Thema: oh happy day.
Ich habe "nein" zum Wettkampf gesagt.
Das war eine Überwindung, ich bin nicht gut darin, nein zu sagen, wenn alle erwarten,dass ich ja sage, aber ich habe es trotzdem getan.
Und heute hat die Chefin geschrieben, dass es schade ist,dass ich nicht mitgehe; dass dann ein wichtiger Teil der Gruppe fehlen würde. Erkundigte sich noch, ob es Zeitgründe wären, die die Schuld tragen.
Sie schrieb das so ganz ganz einfach , als wäre das eine der klarsten,selbstverständlichsten Tatsachen der Welt. Wenn du nicht mitgehst jetzt, dann fehlt ja ein wichtiger Teil unserer Mannschaft....
Einfach so schrieb sie das.
Sie sagt, ich bin ein wichtiger Teil der Mannschaft. Wichtig. Für die Gruppe. Ich.
Können Sie sich das vorstellen?
Die Chefin ist eine sehr bestimmte, praktisch nur in greifbaren Fakten denkende, direkte und einfache Person, normalerweise ist ein "nein" für sie ein "nein" und die Sache damit geklärt, ich ging davon aus,dass es auch beim Wettbewerb so sein würde, aber so war es nicht.
Sie hat nachgehakt.
Ich habe fünfzig Minuten gebraucht, um eine Antwort zu tippen, dabei zigmal gelöscht,was ich geschrieben habe, denn es ist gar nicht so einfach, eine Erklärung zusammenzuzimmern, die besser klingt als "Ich bin noch von den Gemeinschaftsspielen des letzten Mals verängstigt, fühle mich mit so vielen Menschen um mich herum fast genauso unwohl wie bei den Aktionen, und glaub mir, bei denen habe ich mich massivst unwohl gefühlt, weshalb ich auf mich selbst wirke wie die größte Nervensäge der Welt gleich nach Heidi Klums Stimme, außerdem komme ich nicht damit klar,wenn Menschen wie der Kommentator ihre überkindliche Seite heraushängen lassen und damit meine dann sowieso schon angegriffenen Nerven überstrapazieren und ich würde den gesamten Wettbewerb zusammengekauert in einer Ecke verbringen mit dem Gedanken, am liebsten von den Mauern hinter mir verschluckt zu werden, womit ich die Restgruppe ganz massiv stören und nerven würde".
Mir und ihr wollte ich nicht zumuten, diese Erklärung auszusprechen; ihr nicht, weil sie es nicht verstehen würde, mir nicht, weil.. sie es nicht verstehen würde.
Das altbekannte Problem, die Menschen, mit denen ich regelmäßig zu tun habe, sind einfach zu normal für mich.
Hirn abschalten und einfach reden ist nicht immer eine Lösungsmöglichkeit...
Meine Katze,die hat solche Probleme nicht. Wenn fremde Leute kommen, kann sie sich unter meiner Bettdecke oder auf meinen Armen verkriechen und mit dem sehr angenehmen Gefühl, in Sicherheit bei jemandem, der das alles versteht, zu sein und sich da festhalten zu können, dort bleiben, bis für sie die Gefahr gebannt ist.
Für gewöhnlich verstecke ich mich nicht unter Bettdecken, zudem habe ich es aufgegeben, mich auf den Arm nehmen zu wollen, mir bleiben also keine guten Flucht- oder Ausweichoptionen und ich muss das tun, was ich fast so schlecht beherrsche wie Großvater Mayhem sein Gerede unter Kontrolle hat: mich entscheiden, und das leider immer zwischen zwei Extremen.
Ich hätt' so gerne Mittelmaß...
In diesem Fall habe ich mich entschieden. Für Nein. Eigentlich.
Und dann kommt sie einfach da her und bezeichnet mich als Teil der Gruppe, als einen wichtigen noch dazu;
schlägt es mir ins Gesicht wie eine Ohrfeige, schlägt meiner Entscheidungsfestigkeit damit einen weiteren Zahn und meinem Verstand einen weiteren Teil seiner entscheidungsbezogenen Orientierungskraft heraus und erschüttert meinen Standpunkt bis in die Grundfesten, ganz selbstverständlich,ohne es zu wissen.
Und ich formuliere eine Erklärung, die nicht nach einem greifbaren Fakt, nämlich der Tatsache, dass ich an diesen Tagen bei der alten Sache eingeladen bin, aufhört, sondern erst endet, nachdem ich auch die abstrakten Gründe, die, die in der Gefühlsebene verwurzelt liegen, gezeichnet habe, mit Worten, so gut es eben geht, aber ich kann nicht gut zeichnen, glaube ich, nicht umsonst habe ich Kunst abgelegt, und ob die Bilder, die ich aus Worten entstehen lasse, besser sind, ist die Frage..
Und dann antwortet sie mir, die Chefin, und überrascht mich nicht mehr ganz so sehr.
Sagt,dass es kein Problem ist,wenn ich wo eingeladen bin, und dass sie mich hätte überzeugen wollen,wenn ich einfach keine Lust gehabt hätte. Punkt.
Am Schluss noch ein "Wenn wir dir helfen können, sag Bescheid".
Es wirkt wie eine Standardfloskel zum Beenden der Nachricht. Und das wars.
