Donnerstag, 6. Februar 2014
Der Moment, wenn der Herzensmensch, der doch immer davon überzeugt war, alles erfolgreich wegverdrängt zu haben, zugibt, dass er einfach nur aggressionsüberladen und völlig fertig ist.
Per sms, weil er sowas sonst erst recht nicht in Worte fasst,
und mit dem Zusatz "Ich kann nicht mehr, ich will einfach nur meine Flasche Jack".

Heulkrampf beiseite schieben, auf das "Alkohol ist auch keine Lösung" verzichten, Ärmel hochkrempeln und irgendwie versuchen, etwas hilfreiches zu schreiben.
Ganz vorsichtig, wie bei einem quengelnden Kind.
Denn er will nicht reden, das würde Selbstkonfrontation bedeuten.
Und er will nicht verarbeiten, aus eben diesem Grund.
In den Abgründen der Seele dieses Mannes schlummern Ungeheuer, die beinahe größer sind, als die, die mich verfolgen.

Natürlich habe ich Angst, ihn zu verlieren.
Davor, dass ich es bin, die ihm zu viel ist.
Dass ich ihn noch mehr überlaste, als ich das in schwachen Momenten wohl sowieso schon tue,
dass sich seine Aggression auch gegen mich wendet,
dass ich ihm nicht helfen kann.
Weil er sich nicht helfen lassen will.

Keiner hat gesagt, dass es einfach wird.
Und keiner (außer meinem Wunschdenken) hat gesagt, dass das eine harmonische, "einfache" Beziehung wird.

Aber es hat auch keiner gesagt, dass ich aufgebe.
Lieber lasse ich mir tausendmal mein kleines Herz zersprengen, als in eher seichten Zuneigungsgewässern sicher vor mich hin zu schippern.

Angst?
Aber sowas von.
Weltuntergangsstimmung? Schon so ein bisschen.
Der Versuch, Intuition von Unsicherheit zu unterscheiden und die Hoffnung, dass nur Letztere es ist, die mit Endzeitstimmung um sich wirft.
Muss man jetzt durch.

Edit: Und gerade der Entschluss, mit Zähneknirschen dem einzigen Menschen zu schreiben, dem er sich öffnen will, oder kann: Dem Mafiapaten.
Nicht, weil ich den auf einmal so sympathisch finden würde. Ich finde, zumindest bis jetzt, er ist ein egozentrischer, rechthaberischer Kotzbrocken.
Aber wenn dieser Kotzbrocken derjenige ist, der den letzten Selbstmordversuch abgewendet hat, und der einzige, der irgendwie helfen _darf_, dann kann sich mein Stolz jetzt mal gepflegt in die Ecke stellen, in der ich auch mein Heulbedürfnis abgestellt habe, und warten, bis die Lage wieder halbwegs im Lot ist.


Alles wird gut. Hoffe ich, nein, wünsche ich mir. Muss ja.





Samstag, 25. Januar 2014
Thema: gefunden.


Mal wieder bisschen Musik in die Runde werfen.




Donnerstag, 23. Januar 2014
Werte Leserschaft, herzlich Willkommen zu einem blogger-exklusiven Just Listen-Spezial, heute mit dem Thema: Alltagsbewältigung mit (gedehntem) Septum.
Denn gerade dieses Piercing zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich, als es der komplette Rest meiner diversen Körperverzierungen tut, und scheint immer wieder für Staunen, Bewunderung, bisweilen allerdings auch für Verwirrung zu sorgen, die ich als fürsorglicher Mensch mit dieser exklusiv-Reportage gerne aus dem Weg räumen werde.
Deshalb zunächst eine Auswahl häufig gestellter Fragen. Diese stammen von Tankstellenkunden, können einem aber auch an jedem anderen Arbeitsplatz, und bisweilen sogar in der Freizeit begegnen.

1. Hat das weh getan?
2. Was passiert, wenn Sie das raus machen?
3. Können Sie das überhaupt raus machen?
4. Können Sie damit denn noch atmen?
5. ...und wenn Sie erkältet sind?

Sollte Ihnen an dieser Stelle auffallen, dass Sie zu den Menschen gehören, die bereits eine oder mehrere dieser Fragen gestellt haben, erheben Sie sich jetzt bitte und verpassen sich eine gepflegte Ohrfeige für jede einzelne, höchstens mit Ausnahme von Nr.1, die ist noch verzeihlich.

