Samstag, 17. März 2012
Tut mir Leid,dass das Video so lange lädt, außerhalb von myspace war es aber aufgrund der g.ema nicht frei verfügbar.





Heute fiel mir das Foto wieder in die Hände.
Wir sind darauf alle drei abgebildet, Papa Mayhem, du und ich.
Ich trage ein weißes Kleid, in der linken Hand halte ich eine weiße Kerze, in der rechten mein Gebetsbuch.
Das Foto wurde an meiner Kommunion aufgenommen, eigentlich hast du Fotos gemacht, wie du eben immer die Fotos gemacht hast, für dieses Bild wurde die Kamera jemand anderem in die Hand gedrückt und so entstand eines dieser seltenen Zeitdokumente, auf denen wir alle drei zu sehen sind.
Wir haben fast den selben Haarschnitt, du und ich, und beide blonde Strähnchen, weil du das irgendwie so wolltest und ich mich nicht geweigert habe; ich bin jahrelang so rumgelaufen.
Mein Vater lächelt wieder so, als hätte er Zahnschmerzen gehabt, das ist sein Standardgesichtsausdruck auf Fotos, das Zahnschmerzlächeln, und weil es genauso zu ihm gehört wie seine Traditionsverbundenheit, trägt er Trachtenanzug, aber ohne Lederhose.
Du hast dich in ein Vorhangoberteil geworfen, ich musste wähend der Familienfeierhälfte des Tages auch so ein Vorhangoberteil tragen, nur war meines schwarz-rot und deines beige; und eine schwarze Hose hattest du an, schwarz macht schlank, das hast du mir immer erklärt.

Mir ist erst heute aufgefallen,dass dein Verfall sogar schon auf diesem Bild nach außen sichtbar war.
Die teigige Haut, das aufgedunsene Gesicht, lange nicht so schlimm, wie am Ende, aber sichtbar.
Gelb bist du auf dem Foto allerdings noch nicht, gelb wurdest du erst, als es aufs Ende zuging, in den letzten 2 Wochen, deinen letzten 2 Wochen, in denen so viel bergab ging und ich einfach nicht mehr konnte, aber trotzdem weitergemacht habe, egal,was dir wieder eingefallen ist. Egal, ob du wieder nur einen Apfel und eine Salzstange gegessen hattest und Stolz darauf warst, egal, ob da Blut dabei war, wenn du mich angespuckt hast, und egal, ob du ausgerastet bist oder nur in deinem Bett lagst.
Auf dem Foto, da sieht man das nicht.
Da sieht man auch nicht, dass mein Vater zu der Zeit kaum noch daheim war, weil er nie gelernt hat, wie man damit umgeht, wenn man Probleme empfindet, sondern nur,dass man arbeiten muss, und er sich deshalb in seine Arbeit geflüchtet hat.
Man sieht, dass es bei euch nicht mehr so gut gelaufen ist. Ich sehe es.
Ich sehe es an der Art, wie ihr beide dasteht, auch, wie ihr schaut. Außenstehende würden es nur bei sehr genauer Betrachtung bemerken, wenn überhaupt. Wir waren gut darin, heile Welt zu spielen. Schauspielerfamilie, obwohl mein Vater Arbeiter ist.

