Freitag, 2. November 2012
"Hey mayhem,
wie siehts aus, magst du mit in die Dorfdisko?"
-"Hi Fremder,
Dorfdisko ist nicht so meins, nee. Wie kommst du überhaupt auf die Idee, da hinzugehen?"
"Der Grinch hat gesagt, da soll es ganz gut sein. Sicher, dass du nicht mitwillst? Kostet auch nur 6,50 Euro heute."
-"Finanziell siehts bei mir zur Zeit echt nicht gut aus, da mag ich nicht noch so viel für so schlechte Musik ausgeben, sorry."


Eine Stunde später: Fotos im sozialen Netzwerk, Ghettoschwester am Posen, er betrunken, Grinch am Posen, er halb in ihrem Ausschnitt und noch betrunkener, irgendein Fangirlie, er so gut wie in ihrem Ausschnitt und völlig dicht.
Und ich sehe mir das so an, dann wieder zu meinen Notizen, wieder auf die Fotos, und entscheide mich dafür, meine Seminararbeit weiter zu schreiben.

Arbeitsbilanz: Sieben Seiten voll, noch vier Unterpunkte zu formulieren, davon bilden drei den zweiten Standpfeiler meines Hauptteils; außerdem fehlt noch der Schluss.
Werte Leserschaft, ich verkünde hiermit ganz optimistisch, dass die Mindestseitenanzahl (10 Seiten) sicher überschritten wird. Obergrenze 15 Seiten.
Eigentlich.


Autobilanz: "Mädel, du kannst froh sein,dassde jetzt hier bei uns sitzt und nicht im Krankenhaus liegst. "
Zufällig festgestellt, tendenziell scheiße. Dafür rausgefunden, wieso das Ding durch den TÜV gekommen ist, und in fünf Stunden fahren wir in die Werkstatt, wo mein tapferes kleines Mayhemmobil wohl mindestens eine Woche verweilen wird.
Retten, was noch zu retten ist, und im Endeffekt hätte ich mir von dem Geld locker ein besseres Auto kaufen können.
Aber ist egal, denn das ist jetzt meines, und ich beabsichtige, es zu fahren, bis ich mir ein H-Kennzeichen draufschrauben kann und noch länger, jawohl.
Rein aus Trotz.
Und aus persönlicher Zuneigung, so von Mensch zu Mayhemmobil.

Familiäre Bilanz: Alle Zeichen auf Weltuntergang.
Auch außerhalb der werten Familie.
Aber es gibt ja Lichtblicke, auch, wenn es nur das nahende Ende der Seminararbeit ist, das niedergewalzt wird von der boshaften Vierfaltigkeit der Horrorklausuren Geschichte-Wirtschaft&Recht-Mathe-Chemie ohne nennenswerte Zeitabstände dazwischen.
Oder die Tatsache, dass ich am Wochenende vielleicht Mr. Gaunt wiedersehe.
Und das Rotkreuzmädchen, sollte ich mich trauen, sie zu fragen.
Aber man munkelt, die aktuelle Person an ihrer Seite, wer auch immer das schon wieder sein mag, hätte es nicht so mit dem, was es abseits der Charts und außerhalb der Disko zu hören gibt.



Und dann trudelt so völlig aus dem Nichts eine SMS der alten Sache ein, kurzgefasst-abgehackt, distanziert wie immer, und er entschuldigt sich doch tatsächlich.
Entschuldigt sich dafür, dass er sich so lange nicht gemeldet hat, verspricht, mir zu erklären, wieso, und fragt mich, ob ich auf das Konzert am Ende des Universums gehe.
Und ich sitze so vor meinem Handy, das genau so einen Wackelkontakt hat wie mein rationales Urteilsvermögen, und freue mich ein bisschen. Einfach darüber, ihn mal wieder zu sehen. Endlich mal ein anderer Sanitäter da, sodass ich mir keine Sorgen um meine qualifizierte Erstversorgung machen muss, wenn ich bei dem Versuch, mindestens zwei von fünf Bands zufriedenstellend abzulichten, von Kamikaze-Moshern, herumfliegenden Stagedivern, Bierdosen und/oder diversen Stahlkappen mehr oder weniger fies getroffen werde. Mir tut ja jetzt schon alles weh.
Konzert. Gemeinsam. Mit der alten Sache. Und wir sind die einzigen Personen , die wir dort kennen, der Rest steht auf der Bühne und sonst ist da nur Unbekanntes, und Unbekannte(s) macht Angst.
Aber wir haben ja noch uns.
Vielleicht wie früher, mit ansatzweise Seelenverwandschaft. Vielleicht auch nicht.
Wir werden sehen.

