Freitag, 13. Juni 2014
...to join the Black Parade.
...oder auch: halbes Requiem für den besten Polo der Welt.


Als ich meine Kündigung aus der Post gezogen habe, dachte ich, die Welt geht unter, aber kennwa ja schon.

Als sich der Mensch, der den neuen Tank ins Mayhemmobil einbauen wollte, nicht mehr meldete, dachte ich mir, Scheiße.
Ebenso, als ich die Spiegelfläche meines linken Außenspiegels irgendwo auf der Autobahn verloren habe.


Als meine Bremse heute auf einmal nicht mehr ging, wir Bremsflüssigkeit nachfüllten und nur noch kurz entlüften wollten, dachte ich, wird schon nichts Schlimmeres sein.
Bitte lass es nichts Schlimmeres sein.

Als sich herausstellte, dass der dazugehörige Schlauch mehr Loch als Schlauch ist, konnte ich mein schlechtes Gefühl nicht mehr länger ignorieren, aber sagte mir, vielleicht wirds ja wieder.

Dann hat es geknirscht und der Wagenheber hat sich zwei Zentimeter tief ins Auto gebohrt.
Und die Schraube, die eigentlich sechskantig und in 12er-Größe sein sollte, musste mit einem 10er-Rundschlüssel festgezogen werden, weil sie nicht nur weg- sondern rundgerostet ist.


Und dann habe ich im Mayhemmobil gesessen, ihm vorsichtig übers Lenkrad gestreichelt und zu ihm gesagt, es tut mir Leid, aber vielleicht schaffen wir es doch nicht bis zum H-Kennzeichen.
Dass es mir so Leid tut, aber dass das "bis das der TÜV uns scheidet" wohl näher liegt, als geplant; wenn wir es denn überhaupt bis dahin schaffen. Ein Jahr und zwei Monate noch.
Der Mechanikeronkel des Postboten, bei dem ich einen Stopp eingelegt hatte, wollte mich eigentlich gar nicht weiterfahren lassen.
Aber muss ja.
Muss morgen zu Uni und wieder heim, jeweils eine Stunde Fahrt.
Muss Wohnung besichtigen.
Und eigentlich auch aufs Festival fahren.
Und das noch eine ganze Weile so machen.

Wenn mein Auto einen Geist hat, wovon ich felsenfest ausgehe, dann hoffe ich, dass er mir nicht böse ist.
Und dass es mehr friedliches Einschlafen als langsames Siechtum ist.

Alles bröselt weg, sogar mein Mayhemmobil. Unwiderruflich.
Selbst das Mayhemmobil, geliebtes und bestes aller Autos. Auch, wenn es nicht frohmbwahsrot ist.





Dienstag, 10. Juni 2014
Nach einem weiteren Ausraster des Knastbruders flüchte ich in der Theorie zum Fremden; in der Praxis wohnt der ja wieder bei Mutti und schiebt mich zum Mischpultmann ab.

Es folgt das obligatorische Gespräch über den Raucher, der sich zwischenzeitlich halbwegs gefangen und durch die Gegend gevögelt hatte, tut ja auch mal ganz gut,
das aber leider im Dauersuff.
Im Westen nichts neues.

Bis der Mischpultmann, der den Raucher seid 12 Jahren kennt, sagt, dass das eigentlich nicht meine Schuld ist.
Dass er so oder so immer wieder seine EvilBlackMetal-Phasen hat, seine Selbstzerstörungstrips fährt, seine Bierkastenburgen baut.
Auch, wenn er mit der ganzen Sache mit mir eigentlich schon abgeschlossen hat.
Dass er vielleicht nur eine Rechtfertigung gesucht hat.
Und in solchen Phasen außerdem fast das homophobste, rassistischste Arschloch ist, das so zum Absteigeninventar gehört.
Dass das einfach so ist
und dass es nicht meine Schuld ist.
Nach etwas über einem Jahr mehr als nur schlechten Gewissens mal eine ganz nette Abwechslung, das zu hören.


Alles wird gut.
Dafür werde ich sorgen.
Ein Wohnungsbesichtigungstermin, vielleicht noch diese Woche,
und ein Festival, dieses Wochenende.
Kein großes, aber ein gutes.
Weil nichts so gut gegen Weltuntergänge hilft wie überteuertes Plastikbecherbier, in der Sonne sitzen, bis die Sommersprossenarmee meine kompletten Wangen eingenommen hat; sich, je nach Bühne, das Hirn wegschreien lassen oder sich über schlechten Pseudopop/Hiphop/Möchtegernelektro aufzuregen,

und ganz einfach mal wieder zu spüren, dass man noch lebt.

In diesem Sinne verabschiede ich mich schon mal prophylaktisch ins Wochenende, sollte ich nicht mehr zum Schreiben kommen.
Man könnte jetzt darüber diskutieren, ob es so schlau ist, mit dem Fremden, dem Mischpultmann, dem Raucher, dem schweigsamen Hessen und wie sie alle heißen auf ein Lokalfestival zu gehen, auf dem so am Rande noch Mr.Gaunt mit Freundin rumfliegt, und das Ganze nebenher noch zur Normalitätskonfrontationstherapie für Tante Emma (Knastbruder-Ex-und-Gelegenheitsfickschnitzel. Versucht, ihr Leben auf die Reihe zu kriegen, hängt aber leider nach wie vor an ihm und lässt sich deswegen auch gelegentlich halb bewusstlos prügeln) zu erklären, der ich gerade beibringe, dass es auch gute Menschen gibt.

