Sonntag, 29. Juni 2014
Tante Emma und ich vergammeln die Zeit, bis der Postbote uns abholen kann, stilecht hinterm alten Supermarkt, sie mit einer Flasche Zweieuroweincocktail, ich mit Mediumwasser, und mit dem, was so an Musik auf meinem Handy rumfliegt, was uns gnädigerweise ghettoisierende Vorpubertisten besser vom Leib hält als jedes Insektenspray.
Alles ist gut, das Nieselwetter hält sich auch in Grenzen und im Prinzip könnte man sich auf den Abend freuen (Punkkonzert unter freiem Himmel. Ihr zuliebe. Und "früher" mochte ich das ja auch mal ganz gerne).
Dann ruft sie der Knastbruder an.
"Ey Schnegge, willste bumsen?"
Sie sagt nein, alles ist gut.

Zehn Minuten später hat er uns gefunden und sie will für fünf MInuten alleine mit ihm reden.

Nochmal zehn Minuten später werde ich zur Wohnung beordert, er führt sein übliches "ich bin doch gar nicht so böse, und du bist doch voll korrekt und ne gute Freundin"-Theater für sie auf und sie fragt mich, was sie machen soll. Er hätte gerne, dass sie den Abend bei ihm verbringt, schließlich ist sie ab Dienstag im betreuten Wohnen in der Unistadt, er säße sonst alleine rum, und sie hätten ja schon so viel durchgemacht, und bla, Freundschaft, das Übliche.
Ich sage ihr, dass sie das selbst entscheiden muss, ich zwar etwas enttäuscht wäre, aber sie zu nichts zwinge(n kann/will).
Sie bleibt, das Letzte, was ich mitkriege, sind ein paar Takte Bollywood-Filmmusik, die mich in meiner Überzeugung, dass man beim Knastbruder getrost auf sein ständiges Gerede von wegen "Ehrlichkeit", "zu seinem Wort stehen" und "Loyalität" scheißen kann und er im Endeffekt auch nur ein falscher Pseudomensch ist, dezent bestärken (welcher Mann tut sich schon freiwillig und ohne Hintergedanken Bollywood an? Das würde ja nicht mal ich machen).

Eine halbe Stunde später steuere ich die abgeranzte Riesenkarre des Postboten mit 120 durch die 70er-Pseudoserpentinen vom Dorfsportplatz zurück Richtung Kleinstadt, lege eine 1a Vollbremsung beim Marktplatz hin, lade die sehr verstörte, dauerjammernde und -heulende und nur halb angezogene Tante Emma ein und steure den Kahn im gleichen Fahrstil wieder zurück Richtung Konzert.
"Lass mich raten: Er hat dich halb abgefüllt, du konntest nicht nein sagen, ihr habt gevögelt und er ist ausgetickt?"
-"Ja, und das tut immer so weh und er hört trotzdem nicht auf und ich musste mit Anrufen warten bis er schläft und dann hab ich mich rausgeschlichen aber er hats mitgekriegt und mir nachgebrüllt und dann bin ich gerannt und hab mir unterwegs das Nötigste angezogen und das ist alles so furchtbar ich komm einfach nicht von ihm los und wieso tut er mir das an und ich hatte Angst dass du nicht auftauchst..."
"Atmen. Einfach weiteratmen." Ich schaffe es tatsächlich, gleichzeitig den Kampfkoloss von Auto zu steuern (Servolenkung...wie lange ich sowas schon nicht mehr in den Händen hatte), meine Jacke aus- und sie Tante Emma anzuziehen, ihr eine Zigarette in den Mundwinkel zu klemmen ("Hast du ne Kippe, ich dreh sonst echt noch durch. Der hat mir meine alle weggeraucht!") und sie sogar anzuzünden.
Nachdem sie sie in gefühlt einem Zug bis zum Filter runtergeraucht und das noch dreimal wiederholt hat, während ich versuche, ihr den Selbsthass auszureden, beruhigt sich Tante Emma tatsächlich wieder ein bisschen. "Danke, dass du her gefahren bist, ehrlich."
-"Kein Problem. Ich hab dir gesagt, so leicht kriegst du mich nicht los, und dass ich das so meine, wenn ich sage, ich bin da."
Als Antwort wirft sie sich mir um den Hals und uns damit fast die Serpentine runter (verdammte Servolenkung aber auch).