Keine bekloppten Spiele, keine blöden Aufgaben, keine nervigen Mitsanitäter, kein Isolationsgefühl,wenn alle tanzen, schwimmen oder sonstwas, nur ich nicht, keine Halbeinsamkeit in der Gruppe, keine Ultracoolen, die es schaffen, mir mit ihrem Stockbrot die Haarspitzen anzusengen,wenn der Dutt zum Zopf entrollt ist, keine Unterhaltungen mit dem Bedreadeten und keine Blickwechsel mit dem Mädchen,das hinter der vermeintlich alkoholfreien Bar steht, keine abwertenden weiblichen Blicke, wenn meine Gitarre und ich zusammen mit ein paar Anderen am Feuer sitzen und spielen.Keine Witze mehr, die nur unsere Gruppe versteht.
Der Wettkampf findet dieses Jahr ohne Frau Mayhem statt.
Und Frau Mayhem könnte gerade deswegen heulen.
Das war eine Überwindung, ich bin nicht gut darin, nein zu sagen, wenn alle erwarten,dass ich ja sage, aber ich habe es trotzdem getan.
Und heute hat die Chefin geschrieben, dass es schade ist,dass ich nicht mitgehe; dass dann ein wichtiger Teil der Gruppe fehlen würde. Erkundigte sich noch, ob es Zeitgründe wären, die die Schuld tragen.
Sie schrieb das so ganz ganz einfach , als wäre das eine der klarsten,selbstverständlichsten Tatsachen der Welt. Wenn du nicht mitgehst jetzt, dann fehlt ja ein wichtiger Teil unserer Mannschaft....
Einfach so schrieb sie das.
Sie sagt, ich bin ein wichtiger Teil der Mannschaft. Wichtig. Für die Gruppe. Ich.
Können Sie sich das vorstellen?
Die Chefin ist eine sehr bestimmte, praktisch nur in greifbaren Fakten denkende, direkte und einfache Person, normalerweise ist ein "nein" für sie ein "nein" und die Sache damit geklärt, ich ging davon aus,dass es auch beim Wettbewerb so sein würde, aber so war es nicht.
Sie hat nachgehakt.
Ich habe fünfzig Minuten gebraucht, um eine Antwort zu tippen, dabei zigmal gelöscht,was ich geschrieben habe, denn es ist gar nicht so einfach, eine Erklärung zusammenzuzimmern, die besser klingt als "Ich bin noch von den Gemeinschaftsspielen des letzten Mals verängstigt, fühle mich mit so vielen Menschen um mich herum fast genauso unwohl wie bei den Aktionen, und glaub mir, bei denen habe ich mich massivst unwohl gefühlt, weshalb ich auf mich selbst wirke wie die größte Nervensäge der Welt gleich nach Heidi Klums Stimme, außerdem komme ich nicht damit klar,wenn Menschen wie der Kommentator ihre überkindliche Seite heraushängen lassen und damit meine dann sowieso schon angegriffenen Nerven überstrapazieren und ich würde den gesamten Wettbewerb zusammengekauert in einer Ecke verbringen mit dem Gedanken, am liebsten von den Mauern hinter mir verschluckt zu werden, womit ich die Restgruppe ganz massiv stören und nerven würde".
Mir und ihr wollte ich nicht zumuten, diese Erklärung auszusprechen; ihr nicht, weil sie es nicht verstehen würde, mir nicht, weil.. sie es nicht verstehen würde.
Das altbekannte Problem, die Menschen, mit denen ich regelmäßig zu tun habe, sind einfach zu normal für mich.
Hirn abschalten und einfach reden ist nicht immer eine Lösungsmöglichkeit...
Meine Katze,die hat solche Probleme nicht. Wenn fremde Leute kommen, kann sie sich unter meiner Bettdecke oder auf meinen Armen verkriechen und mit dem sehr angenehmen Gefühl, in Sicherheit bei jemandem, der das alles versteht, zu sein und sich da festhalten zu können, dort bleiben, bis für sie die Gefahr gebannt ist.
Für gewöhnlich verstecke ich mich nicht unter Bettdecken, zudem habe ich es aufgegeben, mich auf den Arm nehmen zu wollen, mir bleiben also keine guten Flucht- oder Ausweichoptionen und ich muss das tun, was ich fast so schlecht beherrsche wie Großvater Mayhem sein Gerede unter Kontrolle hat: mich entscheiden, und das leider immer zwischen zwei Extremen.
Ich hätt' so gerne Mittelmaß...
In diesem Fall habe ich mich entschieden. Für Nein. Eigentlich.
Und dann kommt sie einfach da her und bezeichnet mich als Teil der Gruppe, als einen wichtigen noch dazu;
schlägt es mir ins Gesicht wie eine Ohrfeige, schlägt meiner Entscheidungsfestigkeit damit einen weiteren Zahn und meinem Verstand einen weiteren Teil seiner entscheidungsbezogenen Orientierungskraft heraus und erschüttert meinen Standpunkt bis in die Grundfesten, ganz selbstverständlich,ohne es zu wissen.
Und ich formuliere eine Erklärung, die nicht nach einem greifbaren Fakt, nämlich der Tatsache, dass ich an diesen Tagen bei der alten Sache eingeladen bin, aufhört, sondern erst endet, nachdem ich auch die abstrakten Gründe, die, die in der Gefühlsebene verwurzelt liegen, gezeichnet habe, mit Worten, so gut es eben geht, aber ich kann nicht gut zeichnen, glaube ich, nicht umsonst habe ich Kunst abgelegt, und ob die Bilder, die ich aus Worten entstehen lasse, besser sind, ist die Frage..
