Thema: monolog
Am Freitag kann Tante Emma noch gar nicht glauben, dass sie auf einem Festival ist.
Mit mir.
Überhaupt, wir hier.
Draußen. In der anderen Welt.
Wir kletten uns zwischendurch immer mal an den stockbesoffenen Fremden oder den Mischpultmann, gelegentlich sorge ich zusammen mit ein paar Sachsen schonmal dafür, dass ich am nächsten Tag mit einem Monsterdread auf dem Kopf und fiesem Nackenmuskelkater aufwachen werde, was aufgrund der Tatsache, dass wir es rein aus Protest zu schlechtem Girliepop tun, sämtliche Kamerablitze in unsere Richtung lenkt. Egal.
Ein bisschen wirken wir auf mich wie Laborhunde, die gerade freigelassen worden sind.
Zu den Sachsen gehört auch ein Exilsachse, der inzwischen hier wohnt und immer seinen Tabak bei mir gekauft, mich dabei sehr sympathisch angelächelt und meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.
Klassischer Dummschmarrer, wie ich es nunmal bin, wenn ich gerade nicht in meinem Angstzustand festhänge, bekommt der Exilsachse eine freundlich-lockere Begrüßung sowie meinen Namen entgegengeworfen. Wenn wir eh schon alle bei seiner Autogruppe (die auch die des Mischpultmanns und Co. ist) hier rumstehen.
Dachte ich mir.
Der Exilsachse sieht mich ausdruckslos an, zieht eine Braue hoch, dreht sich um und stiefelt zum Auto seines Kumpels.
"Wunder dich nicht, der is selbsterklärter Master of Coolness." Der Raucher. Und er spricht mit mir!
-"Ah, ok. Naja, ich bin ja auch nicht evil Black Metal, wie ihr das alle seid."
"Moooment, ich denke, du bist die Fürstin der Finsternis, Miss Mayhem, der Tod und überhaupt? "
"Den Posten hatte ich eigentlich an den Nagel gehängt", seufze ich, "aber man hat ja sowieso nie seine Ruhe. Geht ja alles vor die Hunde, wenn ich nicht da bin."
Nachdem zwei von drei aus dem Nichts aufgetauchten, vollkommen betrunkenen Schwedinnen sich mehr oder weniger auf Tante Emma und mich stürzen wollten und die eh schlafen gehen will (und das schon um 4.30Uhr morgens!), endet der Abend grübelnd, etwas frierend und dezent verwirrt (der blöde Exilsachse! Und wieso spricht der Raucher normal mit mir? Und was mache ich eigentlich mit der ganzen anderen Scheiße?) in meiner Zeltecke.
Ohne Schwedin. Die eine hat mir gleich zur Begrüßung wahllos ihre Hände auf die Brüste geflatscht und wollte gar nicht mehr loslassen vor Begeisterung; der Alkoholpegel der anderen hat dafür gesorgt, dass ich mir wie ein frauenausnutzender Highschool-Creep vorgekommen wäre, wäre ich auf ihr schwankendes Lallen eingegangen.
Am Samstag kann ich nicht glauben, dass ich tatsächlich mit dem Raucher auf einem Festival bin.
Der Fremde ist zwischendurch heimgefahren, hat mich zum Katzefüttern und -bespaßen abgesetzt, ein paar Stunden später sitze ich zwischen dem Mischpultmann und dem Raucher, der keine frischen Narben hat, nicht kifft, gar nicht so homophob und rassistisch klingt und schon bei "betrunken" von Bier zu Cola übergeht.
Man hört sich ein paar Bands an, ich schnorre mich in Sachen Flüssignahrung und Zigaretten so effektiv bei sämtlichen vorbeilaufenden Menschen durch, dass der Raucher und ich überlegen, eine Firma damit aufzuziehen, und als die anderen vor der Bühne und Tante Emma und ihre neue Bekanntschaft an der Bar sind, kommt die Frage, vor der ich mich die ganze Zeit gefürchtet habe:
"Wie gehts dir eigentlich so?"
Leider Gottes auch noch ernst gemeint.
Und wir machen Mackenabgleich, die ganze Scheiße, die in letzter Zeit bei mir gelaufen ist und die, die ihn überrollt hat, als ich weg war.
"Ich wollte nur, dass du glücklich bist."
-"Ich auch.
Deshalb hab ich Schluss gemacht. Mir ist das über den Kopf gewachsen."
"Mir ja auch."
-"Im Endeffekt hätten wir uns wahrscheinlich beide weggehängt."
"Glaub ich auch. Kippe?"
-"Immer her damit."
Sein Hund lebt immer noch, Methusalem ist nichts dagegen. Und in seinem Kleiderschrank liegt immer noch einer meiner Leitpfosten.
Erzählt er so, während irgendeine schlechte Hardcoreband lieblos Töne auf die Bühne rotzt.
Was alles gleich geblieben ist.
Dabei ist so viel passiert.
Dann erkläre ich es ihm. Was damals eigentlich alles los war, in meinem wirren Hirn und meinem verwirrten kleinen Herz, und wieso ich so war, wie ich war.
Und er tut nicht nur so, sondern versteht es sogar wirklich. Und sieht ausnahmsweise mal so aus, als würde er klarkommen.
Mit sich, und der Welt, mit mir, und überhaupt mit Allem.
Und dann sagt er, eigentlich wars trotzdem schön.
