondern die Ghettoschwester.
Ohne den Blick von uns abzuwenden, geht er kurz ran, sie redet, er liefert Lagebericht.
Dann der Satz des Jahres: "Ruf später nochmal an, Ghettoschwester, ich finde das gerade echt interessant."
Breit grinsende Flugsaurierschmetterlinge in meinem Bauch.
Dranbleiben. Nobody said it was easy, aber ich schaffe das.

Und tatsächlich sagt er später, als wir um 4.50 einen Otto-Film schauen und ich wieder vergeblich versuche, eine bequeme Liegeposition auf dem Sofa zu finden, dass ich meinen Kopf auch an seiner Schulter ablegen kann.
Die Schmetterlinge im Bauch fallen in Ohnmacht und rein emotional bin ich am Hyperventilieren wie Groupies auf einem Tokio Hotel-Konzert, aber das Leben ist kein Boybandauftritt, deshalb spare ich mir das Hyperventilieren, rutsche ein Stück näher und nutze seine Schulter als gar nicht mal unbequeme Zusatzliege.
Effektiv sehe ich genauso schlecht wie vorher, aber ich bin in dem Moment vermutlich sowieso unzurechnungsfähig und mein Verstand hat sich aufgelöst in völlig durchgeknallt rumfliegende Flugsaurierschmetterlinge.
Sie beruhigen sich, als wir schlafen gehen, und liegen wieder friedlich und positivgefühlumgeben auf ihren Plätzen, als ich allen Mut, den ich nicht habe, zusammenkratze und meinen Kopf wieder auf der Schulter des diesmal nur halb von mir weggedrehten Fremden ablege. Die Unsicherheit bringt mich dazu, darauf hinzuweisen, dass ich mir auch eine andere Schlafposition suchen könne, aber er meint, das passt schon so, also bleibe ich so liegen, höre auf seinen Atem, der bald ruhiger wird, atme leichten Männerparfumduft und bin überwältigt vor lauter Positivgefühl.
Ich schlafe trotzdem nicht, einerseits, weil sein Rolladen immer noch kaputt ist und wir erst um 7 Uhr endgültig beschließen, einzuschlafen, andererseits, weil er immer wieder besorgniserregende Atempausen einlegt, um sich anschließend total zu verkrampfen, manchmal auch noch die Augen aufzureißen, sich dann anders hinzulegen und wieder ruhig weiter zu schlafen. Traue mich nicht, ihn zu wecken, weiß aber auch nicht, was ich sonst machen soll. Somit wieder eine Nacht,in der ich nicht schlafe..
Außerdem ist da noch die Tatsache, dass ich massivst geflasht bin, und in meinem Kopf läuft wieder Wings von Frittenbude.