Und sonst so?
Man stolpert so vor sich hin.
Aber wenigstens ist nicht alles Scheitern.
Vielleicht sehe ich aber auch nur in die falsche Richtung..






Dienstag, 30. Oktober 2012
Thema: monolog

(startet bei 0:25)

So viel verpasst, aus Unsicherheit,
zu viel mitgemacht, gerade ihretwegen.

Und dann liege ich so mit dem Raucher auf dem Sofa, rein freundschaftlich, und starre durch die Balkontür nach draußen, während der Fremde betrunken mit Fangirlies und Ghettomädchen durch die Dorfdiscos stolpert, und ich sage, das geht so nicht mehr.
Und der Raucher schaut mich an und weiß nicht, was ich meine.
Und ich sage wieder, das geht so nicht mehr.

Das geht so nicht mehr, und ich will so nicht mehr.
Ich will nicht mehr an ruinierten Abenden seelisch am Zusammenbrechen sein, weil der Fremde wieder mal Mist gebaut hat, eifersüchtig sein, wenn er mit der Ghettofraktion weggeht und vor mich hin leiden, wenn er einerseits schlagartig aufmerksam und freundlich, aber andererseits jedes Fangirl wichtiger als ich ist,
ich will nicht mehr mit kleinen Angstzuständen kämpfen müssen, sobald da fremde Menschen sind, denn verdammt nochmal, nicht jeder findet mich sofort total scheiße oder nähert sich mir nur mit ausreichend Vorurteilen als Polsterung um sich herum und ich sollte das irgendwann mal begreifen,
ich will nicht mehr in Dauersorge ums Mayhemmobil sein, weil es jeden Tag was anderes hat und Papa Mayhem einen Werkstattbesuch kategorisch verbietet, sich aber, trotz entsprechender Aussage, auch nicht selbst drum kümmert,
ich will nicht mehr perspektivenlos in meinem Weltuntergang hängen, weil die Seminararbeit so ein Monster ist, die Vatersfreundin auch, die Nachbarin es nicht schafft, mit ihren Eltern endlich mal einen Termin auszumachen wegen der Wohnung, ich somit immer noch nicht sicher weiß, ob ich nächsten Monat zu dieser Zeit schon Mathe, Chemie, Wirtschaft, Geschichte und einen Umzug hinter mir habe oder eben nicht, die drei erstgenannten Fächer mich so dermaßen aus der Bahn werfen, das fünfte Abifach eine Katastrophe wird, es mit Psychologie nicht klappt und mir die ernsthaften Alternativen fehlen,
denn ich will nicht mehr Alternativbegabungen suchen, weil ich eigentlich genau weiß, dass meine nunmal nicht in den Bereichen liegen, mit denen man normalerweise Geld verdient, ich habe eben nur Sprache und Schreiben, und Fotographieren plus Musik als künstlerischen Kleinkram nebenher als das, was ich wirklich gut kann.

Ich will, nicht zum ersten Mal, etwas mehr emotionale Stabilität und mein kleines Glück im großen Leben, vielleicht wird dann der Schreibzwang weniger, am produktivsten bin ich ja, wenn es wehtut, aber damit kann ich leben. Vielleicht würde ich mich dann aber auch genau darüber beschweren, wer weiß.
Ich will meine Ruhe und meinen Frieden haben, einen Plan und ihn auch befolgen (können), festen Boden unter den Füßen, der mir nicht immer wieder weggerissen wird,
eine Familie, die man auch so bezeichnen kann,
will ganz weit weg von hier,
aber ohne die zu verlieren, die wohl ansatzweise wichtig sind,
und möchte genau vor ihnen fliehen,
ich will heimkommen und nicht feststellen müssen, dass Wohnzimmer und Bad abgeschlossen und alle potenziell mittagessentauglichen Lebensmittel außer dem Fertigkram versteckt worden sind, weil die Vatersfreundin der Meinung ist, dass ich in den neu renovierten Räumen und an den Essensvorräten, die ich ihnen angeblich "wegfressen" würde, nichts zu suchen habe,
ich will nicht traurig werden, wenn ich heim muss,obwohl dort die Katze wartet, weil die Wochenenden so voller Akzeptanz und Verständnis sind und die restlichen Tage so grau und kalt und wie Glassplitter oder Betonmauer mit Stacheldraht,
und ich will, verdammt nochmal, endlich eine Reaktion von Hamburg und Magdeburg, damit ich weiß, ob ich da meine Bewerbung hinschicken muss oder mir den Aufwand und das Porto sparen kann. Ob Flucht eine gute Idee ist, kann ich mir dann immer noch überlegen.