Und dann antwortet sie mir, die Chefin, und überrascht mich nicht mehr ganz so sehr.
Sagt,dass es kein Problem ist,wenn ich wo eingeladen bin, und dass sie mich hätte überzeugen wollen,wenn ich einfach keine Lust gehabt hätte. Punkt.
Am Schluss noch ein "Wenn wir dir helfen können, sag Bescheid".
Es wirkt wie eine Standardfloskel zum Beenden der Nachricht. Und das wars.
Keine bekloppten Spiele, keine blöden Aufgaben, keine nervigen Mitsanitäter, kein Isolationsgefühl,wenn alle tanzen, schwimmen oder sonstwas, nur ich nicht, keine Halbeinsamkeit in der Gruppe, keine Ultracoolen, die es schaffen, mir mit ihrem Stockbrot die Haarspitzen anzusengen,wenn der Dutt zum Zopf entrollt ist, keine Unterhaltungen mit dem Bedreadeten und keine Blickwechsel mit dem Mädchen,das hinter der vermeintlich alkoholfreien Bar steht, keine abwertenden weiblichen Blicke, wenn meine Gitarre und ich zusammen mit ein paar Anderen am Feuer sitzen und spielen.Keine Witze mehr, die nur unsere Gruppe versteht.
Der Wettkampf findet dieses Jahr ohne Frau Mayhem statt.
Und Frau Mayhem könnte gerade deswegen heulen.
Thema: kurz gemeldet
Nächste Woche ist es also ein Jahr. Nicht in Tagen, aber dieses Jahr findet das Jubiläum statt, es ist das 10. Mal, damals war es das 9.Mal, also zählt es als ein Jahr.
Damals hörte sich das noch so
an.
Ein Jahr ist es her,dass ich mit der Mitgitarristin vor der Spelunke saß und auf die alte Sache samt Schwester wartete, nervös, wie immer, wenn es um ihn ging. Fast wäre ich umgekippt, als er dann auftauchte, so toll fand ich ihn. Wir waren gerade vom Piercer gekommen, mein rechtes Ohr pochte wie verrückt, aber schließlich war mir auch gerade ein Stab waagrecht durch den kompletten oberen Knorpelbereich gejagt worden, und als wir dann in der Spelunke saßen,war er gesprächig wie immer, nämlich garnicht.
Irgendwann löste sich das genauso in Luft auf wie die Nüchternheit der Mitgitarristin, leider wurde er nicht mir gegenüber gesprächig, sondern ihr, und in meine Verunsicherung aufgrund der Tatsache,dass da diese für mich so erwachsenen Fremden am Tisch saßen, mischte sich das Seelenleid, weil er da so einfach mit ihr redete. Was fiel ihm auch ein, diese fast Gleichaltrige, selbstsichere, offene Frau toller zu finden als mich?
An diesem Abend habe ich seine jetzige Freundin kennengelernt, und die Feindin.
Wir haben uns etwas irritiert angestarrt und es nicht geschafft, miteinander zu reden; die Feindin,damals noch braunhaarig, wechselte nur einen Satz mit mir und das wars auch.
Ich war also relativ alleine, mit der Mitgitarristin, die zeitweise mit dem Kopf auf dem Tisch lag, weil ich es in meiner Verunsicherung nicht geschafft hatte, sie vom Betrunkenwerden abzuhalten, und der Schwester der alten Sache, an die ich mich ein Stück weit klammerte, denn dieser Mensch, die Schwester, war sehr selten genervt von mir, eigentlich war sie das noch nie; und auch,wenn sie oft nicht versteht,was ich sage, tut sie wenigstens so, als würde sie es verstehen, und sie scheint mich zu mögen. Findet mich in Ordnung. Einfach so.
An diesem Abend war auch die Frau da, die irgendwie immernoch denkt, ich würde ihr Faust ausspannen wollen, und sie hat mein Verunsicherungsgefühl komplett gemacht, überhaupt wäre ich an diesem Abend am liebsten vom Erdboden verschluckt worden, aber dann hätte ich von der Seite der alten Sache weichen müssen, neben dem ich saß; und das war einfach keine Option.
Es hat angefangen, mir zu entgleiten, an diesem Abend;
Die oberflächliche Freundschaft zur Feindin hat angefangen, an diesem Abend.
Damals habe ich Faust wiedergesehen, nach Ewigkeiten, und den Intellektuellen, zwei Mitglieder dieser einzigartigen Theatergruppe, die wir waren und die wir zu Grabe getragen haben; sie ist zum akuten Problem geworden,das sich im Nachhinein zwar verabschiedet hat, aber nicht wie gewünscht; und es war der erste Schritt in Richtung mayhem 2.0.
Weil ich damals angefangen habe, zu lernen, dass diese Leute, egal, wie komisch sie wirken, mich nicht zwingend genauso schlecht finden wie ich das an manchen Tagen selbst tue.
Weil ich Gelassenheit geübt habe, die Gelassenheit, die trotz allem von der alten Sache ein bisschen auf mich übergegangen ist und manchmal die innere Ruhe auf den Plan treten lässt, von der ich nicht dachte, dass ich sie vor meinem 30. Geburtstag erreichen werde.
Nächste Woche um diese Zeit werde ich wieder nach Hause kommen, und ich werde schreiben, wie beim letzten Mal auch.