Es läuft auch noch, als wir am nächsten Tag vom Raucher geweckt werden, der mit uns ins Restaurant zum goldenen M will, wo wir noch den Schlagzeuger treffen, und selbst, als wir zurückkommen und die Fremdenschwester völlig apathisch auf dem Sofa vorfinden, ist es noch ein wenig da, auch, wenn sie in den Vordergrund rückt.
"Was ist denn los?" Der Fremde steht etwas unbeholfen daneben und wirkt so, als fühle er sich von der Gesamtsituation berechtigteweise etwas überlastet.
-"Bin jetzt wieder Single. Nach 3 Jahren, einfach so."
Am Vorabend hatten sie und ich uns unterhalten, sie wollte Essen gehen mit ihrem Freund, eventuell würden sie auch noch beim Raucher vorbeikommen, meinte sie.
Vermutlich mindestens so unbeholfen wie der Fremde setze ich mich neben sie und lege meine Hand auf ihre.
Sie schaut mich an aus ihren großen Augen, und dann fängt sie an, zu weinen, einfach so, und kann gar nicht mehr aufhören, bis ihr Bruder mit drei Tafeln Schokolade, einem Nintendo 64 und einem Plüschaffen zurückommt, die Schokolade und die Konsole mit einem "Ich glaube, das brauchst du jetzt" auf den Sessel wirft und anschließend nahtlos und mit Stofftier zur Gruppenumarmung übergeht.
"Du bist so ein bekloppter Spinner!"
-"Aber du lachst wieder, also habe ich mein Ziel erreicht."
Er hängt ein pseudoböses Lachen an und motiviert sie anschließend, indem er den Affen spechen lässt, dazu, irgendwelche quietschebunten Videospiele mit uns durchzuspielen, wobei alleine die Tatsache, dass ich nur PC-Spiele und selbst davon nicht viele kenne, oft genug Anlass zur Schadenfreude gibt.
Was natürlich alles von mir geplant ist und nicht etwa an meinem Unwissen oder meiner Talentfreiheit liegt...
Irgendwann folgt ein Kartenspiel, und noch eines, dann weint sie sich wieder ein bisschen aus und wir hören Soap&Skin, bis ich beschließe, dass jetzt genug geweint wurde und zu Crucified Barbara übergehe.
Dann verkündet der Fremde, dass er noch auf einer Geburtstagsfeier eingeladen ist und beschließt, mich nicht zum Bahnhof, sondern heim zu fahren, sodass er die Ghettoschwester mit zu der Party nehmen kann.
Stelle fest, dass ihr Name für mich ein rotes Tuch ist und ermahne mich, ruhig zu bleiben; es gibt viel realere Feinde in Form der Groupiebande, die wohl auch auf der Geburtstagsfeier anwesend sein wird.

Und eigentlich kam ich mir aufdringlich vor, dass ich bei ihm übernachtet und mich ansatzweise angenähert habe, aber er hat gesagt, dass es ihn nicht stört, und es beim Filmgucken sogar vorgeschlagen, also passt das schon so.
Und egal, worüber sich die Vatersfreundin heute noch aufregt, ob Papa Mayhem mal wieder beweist, wie egal ich bin,
ob die Unsicherheit jetzt riesig groß ist, weil da ab heute morgen wieder mehr Distanz war, oder auch nicht,

Ich weigere mich jetzt, negativ zu denken, und freue mich. Kompromisslos, völlig bekloppt und an den Schmerzen meiner Verliebtheit fast zugrunde gehend halte ich mich fest an dem Gefühl, an der Schulter des Fremden zu liegen, und versuche, auch mein Unterbewusstsein davon zu überzeugen, das alles gut wird.




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Eintragstitel und entsprechendes Zitat aus The Scientist von Coldplay




Montag, 6. August 2012
Es ist 19.30 Uhr, als der Fremde mich abholt, und 19.30 Uhr, als ich aus dem Auto des Rauchers steige, mich ins Haus schleppe, die Katze vom Boden aufsammle und mich mehr als nur fertig (erkältungsbedingt, physisch, mit den Nerven ) auf mein Bett fallen lasse .

Dazwischen 24 Stunden, insgesamt 16km laufen, immerhin zwei Gläser Wein, einmal spontan einen neuen Schlafplatz suchen, am nächsten Tag unerwarteterweise die Rückkehr meiner Tasche, Mehr-oder-weniger-Entschuldigungen des Fremden für einen beschissenen Abend, später Spontanjamsession und FIlmgucken beim Raucher, und hätte ich nicht für Ms Golightly da sein müssen, wäre ich diejenige gewesen, die als Erste zusammengebrochen ist.