Und der Raucher sagt, ich könne das alles so viel besser ausdrücken als er, und dass er es nicht versteht, wieso es immer mich so böse erwischt. Und ich erzähle ihm von dem Zitat aus Tonio Kröger, und er sagt, dass das ungerecht ist und ich Glücklichsein verdient habe. Nicht erst im nächsten Leben, sondern jetzt.
Dass das so doch nicht weitergehen kann.

Und deswegen ändere ich es jetzt, sage ich ihm und an dem Abend gehen wir viel zu spät noch in die böse Kneipe, weil an allen anderen Orten das Risiko, dem Fremden auf Sauftour zurück Richtung Wohnung zu begegnen, zu groß ist, und ich übe, den Fluchtreflex zu kontrollieren.
Tatsächlich falle ich nicht weiter auf, ich tarne mich hinter der Art von Normalität, die hier praktiziert wird, und passe sie, je nach Gesprächspartner, ein wenig an, was auch erstaunlich gut klappt, bis der Schmiertyp auftaucht und mir, selbstverständlich rein zufällig, den Weg verstellt, als ich gerade auf dem Weg vom Tresen zurück zum Raucher bin.
"Ach, das ist ja eine angenehme Überraschung, dich hier zu treffen!" Schmiertypgrinsen, sehr schmierig und mit Tendenz ins Boshafte. Durchatmen, alles wird gut.
Die Linke in die Handtasche krallen, die Rechte leicht auf der Hüfte abstützen, antworten: "Solltest du nicht bei deiner Frau, dem Kind oder schon längst im Bett sein? Mit dem Alter steckt man die Feierei nicht mehr so gut weg."
Egal, ob das gut war oder nicht, ich bin ja sowas von stolz auf mich.
Auch, wenn ich gerade total verängstigt bin.
"Frech sein kannst du ja. Ich sag dir was, ich steh auf die Masche, aber ich kann dir auch ganz schnell zeigen, wer hier der Boss ist.." Und aus dem Weg geht er auch nicht.
-"Danke, kein Bedarf. Such dir irgendeine, die drauf steht, meinetwegen bezahl sie dafür oder so, aber lass mich in Ruhe."
Schmiertyplachen, er setzt an, etwas zu sagen, wird aber unterbrochen: "Geht mal aus dem Weg, da kommt ja kein Mensch durch!"
Mr.Gaunt hat die Kneipe betreten, drängelt sich leicht genervt an mir vorbei und schiebt den Schmiertyp zur Seite. Geistesgegenwärtig folge ich der großen, schwarzen Gestalt so schnell wie möglich, bis ich mich in Sicherheit vor dem Pedobären wähne und mich hinsetzen will, nur, um meinen Platz beim Raucher vom Mischpultmann und den zweiten freien Stuhl vom Musiker belegt vorzufinden.
Mir ist eigentlich nach Weinen und Flucht und mich daheim im Bett vergraben, aber Selbstfahren ist nicht drin, Nullpromillegrenze für Fahranfänger und davon abgesehen zu viel Eis, um mit praktisch profillosen Sommerreifen am Auto und Malibu-Kirsch und Bacchus halbtrocken im Blut heil drüberzukommen, also frage ich am Nebentisch, ob ich einen Stuhl haben darf, drängle mich zwischen den Raucher und den Musiker, der mit seiner übertriebenen, emotional-kindlichen Hyperaktivität, die er betrunken an den Tag legt, gerade das Letzte ist, was ich brauche, und überstehe noch eine Dreiviertelstunde rumsitzen und mit halbem Ohr Gesprächen folgen , die mich eigentlich gar nicht interessieren.
Eventuell auch, weil Mr. Gaunt in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes sitzt und ich ihn sogar drei Stunden beobachten könnte, ohne dass mir langweilig wird, obwohl er nicht viel mehr macht als dasitzen, trinken, ins Nichts starren und gelegentlich mit einem weiblichen Relikt der Achtziger, komplett mit Dauerwelle und Schulterpolstern, reden.
"Brauchst den nicht so anstarren, brauchst gar nicht so starren, du hast eh keine Chance!", durchbricht der Musiker meine fast meditative Versunkenheit.
-"Das weiß ich auch." Und finde es etwas schade.
"Na also, dann ist ja gut. Alternativen haste nicht so?"
-"Ich dachte, ich hätte eine, aber die Dame ist stumpfer als der Klischeeblackmetalfan, und sie hat Kafka beleidigt."
"Oh, das hätte ja gar nichts werden können. Nee, das hätte nichts werden können, du brauchst wen mit Bildung undso, mit Bildung!"
Mr. Gaunt hat angefangen, irgendetwas aufzuschreiben, sein Tempo dabei reicht problemlos an meines in Deutschklausuren (14 Seiten plus Gliederung plus Schreibplan plus Stichpunkte zur Textzusammenfassung in etwas mehr als zweieinhalb Stunden) heran.
"Brauchst gar nicht so starren, ehrlich!"
-"Mach ich nicht. Wo sind eigentlich der Mischpultmann und der Raucher?"
Als ob ich starren würde. In den dichten Nebelschwaden der als "Raucherklub" ausgewiesenen bösen Kneipe lässt sich sein neues Tattoo sowieso nicht richtig erkennen.
"Pissen."