Wovon,das weiß ich noch nicht.
Wie ich überhaupt wieder heimkomme, auch noch nicht.
Letztes Mal ist der Intellektuelle gefahren, bei ihm war der Medizinstudent, der meinte, schade, dass ich noch so jung bin, eigentlich sei ich ja ganz süß; inzwischen hat er eine ganz süße Freundin, die jedes Mal hilflos große Augen macht,wenn er wieder fremdflirtet, wobei sie froh sein kann, wenn er nur das tut; monogame Beziehungen scheinen für ihn ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.
Aber es geht hier nicht um den Medizinstudenten, es geht darum,dass nächste Woche wieder die Welt untergehen wird.
Die Welt wird untergehen, mit einem lauten Knall und Spelunkenmusik im Hintergrund, und ich werde mittendrin sein und mit dem Weltuntergang anstoßen, entweder mit meinem stillen Wasser oder einem Guinness, und dabei werde ich ihm äußerst verwegen ins Gesicht grinsen, dem Weltuntergang, und sagen, na, altes Haus, schauste auch mal wieder vorbei.
Damals hörte sich das noch so
an.
Ein Jahr ist es her,dass ich mit der Mitgitarristin vor der Spelunke saß und auf die alte Sache samt Schwester wartete, nervös, wie immer, wenn es um ihn ging. Fast wäre ich umgekippt, als er dann auftauchte, so toll fand ich ihn. Wir waren gerade vom Piercer gekommen, mein rechtes Ohr pochte wie verrückt, aber schließlich war mir auch gerade ein Stab waagrecht durch den kompletten oberen Knorpelbereich gejagt worden, und als wir dann in der Spelunke saßen,war er gesprächig wie immer, nämlich garnicht.
Irgendwann löste sich das genauso in Luft auf wie die Nüchternheit der Mitgitarristin, leider wurde er nicht mir gegenüber gesprächig, sondern ihr, und in meine Verunsicherung aufgrund der Tatsache,dass da diese für mich so erwachsenen Fremden am Tisch saßen, mischte sich das Seelenleid, weil er da so einfach mit ihr redete. Was fiel ihm auch ein, diese fast Gleichaltrige, selbstsichere, offene Frau toller zu finden als mich?
An diesem Abend habe ich seine jetzige Freundin kennengelernt, und die Feindin.
Wir haben uns etwas irritiert angestarrt und es nicht geschafft, miteinander zu reden; die Feindin,damals noch braunhaarig, wechselte nur einen Satz mit mir und das wars auch.
Ich war also relativ alleine, mit der Mitgitarristin, die zeitweise mit dem Kopf auf dem Tisch lag, weil ich es in meiner Verunsicherung nicht geschafft hatte, sie vom Betrunkenwerden abzuhalten, und der Schwester der alten Sache, an die ich mich ein Stück weit klammerte, denn dieser Mensch, die Schwester, war sehr selten genervt von mir, eigentlich war sie das noch nie; und auch,wenn sie oft nicht versteht,was ich sage, tut sie wenigstens so, als würde sie es verstehen, und sie scheint mich zu mögen. Findet mich in Ordnung. Einfach so.
An diesem Abend war auch die Frau da, die irgendwie immernoch denkt, ich würde ihr Faust ausspannen wollen, und sie hat mein Verunsicherungsgefühl komplett gemacht, überhaupt wäre ich an diesem Abend am liebsten vom Erdboden verschluckt worden, aber dann hätte ich von der Seite der alten Sache weichen müssen, neben dem ich saß; und das war einfach keine Option.
Es hat angefangen, mir zu entgleiten, an diesem Abend;
Die oberflächliche Freundschaft zur Feindin hat angefangen, an diesem Abend.
Damals habe ich Faust wiedergesehen, nach Ewigkeiten, und den Intellektuellen, zwei Mitglieder dieser einzigartigen Theatergruppe, die wir waren und die wir zu Grabe getragen haben; sie ist zum akuten Problem geworden,das sich im Nachhinein zwar verabschiedet hat, aber nicht wie gewünscht; und es war der erste Schritt in Richtung mayhem 2.0.
Weil ich damals angefangen habe, zu lernen, dass diese Leute, egal, wie komisch sie wirken, mich nicht zwingend genauso schlecht finden wie ich das an manchen Tagen selbst tue.
Weil ich Gelassenheit geübt habe, die Gelassenheit, die trotz allem von der alten Sache ein bisschen auf mich übergegangen ist und manchmal die innere Ruhe auf den Plan treten lässt, von der ich nicht dachte, dass ich sie vor meinem 30. Geburtstag erreichen werde.
Nächste Woche um diese Zeit werde ich wieder nach Hause kommen, und ich werde schreiben, wie beim letzten Mal auch.
Wovon,das weiß ich noch nicht.
Wie ich überhaupt wieder heimkomme, auch noch nicht.
Letztes Mal ist der Intellektuelle gefahren, bei ihm war der Medizinstudent, der meinte, schade, dass ich noch so jung bin, eigentlich sei ich ja ganz süß; inzwischen hat er eine ganz süße Freundin, die jedes Mal hilflos große Augen macht,wenn er wieder fremdflirtet, wobei sie froh sein kann, wenn er nur das tut; monogame Beziehungen scheinen für ihn ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.
Aber es geht hier nicht um den Medizinstudenten, es geht darum,dass nächste Woche wieder die Welt untergehen wird.
