Freitag, 3. Mai 2013
Er wechselt von arglos-glücklich zu ungläubig-trotzig zu verzweifelt.
Halbe Stunde, bis er es langsam aufgibt, zu sagen,dass wir das schon wieder hinkriegen.
Wie ein angefahrenes Tier in den letzten Atemzügen.
Ich finde mein Verhalten/mich mindestens so scheiße, wie ich mich fühle.

Raucher: Soll ich vorbeikommen?
mayhem, weinend: Nur, wenn du deine Sache holen willst. Noch mehr Geflenne.
Raucher, weinend und verzweifelt-trotzig: Ich will meine Sachen aber nicht holen..


Fühle mich, als hätte ich nicht nur ihm, sondern auch mir das kaputte Herz rausgerissen, außerdem war er anscheinend doch wichtig.
Die geistig durchgespielte Alternative war aber genauso wenig eine Möglichkeit, und somit bin ich jetzt wieder alleine.

Keine Erleichterung, nur Weltuntergang.




Mittwoch, 1. Mai 2013
Das Leben wäre wohl nicht das Leben, wenn es nicht überall nochmal draufschlagen würde.

Beginn des Telefonats: Er ist bei der Maiwanderung mehrere Meter einen Berg runtergefallen, ihm ist schwummrig, sein Arm geschwollen und sein Bein fast bewegungsunfähig, aber er will nicht ins Krankenhaus.
Irgendwann Erpressung meinerseits, weil ich mir solche Sorgen mache. Wir beide ins Krankenhaus, ich zur Unterstützung, er zur Untersuchung, oder ich bleibe heute daheim. Er heult, ich heule fast, man diskutiert noch ein wenig, er will nicht ins Krankenhaus.
Ende des Telefonats: Er wirft das Telefon weg, hebt es nach 10 Minuten wieder auf und verkündet, so ein bisschen vor sich hin zu sterben, emotional, und sich wieder die Arme aufgeschnitten zu haben.
Und dass er nicht ins Krankenhaus geht, auch nicht zum Arzt morgen, dafür aber auf die Arbeit. Wenn ich es wäre, würde er mich zum Arzt zwingen, aber nachdem es nur er selbst ist, ginge es um niemanden, der im am Herzen liegt.


in mir ist glaub ich gerade wieder mal was kaputt gegangen




Mittwoch, 1. Mai 2013
Thema: von herzen
und er wird so sehr fehlen, wenn ich dann weg bin.

Als Stützpfeiler, als Wärme, vor allem als jemand, der da ist; von dem ich dachte, dass er da ist; der so wirkte, als würde er verstehen und immer da sein.
Aber eigentlich steht der Plan ja, theoretisch, irgendwie; die Sache beenden, einen Schlussstrich ziehen, alleine mutmaßlich irgendwie glücklicher werden.
Eigentlich gibt es da nichts mehr zu überlegen.
Eigentlich.
Mein Herz wäre nicht meins, wenn es die Sache nicht boykottieren würde.

Ich kann ihn vermissen, viel mehr, als man einen Menschen vermissen können sollte, und ich werde ihn so furchtbar vermissen,
er kann mir so gleichgültig sein, so furchtbar gleichgültig, und das Ende als einzig logische und eigentlich auch gut umsetzbare Lösung erscheinen.
Gerade will ich ihn nicht verlieren.
Eigentlich will ich ihn nie verlieren, aber ich will auch nicht, dass es so bleibt, wie es ist; meistens.

Und nach wie vor versuche ich, mich davon zu überzeugen, dass ich nicht spezifisch ihn vermisse, sondern einfach Geborgenheitsgefühl und Angekommen-Sein, schließlich ist die Anziehung, die da mal war, genauso im Moor versunken wie der Glaube daran, dass da potenziell jemand ist, der versteht.
Davon, dass es besser so wäre, für uns beide.
Dass er nicht mehr das ist, was er mal war(?) und es da eigentlich nichts mehr nachzudenken gibt. Oder zu retten.