So war sie es, die mittelschwer alkoholisiert vorm Eingang der Bitchparty stand und weinte, nonstop, die ganze Zeit, nach ein paar Stunden Vorglühen beim Raucher, die eigentlich nur nett zusammensitzen waren, einem Endlosfußmarsch zur Bitchparty und einem kleineren Weltuntergang, weil der Fremde, selbst schon angetrunken, nur für eine Person die Aufsichtspflicht übernehmen konnte, weshalb Ms Golightly nicht mehr reindurfte, woraufhin die Nervöse die nächstbeste Schnapsleiche angeschleift hatte, an deren Tauglichkeit Ms Golightly berechtigerweise zweifelte und somit einen hysterischen Schreianfall der Nervösen auslöste.
Und überall starrende Menschen, die heulende Ms Golightly sagt, es tut ihr alles so Leid, der Raucher und ich ( alias die Ersten, die drin waren, die Letzten, die noch den vollen Eintrittspreis bezahlt, und die Einzigen, die sofort kehrtgemacht hatten und zu ihr rausgekommen waren), wir sollten doch wieder reingehen, sie würde jetzt alleine heimlaufen.
Eigentlich habe ich Probleme mit Umarmungen, aber es gibt gerade wichtigeres als meine Ängste, und deshalb nehme ich sie in die Arme, wie man das wohl so macht und erkläre ihr,dass ich einen Dreck tun und sie alleine durch die Pampa laufen lassen werde.
"Und das Herkommen war schon so ultracool, da wird das Heimlaufen bestimmt noch besser." Sie muss lachen. Ziel erreicht.
Wir haben die dreifache Zeit zum hinlaufen gebraucht,weil die Ghettoschwester zwischendurch telefonieren musste, sich über uns aufregte, kichernd in die falsche Richtung wegrannte, sich auf die Straße legte oder andere Heldentaten, die Betrunkene so leisten, vollbrachte; der Fremde meistens hinterher als persönlicher Schoßhund.
Dazwischen immerhin einzelne Momente, in denen wir geredet haben, bis er auf einmal doch neben mir war und wir Halt machen mussten, weil wir querfeldein gelaufen sind und er mehr Steine im Schuh hatte, als da eigentlich Platz finden.
Haben so auf dem Radweg gesessen, er entsteinte seine Schuhe, der Rest war zum kollektiven Blaseentleeren verschwunden und eigentlich war das alles ganz nett so, fanden wir.
"Weißt du, mayhem, ich habe nicht das Gefühl, dass du sowas oft machst... also nachts neben einem Betrunkenen und seiner Weinflasche mitten auf einem Radweg an der Hauptverkehrsstraße sitzen, den Mond angucken und darauf warten,dass der Rest endlich mit pissen fertig ist, aber ich finde das hier gerade gut so. Also, die Gesamtsituation."
Die Flugsaurierschmetterlinge in meinem Bauch fallen synchron in Ohnmacht , um von ihrer eigenen Aufregung sofort wieder aufzuwachen und völlig kirre durch die Gegend und gegen Wände zu flattern.