Ein häufig gehörter, und beinahe unangefochtener, Favorit der Septum-Fragen, der allerdings im Zusammenhang mit jedem x-beliebigen Piercing vorkommen kann, und vorwiegend kombiniert mit einem schlechten Anmachversuch und mehr oder weniger schmierig-notgeilem Unterton in der Stimme eines Mittvierzigers auftritt, ist " Hast du wo anders auch noch sowas, Baby?"
So geschehen auch in einem eher einseitig gelagerten Dialog des mutmaßlichen Winterdienstmenschen und mir, während ich eigentlich nur in Ruhe meine Backbleche spülen wollte.
Plane, beim nächsten vom ihm verlauteten "Baby" die bereits weiter oben empfohlene gut gezielte Ohrfeige in seinem Gesicht zu platzieren.
Mit einem Backblech.
Das gerade frisch aus dem Ofen kommt.
Vermute allerdings, den Chef, oder die dauerzickige Stellvertreterin, damit nicht ganz so sehr zu erfreuen, wie mein aggressionsgeladenes, auf Rache sinnendes Herz.

Vielleicht haben Sie sich in einer oder mehrerer dieser Situationen/Fragen wieder gefunden. Vielleicht überlegen Sie aber auch, sich ebenfalls einen 3mm-Metallring durch die Nasenscheidewand zu hauen und sind noch unsicher ob der potentiellen Reaktionen Ihrer Mitmenschen.
Falls dies zutrifft, konnten Sie durch diesen hochinteressanten Beitrag eines bestimmt ganz sicher feststellen: der mehr oder weniger auffällige Nasenschmuck bringt definitiv gesteigerte Aufmerksamkeit mit sich.
Sollten Sie damit nicht umgehen können, weil Sie sich beispielsweise aufgrund eines sowieso schon erhöhten Blutdrucks nicht zu sehr aufregen sollten, oder weil Ihr Geduldsfaden schon vor einer Weile gerissen ist/Sie nie einen hatten, ist von dieser Art der Körperdekoration eindeutig abzuraten.
Allen anderen empfiehlt die Just Listen - Redaktion das Anlegen einer auf die speziellen Gegebenheiten Ihrer Situation abgestimmten FAQ-Liste, auf die bei Bedarf verwiesen werden kann, oder alternativ ( gegebenenfalls allerdings auch zusätzlich) das trainieren gut platzierter Kinnhaken.




Montag, 13. Januar 2014
Beschlossen, doch wie geplant mit der mutmaßlichen Mitbewohnerin unsere kleine Grufti-Metal-Vegetarier-Bekloppten-WG (*Achtung, kann Spuren von Antidepressiva enthalten*) umzusetzen, sollte das soweit klappen.
Nicht, weil ich nicht zu Mr.Gaunt wollten würde, sondern aus reiner Vernunft.
Weil ich seine Unsicherheit gespürt habe; weil ich gewusst habe, dass er zurückrudern würde, früher oder später, und ich das ihm sowie mir ersparen wollte.
Im Gespräch nennt er "Wer weiß, ob es so richtig auf Dauer hält" als Hauptverunsicherungsargument, da das Finanzielle nicht so ein großes Thema gewesen wäre, die Tankstelle ist schließlich auch in der Kleinstadt.
Ich sage ihm, dass ich ihm nicht garantieren kann, dass es für immer hält. Und dass das keiner kann.
Ob ich enttäuscht bin, will er wissen.
Eigentlich schon. Aber ich habe beschlossen, zumindest zu versuchen, ihm und dem Schicksal ansatzweise zu vertrauen, und ihm den Platz und die Zeit einzuräumen, den und die er braucht.


Beschlossen, dass das (ehemalige) Problem Geschichte ist.
Wiedergesehen, seltsamerweise im Gruftkeller. Ich gerade auf der Flucht an die Bar, weil der mehr als betrunkene Geologe lang und breit mit Mr.Gaunt über dessen sämtliche Exfreundinnen und Ehemals-Affären diskutiert (dabei, wie sollte es auch anders sein,mit Schwerpunkt Löwin) und mir das zu unsicherheitsstiftend ist.
Nichtmal eine handbreit von mir entfernt, sein schmaler Rücken vor mir, dann dreht er sich um, um nach jemandem Ausschau zu halten. Und sieht mich.
Ein Blick in meine Augen.
Ich hätte mit ihm reden können. Ein klärendes Gespräch führen, oder sagen, wie scheiße mies er zu mir war.
Ich habe es gelassen.
Einfach mein Glas abgegeben, einen neuen Cuba Libre geholt, und fertig.