Deine Mutter hat auch viel getrunken, als du jung warst, und dein Vater noch mehr, hast du mal erzählt und steht in deinem Tagebuch. Dein Tagebuch,das ich nicht lesen wollte und er nicht lesen sollte, ich habe damals angefangen, zu weinen,als er es auf dem Dachboden gefunden und beschlossen hat, es zu lesen.
Er hat es nicht komplett gelesen, und so weiß er zwar, dass du ihm mehr als die paar Male, bei denen er es mitbekommen hat, untreu warst, aber nicht, wie sehr du unter deiner Mutter gelitten hast.
Dass du geschrieben hast, eine bessere werden zu wollen als sie.
Dass sie früher auch viel getrunken haben, deine Eltern. Sie haben dann damit aufgehört, du hast irgendwann damit angefangen und nicht mehr aufgehört.
Erst über die Freundin meines Vaters habe ich erfahren,dass du schon so viel getrunken hast, als du ihn kennenlerntest. Damals warst du 17, nur ein paar Monate jünger als ich jetzt, und er war 23.
Ich versuche manchmal, mir das vorzustellen, und es geht sogar ziemlich gut; die Spelunke, in der ihr euch kennengelernt habt, kenne auch ich, es gibt sie heute noch. Und mein Vater ist immernoch schüchtern bis unfähig, was Zwischenmenschliches betrifft, ich sehe es bildlich vor mir, wie er dich,wenn du nicht hingeschaut hast, beobachtet hat und sich wünschte, dich irgendwie ansprechen zu können.
Es hat wohl doch irgendwie geklappt, eure zwei Freundeskreise sind ins Gespräch gekommen und ihr dann irgendwie auch, und er muss so wahnsinnig hin und weg von dir gewesen sein, du hast es selbst dann nicht so sehr gemerkt, als du niedergeschrieben hast, wie es war; hast ihn ja damals noch nicht so gut gekannt. Ich schon, und ich konnte zwischen jeder deiner Zeilen herauslesen, dass er verliebt war.

Mein Vater hat dich nie betrogen. Du hast ihm gerne vorgeworfen, er würde es tun; entweder mit dem Flittchen, das auch ein Alkoholproblem hatte und außerdem noch Magersucht, oder mit der grundsoliden Dorfmenschin, die an Liebesdingen in etwa so viel Interesse hatte wie ich an Differenzialrechnung.
Papa Mayhem war treu, immer. Auch, als es so sehr bergab mit dir ging,dass er sich überwinden musste, überhaupt nach Hause zu kommen.
Wenn er doch mal erzählt,dann nur, dass die ersten sieben Ehejahre lang alles perfekt war,so perfekt, wie es eben nur sein konnte; dass du ihn auch damals schon betrogen hast, verdrängt er oder er weiß es bis heute nicht, es steht nur teilweise im Tagebuch, das Meiste hast du mir erzählt.
Überhaupt hast du mir viel erzählt, egal, ob ein Durschnittskind das verarbeiten kann oder nicht.
Aber du hast mir nicht erzählt, dass du ihn auch noch betrogen hast, als ich schon da war.
Und dass der Alkohol und du, dass ihr ein Problem miteinander hattet und es schon existierte, seit du so alt warst wie ich jetzt.

Das alles sieht man auf dem Foto nicht, nur der Verfall ist schon da, im Vergleich zu dem,was noch kam, ein leichter Schatten, ein Schleier, der sich über dich gelegt hat. Und mein Vater steht auf meiner anderen Seite, noch ohne graue Haare, und lächelt sein Zahnschmerzlächeln.
Sie haben immer gesagt, ich sähe aus wie du. Die großen Augen, und der Mund, und überhaupt.
Auf dem Foto siehst du aus wie dein Vater.
Dein Gesicht ist genauso rund wie seines, und die Mimikfalten sitzen an den selben Stellen. Deine Augen wirken auch gar nicht groß, eher schmal und schlitzförmig, und gerötete Wangen hast du nur,weil du sie dir vorher ins Gesicht geschminkt hattest, genau so wie den roten Mund und die dichten Wimpern.
Mein Gesicht ist ein bisschen schmaler als deines,und eher eckig. Und die blonden Strähnen, die wir auf dem Foto beide tragen, sind bei mir gelblicher, weil ich dunklere Haare hatte als du,nicht dein mittelblond, sondern das aschbraun meines Vaters.
Ich lächle auch ein Zahnschmerzlächeln auf dem Foto, so wie er. Meines ist ein bisschen geöffneter, und man kann es viel klarer als unecht erkennen als seines. Ich hatte ja auch weniger Übung, außerdem war mir aufgrund der Umstände und Geschehnisse des Tages eigentlich eher nach Weinen zumute, aber ich habe nicht geweint, weil du immer gesagt hast, ich soll nicht rumheulen, das sei doch scheiße.

