Samstag, 29. Juni 2013
*Achtung, sehr wirr, weil gerade erst heimgekommen und einfach den aktuellen Emotionsstau rausgekotzt. Wird eventuell noch in einen logischen Eintrag verpackt*

Und dann ist auf einmal der ganze Scheißtag egal und nur das Ende zählt.
Das Resultat.

Und das heißt Einladung, für morgen.
Er holt mich ab, er fährt mich heim, ich kann zur seelischen Unterstützung wen mitnehmen, wenn ich will (was ich auch verdammt nochmal tun werde).

Nach nicht ganz zwei Stunden Reden hat Mr.Gaunt mich zu seiner Feier morgen eingeladen, einfach so, und er ruft dann nochmal an, ist ja eh in der Kleinstadt bei seinen Eltern, da kann er mich gleich einsammeln, sagt er,
und fand mich wohl irgendwie ganz ok so, obwohl ich die ganze Zeit ganz viel Mist geredet habe, wie immer, wenn ich nervös bin ohne Ende, aber mein Gegenüber leider genauso schüchtern wie ich,
und ich durfte seine Mütze, die ich ihm zwischendurch abgenommen habe, behalten, und habe sie auch jetzt noch auf, mit dem fettesten, grenzdebilsten Grinsen seit Langem,

und er lädt mich einfach zu dieser scheiß Feier ein, auf der ich fast niemanden kenne, und die, die ich kenne, mögen mich nicht,
aber ich konnte einfach nicht absagen, weil er so absolut beiläufig gesagt hat, kannst ja auch vorbeikommen, wenn du Bock hast, und sofort aufgehört hat, zu trinken, als er gemerkt hat, dass meine Fahrgemeinschaft mich im Stich lässt und mich wer heimfahren muss heute,
und mir seine Mütze überlassen hat,
und mich morgen abholen und heimfahren würde,

und, um es kurz zu fassen:
Hachja. :)


Fremde Umgebung, fünfzehn mehr oder weniger fremde Menschen, die mich zum Teil nicht ausstehen können und irgendwie alle ein gutes Stück älter sind als ich, und ganz viel Alkohol, den die fremden, unfreundlichen Menschen in sich reinkippen werden ohne Ende?

Jo.
Mich wirft so leicht nichts mehr aus der Bahn. Ich habe alleine mit ihm geredet, ich habe seine Handynummer, und ich habe seine Mütze.
Vielleicht geht morgen die Welt unter, aber vielleicht krieg ich das auch alles hin.

Alleswirdgutalleswirdgutalleswirdgut.
Ich wünsche mir es. So sehr.
Und fürchte das Gegenteil.
So sehr.




Mittwoch, 26. Juni 2013




Ein Handspiegel aus Holz, fünf Haarnadeln, die stabil genug sind, um damit einen mittelgroßen Hamster aufzuspießen und zu grillen, und eine Notiz.
Und die Jacke, die 10km gegen den Wind nach Rauch und Kneipe und Dingen, die ich lieber nicht so genau identifizieren will, stinkt.
In einen Karton gesteckt, vor meiner Haustür abgelegt.
Habe ihn gefunden, nachdem ich die Egoschleuder zum Bahnhof fahren musste (er hatte wieder mal vergessen, seinen Wecker zu stellen), und sofort gewusst, dass der Karton irgendwas Kurioses enthält.
Der Postbote bringt nämlich keine Päckchen. Der läuft keine 900 Meter zusätzlich, sondern legt sie bei meinem Vater vor die Garage, egal, ob da jemand daheim ist oder nicht.

Mein erster Verdacht bezüglich des Inhalts (Nagelbombe/abgetrennte Gliedmaßen/irgendwas,das noch bei ihm lag und das er mir jetzt vorbeigebracht hat) bewahrheitet sich netterweise nicht, beim Absender handelt es nicht um den Raucher, sondern um den Patenonkel.
Der, laut beiliegender Notiz, nach Jahren seinen Dachboden betreten und geschaut hat, ob man da noch was verwenden kann.
" Die meisten Sachen von der Oma und dem Opa habe ich wegwerfen müssen, und Sachen von früher als deine Mama noch hier gewohnt hat auch, aber manches war noch gut, und deshalb habe ich es denen geschickt, zu denen es gehört."
Es folgt eine Auflistung der verschickten Güter mit dem Hinweis, wer auch immer Probleme damit habe und sich mit irgendeinem Kleinstmöbel/Buch/etc besonders verbunden fühle, das jemand anders erhalten hat, möge sich doch bitte bei der entsprechenden Person melden.
Außerdem die Bitte, bei Vorhandensein eines Autos mit Anhängerkupplung demnächst mal, samt Anhänger im Idealfall, vorbeizukommen, um das restliche Zeug auf die Mülldeponie zu fahren.
" Viel war nicht mehr da, dein anderer Onkel hat, als die Oma und der Opa gestorben sind, viel mitgenommen und deine Mama auch. Beim Umzug hat sie aber anscheinend Sachen da gelassen, nur das Meiste ist vergammelt, weil auf dem Dachboden ist es feucht in den Ecken, der ist nicht ganz dicht."