Die Welt wird untergehen, mit einem lauten Knall und Spelunkenmusik im Hintergrund, und ich werde mittendrin sein und mit dem Weltuntergang anstoßen, entweder mit meinem stillen Wasser oder einem Guinness, und dabei werde ich ihm äußerst verwegen ins Gesicht grinsen, dem Weltuntergang, und sagen, na, altes Haus, schauste auch mal wieder vorbei.
Thema: gefunden.
09. März 12 | Autor: mayhem | 0 Kommentare | Kommentieren
Mal wieder, weils so schön ist (diesmal aber eine Coverversion):
"Was für die Raupe das Ende der Welt ist, nennt die Welt Schmetterling."
(Laozi)
"Was für die Raupe das Ende der Welt ist, nennt die Welt Schmetterling."
(Laozi)
Thema: oh happy day.
...fragte schon Bushido seinerzeit in alles verloren, und nach der heutigen Fahrt kann ich antworten: Jo, Homie!
Alles begann, als ich, leicht verwirrt, weil an der üblichen Haltestelle kein Bus in meine Richtung fuhr und der letzte Zug im wahrsten Sinne des Wortes bereits abgefahren war, von einem netten Mitkollegiaten den Hinweis bekam, der Bus mit der richtigen Aufschrift sei gerade an ihm vorbeigefahren, Richtung? "Vorwärts halt". Vielen Dank.
Das Schicksal hatte ein Einsehen, ich schaffte es noch,den Bus zu erreichen, allerdings nicht auf Anhieb, in den Bereich hinterm Personenzurückhalteschlaggerät (der integrierte Baseballschläger, der hinterm Fahrersitz festgeschraubt ist und Eintrittsbereich und Personentransportraum voneinander trennt) zu gelangen, doch nach ein paar amoklaufverdächtig-aggressiven Schreien des auf mich nicht nur leicht cholerisch wirkenden Busfahrers in Richtung der restlichen Insassen meisterte ich selbst dieses Hindernis, wollte mich zufrieden verkabeln, stellte anhand der Lautstärke aber nach nicht einmal einer Minute fest, dass der Akku meines treuen mp3-Players, dessen Display beinahe nichts mehr anzeigt, seitdem da mal jemand drauflag, wohl bald leer sein würde, was auch genau 20 Sekunden später der Fall war.
Und dann ging es bergab.
Sehr verstört (Wie sollte ich schließlich eine Fahrt ohne Musik überstehen) nahm ich die Geräusche der Welt um mich herum auf, das Stimmengewirr, dann und wann ein paar zankende Fünftklässer, das Handy des Mädchens neben mir, ihr Telefonat- und dann das Ghetto.
Ich hörte das Ghetto zunächst, weil es über vier Menschen hinweg schrie:"Aldaaah, Jenny, mit wem telstn du?" und sich als direkte Reaktion auf die Antwort "Mitm Mirko" an eben jenen vier Menschen vorbeiquetschte, nicht ohne sich dabei lautstark zu beschweren,was ihnen denn einfiele, mitten auf dem Gang zu stehen, mit Jenny ans Telefon hängte und auf deren "Ja Mirko, das Ghetto hört mit, die will ja eh was von dir" sofort in den Coolnessmodus umschaltete .
"Ey du Wichsa, ich will frei voll garnich was von dir, man!"
Erstes Augenverdrehen bei den Zartbesaiteten und denen, die nicht regelmäßig Bus fahren.
"Ja, die schreit immer so". Jenny scheint sich etwas für das Ghetto zu schämen, seltsam.
Der ominöse Mirko sagt etwas, was ich aufgrund der Tatsache,dass er den anderen Teil des Telefonats neben mir darstellt,nicht verstehen kann, doch an der Reaktion des Ghettos kann ich ablesen, dass es wohl nichts gutes war: "Boah ey du Muschi! Ich geb dir. Pass auf ey, ich, ich,ich..gib mir deine Handynummer, ich schick dir 200 Spam-sms, pass bloß auf, du wichsa! das geht per, äh, sms-Provider, dann kriegste im,äh, 0,5-Sekundentakt sms. Na, wie is das, du Spast??"
Der cholerische Busfahrer scheint sich zu wünschen, das Personenzurückhalteschlaggerät in Basebalschlägerform auch als solchen benutzen zu können, Jenny wirkt etwas überlastet,weil Mirko bei ihr angerufen, aber das Ghetto das Gespräch übernommen hat.
"Mirko, gib mir ma space, ja?", bittet sie den anderen Menschen, wiederholt sich dann, "Gib mir ma kurz space, alter", und wendet sich dann ans Ghetto, das mit seinen ultracoolen Fluchtiraden die Zweiergruppe, die wohl den dazugehörigen Fanclub darstellte, zum peergroup-Kichern gebracht hatte, und ihr das Handy aus der Hand reißt, bevor sie etwas sagen kann.
"Ey altha, was labbersd (man denke es sich bitte so ausgesprochen, wie es dasteht) du eig für nen Scheiß ey, du blöder Spast. Ich fick deine Mudder, ey!"
Darauf habe ich gewartet.
Irgendwann geht das Handy an Jenny zurück, und das Ghetto fährt fort, der Peergroup-Kicherfront seine Coolness zu demonstrieren, natürlich so laut,dass es auch Mirko, der ja eigentlich nur mit der rechtmäßigen Besitzerin des Handys hatte telefonieren wollen, mitbekam:
"Ey ok, Cindy. Ich hatte was mitm Justin. Jaaaaaaaaah, passiert halt, da is aber danach nixmehr gelaufen".