Im August bist du seit fünf Jahren tot.
Ich habe erst jetzt wieder angefangen, rumzuheulen,wenn ich das Gefühl habe, rumheulen zu müssen.
Mein Vater bezeichnet es wahlweise als scheiße, so wie du es auch nanntest, oder als Showeinlage.
Ich schiebe es darauf,dass er nicht daran gewöhnt ist, dass seine Tochter weint, und es nicht versteht, dass man Menschen auch mit Worten verletzen kann.
Er hat ja gelernt, dass das nicht stimmt und nicht geht,
was wehtut, sind Schläge, sonst nichts, und die hat man immer verdient.

Trotzdem warst du es, die ihr Kind geschlagen hat, nicht er.
Ich kann an einer Hand abzählen, wann er es war, und ich benötige nicht einmal alle Finger dafür.
Vielleicht deswegen, weil er immer weg war.
Wahrscheinlich wäre vieles anders gelaufen,wenn er dageblieben wäre, wenn er da gewesen wäre.
Aber wie hätte er das machen sollen, "da sein", er hat es ja nie gelernt.
War ein "naja, jetzt isser halt da"-Kind, und hätte er weinen dürfen, hätte Papa Mayhem viel geweint,als Kind. Später auch.
So durfte er es nicht, und jetzt ist Papa Mayhem kein Kind mehr, sondern eben Papa Mayhem, und das,was früher alles war, ist der Grundstock.

Der Grundstock, der seine Realität bestimmt, und der dafür gesorgt hat, dass vom eigentlichen Papa Mayhem beinahe nichts mehr übrig ist.

Den sieht man im Foto auch nur schwach, den eigentlichen Papa Mayhem, der mir nicht einmal so unähnlich war, wie uns immer vorgeworfen wird.
Der eigentliche Papa Mayhem wurde nur gelegentlich sichtbar, und diese Momente waren selten und sind jetzt noch seltener.
Aber der eigentliche Papa Mayhem, der hat Probleme mit zwischenmenschlichen Angelegenheiten. Auch,wenn er Liebesdinge wohl minimal besser hinbekommt als ich.
Der eigentliche Papa Mayhem, der hat Angst, zu versagen, und er lässt die paar Freunde, die er hat, nicht los,wenn sie Probleme haben. Und wenn es ihn mit in den Schlamm zieht, er holt sie da wieder raus.
Der eigentliche Papa Mayhem, der hat manchmal spontan seltsame Einfälle, dann setzt er sich und eine Person, die er mag, in sein Auto und fährt einfach los.
Ich sitze schon lange nicht mehr daneben.
Denn der jetzige Papa Mayhem, der hat mich genauso aufgegeben wie ich ihn; als Notwendigkeit, die ich aber nicht wahrhaben will.
Vielleicht fällt es dem eigentlichen Papa Mayhem auch schwer, zu akzeptieren,dass wir so unterschiedlich geworden sind, dass Zusammenleben nicht mehr möglich ist; der jetzige Papa Mayhem nimmt das als Fakt hin und streut Salz in die Wunden, wenn er weiß,dass es mir gerade wehtut.

Der eigentliche Papa Mayhem wird genauso von Kindheitstraumata gefesselt, wie es bei meiner Mutter der Fall war. Meine versuchen ja auch, mich zu kriegen, und vielleicht haben sie das sogar geschafft.

Das alles sieht man auf dem Foto nicht, wenn man es sich ansieht.
Man weiß es auch nicht,wenn man uns kennt. Wir waren eine Schauspielerfamilie ohne Schauspieler.
Vielleicht weiß es die Vatersfreundin, er scheint mit ihr darüber zu reden.
Und Sie wissen es, wenn Sie diesen Blog lesen.
Aber Sie würden es nicht sehen,wenn Sie das Bild vor sich hätten.
Sie würden es anstarren, ungläubig, und sich fragen, wie der Mann in der Trachtenjacke, das Mädchen,das auf dem Foto aussieht wie ein Junge, und die Frau im Vorhangoberteil so lange Zeit eine so kaputte Familie sein konnten, ohne völlig zu kollabieren.
Ich würde Ihnen sagen, wir sind kollabiert. Alle.
Ich hatte keinen Halt mehr, sie auch nicht, und er dachte nur, er hätte welchen. Keiner von uns wusste weiter.
Keiner von uns wusste, wofür er morgens aufstand, und unter Garantie wollte jeder von uns zwischendurch mindestens einmal einfach aufhören, zu existieren.
Wir konnten nicht mehr. Keiner von uns.
Aber wir haben weitergemacht, wir drei. Egal, was war.
Jetzt machen wir weiter, wir zwei.Jeder für sich.
Er macht jetzt weiter, mit der Vatersfreundin an seiner Seite.
ich mache weiter, ich alleine.
Auf dem Foto sieht man nicht, was passieren sollte.
Wir hätten es ahnen können, ich habe es gespürt, aber was hätte ich machen sollen. Nichts geschah.
Die Welt ging unter und drehte sich einfach weiter.
Wir machten einfach weiter.
So, wie jetzt auch. Egal, was passiert, du musst weiteratmen.
Mein Vater würde sagen, du musst einfach machen.
Einfach weitermachen.
Wir machen weiter.
Jeder für sich.