Mindestens genauso effektiv, aber nicht ganz so positiv umgehauen wurden sie ansonsten vor allem in den zahllosen Momenten, in denen der Fremde dauernd der Ghettoschwester nachrannte, sämtliche ihrer Zickereien einfach hinnahm und zwar auf der Bitchparty blieb, hoch und heilig versprach, beim Raucher vorbeizukommen, damit Ms Golightly mit zur Ghettoschwester , bei der sie übernachtete, und ich mit zu ihm, bei dem ich eigentlich einquartiert war, laufen konnte, aber schließlich um fünf Uhr anrief, sie seien bei ihm daheim, hätten aber keine Lust mehr, vorbeizukommen, seien sowieso zu betrunken zum Laufen und außerdem sei kein Platz mehr, denn die Ghettoschwester habe beschlossen, bei ihm zu übernachten.
"Alles wird gut, wir kriegen das hin". Diesmal ist es der Raucher, der die weinende Ms Golightly in die Arme nimmt. Der Musiker ist zwischendurch erneut verloren gegangen, und so sitze ich, mich so deplatziert und verloren fühlend wie schon lange nicht mehr, auf dem Sofa des Rauchers, mit dem ich bis jetzt vielleicht zweimal wirklich was zu tun hatte, hübsch zurechtgemacht und sogar mit lackierten Nägeln, der Lidstrich perfekter als sonst und eigentlich sollte doch sowieso alles besser sein heute.
Die Erinnerung an das undefinier- und leicht wunderbare Positivgefühl, das da war, als der Fremde mich abgeholt und mir unaufgefordert und aus heiterem Himmel versprochen hat, nicht ganz so viel zu trinken und mich am nächsten Tag heim zu fahren..
Einzelne Zweiergesprächsmomente auf dem Weg zur Bitchparty, das Sitzen auf dem Radweg.
In meinem Kopf läuft Wings von Frittenbude, mein Verstand hat nen Scheißhumor, in der Realität irgendeine Black Metal-Band, die klingen sowieso alle gleich, und wenig später sind wir es, die laufen, und zwar zum Fremden, bei dem auch noch meine Tasche mit Zahnputzzeug und Schlafkleidung steht.
"Wir" sind in dem Fall der Raucher und ich, denn zwischendurch ist der Musiker aufgetaucht, der alleine hatte zurückfinden müssen, weil der Fremde nicht auf ihn gewartet hatte, und hat Ms Golightly bewusst-aufbauend in eine angeregte Diskussion über die französische Sprache und mögliche Urlaubsziele in Frankreich verwickelt.
Inzwischen wird es schon wieder hell und die ersten herumstreunenden Katzen machen sich auf den Heimweg; wir zählen vier Stück, bis wir vor der Haustür des Fremden stehen, die er eigentlich offen lassen wollte, weil wir keinesfalls klingeln sollten.
Unnötig zu erwähnen,dass die Tür abgesperrt war.
"Ich klingel jetzt, mir egal, ob er dann Ärger kriegt!" Die Aggressionen, die man beim Musiker (sitzen gelassen, auf der Bitchparty ausgesetzt, musste alleine heimlaufen) oder mir (sitzen gelassen, Schlafplatz weg, Zahnputzzeug und Co. noch beim Fremden, Heimfahrgelegenheit weg, Chance weg, ab jetzt wohl wirklich eher unglücklich verliebt) vermuten könnte, konzentrieren sich im Raucher, und ich kann ihn gerade noch davon abhalten, den kleinen gelb-weißen Knopf zu drücken. Er atmet tief durch, befindet dann aber,dass ich Recht habe, und wir verbringen die nächsten Minuten damit, Rindenmulch, Kies und schließlich Steine gegen den Rolladen des Fremden zu werfen, hinter dem noch eindeutig Licht brennt, um irgendwie auf uns aufmerksam zu machen. Keine Reaktion, auch nicht auf Anrufe.