Als ich noch in dem Alter war, bedeutete "da ist was gelaufen" noch, dass man händchenhaltend zum Dorfladen ging, sich dort Eis und eine Flasche Cola holte, er bezahlte und man den restlichen Tag händchenhaltend damit verbrachte, sein Eis zu essen, Cola zu trinken und die Füße in den Bach zu hängen.
Normal reden konnten wir meistens auch. Vielleicht besteht da ja ein Zusammenhang...
"Boah Ghetto, du bist voll erwachsen", meint Cindys Sitznachbarin und schaut das Ghetto bewundernd an.
"Ja, ich bin halt meiner Zeit voraus. Voll intellent und reif, weißte?" Autsch, ich hätte nicht gedacht, dass "intellent" außerhalb semi-guter Witze noch existiert..
"Ja, voll ey". Einzig Jenny zeigt etwas Ironie und nur mittelstarken Ghettoslang während des ganzen Telefonats, das ihr zusehends durchs nonstop redende, oder eher schreiende, Ghetto erschwert wird. Ich will ihr sagen, der Mirko da, der scheint dich echt gern zu haben, wenn er immernoch verzweifelt versucht, mit dir zu reden und dich anscheinend immer wieder zum lachen bringt, lasse es aber, weil das Ghetto mich dann wohl töten würde, durch einen ultracoolen Blick, oder die Nieten an seinen Schuhen.
Tatsächlich trägt das Ghetto, bei dem es sich um ein geschätzt 12- bis maximal 14jähriges Mädchen handelte, turnschuhartiges, schwarzes Schuhwerk,das mit Spitznieten verziert war. Zusammen mit der am tiefsten durchhängenden Jeans-Haremshose, die meine gequälten Augen je erblickt haben, der zu engen und zu kurzen Lederjacke und einer Komposition aus sehr schlecht braun gefärbten Haaren und noch schlechter aufgetragenem Make Up schrie das ja förmlich nach Coolness.
Wäre sie nicht so ghettocool gewesen, hätte ich ihr vielleicht den Tipp gegeben, keine zu dunkle und orangelastige Kriegsbemalung als Grundierung aufzutragen und die Augenumrandung mit Kajal oder Eyeliner oder Lidschatten zu vollziehen, anstatt alle drei in jeweils 2cm-Breite aufzutragen und eine gute Prise Glitzer drüberzustreuen. Oder ihr angeboten, ihr die Haare zu färben, das kann ja am Anfang der Färbekarriere, wenn man sich sein Haarfärbmittel (Tönung wäre zu vernünftig und unerwachsen ) gekauft hat, obwohl Mutti nein gesagt hat, eine ziemlich aufregende Sache sein, und wenn man weder Talent, noch Erfahrung hat, danach einen Neuanstrich des Badezimmers nötig machen.
So konzentrierte ich mich darauf, meinen angespannten Geduldsfaden wieder zu lockern, während sie weiter ghettoisierte.
"Ja, ich hab schon nen krassen Style", erklärte sie gerade passenderweise Cindy, während sie dabei in Richtung des Handys schrie, "Der Pinguin da, an meiner Kette, den hab ich beim Drogeriemarkt beim Schmuck gekau-, äh, geklaut,jaaaa!".
"Alter, du klaust?" Die bewundernden Augen der Cindy-Nebensitzerin werden noch größer.
"Ja man, ich hab schon voll viel geklaut, ey; so Schmuck und Schminke und Kleidung undso! Das würdst du dich nicht trauen, ne?"
"Nee, würd ich nicht.." Arme Cindynebensitzerin. Aber pass auf, das wird noch.Wenn du dann beim Schmuck und der Schminke bist, macht das Ghetto bei den Kippen aus Papas Auto weiter.
"Tja." Triumph in der Stimme des Ghettos.
Als ich der alten Dame, die sich in der allerersten Sitzbank vorm Ghetto versteckt und partout geweigert hatte, jemand neben sich sitzen zu lassen, und ihrer Einkaufstasche aus dem Bus helfe, schreit sie mir ins Ohr:
"Ich bin zwar schwerhörig..."-Oh ja-das merke ich-, "..aber das da drinnen, das war ja nicht mehr normal! Da sieht man wieder, wie die Jugend ist, die haben alle keine Manieren mehr und denken nur an sich! Alles egoistische, respektlose, unfreundliche Nichtsnutze! Ich bin froh,dass ich meine Brille nicht aufhatte, die sehen ja meistens noch schlimmer aus, als sie sind!"
Ich verzichte darauf, ihr zu erklären,dass ich ein Teil der unfreundlichen, respektlosen, egoistischen Jugend ohne Manieren bin,manövriere sie in das Buswartehäuschen, erkläre ihr,dass sie nicht in den nächsten, sondern den übernächsten Bus einsteigen muss und mache mich dann auf den Heimweg.
Hintergrundmusik:Das heroische "die einsame Heldin"-Thema erklingt.
Es ist ein weiter Weg, und niemand begleitet mich, nicht einmal meine Musik, denn der Akku meines treuen Gefährten, des mp3-Players, ist leer, und so gehe ich diesen Weg alleine; alleine mit meinem gedankenschweren Verstand gehe einer ungewissen Zukunft entgegen.