Auf dem Konzert habe ich zu tun, gleichzeitig Tante Emma vom Dauersaufen ab- und mir/später ihr einen seltsamen Deathrocker-Grufti-Rockabilly-Styler-Verschnitt vom Hals zu halten, während ich eigentlich nur mit einer Band, deren Sänger und Gitarrist ich aus der Absteige kenne und schon ewig nicht mehr gesehen habe, reden, gemütlich mein Radler trinken und irgendwie die anderen hören will.
Klappt natürlich alles nicht, und zwischen Tate Emmas Feststellung, dass sie die Musikrichtung ganz furchtbar vermisst hat, während ich ihr irgendwie tatsächlich so ein bisschen entwachsen bin, etwas Zusatzemotionsstress ihrerseits, weil der Mischpultmann sie total ignoriert, und ein paar ganz netten Begegnungen, die ich aber jedes Mal vorzeitig stehen lassen muss, helfe ich ihr in schöner Regelmäßigkeit, aufs Klo zu gehen ("Da sin üüüüüüberaaaaalll Menschen!" - "Nein man, da sind keine Leute. Wir sind im Wald! "Üüüüüberaalll Menschen, da kannsch nich pissn!"), bringe sie in Sicherheit, wenn sie sich zielsicher mit Zweimeterfünzigpunkern vom Typus "hochaggressiver, muskelbepackter Schrank" anlegt, baue sie wieder auf, wenn sie in Selbstekel und Seelenschmerz versinkt, und passe auf, dass sie nicht von der Bank fällt, wenn sie wieder apathisch vor- und zurückwippt.

Erkläre ihr, dass so ein Herz ganz schön lange brauchen kann, bis es wieder bei einem angekommen ist, während ein Bekannter unbedingt Fotos vom letzten Konzert der Band Mr.Gaunts rumzeigen will, auf denen natürlich auch er samt neuem Anhang zu sehen ist.
Und dass das wehtut ohne Ende, aber man da durch muss, irgendwie.
Tante Emma weint und rotzt meine Jacke,mich und auch gleich den Postboten voll und sagt, sie hält das alles nicht mehr aus. Ich doch auch nicht.
Ich sitze daneben, beschränke mich aufs da sein, Taschentücher reichen und Kippen drehen und bin dadurch der wunderbarste Mensch der Welt. Sagt sie, und will mir schon wieder einen sabbrigen Schmatzer aufdrücken.

Der komische Wasauchimmer-Verschnitt ist die ganze Zeit um uns herumgeschlichen, und als ich dann doch mal aufs Klo muss, hat er anscheinend seine Chance gewittert, denn als ich wiederkomme, will Tante Emma gerade eine halb leere Flasche Wodka ansetzen und der Mutant sitzt vor ihr, streicht sich unheimlich tiefsinnig eine schlecht pomadisierte Strähne aus der Stirn und macht einen auf rebellisch, aber doch sooo tiefgründig und emotionsverkrüppelt.
"Kind: Nein." Zwei einfache Worte, mit denen ich Tante Emma die Flasche entreiße, mich neben ihr auf die Bank plumpsen lasse und dem Möchtegernmutanten den bösesten Blick schenke, zu dem ich aus dem Stand fähig bin.
"Wassollndas?", jammert Tante Emma, faltet sich aber sofort danach auf unserer Bank zusammen, lässt ihren Kopf auf meinen Schoß fallen und fängt an, leicht sabbernd wegzudösen.
"Eben, was soll denn das?", fragt der Mutant, "lass sie doch ihren Spaß haben."
-"Mein kleiner Freund, der Einzige, der hier Spaß haben wollte, bist du, und das kannst du schön knicken, solange sie das nicht selbst entscheiden kann."
"Sie ist doch alt genug, also bitte. Bist du ihre Mutter oder was?". Verunsichertes Lachen. Meinem Blick kann er auch nicht Stand halten.
-"Ich bin ihre Mutter im Geiste, und inzwischen eine verdammt gereizte noch dazu. Und wenn ich noch einmal mitkriege, dass du um uns rumschleichst, oder versuchst, sie abzufüllen, oder du uns wieder nachdackelst, wenn wir in den Wald gehen, oder ich auch nur sehe, dass du uns anschaust und mir dein Blick nicht passt, wirst du dir wünschen, mir nie begegnet zu sein, das garantiere ich dir."
Sie hat mich gebeten, auf sie aufzupassen und ihr keinen Alkohol mehr zu geben, also mache ich das. Und lasse es auch unter Garantie nicht zu, dass sie heute nochmal zum Triebbefriedigungsobjekt wird.
Zweieinhalb Sekunden hält der Mutant dem finstersten Blick, der je meine Augen verlassen hat, noch aus, dann macht er sich vom Acker und in meinem Kopf klatscht ein imaginäres Publikum und wirft mir Blumen zu.