"Ey, sieht so aus, als würdest du heute nicht beim Fremden pennen", spricht der Raucher das Offensichtliche aus, "kannst bei mir das Bett haben, ich hau mich aufs Sofa. Ne neue Zahnbürste hab ich noch da, die kannste benutzen, wenn du nicht in Klamotten pennen willst, kannste auch was von mir haben, und morgen fahr dann halt ich dich heim. Wennde dich auf den Assi verlässt, biste halt echt verlassen".
Tief durchatmen, alles wird gut. Meine Schuhe trage ich in der Hand, das Blümchenkleid wird schon längst aufgewertet durch meine treue Bandjacke, die ich drüber trage, fast alle meine Sachen stehen im Zimmer des Fremden und was viel wichtiger ist, es tut gerade alles so furchtbar weh.
"Hey, was ist denn los...." Augen zu, weiteratmen. Einfach weiteratmen, alles wird gut, irgendwann. Einfach weiteratmen, soweit das mit Erkältung geht. Mir ist wieder schwindlig.
Der Raucher legt mir ganz vorsichtig eine Hand auf den Arm. " Ich finds auch total scheiße vom Fremden, da jetzt so einen Mist abzuziehen, nur, weil er immernoch denkt, er hätte Chancen bei der Ghettoschwester, und, seit er die kennt, dass er das "über-krasse Partymachen", das ihn irgendwie nie so interessiert hat, jetzt nachholen muss. Und er is zwar n guter Kumpel von mir, aber das Ganze heute find ich mehr als unter aller Sau. Bringt jetzt aber nix, sich deswegen so nen Kopf zu machen... weinst du?"
Nicht jetzt. Mechanisch das Ablenkungsmanöver, Haare vors Gesicht fallen lassen, in der Handtasche wühlen und mit kratziger Stimme was von "Erkältung...Taschentücher.." murmeln. Liegt im Moment absolut im Bereich des Wahrscheinlichen, klappt auch beim Raucher, und weil er immernoch die Handtasche der Ghettoschwester mit sich herumschleppt, die sie zwischendurch bei ihm abgeladen hatte, finden wir sogar welche.
"Nach dem Abend is die dir eigentlich mehr als n Taschentuch schuldig, so oft, wie du sie ausm Graben oder Feldern gezogen und um Wühlmauslöcher rumgesteuert hast", findet der Raucher.
-"Ist mir, ehrlich gesagt, inzwischen relativ egal, ich will nur noch von dem Haus hier weg, die sollen doch machen, was sie wollen." Schnäuzen, halbwegs wiederatmenkönnen, dafür emotional jenseits von Herzschmerz, schon den halben Abend lang; auch die Katze, der wir begegnen und die bei mir mehr als nur kuschelig wird, kann daran nichts ändern, und die noch nicht ausgestandene Erkältung macht es auch nicht besser.
Auf dem Rückweg kämpfe ich gegen Schwindelgefühl und zunehmenden Gleichgewichtsverlust, während der Raucher die ganze Zeit murmelt, was für ein Idiot der Fremde ist.
Ich bin nicht sauer, sondern enttäuscht. Einfach enttäuscht, das sage ich auch dem Musiker, der, als wir wiederkommen, mit Ms Golightly, zwei Fremden und dem Schmiertypen vom letzten Wochenende am Küchentisch sitzt , ihnen beim Kartenspielen zusieht und mich fragt, ob ich dem Fremden genauso gerne ein paar Knochen brechen würde, wie er es gerne täte.
"Wir beide kennen uns doch...!" Schmiertyp, falscher Moment. Am Küchentisch ist glücklicherweise sowieso kein Platz mehr, sodass es nicht wie Totalflucht wirkt, als ich mich schnellstmöglichst in Richtung der Tür schleppe, hinter der ich meinen Schlafplatz vermute, um meine Jacke und Handtasche irgendwo abzulegen.
Ganz langsam, nicht zu schnell wieder aufrichten. Kreislaufzusammenbrüche lassen einen zum wehrlosen Pedobär-Opfer werden, und das wäre so ziemlich das Letzte, was ich heute noch gebrauchen könnte.