Aber er gibt sich Mühe, manchmal; viel mehr als ich, habe ich das Gefühl, und mit viel mehr Verzweiflung.
Letztens hat er geweint meinetwegen.
Lag mit seinem Kopf an meiner Schulter und hat geweint, weil er mir sehr effektiv den Abend versaut hatte, ohne es zu wollen, und der festen Überzeugung war, nichts wert zu sein und immer alles falsch zu machen, und weil er doch nur wolle dass ich glücklich bin und nicht, dass es mir noch schlechter geht.
Und ich lag so daneben und habe ihn ein bisschen beruhigt und gesagt, steiger dich da mal nicht so rein, kann man jetzt schließlich auch nicht mehr ändern.
Und er hat weiter geheult und ich bin weiter ruhig geblieben,
und heute geht er feiern und ich kaputt,
und er trinkt und ich heule, weil wir beide weder mit der Situation,noch mit uns selbst oder dem jeweils anderen klarkommen.

Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll.
Alle Gründe, alles, was er nachvollziehen kann, wirkt so unwichtig.
Und ich bin dermaßen hin- und hergerissen, zum Zerreißen gespannt gewissermaßen, während er munter damit weitermacht,mich als erweiterten Lebenssinn/die Motivation zum Weiterleben überhaupt einzustufen.
Was die Gegenstimme nährt, und mir somit einen Grund gibt, so weiter zu machen.
In der Theorie ist das alles irgendwie viel einfacher.

Immer noch: Ich will ihn nicht verlieren. Ich fühle/weiß, dass das Risiko, dass sich wieder was ergeben würde, sehr hoch ist, solange da immer noch ein Stückchen des wasauchimmers ist, auch, wenn ich darauf hoffe, dass es sich nur um allgemeines Stabilitäts- und Herzheimatsbedürfnis handelt.
Ich bin mir sicher, dass die Welt sowas von untergehen wird, wenn ich mich dazu durchringe, es zu beenden.
Bei meinem Glück fällt mir eventuell auch genau an dem Punkt auf, dass ich doch auf irgendeine verkorkste Art und Weise verliebt bin; an dieser Stelle setzt auch die Gegenstimme zur Gegenstimme an und mahnt, man solle nichts überstürzen und stattdessen versuchen, es zu reanimieren;anfangs, vor der Beziehung, sei doch alles auf Beziehung ausgerichtet gewesen, die Gefühlswelt, die allgemeine Anziehung und überhaupt; man habe das wegen des Fremden zur Seite gedrängt, zwei auf einmal geht ja schlecht (ha,ha) und dabei eindeutig zu effektiv gedämpft, jetzt müsse man es eben wieder aufbauen.

Ich weiß nicht, ob es so ist.
Habe aber eine Sekunde lang daran geglaubt, dass ich mich endgültig lösen kann, ohne Weltuntergang, wenn ich die Sache mit dem Stabilsein und dem Zuhausefühlen mal auf die Reihe kriege und es mir wo anders her hole, im Idealfall aus mir selbst.
Ich fand das logisch und dachte, das geht, ich dachte es so lange, bis ich angefangen habe, darüber zu schreiben.

Jetzt gehts wieder los mit dem großen Geflenne, darauf scheint es ja jedes Mal raus zu laufen. Inzwischen also auch bei (objektiv gesehen und auf die Fakten/Umstände reduziert) vergleichsweise glücklicher Beziehung mit teilzeit-aufopferndem und mich leider Gottes gnaden- und auswegslos liebendem Partner.
Der mir, trotz allem, so viel Halt gab/gibt.
Dem ich der einzige Halt bin.


Das Mädchen von Anfang des Monats, dem die Egoschleuder, maßlos übertreibend, gesagt hat, ich fände es "sehr ansprechend" und würde es "gerne näher kennen lernen", und das ihm gegenüber verlauten ließ, wenn es zu Kontakt kommen solle,müsse ich schon sie ansprechen und nicht umgedreht, hat mir, aus heiterem Himmel und ohne begleitende Nachricht, sogar ohne einfaches Hallo, eine Anfrage im sozialen Netzwerk meines Misstrauens geschickt,
die Egoschleuder zeigt sich reumütig-anhänglich,mal wieder,
durch ihn hätte ich auch einen Weg zum tanzenden Historiker und somit zu Mr.Gaunt gefunden,
die Superklinik hat mich, unter der Bedingung, dass Retainer rein- oder alle Piercings rauskommen, angenommen,

aber in meinem Kopf ist der Raucher und im Rest Sintflut.