Es lebt. Das Ghetto lebt. Ich habe es gesehen.
Mein Gott, ich habe das Ghetto gesehen.
edit:" Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer...."
Entschuldigung, aber das musste jetzt sein.
-------------
Für die, die es nicht wussten: das zweite Zitat stammt aus dieser Weg von Xavier Naidoo.
Und hat sich in meinen Kopf gedrängt, weil ich eine halbe Fußball-WM lang damit beschallt wurde, egal, wohin mich mein Weg führte.
Alles begann, als ich, leicht verwirrt, weil an der üblichen Haltestelle kein Bus in meine Richtung fuhr und der letzte Zug im wahrsten Sinne des Wortes bereits abgefahren war, von einem netten Mitkollegiaten den Hinweis bekam, der Bus mit der richtigen Aufschrift sei gerade an ihm vorbeigefahren, Richtung? "Vorwärts halt". Vielen Dank.
Das Schicksal hatte ein Einsehen, ich schaffte es noch,den Bus zu erreichen, allerdings nicht auf Anhieb, in den Bereich hinterm Personenzurückhalteschlaggerät (der integrierte Baseballschläger, der hinterm Fahrersitz festgeschraubt ist und Eintrittsbereich und Personentransportraum voneinander trennt) zu gelangen, doch nach ein paar amoklaufverdächtig-aggressiven Schreien des auf mich nicht nur leicht cholerisch wirkenden Busfahrers in Richtung der restlichen Insassen meisterte ich selbst dieses Hindernis, wollte mich zufrieden verkabeln, stellte anhand der Lautstärke aber nach nicht einmal einer Minute fest, dass der Akku meines treuen mp3-Players, dessen Display beinahe nichts mehr anzeigt, seitdem da mal jemand drauflag, wohl bald leer sein würde, was auch genau 20 Sekunden später der Fall war.
Und dann ging es bergab.
Sehr verstört (Wie sollte ich schließlich eine Fahrt ohne Musik überstehen) nahm ich die Geräusche der Welt um mich herum auf, das Stimmengewirr, dann und wann ein paar zankende Fünftklässer, das Handy des Mädchens neben mir, ihr Telefonat- und dann das Ghetto.
Ich hörte das Ghetto zunächst, weil es über vier Menschen hinweg schrie:"Aldaaah, Jenny, mit wem telstn du?" und sich als direkte Reaktion auf die Antwort "Mitm Mirko" an eben jenen vier Menschen vorbeiquetschte, nicht ohne sich dabei lautstark zu beschweren,was ihnen denn einfiele, mitten auf dem Gang zu stehen, mit Jenny ans Telefon hängte und auf deren "Ja Mirko, das Ghetto hört mit, die will ja eh was von dir" sofort in den Coolnessmodus umschaltete .
"Ey du Wichsa, ich will frei voll garnich was von dir, man!"
Erstes Augenverdrehen bei den Zartbesaiteten und denen, die nicht regelmäßig Bus fahren.
"Ja, die schreit immer so". Jenny scheint sich etwas für das Ghetto zu schämen, seltsam.
Der ominöse Mirko sagt etwas, was ich aufgrund der Tatsache,dass er den anderen Teil des Telefonats neben mir darstellt,nicht verstehen kann, doch an der Reaktion des Ghettos kann ich ablesen, dass es wohl nichts gutes war: "Boah ey du Muschi! Ich geb dir. Pass auf ey, ich, ich,ich..gib mir deine Handynummer, ich schick dir 200 Spam-sms, pass bloß auf, du wichsa! das geht per, äh, sms-Provider, dann kriegste im,äh, 0,5-Sekundentakt sms. Na, wie is das, du Spast??"
Der cholerische Busfahrer scheint sich zu wünschen, das Personenzurückhalteschlaggerät in Basebalschlägerform auch als solchen benutzen zu können, Jenny wirkt etwas überlastet,weil Mirko bei ihr angerufen, aber das Ghetto das Gespräch übernommen hat.
"Mirko, gib mir ma space, ja?", bittet sie den anderen Menschen, wiederholt sich dann, "Gib mir ma kurz space, alter", und wendet sich dann ans Ghetto, das mit seinen ultracoolen Fluchtiraden die Zweiergruppe, die wohl den dazugehörigen Fanclub darstellte, zum peergroup-Kichern gebracht hatte, und ihr das Handy aus der Hand reißt, bevor sie etwas sagen kann.
"Ey altha, was labbersd (man denke es sich bitte so ausgesprochen, wie es dasteht) du eig für nen Scheiß ey, du blöder Spast. Ich fick deine Mudder, ey!"
Darauf habe ich gewartet.
Irgendwann geht das Handy an Jenny zurück, und das Ghetto fährt fort, der Peergroup-Kicherfront seine Coolness zu demonstrieren, natürlich so laut,dass es auch Mirko, der ja eigentlich nur mit der rechtmäßigen Besitzerin des Handys hatte telefonieren wollen, mitbekam:
"Ey ok, Cindy. Ich hatte was mitm Justin. Jaaaaaaaaah, passiert halt, da is aber danach nixmehr gelaufen".
Als ich noch in dem Alter war, bedeutete "da ist was gelaufen" noch, dass man händchenhaltend zum Dorfladen ging, sich dort Eis und eine Flasche Cola holte, er bezahlte und man den restlichen Tag händchenhaltend damit verbrachte, sein Eis zu essen, Cola zu trinken und die Füße in den Bach zu hängen.