"Du läufst sicherlich nicht alleine und betrunken durch die Stadt heim." Ohne ein Wort der Widerrede zu dulden, folgen der Raucher, ich und dann auch die anderen Ms Golightly, deren Tante dienstbedingt schon wieder wach ist und bei der sie sich laut eigener Aussage hinlegen und etwas ausnüchtern könne, woraufhin sie vor lauter Rührung schon wieder anfängt, zu weinen.
Ein "aaaaaaaaw" des Musikers, dann meldet sich der Schmiertyp zu Wort: "Wir stehen also gerade um 6.24Uhr vor der Bude vom Raucher mitten auf der Straße, sind fast alle betrunken und haben zwar zwei Weiber dabei, von denen eine echt geil ist, aber wir liefern jetzt die Fette ab, wenn sie endlich fertig geflennt hat, und danach ist Schicht im Schacht, weil ihr alle pennen wollt? Und die Tussi lasst ihr beim Raucher? Hallo, das lohnt sich doch garnicht, die wär bei uns viel besser aufgehoben, da kannse noch was lernen."
Der Schmiertyp lacht ein Pedobärlachen, Ms Golightly ist so fassungslos, dass sie sogar aufhört, zu schluchzen.
Allgemeines Schweigen, ich frage den Raucher leise, ob er kurz die auch physisch unsicher stehende Ms Golightly stützen könnte, die eindeutig nicht mitbekommen muss, wie sich meine komplette Abscheu über dem Schmiertypen entlädt.
"Nicht nötig, ich mach schon. Ich will echt, dass du weißt, dass ich normalerweise total gegen Gewalt und so bin, aber der Typ war schon letztes Wochenende an der Grenze, und jetzt reichts mir."
Er richtet seinen Blick auf den Schmiertypen und macht einen Schritt in seine Richtung. "Alter, ich weiß ja nicht, was bei dir falsch läuft, aber du entschuldigst dich jetzt."
Schmiertyplachen. "Du willst mir vorschreiben, wann ich mich zu entschuldigen hab? Hallo, du machst doch jetzt nur einen auf starker Mann, weil die Weiber dabei sind. Wenn du auf die Fette stehst, ist das kein Problem, alles cool, aber sonst kommen wir uns in die Quere, und da hab ich echt mal keinen Bock drauf, genauso wenig wie die Tussi auf dich, also lass mich halt heute mal. Morgen kannste ja machen, was du willst."
"So ein Spinner...so ein Spinner", flüstert der Musiker kopfschüttelnd. Ms Golightly vergräbt ihr Gesicht weiter an meiner Schulter und in meinem Haar.
"Mädels, ich will hier nur nochmal klarstellen, dass ich eigentlich gegen Gewalt bin, ehrlich.. aber der ist schon lange zu weit gegangen." Mit diesen Worten bringt der Raucher einen gut platzierten Schlag im Gesicht des Schmiertypen an.
Das hysterisch-fröhliche "Yes Alter, yeeeees!" des Musikers und sein Applaus schallt deplatziert durch die leeren Straßen, der Schmiertyp starrt nur fassungslos den Raucher an, der sich langsam umdreht, Ms Golightly und somit auch halb mich kurz drückt und uns dann sanft Richtung Neubaugebiet weiterschiebt, weg vom Pedobären, dem Musiker, der uns hoffentlich wieder finden würde, und den anderen, die ich nicht kenne.
Bis zum Haus der Tante Schweigen, und durchs obligatorische Abschiedsumarmungsritual schaffe ich es sogar noch, dann wird mir so schwindlig, dass der Versuch, sich schnellstmöglichst auf den Bordstein zu setzen eventuell eher nach Fallen aussieht, sich aber in jedem Fall so anfühlt.
"Fuck, alles klar bei dir?" Das Gesicht des Rauchers neben mir sehe ich schon nicht mehr richtig, aber wenigstens mein Hirn funktioniert noch. Einfach weiteratmen, einfach.. Atemnot.
"Ok, anscheinend nicht." Werde vom Raucher hochgehoben, einfach so, obwohl er kleiner ist als ich und leichter, irgendeine Jacke, dem Geruch nach die des Musikers, der es anscheinend tatsächlich schon zum zweiten Mal geschafft hat, selbstständig zu uns zurück zu finden, wird auf dem halben Weg über mich gelegt und dann ist auch seine Stimme neben mir.
"Voll süß das Ganze hier, voll süß undso, aber echt, mayhem, du hast mich gerade voll erschreckt!"
"Du wirst immer so emotional, wenn du trinkst, Musiker".
Habe es geschafft, durch den Nebel, der mich umgibt, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Hauptsache nicht komplett das Bewusstsein verlieren.
Der Raucher lacht und klingt dabei so besorgt, dass ich ihn am Liebsten umarmen würde. "Wie du sowas einfach noch durch ne halbe Ohnmacht mitbekommst. "
"Und wie du einfach mal echt Glück hast, das wir jetzt hier sind", fährt der Musiker fort, "Wärst du jetzt beim Fremden, du wärst am Arsch, hättest verloren, total Pech gehabt. Da würdste abkratzen, wenn die Ghettoschwester da ist, ist egal, wies anderen geht. Ich musste alleine heimlaufen, und wir sind Freunde seit der Grundschule, seit der Grundschule. Und ich musste alleine zurücklaufen, 8km, ohne Plan, wie man da Laufen muss, ganz alleine. Alter, das ist so schlimm..." Und die nächste schluchzende Person, die sich an den Raucher und dadurch auch mich hängt, während ich mich eisern ins Vollbewusstsein zurückkämpfe, langsam, aber stetig.
"Und überhaupt, wir können echt froh sein, echt froh, dass wir drei uns gefunden haben." Der Musiker umarmt den Raucher und mich, während ersterer langsam versucht, weiter zu laufen. "Voll das Dreamteam ey, voll das Dreamteam. Hab ich schon aufm Fest gemerkt, wir sind echt die Guten. Und der Fremde, der soll machen, was er will. Wir nehmen jetzt die mayhem in unsere Gruppe auf, die hat genau so nen Knall wie er, aber auf coole Art und Weise, ist mindestens genauso depressiv und genauso genial, riecht auch gut, nur ein bisschen anders, und die ist total sozial, viel sozialer, als gut für sie ist." Er tätschelt mir die Wange.
"Totaler Flashback gerade..",murmelt der Raucher, und es klingt, als müsse er schmunzeln. "Wie beim Fest, nur war es da erst drei Uhr und nicht sieben, und ich hab keinen von euch getragen."
-"Total wie beim Fest, echt mal, total wie beim Fest, nur habt ihr da mich getragen, voll sozial undso, ich erinner mich noch, mein Gedächtnis vergisst nie, und ich sags ja, wir sind die Guten ey, wir sind echt die Guten. Die drei Musketiere, gemeinsam unbesiegbar undso. Ich hau die alle mit meinem Intellekt weg, du haust die, die dann noch stehen, um, und die mayhem kehrt die Reste zusammen, Rotes Kreuz undso. Ja, voll die Soziale, echt mal..."
Als wir vorm Gartentor der Wohnung des Rauchers stehen,äußere ich, unterbrochen von mehreren Hustenanfällen, den meiner Meinung nach absolut legitimen Wunsch, auszutesten, ob ich wieder alleine und halbwegs geradeaus laufen kann.
-"Nix da, die paar Meter trag ich dich noch."