Samstag, 27. April 2013
"Ich glaube, du hast eine Persönlichkeitsstörung."
-"Ich glaube, ich muss mich hier mal einmischen."

Aus den Gesichtern des motivierten Musikpädagogen, dem die Egoschleuder mit gewohnter Ahnungslosigkeit und Selbstsicherheit die oben genannte Diagnose vor die Füße geflatscht hatte, und seines Bandkollegen, der Grinsebacke, verschwinden synchron die mühsam (und schlecht) aufrecht erhaltenen Positivfratzen, während die Egoschleuder sich, wie immer, als den Herrn der Lage und allen überlegen ansieht, was genau drei Sekunden anhält, bis ich nämlich sage, dass er mir auch schon wahllos alles (Un)mögliche diagnostiziert hat und man mit ein bisschen Phantasie beinahe jede Eigenheit in ein potenzielles Störungsanzeichen umdeuten könne, wenn man dabei so motiviert zur Sache geht wie er.
Dann rutscht wieder ein bisschen Aggression in sein Gesicht, aber er rudert dem motivierten Musikpädagogen gegenüber genau so zurück, wie er es bei mir auch getan hat: " Ich hab ja nicht direkt gesagt, dass du eine Persönlichkeitsstörung hast, Musikpädagoge, aber es gibt eben deutliche Anzeichen dafür."
Der Musikpädagoge fühlt sich, verständlicherweise, etwas vor den Kopf gestoßen, weil sein spontaner Wechsel von ruhigem Rumstehen zu absolutem Abgehen, der bei guter Musik innerhalb von Millisekunden erfolgen kann, als klares Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung herangezogen wird, und steigert sich somit in seiner Angepisstheit, während die Grinsebacke nur grinst. Mindestens zwei Minuten angespanntes Schweigen, dann versucht es die Egoschleuder nochmal mit ein paar ausgeklügelten Diagnosen und schließlich mit blöden Sprüchen, während die ehemalige Chemiekurskollegin auf meinem Handy mutmaßlich die hunderste Runde Slenderman spielt.