Mr.Gaunts Aschenbecher quillt über und man kann den Zigaretten förmlich beim Verschwinden zusehen.
-" Sag mal, woher weißt du eigentlich, dass er noch nicht über die Löwin hinweg ist?"
Der Musiker nippt kurz an seinem Campari Orange, seufzt dann auf diese allwissend-pseudoverständnisvolle "Ach Mädchen, was soll ich noch mit dir machen, das ist doch so glasklar"-Art und erklärt dann: "Na, das hat mir der Mischpultmann erzählt."
-"Der Mischpultmann."
"Ja, der hat mich abends mal angerufen, ob ich vorbeikommen will, so kurz mal vorbeikommen auf ein Bier oder so, und ich hab gesagt, nee, Bier mag ich nicht, kein Bier, hab ich gesagt, aber vorbei komm ich trotzdem und bring Berentzen mit. Und bin dann vorbeigekommen, nicht so wie der Fremde, der die Leute einfach sitzen lässt." Oh ja...
-"Ja, und weiter?"
"Ja, und dann hat er erzählt, was mir auch aufgefallen ist, nämlich dass dir Mr. Gaunt aufgefallen ist. Und hat gesagt, dass das gar nicht geht, weil der nicht zu dir passt, viel zu alt und viel zu hässlich."
-"Davon abgesehen, dass ich nichts von ihm will, sinds nur fünf bis acht Jahre, je nachdem, wie alt der jetzt eigentlich ist, und das geht. Bei mir zumindest."
"Genau das hab ich ihm auch gesagt, genau das, die mayhem, die is viel weiter als andere in ihrem Alter, aber wollt er nicht hören, der Mischpultmann. Hat gesagt, das geht nicht, dass so eine wie du sich mit so einem wie dem abgibt, und ich hab gesagt, Alter, sei mal nicht so paranoid, sie wird sich schon nicht total verknallen, das wird sie schon nicht, und wenn sie ihn süß findet, soll sie halt.
Und dann hat er wieder gesagt, dass das so nicht geht, und bestimmt nicht so harmlos ist, schließlich haste gefragt, ob Mr.Gaunt mit in den Gruftkeller geht und warst enttäuscht, als er nicht da war."
-"Jetzt mal abgesehen davon, dass das immer noch nicht bedeutet, dass ich was von ihm will, wäre ich sehr froh, wenn du mal auf den Punkt kommen würdest..."
"Kein Stress Mädel, kein Stress. Ganz ruhig, wir haben alle Zeit der Welt." Er trinkt betont langsam von seinem Campari Orange, bevor er fortfährt, " Jedenfalls hat der Mischpultmann dann noch ne Weile erzählt, warum Mr. Gaunt nicht zu dir passt, und dann gesagt, dass das sowieso nicht gehen würde, weil der ja noch an der Löwin hängt. Und ich hab gefragt, echt?, ist doch schon ewig her, und der hat gesagt, ja, echt jetzt, siehst doch, wie er sich wegsäuft. Und ich hab gesagt, Alter, hab ich gesagt, da könntest du Recht haben. Ich hab immer gedacht, Mr.Gaunt hätt schon immer so viel getrunken und sich halt jetzt mit der Zeit gesteigert, aber der Mischpultmann hat das total plausibel erklärt, dass das eigentlich an der Löwin liegt, weil er noch was von der will. War so voll die Erleuchtung für mich."
Hat das total plausibel erklärt...Verdachtsmoment.
-"Danke. Bin gleich wieder da, ich such mal den Raucher,kann doch nicht sein, dass die so lange brauchen."
"Vielleicht haben sie Probleme mit der Prostata!", ruft mir der Musiker nach, als ich, zielsicher meiner Intuition folgend, nach draußen gehe und den Raucher mit Kippe in der Hand auf der Treppe sitzend finde.
"Wieso rauchst du nicht einfach drinnen?"
-"Weil ich mich schäm."
"Musst du nicht." Ich setze mich neben ihn.
-"Aber ich wollt doch aufhören."
"Rückschläge hat man immer. Und aufhören willst du ja immer noch und schaffst das auch."
-"Wenn dus sagst..."
"Das weiß ich, du kennst mich doch, ich hab immer Recht."
"Stimmt auch wieder."
-"Siehst du. Und die Schachtel müsste doch auch bald leer sein, oder?"
"War die Letzte." Als Beweis überreicht er mir die leere Schachtel. "Und jetzt kauf ich mir keine mehr und nehm keine mehr an. War grad nur scheiße,weil da drin echt jeder gequalmt hat, außer dir und dem Mischpultmann..."
-"Ach Mensch, ist doch nicht schlimm". Ich umarme ihn kurz, weil ich mir denke, dass ihm das jetzt vielleicht ganz gut tun könnte, und baue ihn seelisch wieder ein bisschen auf. Dann erzähle ich ihm vom Gespräch mit dem Musiker.
"Du meinst, der Mischpultmann könnt den Musiker angelogen haben?", fasst der Raucher meine Gedanken folgerichtig zusammen.
-"Kann ja sein. Denkst du, der macht sowas?"
" Naja, der kann richtig gut lügen, wenns drauf ankommt... Und dasser was von dir will,merkt man auch. Hm. Weiß nicht,könnt schon sein."
-"Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?"
"50/50, würd ich sagen. Obwohl, vielleicht sogar mehr."