Die paar Meter bedeutete in dem Fall, bis zum Sofa (ich hatte mich geweigert, ihm sein Bett wegzunehmen) getragen und dort übervorsichtig abgelegt zu werden, anschließend noch Decke und Kissen gebracht zu bekommen und aus heiterem Himmel vom strahlenden Musiker umarmt zu werden, weil er fand, das wäre "jetzt echt mal nötig" gewesen.
Dann fluchte er noch eineinhalb Stunden auf den Fremden, verzog sich ins Schlafzimmer und begann bald, glücklich, zufrieden und betrunken so laut zu schnarchen, wie das nur glückliche, total zufriedene Betrunkene können.
Der Raucher bleibt neben mir sitzen, und weil sowieso alles egal ist, gefühlt die Welt untergeht und entweder das Sofa zu kurz ist oder ich zu lang bin, lehne ich mich an ihm an, zurückhaltend genug, um keine Abwehrreaktion in mir auszulösen.
Irgendwann zieht er seinen zwischen mir und dem Sofa eingeklemmten Arm aus der unbequemen Position und legt ihn vorsichtig um meine Schultern und neben mir ab.
Wir liegen, beziehungsweise in seinem Fall sitzen immernoch so da, als ich um 8.30 Uhr wegdämmere, und auch noch, als der Fremde um 10.30 uhr meine Tasche vorbeibringt und sich dem Vorwurfsbomardement des Musikers aussetzt.
Mehr als ein "Ja..,ja,aber ich war betrunken, und die Ghettoschwester..." hört man von ihm erstmal nicht, dann eine Beschreibung seines Abends und eine Erklärung für die Bissspuren an seinem Hals (vom Groupie Nr.1 zur Begrüßung angebracht, und da man die Dame kennt, ist die Wahrscheinlichkeit mehr als sehr groß, dass es sich um keine Lüge handelte)und die Gefühlslage von gestern Abend ist bei mir immernoch so schlimm wie am Anfang, also setze ich mich aufrechter hin und sehe dem Fremden direkt in die mehr als nur übermüdeten Wolfsaugen.
"Mir ist es egal, wo deine Bissspuren herkommen, oder wie besoffen du gestern warst. Mir ist auch egal, wie lustig das ja gestern alles noch war, und inzwischen auch,dass wir Ewigkeiten vor deinem Fenster standen und keiner reagiert hat, obwohl noch Licht brannte.
Ich bin schlicht und einfach enttäuscht. "
Und nach kurzem Zögern füge ich hinzu:"Auch, wenn mir das vielleicht gar nicht zusteht, weil wir uns noch nicht so lange richtig kennen."
Betretenes Schweigen, der Musiker starrt auf seine Schuhe, der Raucher beobachtet seinen Hund, der im Garten mit irgendeinem Ast spielt, ich schaue immernoch zum Fremden.
Der scheint zu überlegen, was er sagen soll. Dann: "Enttäuscht ist viel schlimmer als sauer. War wohl gestern ein bisschen unfreundlich, ja, aber die Ghettoschwester..."
In meinem Kopf inzwischen Wonder von Soap&Skin, und ich lasse mich so weit zurücksinken,dass ich zwischen dem Raucher und einem Sofakissen liege, Gesicht zu letzterem gedreht, damit niemand mitbekommt, dass jetzt ich diejenige bin, die weint.