Ein Handspiegel aus Holz, der laut Notiz meiner Mutter gehört hat, die ihn von ihrer Großmutter bekommen hat, weil sie doch alte Sachen so gerne mochte, fünf Haarnadeln, die er deshalb an mich geschickt hat, weil ich die einzige Verwandte mit langen Haaren bin und er selbst nicht weiß, wo die eigentlich herkommen, und das große Päckchen liegen vor mir, während Kater Mayhem sich begeistert in die Zeitungsberge wühlt, mit denen das alles gepolstert war.
Der Handspiegel wird auf dem Schminktisch untergebracht, in der Ecke, in der auch ihre Ohrringe aus Prag, die ich vor der Vatersfreundin gerettet habe, ihren Platz haben. Und etwas später auch die Haarnadeln.
Dann sitze ich, mit einer Schere bewaffnet, vor dem großen Zeitungspäckchen und wühle mich durch mehrere Schichten Zeitung, unter denen noch mehr Zeitung zum Vorschein kommt, aber vergilbte, gewellte.
Jahrgang 1988.
Unter der alten Zeitung befinden sich zwei Einkaufstüten eines regionalen Modekaufhauses, das Mitte der Neunziger schließen musste.
Darunter Folie.
Und noch mehr Folie.
Und noch mehr Folie.
Endlose Schichten Folie, darin luftdicht verpackt ein weiches, mehr oder weniger schwarzes Etwas.
Ich glaube, das große ist ihre Jacke. Die hat sie anscheinend beim Umzug dagelassen und jemand hat sie eingemottet. Ich weiß nicht, ob sie noch gut ist, hab sie nicht ausgepackt.
Dann ist die fünfte Schicht Folie abgewickelt und mir schlägt derart intensive Rauch-und-Kneipen-Luft entgegen, dass zweifelsfrei klar ist, wer die Jacke in seiner Jugend getragen hat und warum der Patenonkel sie mir geschickt hat.
"...und deshalb habe ich es denen geschickt, zu denen es gehört."

Sie gehört zu mir, die Jacke. Zumindest bis auf weiteres.
Nach zwei Tagen Lüften im Freien riecht sie immer noch, als hätte sie fünf Jahre ohne Unterbrechung in der Raucherecke der Absteige verbracht, aber wenigstens der Kneipenstunk verabschiedet sich langsam, was das gute Stück allerdings nicht daran gehindert hat, Teile seiner Duftwolke erstaunlich hartnäckig auf mich zu übertragen, als ich sie fünf Minuten an hatte, um abzuschätzen, ob ich sie tragen kann.
Sehe es als Wink des Schicksals, dass ich es kann.
Obwohl Größe 36 drinsteht.
Geht sogar zu, das Ding. Und sitzt dann trotzdem eigentlich gut, nur nicht obenrum, da der Schnitt offensichtlich für Personen konstruiert wurde, die entweder die Pubertät noch vor sich, oder von Natur aus beinahe keinerlei Oberweite haben.
Da ich zu keiner der beiden Personengruppen gehöre, hieße das bis auf weiteres Jacke offenlassen.
Eine Taktik, die sie zeitlebens praktiziert hat, wenn sie zwischen zwei Größen stand und die kleinere tragen wollte.