Mittwoch, 14. März 2012
Ich habe "nein" zum Wettkampf gesagt.
Das war eine Überwindung, ich bin nicht gut darin, nein zu sagen, wenn alle erwarten,dass ich ja sage, aber ich habe es trotzdem getan.
Und heute hat die Chefin geschrieben, dass es schade ist,dass ich nicht mitgehe; dass dann ein wichtiger Teil der Gruppe fehlen würde. Erkundigte sich noch, ob es Zeitgründe wären, die die Schuld tragen.
Sie schrieb das so ganz ganz einfach , als wäre das eine der klarsten,selbstverständlichsten Tatsachen der Welt. Wenn du nicht mitgehst jetzt, dann fehlt ja ein wichtiger Teil unserer Mannschaft....
Einfach so schrieb sie das.
Sie sagt, ich bin ein wichtiger Teil der Mannschaft. Wichtig. Für die Gruppe. Ich.
Können Sie sich das vorstellen?

Die Chefin ist eine sehr bestimmte, praktisch nur in greifbaren Fakten denkende, direkte und einfache Person, normalerweise ist ein "nein" für sie ein "nein" und die Sache damit geklärt, ich ging davon aus,dass es auch beim Wettbewerb so sein würde, aber so war es nicht.
Sie hat nachgehakt.
Ich habe fünfzig Minuten gebraucht, um eine Antwort zu tippen, dabei zigmal gelöscht,was ich geschrieben habe, denn es ist gar nicht so einfach, eine Erklärung zusammenzuzimmern, die besser klingt als "Ich bin noch von den Gemeinschaftsspielen des letzten Mals verängstigt, fühle mich mit so vielen Menschen um mich herum fast genauso unwohl wie bei den Aktionen, und glaub mir, bei denen habe ich mich massivst unwohl gefühlt, weshalb ich auf mich selbst wirke wie die größte Nervensäge der Welt gleich nach Heidi Klums Stimme, außerdem komme ich nicht damit klar,wenn Menschen wie der Kommentator ihre überkindliche Seite heraushängen lassen und damit meine dann sowieso schon angegriffenen Nerven überstrapazieren und ich würde den gesamten Wettbewerb zusammengekauert in einer Ecke verbringen mit dem Gedanken, am liebsten von den Mauern hinter mir verschluckt zu werden, womit ich die Restgruppe ganz massiv stören und nerven würde".
Mir und ihr wollte ich nicht zumuten, diese Erklärung auszusprechen; ihr nicht, weil sie es nicht verstehen würde, mir nicht, weil.. sie es nicht verstehen würde.
Das altbekannte Problem, die Menschen, mit denen ich regelmäßig zu tun habe, sind einfach zu normal für mich.
Hirn abschalten und einfach reden ist nicht immer eine Lösungsmöglichkeit...