Ja super.




Donnerstag, 25. Oktober 2012
Thema: gefunden.




"Love is not blind, it's just deaf and it is dumb."
(Autor unbekannt).
Die Tatsache, dass ich versuche, mich wieder aufzurappeln, hält das Leben leider nicht davon ab, immer wieder den Finger in die Wunde zu drücken.

Gelegentliche Lichtblicke: Bald Dirk Bernemann hören und Mr. Gaunt wieder sehen.
Überhaupt, Mr.Gaunt. Vielleicht ein Lichtblick, vielleicht auch nicht.
Im Moment ist da nur Faszination, für mehr reicht es aktuell nicht bei mir.

Festhalten an mir. Ich mich selbst, und auch der Raucher.
Haben ja sonst niemanden, außer mich.
Uns?

Gelegentliches Wiederaufstehen, zumindest der Versuch. Über mich hinauswachsen, wie heute im Gespräch mit der knusperblonden Wednesday, die so lange toll war, bis sie den Mund aufgemacht und was gesagt hat.

Notwendig wohl auch am nächsten Konzert, live mit der besten Band der Kleinstadt, der wirklich bekannten Band, der Ghettoschwester, ihrer Vorgängerin, zwei Fangirlies und der Gruppe um die Opernsängerin, Esmeralda und Mr.Gaunt.
Und eventuell für den Kampf mayhem vs. Seminararbeit (immer noch ohne nennenswert gutes Infomaterial).