Samstag, 4. August 2012




Die Ansätze mehrere Zentimeter rausgewachsen, Nichtessenkönnen und Fressphasen wechseln sich ab, erreichtes droht, wieder zu verschwinden, die ehemals endlich langen Fingernägel sind wieder kurz, aber immerhin lackiert, und im Dutt versteckt sich jetzt eine Länge, die 5 cm vor der Taille herumkrebst.
Wenn ich fühle, dann mit voller Wucht, bis nichts mehr von mir übrig ist.
Vielleicht sieht man es mir an.

Und "Leben" findet wieder ausschließlich am Wochenende statt; leben kostet Kraft, und die spare ich mir auf für dann, wenn ich sie brauche. Der Rest verschwindet in Pseudoapathie, einfach weiteratmen, aussitzen, alles wird gut, undsoweiter, nur gelegentlch unterbrochen, wenn eine sms oder eine Nachricht ankommt; dann ist da auf einmal alles, was nicht sein sollte, und der Rest, der ist egal.
Ein, zwei Stunden lang, manchmal auch drei.
Reicht, um alles andere zu auszublenden, zu vergessen, sodass die Realität, das gemeine Biest, leichtes Spiel hat, wenn sie sich anschleicht und meine Seifenblase zerplatzen lässt.
Ich baue mir trotzdem immer wieder eine, wider besseren Wissens, und vielleicht ist sie irgendwann lebensfähig, die Seifenblase.
Dann, wenn sie sich ein dickes Fell zugelegt hat, dann schubst sie die Realität einfach um und alle Zweifel aus dem Weg, und dann geht es bergauf, gnadenlos, so, dass man vor lauter Harmonie und Glücklichsein eigentlich kotzen müsste oder zumindest mal weinen, und vielleicht tue ich das dann ja, weinen vor lauter Positivgefühl, und mache dann ganz absurde Sachen, an Gott glauben oder sowas, oder kleine Kinder süß finden, einfach, weil, egal, ob die Welt in Glückseligkeit ertrinkt oder nicht, für mich dann alles gut ist.

Bis es soweit ist, geht der Kreislauf aus zerplatzten und neu entstehenden Seifenblasen weiter, stehe ich weiter zwischen ganz oben und ganz unten, eigentlich an beiden Extremen gleichzeitig und mitten überm Abgrund.
Eigentlich alles an Seelenleid offen ins Gesicht geschrieben, aber gut getarnt hnter rauswachsendem Ansatz, tiefen Augenringen, abblätterndem Nagellack, Schlafmangel und eigentlich sind da wieder Gewichtsprobleme oder eher die Angst davor, sind da Entscheidungen, die anstehen und Unsicherheiten, die drohen, Dinge, die monströs auf meiner Brust sitzen und mir die Luft abdrücken wollen, aber es gibt gerade wichtigeres als das, also weg mit den Schatten, den Unsicherheiten, den Hürden und Grenzen und Barrieren, ich habe gerade keine Zeit für sie.


Heute ist die Bitchparty, in 13 Tagen fahre ich mit dem Fremden und Ms Golightly aufs Festival, bin ich seit etwas mehr als einem Monat 18 und seit fünf Jahren mutterlos.