Vielleicht habe ich nicht alles vom Konzert mitbekommen (gegen Null Uhr mussten der Postote und ich Tante Emma zum Auto tragen, weil sie nur noch vor sich hingewippt hat und dauernd am wegpennen war), bin zwischendurch fast vor Platzangst durchgedreht (auch in einem großen Kombi wird es zu dritt eng, besonders, wenn eine halbe Alkoholleiche dabei ist und niemand die Fenster aufmachen will), wurde, als endlich alle geschlafen haben, von meinem eigenen Restherzschmerz halb bewusstlos geschlagen, aber irgendwas ist ja immer.

Und wenn ich schon muttihaft bin, dann bin ich wenigstens eine von der coolen Sorte.
Eine unfassbar düstere, finstere, trve kvlt Mutti of Doom, und so. Sie wissen schon.




Mittwoch, 25. Juni 2014
Pendelnd zwischen der WG, der Unistadt, der Wohnung des Mischpultmannes und allen Konzerten, die sich ergeben und mich keinen Eintritt kosten, zersetze ich mich in meiner eigenen Seelensuppe, verglühe langsam und bete mir vor, alles wird gut. Wer schnell fährt, wird eben manchmal von der Fahrbahn gedrückt.
Und wer mit Sehschwäche, ohne Karte und ohne Navi, in tiefster dunkelster Nacht und mit einem inkontinenten, zerrosteten Polo, dessen linker Außenspiegel aus einem Motorradaußenspiegel, der mit zwei Kabelbindern befestigt wurde, besteht, unterwegs ist, muss erst recht mit Kollateralschäden rechnen.


Der Polo fährt aber nicht mehr. Ohne Bremsflüssigkeit (die suppt nämlich raus ohne Ende) eher suboptimale Bremswirkung, und ohne die ist Autobahnfahren keine gute Idee.

Und weiter geht es trotzdem, muss ja.
Ich weiß gar nicht mehr, wohin mit den ganzen Kollateralschäden.
Bohre sie mir irgendwo in die marode Psyche wie einen Reißnagel zum Posteraufhängen in die Wand.

Und laufe weiter.
Zum Bahnhof, oder zum Mischpultmann, und einmal sogar zum Raucher.
Jeder ein Bier, er eine Schachtel Kippen, ich meine letzten Filter und ein bisschen was von dem Tabak, den mir der Mischpultmann geschenkt hat.
Sternegucken, den Hund flauschen.
Wie früher.
Bis ich mein Bier leere und mich verabschiede.
Von so viel mehr als nur ihm und seinem Hund.

Ohne Auto und ohne Geld für den Zug komme ich nicht zurück nach Mayhemsdorf, deshalb findet Kommunikation mit Papa Mayhem nur auf telefonischem Wege statt.
Er will wissen, was mit Geld passiert ist, dass ich vor fünf Jahren hatte, und überlegt immer noch, ob er, wie es meine potentiellen neuen Vermieter fordern, seine Unterschrift unter den Mietvertrag setzen, bzw alternativ für mich bürgen soll. Warum zur Hölle er das machen sollte.
Was er sich nicht überlegt, ist die ewige Unterhaltsgeschichte. Die akuter ist denn je, denn Bafög bekomme ich nicht, weil er zu viel verdient. Und überhaupt, ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.
Er habe mich ja nicht zum Auszug gezwungen.

Also laufe ich, sobald ich einen Termin und Geld für den Zug habe, nicht nur zur Rentenversicherung (Waisenrente) und Familienkasse, sondern auch gleich noch ein Gebäude weiter. Vielleicht hilft ja ein freundliches Schreiben.
Für nen Anwalt reicht es ja leider nicht.
Vermutlich werde ich auf ewig im Hass der Vatersfreundin brennen.
Und in dem Papa Mayhems.