Tja, und jetzt sitzen wir da, die Jacke und ich.
Mittlerweile bin ich ihrem Innenleben mit Textilerfrischer zu Leibe gerückt, sobald zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass es sich doch um Echtleder handelt, wird die Außenseite folgen, in der schwachen Hoffnung, dass sich Rauchgestank, der sich jahrzehntelang in seiner luftdichten Verpackung gehalten hat, von einer geballten Ladung Frischluft und Moonlight Vanilla beeindrucken lässt.
Davon abgesehen hat sie ein paar kleinere Löcher im Innenfutter und so ziemlich alle ihre Knöpfe scheinen nur noch durch ein Wunder zu halten.
Das schwarz ist auch nicht mehr das, was es mal war. Und ein paar Stellen am Bund sind abgeschubbert.
Können Reißverschlüsse eigentlich rosten, oder ist das nur Dreck?
Aber wissen Sie was, eigentlich ist das egal.
Und auch, ob ich die Jacke tragen kann, oder eben nicht.
Ich brauche ja auch keinen Handspiegel.
Oder noch mehr Haarnadeln.
Eigentlich brauche ich nicht mal Ohrringe, die immer unter den Plugs reinzuklemmen ist nämlich manchmal verdammt unbequem.

Eigentlich geht es auch gar nicht um einen Holzspiegel, oder Haarnadeln, oder Ohrringe, oder eine total verrauchte Lederjacke, die mindestens so heruntergekommen aussieht, wie ich auch mich aktuell fühle .
Eigentlich geht es um Erinnerungen.
Und Erinnerungen behalte ich bei mir.




Freitag, 21. Juni 2013
Endlosschleifen, gebetsmühlenartig.
Ich habe mich von ihm getrennt, und das ist auch gut so,
ich habe von Anfang an nur wenig für ihn gefühlt und mich in die Sache reindrängeln lassen, weil ich ihn nicht verletzen wollte, was ich aber so oder so getan habe,
langfristig ist es so besser für ihn, und für mich,
wäre es so weitergegangen, wäre es nur schlimmer geworden, weh getan habe ich ihm so oder so,
es ist besser für mich,
es war das Richtige,
uns geht es besser so, jedem für sich,
...

..ich will nicht so enden wie meine Mutter.
Mit 17 Mann kennen gelernt, in die Sache reindrängeln lassen, mit 21 verheiratet weil man sich auch das hat aufdrängen lassen, mit 28 ein Kind, das man eigentlich gar nicht haben wollte und bei dem ja auch nicht so ganz klar ist, wer denn jetzt der Erzeuger ist, denn
mit der Gesamtsituation, in der man mit dem Mann da, der zu einem gehört, drinsteckt, kommt man mal so gar nicht klar,
und trotz allgemeiner Abgewracktheit gibt es immer noch Andere, die einen ebenfalls ganz ansprechend finden, also warum das nicht ausnutzen.
Und trotzdem weiter wie gewohnt, denn der Mann da, der zu einem gehört, der bietet Sicherheit, und Wärme, und Geborgenheit und letztlich auch Gewohnheit. Irgendwie bringt er es fertig, einen zu lieben, die ganze verkorkste Restperson, die noch von einem übrig ist. Einfach so.
Der an einem hängt. Dem man etwas bedeutet.
Zur Abwechslung mal jemand, der da ist. Irgendwie. Aber es doch nicht schafft, alles totzuschlagen, was war.
Weil es nicht seine Aufgabe ist.
Die bösen Schatten muss man selbst umbringen.
Und manchmal geht das eben nicht.
Also Absturz. Emotional und physisch.
Ein bisschen Hungerkünstler.
Ein bisschen gelbsuchtfarben.
Die positiven Reaktionen nehmen ab.
Dabei läuft doch eigentlich gar nichts falsch?
Sagt man sich so vor.


Der Unterschied ist, dass ich einen Schlussstrich gezogen habe. Und stark bleibe seit 6 Wochen, auch, wenn ich eigentlich weder will, noch kann. Aber mir sage, dass ich muss.
Der Unterschied ist, dass ich kontrastreicher bin. Im Fühlen, im Wahrnehmen, im Handeln, in Allem.
Ich habe das Extrem beinahe perfektioniert.
Der Unterschied ist, dass ich nicht panisch werde, wenn die Positivreaktionen weniger werden und die Aufmerksamkeit abnimmt, sondern wenn ich welche bekomme. Ich brauche Nähe genauso, wenn nicht sogar noch viel mehr, aber ich kann panische Angst bekommen, wenn jemand versucht, auch nur ansatzweise welche aufzubauen und dabei für mich zu schnell/"falsch" vorgeht.
Was nicht selten im Widerspruch zu meinem eigentlichen Handeln steht. Vermeintlich.
"Immerhin liegen zwischen uns genug Welten, um in jeder Situation für genug mental-emotionalen Sicherheitsabstand zu sorgen, auch dann, wenn objektiv betrachtet keiner (mehr) da zu sein scheint."