Aber es ist Musik, lebende und wummernde und trommelfellkillende Musik, und ein Festival, und es sind all die Menschen, die mal wichtig waren, oder es immer noch sind,
die mal Freunde waren,
oder nur so getan haben,
oder mich an den Rand eines Wutausbruchs bringen,
oder einfach scheiße sind.
Es ist das, was mir die letzten Wochen so sehr gefehlt hat, und vielleicht das, was mich noch irgendwie "bei Verstand" hält.




Donnerstag, 5. Juni 2014
Thema: von herzen
Der 1313. Tag von Just Listen. Wenn das kein Zeichen ist.

Als ich dich durch die Wohnungstür und in dein Zimmer bugsiere, während du lallend deinen kleinen Vortrag (Grundbegriffe der Betrunkosophie) für wenauchimmer beendest und anschließend dein Handy in einen der Schmutzwäschehaufen, die sich im Gang auftürmen, beförderst;
dich mit deiner Jacke zudecke, dir dein versifftes Kissen unter den Kopf schiebe und dabei die kleine Delle vom Schädelbasisbruch spüre,
dir die regennassen roten Haare möglichst schonend mit einem meiner Zopfgummis, die du mir sowieso ständig klaust, zusammenbinde, damit du dich im Schlaf weder strangulierst, noch skalpierst;

und als du aufwachst, wie du eben immer im Zweistundentakt aufwachst, um eine zu rauchen,
und es nicht mal mehr fertig bringst, dir eine zu drehen,
aber es schaffst, mich in die Arme zu nehmen, aus dem Nichts, bevor du mit einem "Ich hab dich lieb" wieder auf dein Ranzkissen zurücksinkst, eine Hand immer noch auf meinem Knie,

stelle ich fest, dass ich die bilderbuchmäßigste Co-Abhängige bin, die ich kenne.
Immer wieder.
Und dass es Zeit ist, zu gehen.
Schon wieder.

Vielleicht werden manchmal gerade die "Seelen" am rücksichtslosesten zur Rastlosigkeit gezwungen, die doch eigentlich nur nach Hause wollen.
Oder etwas, das sich so nennen ließe.

Fragen Sie mich nicht, warum.






Freitag, 30. Mai 2014
Ja, die Neigungsgruppe (siehe Video im letzten Eintrag) hats mir irgendwie angetan.
Sie wussten von Anfang an, dass ich seltsam bin, also gucken Sie jetzt nicht so...



Habe beschlossen, auf sämtliche WG-Gründungsversuche zu scheißen. Ständiges Hängengelassenwerden geht mir nämlich an die Substanz, und die ist schon marode genug vor lauter Herzschmerz.

Weshalb ich beschlossen habe, auch dem nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als unbedingt sein muss.
Hebel umgelegt, Hauptsache meilenweit weg vom Beziehungsmodus, die nächsten fünf Jahre am Besten.
Ausnahmsweise geht es mir sogar ganz gut damit; fühle mich wohl, Verbindlichkeiten sind eh doof und ich neige dazu, immer zerfleddert und total kaputt zurückgelassen zu werden.
Zudem fange ich langsam an, ansatzweise daran zu glauben, vielleicht doch so ein bisschen die coole Socke zu sein, für die mich manche Menschen halten wollen.

Deshalb suche ich eine Wohnung, in einem Vor- oder Nachbarort der Unistadt, weil ich da von Anfang an hin wollte, günstigere Preise, Wälder und Felder und Dorfidylle bis zum Erbrechen und die Chance auf tierfreundliche Vermieter.
Ich suche sie für mich alleine, und für die Katze, oder Katzen, mal schauen, wie sich das entwickelt.
Und ich werde meine zum Teil mindestens 40 Jahre alten Möbel reinstellen, und die Küche aus der ehemaligen WG Mr.Gaunts, die den tollsten Backofen der Welt hat, und meine Standlampe, und den Schminktisch, und meinen Leitpfosten, ohne dass sich da jemand drüber beschwert.
Und wer in geschlossenen Räumen kifft oder raucht oder sonstwas, bekommt eine gepaddelt, und wer ohne mich vorher zu fragen in meinem Bett vögelt, sowieso.

Ich will meine friedliche Idylle mit gelegentlichen schwarz- bis todemetallischen/elektronisch angehauchten/sonstwie gearteten Unterbrechungen, schlechtem Tanzen zu noch schlechterer Musik in beinahe leeren Gruftkellern, dann und wann einem Abstecher in irgendwelche obskuren Kneipen,
und einer Arbeit, bei der ich nicht auf der Abschussliste von irgendwelchen gefrusteten Chefstellvertreterinnen stehe.
Mit Katze(n), Axolotln, meinen Büchern und Natur, die den Namen auch verdient.

Und ich werde mich jetzt verdammt nochmal darum kümmern.
Amen.