Manchmal nimmt man aber nicht nur Kollateralschäden und ein paar auf der Windschutzscheibe zerplatzte Fliegen mit. Als Ausgleich.
Als Ausgleich ist der Raucher wieder da, als Freund. Nicht wie früher, aber er ist da. Und er ist glücklich, und sobald er oder sie es endlich mal in Worte fasst, sogar offiziell nicht mehr alleine, und eigentlich freue ich mich für ihn, unter Allem, was da so auf meinem Herz lag.
Habe es alles zusammengeschaufelt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Mein Herz muss atmen können.
Als Ausgleich sind der Mischpultmann und Tante Emma, die anscheinend dank meiner schon mehrfach erwähnten Katalysatorwirkung ebenfalls zusammen gefunden haben, da.

Oder so.


Ausgleich ist, was du draus machst.
Für den Optimismus, den der Postbote predigt, reicht es gerade nicht.
Für den Moment beschränke ich mich auf "einfach weiteratmen".
Das ist meine Art von Krisenmanagement.




Freitag, 20. Juni 2014
Wenn da wieder Verwirrung ist,
und sogar sowas wie Eifersucht,
und Endlostelefonate,
und ich meine Vorlesungen damit verbringe, mit ihm zu schreiben, statt wahllos im Lieblingsforum Threads zu durchwühlen,
und da dieser kleine Hauch Positivgefühl ist;


und dann das Foto auftaucht, mit ihr,
und ein Blick in die Gesichter der beiden Bände spricht,
und da dieser Stich ist, den ich eigentlich gar nicht spüren sollte,

und ich ihm alles Gute wünsche und das sogar ein bisschen so meine,
und er sagt, dass er jetzt seinen Frieden gefunden hat, weil wir uns ausgesprochen haben und ich wieder da bin,
und er loslassen kann, jetzt wo er weiß, dass es eben abgeschlossen ist,
wo ich doch gar nicht weiß, ob es das ist

drängt sich mir der Verdacht auf, dass ich auf noch mehr Arten bescheuert bin, als bisher standardmäßig angenommen.




Sonntag, 15. Juni 2014
Thema: monolog
Am Freitag kann Tante Emma noch gar nicht glauben, dass sie auf einem Festival ist.
Mit mir.
Überhaupt, wir hier.
Draußen. In der anderen Welt.
Wir kletten uns zwischendurch immer mal an den stockbesoffenen Fremden oder den Mischpultmann, gelegentlich sorge ich zusammen mit ein paar Sachsen schonmal dafür, dass ich am nächsten Tag mit einem Monsterdread auf dem Kopf und fiesem Nackenmuskelkater aufwachen werde, was aufgrund der Tatsache, dass wir es rein aus Protest zu schlechtem Girliepop tun, sämtliche Kamerablitze in unsere Richtung lenkt. Egal.
Ein bisschen wirken wir auf mich wie Laborhunde, die gerade freigelassen worden sind.

Zu den Sachsen gehört auch ein Exilsachse, der inzwischen hier wohnt und immer seinen Tabak bei mir gekauft, mich dabei sehr sympathisch angelächelt und meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.
Klassischer Dummschmarrer, wie ich es nunmal bin, wenn ich gerade nicht in meinem Angstzustand festhänge, bekommt der Exilsachse eine freundlich-lockere Begrüßung sowie meinen Namen entgegengeworfen. Wenn wir eh schon alle bei seiner Autogruppe (die auch die des Mischpultmanns und Co. ist) hier rumstehen.
Dachte ich mir.
Der Exilsachse sieht mich ausdruckslos an, zieht eine Braue hoch, dreht sich um und stiefelt zum Auto seines Kumpels.
"Wunder dich nicht, der is selbsterklärter Master of Coolness." Der Raucher. Und er spricht mit mir!
-"Ah, ok. Naja, ich bin ja auch nicht evil Black Metal, wie ihr das alle seid."
"Moooment, ich denke, du bist die Fürstin der Finsternis, Miss Mayhem, der Tod und überhaupt? "
"Den Posten hatte ich eigentlich an den Nagel gehängt", seufze ich, "aber man hat ja sowieso nie seine Ruhe. Geht ja alles vor die Hunde, wenn ich nicht da bin."