Der Unterschied ist, dass ich mich nicht aufgebe.
Nicht in dieser Sache.
Gestorben wird so oder so, aber nicht in und nicht an (m)einer Gewohnheits-Scheißsituation.
Nicht so wie sie.
Die einzige Person, die mich umbringen kann, bin ich selbst.

Sie ist Schicksalskomponente.
Sie ist Trauma.
Sie ist das Gerüst der Vergangenheit.
Und der Schatten, der über allem liegt, was war.
Und der über allem liegt, was ist.
Sie war da. Als Einzige.
Sie war der Feind. Der Größte.
Sie ist Schuld an mir.
Ich bin Schuld an ihr.
Sie ist Anti-Vorbild. Das Überzeugendste, das ich habe.
Die Schreckensvision über Allem.
Und teilweise unvermeidliche Zukunft (?).
Ich verteidige sie gegen die Vatersfreundin.
Finde sie wieder, in Texten, auf Fotos, immer dann, wenn es gerade ungünstig ist und immer dann, wenn ich von zerstreuten bis geistig zersetzten Dorfmenschen mit ihrem Namen angesprochen werde.
Egal, wie lang meine Haare wachsen, wie viele Piercings ich habe, wie viel größer ich bin und wie ich mich anziehe.
Menschliches Andenken, eingemeißelt in Fleisch und Blut und Knochen.
Und Erinnerungen, eingebrannt in Hirn und Herz und Seele und Verstand.
Bleiben.
Auf ewig.
Bei ihr, und bei mir.
Wird man nicht mehr los.
Nie mehr.

Der Unterschied ist, dass ich sie überstanden habe.




Samstag, 15. Juni 2013
Prüfungen vorbei. 15 Englisch, 3 Mathe, insgesamt ganz ok , man merkt relativ deutlich, wo meine Stärken liegen.

"Deine Stärken? Nichtwissen so rüberzubringen, dass jeder denkt, dass du voll die Ahnung hast, und damit nicht nur durch alle Schuljahre, sondern sogar sehr gut durchs Abi zu kommen."
Die Egoschleuder und ich haben die hochbeinigen, nahezu perfekt würfelförmigen Sessel, die ich bei meinem Umzug aus Opa Mayhems leerer Wohnung und vor dem Sperrmüll gerettet habe, in den Garten getragen, einen umgedrehten leeren Wasserkasten als improvisierten Tisch dazwischengestellt und mich ein bisschen gefeiert.
Natürlich lange nicht so ausgiebig, wie diverse Klassenkameraden das gefühlt seit heute Mittag im Nachbargarten tun, aber man wird ja schließlich auch nicht jünger.
-"Stimmt."
Die Egoschleuder zeigt sich wieder sehr umgänglich und sogar Anzeichen sozialen Verhaltens, so wurde ich diesmal gnädigerweise vorher gefragt, ob ich ihn überhaupt sehen will (wahrheitsgemäße Antwort:"Weiß ich selbst nicht so genau"), bevor er sich aufs Fahrrad geschwungen hat und mal schnell die 15km gefahren ist, und es wurde auch nicht einfach irgendein Wein mitgenommen, sondern einer, der auf der Grenze zwischen halbtrocken und lieblich balanciert, trocken mag ich nämlich eher selten. "Ein, zwei Flaschen Wein krieg ich besser im Rucksack unter als drei Packen Pussybier, und das bringt ja nix, wenn du dann nichts zu trinken hast."
Wir sitzen so im Garten, gelegentlich fliegt mal ein Volleyball oder eine leere Flasche rüber, einmal auch ein ehemaliger Musikkurskollege, irgendwas deutsch-hiphop-abartiges wummert aus einer zu basslastigen Anlage und übertönt dabei das Konzert, das die Grillen hier jeden Abend für mich geben und das normalerweise bis in mein Luftschloss hinauf sehr gut zu hören ist, und eigentlich ist das alles ganz gut so, angenehmer Durchschnitt eben.
Mit der Egoschleuder verbindet mich zwar kein unzerstörbares seelisches Band und auch keine tiefgreifende Freundschaft, aber wenn er will, kann er relativ angenehme Gesellschaft sein, das kann man sich zwischendurch schon mal geben. Man darf nur nicht zu viel Zeit mit ihm verbringen, sonst fühlt er sich zu sicher und fängt wieder an, den Arschlochfaktor mehr hochzuschrauben, als ich das mag, und man sollte eine gewisse Grunddistanz wahren. Genug Nähe, um ein bisschen Wärme abzukriegen, aber genug Abstand, um meine irrsinnige Verletzlichkeit für mich zu behalten.
Klingt anstrengender, als es ist, es gibt traurige Gestalten, für die der Kleinkrieg, den ich gelegentlich mit der Egoschleuder führe, Alltagsrealität in Form einer Beziehung ist.
"Du, langsam wirds schon ein bisschen kalt..wollen wir dann wieder rein?" Da, er hat mich schon wieder nach meiner Meinung gefragt. Ich sage es doch, Wunder geschehen.