Normal reden konnten wir meistens auch. Vielleicht besteht da ja ein Zusammenhang...
"Boah Ghetto, du bist voll erwachsen", meint Cindys Sitznachbarin und schaut das Ghetto bewundernd an.
"Ja, ich bin halt meiner Zeit voraus. Voll intellent und reif, weißte?" Autsch, ich hätte nicht gedacht, dass "intellent" außerhalb semi-guter Witze noch existiert..
"Ja, voll ey". Einzig Jenny zeigt etwas Ironie und nur mittelstarken Ghettoslang während des ganzen Telefonats, das ihr zusehends durchs nonstop redende, oder eher schreiende, Ghetto erschwert wird. Ich will ihr sagen, der Mirko da, der scheint dich echt gern zu haben, wenn er immernoch verzweifelt versucht, mit dir zu reden und dich anscheinend immer wieder zum lachen bringt, lasse es aber, weil das Ghetto mich dann wohl töten würde, durch einen ultracoolen Blick, oder die Nieten an seinen Schuhen.
Tatsächlich trägt das Ghetto, bei dem es sich um ein geschätzt 12- bis maximal 14jähriges Mädchen handelte, turnschuhartiges, schwarzes Schuhwerk,das mit Spitznieten verziert war. Zusammen mit der am tiefsten durchhängenden Jeans-Haremshose, die meine gequälten Augen je erblickt haben, der zu engen und zu kurzen Lederjacke und einer Komposition aus sehr schlecht braun gefärbten Haaren und noch schlechter aufgetragenem Make Up schrie das ja förmlich nach Coolness.
Wäre sie nicht so ghettocool gewesen, hätte ich ihr vielleicht den Tipp gegeben, keine zu dunkle und orangelastige Kriegsbemalung als Grundierung aufzutragen und die Augenumrandung mit Kajal oder Eyeliner oder Lidschatten zu vollziehen, anstatt alle drei in jeweils 2cm-Breite aufzutragen und eine gute Prise Glitzer drüberzustreuen. Oder ihr angeboten, ihr die Haare zu färben, das kann ja am Anfang der Färbekarriere, wenn man sich sein Haarfärbmittel (Tönung wäre zu vernünftig und unerwachsen ) gekauft hat, obwohl Mutti nein gesagt hat, eine ziemlich aufregende Sache sein, und wenn man weder Talent, noch Erfahrung hat, danach einen Neuanstrich des Badezimmers nötig machen.
So konzentrierte ich mich darauf, meinen angespannten Geduldsfaden wieder zu lockern, während sie weiter ghettoisierte.
"Ja, ich hab schon nen krassen Style", erklärte sie gerade passenderweise Cindy, während sie dabei in Richtung des Handys schrie, "Der Pinguin da, an meiner Kette, den hab ich beim Drogeriemarkt beim Schmuck gekau-, äh, geklaut,jaaaa!".
"Alter, du klaust?" Die bewundernden Augen der Cindy-Nebensitzerin werden noch größer.
"Ja man, ich hab schon voll viel geklaut, ey; so Schmuck und Schminke und Kleidung undso! Das würdst du dich nicht trauen, ne?"
"Nee, würd ich nicht.." Arme Cindynebensitzerin. Aber pass auf, das wird noch.Wenn du dann beim Schmuck und der Schminke bist, macht das Ghetto bei den Kippen aus Papas Auto weiter.
"Tja." Triumph in der Stimme des Ghettos.
Als ich der alten Dame, die sich in der allerersten Sitzbank vorm Ghetto versteckt und partout geweigert hatte, jemand neben sich sitzen zu lassen, und ihrer Einkaufstasche aus dem Bus helfe, schreit sie mir ins Ohr:
"Ich bin zwar schwerhörig..."-Oh ja-das merke ich-, "..aber das da drinnen, das war ja nicht mehr normal! Da sieht man wieder, wie die Jugend ist, die haben alle keine Manieren mehr und denken nur an sich! Alles egoistische, respektlose, unfreundliche Nichtsnutze! Ich bin froh,dass ich meine Brille nicht aufhatte, die sehen ja meistens noch schlimmer aus, als sie sind!"
Ich verzichte darauf, ihr zu erklären,dass ich ein Teil der unfreundlichen, respektlosen, egoistischen Jugend ohne Manieren bin,manövriere sie in das Buswartehäuschen, erkläre ihr,dass sie nicht in den nächsten, sondern den übernächsten Bus einsteigen muss und mache mich dann auf den Heimweg.
Hintergrundmusik:Das heroische "die einsame Heldin"-Thema erklingt.
Es ist ein weiter Weg, und niemand begleitet mich, nicht einmal meine Musik, denn der Akku meines treuen Gefährten, des mp3-Players, ist leer, und so gehe ich diesen Weg alleine; alleine mit meinem gedankenschweren Verstand gehe einer ungewissen Zukunft entgegen.
Es lebt. Das Ghetto lebt. Ich habe es gesehen.
Mein Gott, ich habe das Ghetto gesehen.
edit:" Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer...."
Entschuldigung, aber das musste jetzt sein.
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Für die, die es nicht wussten: das zweite Zitat stammt aus dieser Weg von Xavier Naidoo.
Und hat sich in meinen Kopf gedrängt, weil ich eine halbe Fußball-WM lang damit beschallt wurde, egal, wohin mich mein Weg führte.