Nachdem zwei von drei aus dem Nichts aufgetauchten, vollkommen betrunkenen Schwedinnen sich mehr oder weniger auf Tante Emma und mich stürzen wollten und die eh schlafen gehen will (und das schon um 4.30Uhr morgens!), endet der Abend grübelnd, etwas frierend und dezent verwirrt (der blöde Exilsachse! Und wieso spricht der Raucher normal mit mir? Und was mache ich eigentlich mit der ganzen anderen Scheiße?) in meiner Zeltecke.
Ohne Schwedin. Die eine hat mir gleich zur Begrüßung wahllos ihre Hände auf die Brüste geflatscht und wollte gar nicht mehr loslassen vor Begeisterung; der Alkoholpegel der anderen hat dafür gesorgt, dass ich mir wie ein frauenausnutzender Highschool-Creep vorgekommen wäre, wäre ich auf ihr schwankendes Lallen eingegangen.

Am Samstag kann ich nicht glauben, dass ich tatsächlich mit dem Raucher auf einem Festival bin.
Der Fremde ist zwischendurch heimgefahren, hat mich zum Katzefüttern und -bespaßen abgesetzt, ein paar Stunden später sitze ich zwischen dem Mischpultmann und dem Raucher, der keine frischen Narben hat, nicht kifft, gar nicht so homophob und rassistisch klingt und schon bei "betrunken" von Bier zu Cola übergeht.
Man hört sich ein paar Bands an, ich schnorre mich in Sachen Flüssignahrung und Zigaretten so effektiv bei sämtlichen vorbeilaufenden Menschen durch, dass der Raucher und ich überlegen, eine Firma damit aufzuziehen, und als die anderen vor der Bühne und Tante Emma und ihre neue Bekanntschaft an der Bar sind, kommt die Frage, vor der ich mich die ganze Zeit gefürchtet habe:
"Wie gehts dir eigentlich so?"
Leider Gottes auch noch ernst gemeint.
Und wir machen Mackenabgleich, die ganze Scheiße, die in letzter Zeit bei mir gelaufen ist und die, die ihn überrollt hat, als ich weg war.
"Ich wollte nur, dass du glücklich bist."
-"Ich auch.
Deshalb hab ich Schluss gemacht. Mir ist das über den Kopf gewachsen."
"Mir ja auch."
-"Im Endeffekt hätten wir uns wahrscheinlich beide weggehängt."
"Glaub ich auch. Kippe?"
-"Immer her damit."

Sein Hund lebt immer noch, Methusalem ist nichts dagegen. Und in seinem Kleiderschrank liegt immer noch einer meiner Leitpfosten.
Erzählt er so, während irgendeine schlechte Hardcoreband lieblos Töne auf die Bühne rotzt.
Was alles gleich geblieben ist.
Dabei ist so viel passiert.

Dann erkläre ich es ihm. Was damals eigentlich alles los war, in meinem wirren Hirn und meinem verwirrten kleinen Herz, und wieso ich so war, wie ich war.
Und er tut nicht nur so, sondern versteht es sogar wirklich. Und sieht ausnahmsweise mal so aus, als würde er klarkommen.
Mit sich, und der Welt, mit mir, und überhaupt mit Allem.
Und dann sagt er, eigentlich wars trotzdem schön.
Dass das kein Versuch sein soll, es wiederzubeleben, aber ich als Mensch gefehlt habe.
Aus irgendeiner Ecke in mir kommt Zustimmung, zusammen mit der Angst, dass er es doch anders meint, oder ich es anders meine, oder Mist baue, aber als er mich am nächsten Tag heimfährt, wie früher immer, noch kurz die Katze flauscht und sich dann verabschiedet, weiß ich, dass es nicht so ist.

Und aus irgendeiner Ecke kommt ein Hinweis, eigentlich klingt er mehr wie eine Tatsache, dass das ausnahmsweise kein Mist war. Und er mir nicht wieder was vorspielt. Und ich nicht wieder scheiße baue.
Dass er wieder der ist, der er mal war, nur anders, und dass das gerade ganz gut tut.
Er mir, ich ihm, wie auch immer.
Man sieht sich immer zweimal im Leben.
Und manchmal ist das ganz gut so.