Er findet es doof, sich ins Fenster zu setzen und der Sonne beim endgültigen Abtauchen zuzuschauen, also lassen wir das und hören noch ein bisschen Musik, bis sein Kopf auf meiner Schulter immer schwerer wird und er einfach einschläft. Also schiebe ich ihn ein Stück zur Seite und in eine meiner Meinung nach halbwegs schlaftaugliche Position, klettere über ihn und aus dem Bett und setze mich noch ein bisschen zu Kater Mayhem ins Wohnzimmer, der erst verschlafen blinzelt, dann faucht und höchst motiviert sämtliche Krallen und Zähne in meiner Hand vergräbt, als ich einen Versuch starte, ihn von dem (schwarzen) Bandshirt, das mir die Egoschleuder endlich gegeben hat und auf dem man helle Katzenhaare naturgemäß ganz wunderbar sieht, runter zu schieben, nur um schließlich zwei Sekunden später schnurrend anzutappsen und sich auf meinem Schoß zusammen zu rollen.
Männer.

Gegen 3 wird die ganze Sache mit Schneidersitz und Rücken gegen die Wand (das Sofa ist nach wie vor umgeklappt, weil die Egoschleuder beim letzten Mal eigentlich dort hätte schlafen sollen, Sicherheitsabstand und so, daraus aber dann doch nichts geworden ist) doch dezent schmerzhaft, und weil ich auch so schon oft genug Rückenschmerzen und davon abgesehen keine Lust habe, morgen mal wieder nicht zu wissen, wie ich eigentlich aufstehen soll, falte ich mich auseinander, platziere das (protestierende) Kätzelein neben dem Shirt, das ich schneller wegziehe, als mein haariger Mitbewohner sich auf die neue favorisierte Schlafunterlage werfen kann,lasse mich beim Zähneputzen von einer sage und schreibe fünf Zentimeter großen Spinne, die sich in der Schräge über dem Spiegel häuslich einzurichten scheint, nachhaltig erschrecken, versuche später mal wieder erfolglos, eine gerechte Platzverteilung der Liegefläche meines Bettes zu erreichen, gebe irgendwann entnervt auf, rolle mich auf meinem Viertel zusammen, frage mich kurz darauf mal wieder, wie es die Egoschleuder fertig bringt, sich im Schlaf circa fünffach zu verrenken, irgendwann so halb auf mich drauf zu werfen, sämtliche Arme und Beine gefühlt mehrfach um mich herum zu verknoten, mich so fest festzuhalten/zu umklammern, dass man meinen könnte, ich würde sonst geklaut werden, und in dieser Position, die jeden Orthopäden zur Verzweiflung bringen würde, zufrieden bis zu acht Stunden am Stück zu schlafen, wenn ich es nicht vorher schaffe, mich zu befreien und irgendwie noch ein kleines Stück Liegefläche zu erkämpfen, und ob es irgendeine Möglichkeit gibt, ihm das abzugewöhnen.
Sein ins Kissen genuscheltes "Duentkommschmirnisch" lässt mich daran zweifeln, diesmal bin ich aber schnell genug, sämtliche Umklammerungsversuche abzuwehren.
Unwilliges Knurrgrummeln seinerseits, ein sehr bestimmtes "Rutsch rüber!", verbunden mit einem Schubser, meinerseits, und fünf Minuten später habe ich meine Hälfte zurückerobert und außerdem eine angenehm nahe, aber nicht zu nahe Schlafposition eingenommen. Geht doch.

Zehn Minuten später ist er wieder eingeschlafen, somit zum offensichtlichen Instinktverhalten zurückgekehrt und ich werde wieder festgehalten, als ginge es um mein Überleben.
Aber kann man sich schonmal geben, das.
Immerhin liegen zwischen uns genug Welten, um in jeder Situation für genug mental-emotionalen Sicherheitsabstand zu sorgen, auch dann, wenn objektiv betrachtet keiner (mehr) da zu sein scheint.