Meine Katze,die hat solche Probleme nicht. Wenn fremde Leute kommen, kann sie sich unter meiner Bettdecke oder auf meinen Armen verkriechen und mit dem sehr angenehmen Gefühl, in Sicherheit bei jemandem, der das alles versteht, zu sein und sich da festhalten zu können, dort bleiben, bis für sie die Gefahr gebannt ist.
Für gewöhnlich verstecke ich mich nicht unter Bettdecken, zudem habe ich es aufgegeben, mich auf den Arm nehmen zu wollen, mir bleiben also keine guten Flucht- oder Ausweichoptionen und ich muss das tun, was ich fast so schlecht beherrsche wie Großvater Mayhem sein Gerede unter Kontrolle hat: mich entscheiden, und das leider immer zwischen zwei Extremen.
Ich hätt' so gerne Mittelmaß...

In diesem Fall habe ich mich entschieden. Für Nein. Eigentlich.
Und dann kommt sie einfach da her und bezeichnet mich als Teil der Gruppe, als einen wichtigen noch dazu;
schlägt es mir ins Gesicht wie eine Ohrfeige, schlägt meiner Entscheidungsfestigkeit damit einen weiteren Zahn und meinem Verstand einen weiteren Teil seiner entscheidungsbezogenen Orientierungskraft heraus und erschüttert meinen Standpunkt bis in die Grundfesten, ganz selbstverständlich,ohne es zu wissen.
Und ich formuliere eine Erklärung, die nicht nach einem greifbaren Fakt, nämlich der Tatsache, dass ich an diesen Tagen bei der alten Sache eingeladen bin, aufhört, sondern erst endet, nachdem ich auch die abstrakten Gründe, die, die in der Gefühlsebene verwurzelt liegen, gezeichnet habe, mit Worten, so gut es eben geht, aber ich kann nicht gut zeichnen, glaube ich, nicht umsonst habe ich Kunst abgelegt, und ob die Bilder, die ich aus Worten entstehen lasse, besser sind, ist die Frage..

Und dann antwortet sie mir, die Chefin, und überrascht mich nicht mehr ganz so sehr.
Sagt,dass es kein Problem ist,wenn ich wo eingeladen bin, und dass sie mich hätte überzeugen wollen,wenn ich einfach keine Lust gehabt hätte. Punkt.
Am Schluss noch ein "Wenn wir dir helfen können, sag Bescheid".
Es wirkt wie eine Standardfloskel zum Beenden der Nachricht. Und das wars.

Keine bekloppten Spiele, keine blöden Aufgaben, keine nervigen Mitsanitäter, kein Isolationsgefühl,wenn alle tanzen, schwimmen oder sonstwas, nur ich nicht, keine Halbeinsamkeit in der Gruppe, keine Ultracoolen, die es schaffen, mir mit ihrem Stockbrot die Haarspitzen anzusengen,wenn der Dutt zum Zopf entrollt ist, keine Unterhaltungen mit dem Bedreadeten und keine Blickwechsel mit dem Mädchen,das hinter der vermeintlich alkoholfreien Bar steht, keine abwertenden weiblichen Blicke, wenn meine Gitarre und ich zusammen mit ein paar Anderen am Feuer sitzen und spielen.Keine Witze mehr, die nur unsere Gruppe versteht.

Der Wettkampf findet dieses Jahr ohne Frau Mayhem statt.
Und Frau Mayhem könnte gerade deswegen heulen.




Sonntag, 11. März 2012
Nächste Woche ist es also ein Jahr. Nicht in Tagen, aber dieses Jahr findet das Jubiläum statt, es ist das 10. Mal, damals war es das 9.Mal, also zählt es als ein Jahr.
Damals hörte sich das noch so
an.