Dann der sehr an mir interessierte Sänger, den ich das letzte mal mit Kunstblut verschmiert und Kontaktlinsen in den Augen auf einer Bühne gesehen habe, mit ein paar Gemeinsamkeiten und irgendwas an sich, das bei mir im Normalfall den Schalter von "logisch denkend" auf "triebgesteuert" umlegt.
Ein Blick in meine Augen, eine Hand um meine Hüfte und eine Frage in mein Ohr geflüstert.
Mr.Gaunt erst in ein paar Stunden wieder da, weil er unbedingt mit seinem Bruder in irgendeine komische Disko "musste".
Ich habe es gelassen.
Nicht, weil ich nicht gewollt hätte.
Einfach, weil es das nicht wert gewesen wäre.
Nach wie vor Gewissheit, zur Abwechslung.
Ist ja auch mal ganz nett.


"Eigentlich bist das nicht du."
Mr.Gaunts Atem an meinem Nacken, sein Arm um mich gelegt und sowas wie Geborgenheitsgefühl.
-"Meinst du?"
Nachdem der Gruftkeller mich und die anderen beiden rausgekehrt hatte, waren wir zurück zur Wohnung des Bankkaufmannes gelaufen und hatten unterwegs ihn und Mr.Gaunt eingesammelt, der überraschenderweise sogar noch geradeaus laufen konnte.
"Weiß ich."
Während im Nebenzimmer langsam Ruhe einkehrte, habe ich mich entschuldigt, mal wieder. Dafür, dass er so viel Rücksicht auf mich nehmen muss.
Erklärt, dass ich immer wieder das Gefühl habe, ihm so ein bisschen den Abend zu versauen.
Und dass Versuche, mich zum "locker machen" zu zwingen, alles nur noch viel schlimmer machen.
"Du bist nicht so scheiße, wie du das immer denkst. Überleg mal, wie viele Leute du jetzt schon von dir überzeugt hast. Fast meinen ganzen Freundeskreis; also halt die, die ich regelmäßig sehe. Die sagen alle, dass du total sympathisch bist, und es fällt sogar öfters mal das Wort "humorvoll". Und die haben da auch recht. Du bist eigentlich eine lockere und auch humorvolle und sympathische Frau, mit der man, zumindest manchmal, auch mal Blödsinn machen kann. Und eben nicht verkrampft, komisch und kacke, so wie du immer denkst."
-"Manchmal klappt es eben besser, und manchmal schlechter. Ich hab dann nur immer das Gefühl, dir mit sowas den Abend zu ruinieren, und das verunsichert mich dann noch mehr."
"Ach du. Du machst dir viel zu viele Gedanken."
-"Weiß ich ja. Aber wenigstens hab ichs mal fertig gebracht, einen Teil davon in Worte zu fassen."
"Stimmt, das wird auch langsam besser. Find ich gut, bin schließlich kein Hellseher."
-"Auch, wenn ich weiß, dass das eigentlich Blödsinn ist: Ich kann über Probleme, die ich habe, teilweise sehr schlecht reden. Sowas ist Schwäche zeigen, und das ist meistens nicht gut für mich ausgegangen. Und ich weiß zwar, dass ich dir vertrauen kann, aber dieser Reflex ist eben trotzdem da."
-"Du hast bei mir nichts zu befürchten. Ich nutze Schwächen nicht aus, oder mach mich über sie lustig, oder dreh dir den Rücken zu."
-"Oh man, ich werd gleich sentimental."
"Deswegen, oder weil der Abend dir zu viel war, oder weil du wieder Gedankenkarussell fährst?"
Ohne eine Antwort abzuwarten, zieht mich Mr.Gaunt näher zu sich heran, klemmt sich meinen Kopf unters Kinn und streicht mir durchs Haar.
"Ach weißt du, Kleine, mich verschreckt nichts.
Ich bin wie Cholera: Wenn man mich hat, dann hat man mich."

Alles wird gut.