Und dann platzt dem Musikpädagogen der Kragen.
Eine Schimpf- und Schmerztirade jagt die nächste, er flucht auf die Gesamtsituation, auf die rücksichtlos-kindisch-idiotische Art der Egoschleuder, darauf, dass seine Bandkollegen die ganze Sache lange nicht so ernst nehmen wie er und ihn das aufregt, dass er sich deswegen einfach nicht mehr wohlfühlt mit ihnen, dass ihn allgemein niemand ernst nimmt, er wäre ja immer nur der nette Kumpel, der halt machmal bisschen angepisst ist, dass ihn das alles ganz massiv runterzieht und dass es ihm jetzt endgültig reicht.
Wohlgemerkt, alles in meine Richtung, weder die Egoschleuder, noch die Grinsebacke würdigt er auch nur eines einzigen Blickes.
Ich kann ihn gerade noch davon abhalten, durch den strömenden Regen fünf Kilometer von der Gruftterasse durch die Stadt bis zum Bahnhof zu laufen und dort auf den nächsten Zug (der frühestens in drei Stunden fahren würde) zu warten und entscheide mich, als ich ihn wieder fest in unserer kleinen Gesprächstherapiegruppe stehen habe, mal ganz doof zu fragen, ob sie bandintern überhaupt mal über solche Sachen reden.
"Nö", sagt die Grinsebacke.
"Nee", pflichtet ihm der Musikpädagoge bei. Und fügt nach einer Pause hinzu:" Könnten wir aber mal machen."
-"Wär wohl ganz sinnvoll", mutmaße ich.
"Aber der fängt dann immer so bescheuert zu grinsen an und es nimmt sowieso keiner ernst!", will sich der Musikpädagoge wieder aufregen, wird aber von der Grinsebacke abgefangen.
Die auch wieder nur in meine Richtung spricht.
"Ich kann da echt nichts dafür, ich finds ja selber total blöd. Aber wenn der Musikpädagoge was ernstes sagt, muss ich irgendwie immer automatisch grinsen, und dann wird er halt sauer. Guck, jetzt wieder."
Erneut halte ich den Musikpädagogen davon ab, mit einem "Das hat eh alles keinen Sinn" als Abschiedsworte zum Bahnhof zu laufen.
Betretenes Schweigen Nummer fünfzig, ich fühle mich ein wenig schlecht, weil ich mich einfach eingemischt habe, und entschuldige mich dafür, bekomme aber von beiden gesagt, das sei nicht so schlimm. Grinsebacke mutmaßt, das sei eventuell sogar notwendig gewesen, was die Egoschleuder veranlasst, mit einem verächtlichen Schnauben unseren Gesprächskreis zu verlassen und seine Kippe wo anders fertig zu rauchen.
"Ich fühl mich halt einfach nicht mehr wohl mit euch", fasst der Musikpädagoge seine vorherigen Äußerungen zusammen und richtet sich zur Abwechslung direkt an die Grinsebacke. "Ich nehme die ganze Sache und mein Leben ernst, ich betreue 10 Schüler. Und oft genug auch noch euch, weil ihr unfähig seid, euch mal zusammen zu reißen und so zu arbeiten, wie man das eben muss, wenn man das erreichen will, was wir erreichen wollen. Und wenn der Penner da drüben"-er zeigt in Richtung Egoschleuder- "unfähig ist, mal aus seiner frühpubertären Phase rauszukommen,heißt das nicht, dass du genauso sein musst, sobald er dabei ist. Das geht mir nämlich massiv auf den Wecker, und ich fand den Abend heute sonst echt toll, was aber daran gelegen hat, dass ich die meiste Zeit bei mayhem und ihrer Freundin war. Wenn ich nur mit euch hier gewesen wäre, wäre ich nach einer Stunde wieder gegangen und mit dem Zug gefahren. Und das finde ich traurig, schließlich kenne ich euch viel länger, und wir sind schon ewig befreundet."
Die Grinsebacke schluckt.
Schweigepause, bis der Musikpädagoge wieder einsetzt.
"Bringt jetzt aber auch nichts, wenn wir hier noch ewig im Regen rumstehen. Wir haben drüber geredet, wies weitergeht, werden wir sehen. Bevor wir uns ne Lungenentzündung holen, wäre es besser, wenn wir jetzt fahren würden."
"Ja, ist wohl vernünftig." Die Grinsebacke, mit todernstem Gesichtsausdruck, setzt sich mechanisch in sein Gefährt und manövriert es aus der winzigen Parklücke,damit wir auch einsteigen können.
Im Auto bekomme ich zwei Männerjacken und den Mantel der Chemiekurskollegin aufgedrängt, anscheinend sehe ich von allen am durchgeweichtesten aus, und werde von der Egoschleuder nach wie vor ignoriert.
Soll er doch.
Den halben Abend hat er damit verbracht, zu versuchen, mich abzufüllen, war dann sauer, als ich mich für Freigetränke bedankte, aber ihn darum bat, mich doch bitte vorher zu fragen, ob und was ich trinken wolle, und auch noch die Frechheit besaß, seine Annäherungsversuche abzuwehren, und schubste mich unnötig brutal weg und somit auf eine andere Besucherin, als ich später im Gedränge vor der Garderobe ungeplanten Arm-zu-Arm Kontakt mit ihm hatte.
Um sich dann per sms zu erkundigen, ob er bei mir schlafen dürfe.

Antrag dankend abgelehnt, noch mehr kalte Ignoranz geerntet, gedacht, who cares, und beim Aussteigen gleichbleibend freundlich von allen inklusive ihm verabschiedet.
Eine betrunkene sms vom Raucher bekommen, deren Inhalt sich leider nicht entschlüsseln ließ, wieder mal versucht, möglichst leise mit Kampfstiefeln die Endlostreppen bis in mein Luftschloss raufzukommen, zur Nervenberuhigung das Stück Kuchen, das die Chemiekurskollegin für mich mitgebracht hatte, gegessen, und nach der üblichen Abendroutine in meiner Decke, der ersten Decke des Rauchers und der zweiten Decke des Rauchers vergraben, um nach mehreren Stunden dann doch einzuschlafen.