Ein Jahr ist es her,dass ich mit der Mitgitarristin vor der Spelunke saß und auf die alte Sache samt Schwester wartete, nervös, wie immer, wenn es um ihn ging. Fast wäre ich umgekippt, als er dann auftauchte, so toll fand ich ihn. Wir waren gerade vom Piercer gekommen, mein rechtes Ohr pochte wie verrückt, aber schließlich war mir auch gerade ein Stab waagrecht durch den kompletten oberen Knorpelbereich gejagt worden, und als wir dann in der Spelunke saßen,war er gesprächig wie immer, nämlich garnicht.
Irgendwann löste sich das genauso in Luft auf wie die Nüchternheit der Mitgitarristin, leider wurde er nicht mir gegenüber gesprächig, sondern ihr, und in meine Verunsicherung aufgrund der Tatsache,dass da diese für mich so erwachsenen Fremden am Tisch saßen, mischte sich das Seelenleid, weil er da so einfach mit ihr redete. Was fiel ihm auch ein, diese fast Gleichaltrige, selbstsichere, offene Frau toller zu finden als mich?
An diesem Abend habe ich seine jetzige Freundin kennengelernt, und die Feindin.
Wir haben uns etwas irritiert angestarrt und es nicht geschafft, miteinander zu reden; die Feindin,damals noch braunhaarig, wechselte nur einen Satz mit mir und das wars auch.
Ich war also relativ alleine, mit der Mitgitarristin, die zeitweise mit dem Kopf auf dem Tisch lag, weil ich es in meiner Verunsicherung nicht geschafft hatte, sie vom Betrunkenwerden abzuhalten, und der Schwester der alten Sache, an die ich mich ein Stück weit klammerte, denn dieser Mensch, die Schwester, war sehr selten genervt von mir, eigentlich war sie das noch nie; und auch,wenn sie oft nicht versteht,was ich sage, tut sie wenigstens so, als würde sie es verstehen, und sie scheint mich zu mögen. Findet mich in Ordnung. Einfach so.
An diesem Abend war auch die Frau da, die irgendwie immernoch denkt, ich würde ihr Faust ausspannen wollen, und sie hat mein Verunsicherungsgefühl komplett gemacht, überhaupt wäre ich an diesem Abend am liebsten vom Erdboden verschluckt worden, aber dann hätte ich von der Seite der alten Sache weichen müssen, neben dem ich saß; und das war einfach keine Option.
Es hat angefangen, mir zu entgleiten, an diesem Abend;
Die oberflächliche Freundschaft zur Feindin hat angefangen, an diesem Abend.

Damals habe ich Faust wiedergesehen, nach Ewigkeiten, und den Intellektuellen, zwei Mitglieder dieser einzigartigen Theatergruppe, die wir waren und die wir zu Grabe getragen haben; sie ist zum akuten Problem geworden,das sich im Nachhinein zwar verabschiedet hat, aber nicht wie gewünscht; und es war der erste Schritt in Richtung mayhem 2.0.
Weil ich damals angefangen habe, zu lernen, dass diese Leute, egal, wie komisch sie wirken, mich nicht zwingend genauso schlecht finden wie ich das an manchen Tagen selbst tue.
Weil ich Gelassenheit geübt habe, die Gelassenheit, die trotz allem von der alten Sache ein bisschen auf mich übergegangen ist und manchmal die innere Ruhe auf den Plan treten lässt, von der ich nicht dachte, dass ich sie vor meinem 30. Geburtstag erreichen werde.

Nächste Woche um diese Zeit werde ich wieder nach Hause kommen, und ich werde schreiben, wie beim letzten Mal auch.
Wovon,das weiß ich noch nicht.
Wie ich überhaupt wieder heimkomme, auch noch nicht.

Letztes Mal ist der Intellektuelle gefahren, bei ihm war der Medizinstudent, der meinte, schade, dass ich noch so jung bin, eigentlich sei ich ja ganz süß; inzwischen hat er eine ganz süße Freundin, die jedes Mal hilflos große Augen macht,wenn er wieder fremdflirtet, wobei sie froh sein kann, wenn er nur das tut; monogame Beziehungen scheinen für ihn ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.

Aber es geht hier nicht um den Medizinstudenten, es geht darum,dass nächste Woche wieder die Welt untergehen wird.
Die Welt wird untergehen, mit einem lauten Knall und Spelunkenmusik im Hintergrund, und ich werde mittendrin sein und mit dem Weltuntergang anstoßen, entweder mit meinem stillen Wasser oder einem Guinness, und dabei werde ich ihm äußerst verwegen ins Gesicht grinsen, dem Weltuntergang, und sagen, na, altes Haus, schauste auch mal wieder vorbei.








Freitag, 9. März 2012
Thema: gefunden.
Mal wieder, weils so schön ist (diesmal aber eine Coverversion):





"Was für die Raupe das Ende der Welt ist, nennt die Welt Schmetterling."
(Laozi)