Sie kennen mich, ich komme zurecht.




Donnerstag, 18. Oktober 2012
Und mitten im Chaos taucht der Fremde auf, plötzlich wieder online und auf Kontakt gepolt, und meldet sich, als wäre nichts gewesen, und schreibt, man müsse unbedingt wieder was zusammen machen, ich solle mich doch bitte melden und die Gitarre mitnehmen, wir wollten doch schon seit Ewigkeiten mal zusammen spielen..

Und aus dem inneren Sumpf schießt die Hoffnung geysirartig in die Höhe, bis an die Schädeldecke, und sie schreit, es wird alles gut, er hat es doch gesehen, jetzt wird es, alles wird gut.
" Wer am meisten liebt, ist der Unterlegene und muss leiden."
Fühlt sich nicht gerade angenehm an, sowas.

Oben an der Schädeldecke klebt der Rest meiner noch nie sonderlich gut ausgeprägten Vernunft, den ich über den Sumpf gelegt hatte, um ihn notdürftig abzudecken.
Aber er ist gar nicht bewusstlos, der Vernunftrest, obwohl er das nach so einem Aufprall eigentlich sein müsste, und er erinnert mich daran, auf meine Intuition zu hören.

Also antworte ich dem Fremden nicht, fürs Erste. Der kann ruhig warten.
Und schwebe nicht wie auf Wolken durchs Haus, aufs Happy End muss ich wohl auch warten, denn das hier ist es nicht.
So sehr ich es mir auch wünsche, das ist es nicht.

Ich werde die Gitarre mit in die Kleinstadt nehmen. Und ich werde auch wieder mit dem Fremden weggehen. Vielleicht auch mit ihm zusammen spielen, auf der Terasse des Rauchers, oder, wenn ich mutig bin, in der Stammkneipe, in der passenderweise open stage ist. Eine Herausforderung für mich und gegen meine Unsicherheit. Innerlich zittere ich. Vielleicht nehme ich sie an, trotzdem oder gerade deswegen.
Ich werde beim Raucher schlafen, egal, was passiert, und einen kühlen Kopf bewahren, egal, was vom Fremden kommt.
Ich habe keine Lust, dritte Wahl und nur deshalb wieder gefragt zu sein, weil die Ghettoschwester sich nicht meldet und der Grinch auf die Idee gekommen ist, dass sie ja auch einen Freund hat und das Wochenende bei ihm verbringen könnte.
Aber wenn alle Stricke reißen, setze ich mich ins Mayhemmobil und fahre heim, oder schlafe drin, falls ich schon was getrunken habe. Mein Auto ist groß, meine Sitze sind gemütlich, ich habe zwei Flauschedecken, eine wieder funktionierende Heizung, für 1,57 Euro pro Liter vollgetankt und davon abgesehen einen Gutschein über 40 Euro.
Wenn ich wollte, könnte ich nach Prag fahren.

Ich überstehe das alles. Ich bin inzwischen stolze Besitzerin eines Traguspiercings und habe sogar das überstanden, da packe ich das Wochenende ja wohl mit links. Egal, wie pärchenübersättigt unsere Gruppe diesmal ist, wie zwanghaft mich der Mischpultmann von sich überzeugen will und wie freundlich der Fremde ist.
Danach kann ich implodieren und mein Herz Blut kotzen gehen, so viel es will, aber ich steh das durch.
Wieder aufstehen, wie immer.
Ich krieg das hin. Und hätte ich die Möglichkeit, nochmal an den Anfang zurückzukehren, es anders oder besser zu machen, ich würde es nicht tun.
Kommt ja doch alles, wie es muss, und alles geht vorbei.
Und vielleicht wird ja doch alles gut, auf irgendeine Art und Weise, irgendwann.

"(....) Noch einmal anfangen? Aber es hülfe nichts.
Es würde wieder so werden. - Alles würde wieder so kommen, wie es gekommen ist.
Denn Etliche gehen mit Notwendigkeit in die Irre, weil es einen rechten Weg für sie überhaupt nicht gibt.
"



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Zitate aus Thomas Manns Tonio Kröger.