Dass das kein Versuch sein soll, es wiederzubeleben, aber ich als Mensch gefehlt habe.
Aus irgendeiner Ecke in mir kommt Zustimmung, zusammen mit der Angst, dass er es doch anders meint, oder ich es anders meine, oder Mist baue, aber als er mich am nächsten Tag heimfährt, wie früher immer, noch kurz die Katze flauscht und sich dann verabschiedet, weiß ich, dass es nicht so ist.
Und aus irgendeiner Ecke kommt ein Hinweis, eigentlich klingt er mehr wie eine Tatsache, dass das ausnahmsweise kein Mist war. Und er mir nicht wieder was vorspielt. Und ich nicht wieder scheiße baue.
Dass er wieder der ist, der er mal war, nur anders, und dass das gerade ganz gut tut.
Er mir, ich ihm, wie auch immer.
Man sieht sich immer zweimal im Leben.
Und manchmal ist das ganz gut so.
Mit mir.
Überhaupt, wir hier.
Draußen. In der anderen Welt.
Wir kletten uns zwischendurch immer mal an den stockbesoffenen Fremden oder den Mischpultmann, gelegentlich sorge ich zusammen mit ein paar Sachsen schonmal dafür, dass ich am nächsten Tag mit einem Monsterdread auf dem Kopf und fiesem Nackenmuskelkater aufwachen werde, was aufgrund der Tatsache, dass wir es rein aus Protest zu schlechtem Girliepop tun, sämtliche Kamerablitze in unsere Richtung lenkt. Egal.
Ein bisschen wirken wir auf mich wie Laborhunde, die gerade freigelassen worden sind.
Zu den Sachsen gehört auch ein Exilsachse, der inzwischen hier wohnt und immer seinen Tabak bei mir gekauft, mich dabei sehr sympathisch angelächelt und meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.
Klassischer Dummschmarrer, wie ich es nunmal bin, wenn ich gerade nicht in meinem Angstzustand festhänge, bekommt der Exilsachse eine freundlich-lockere Begrüßung sowie meinen Namen entgegengeworfen. Wenn wir eh schon alle bei seiner Autogruppe (die auch die des Mischpultmanns und Co. ist) hier rumstehen.
Dachte ich mir.
Der Exilsachse sieht mich ausdruckslos an, zieht eine Braue hoch, dreht sich um und stiefelt zum Auto seines Kumpels.
"Wunder dich nicht, der is selbsterklärter Master of Coolness." Der Raucher. Und er spricht mit mir!
-"Ah, ok. Naja, ich bin ja auch nicht evil Black Metal, wie ihr das alle seid."
"Moooment, ich denke, du bist die Fürstin der Finsternis, Miss Mayhem, der Tod und überhaupt? "
"Den Posten hatte ich eigentlich an den Nagel gehängt", seufze ich, "aber man hat ja sowieso nie seine Ruhe. Geht ja alles vor die Hunde, wenn ich nicht da bin."
Nachdem zwei von drei aus dem Nichts aufgetauchten, vollkommen betrunkenen Schwedinnen sich mehr oder weniger auf Tante Emma und mich stürzen wollten und die eh schlafen gehen will (und das schon um 4.30Uhr morgens!), endet der Abend grübelnd, etwas frierend und dezent verwirrt (der blöde Exilsachse! Und wieso spricht der Raucher normal mit mir? Und was mache ich eigentlich mit der ganzen anderen Scheiße?) in meiner Zeltecke.
Ohne Schwedin. Die eine hat mir gleich zur Begrüßung wahllos ihre Hände auf die Brüste geflatscht und wollte gar nicht mehr loslassen vor Begeisterung; der Alkoholpegel der anderen hat dafür gesorgt, dass ich mir wie ein frauenausnutzender Highschool-Creep vorgekommen wäre, wäre ich auf ihr schwankendes Lallen eingegangen.
Am Samstag kann ich nicht glauben, dass ich tatsächlich mit dem Raucher auf einem Festival bin.
Der Fremde ist zwischendurch heimgefahren, hat mich zum Katzefüttern und -bespaßen abgesetzt, ein paar Stunden später sitze ich zwischen dem Mischpultmann und dem Raucher, der keine frischen Narben hat, nicht kifft, gar nicht so homophob und rassistisch klingt und schon bei "betrunken" von Bier zu Cola übergeht.
Man hört sich ein paar Bands an, ich schnorre mich in Sachen Flüssignahrung und Zigaretten so effektiv bei sämtlichen vorbeilaufenden Menschen durch, dass der Raucher und ich überlegen, eine Firma damit aufzuziehen, und als die anderen vor der Bühne und Tante Emma und ihre neue Bekanntschaft an der Bar sind, kommt die Frage, vor der ich mich die ganze Zeit gefürchtet habe:
"Wie gehts dir eigentlich so?"
Leider Gottes auch noch ernst gemeint.
Und wir machen Mackenabgleich, die ganze Scheiße, die in letzter Zeit bei mir gelaufen ist und die, die ihn überrollt hat, als ich weg war.
"Ich wollte nur, dass du glücklich bist."
-"Ich auch.
Deshalb hab ich Schluss gemacht. Mir ist das über den Kopf gewachsen."
"Mir ja auch."
-"Im Endeffekt hätten wir uns wahrscheinlich beide weggehängt."
"Glaub ich auch. Kippe?"
-"Immer her damit."
Sein Hund lebt immer noch, Methusalem ist nichts dagegen. Und in seinem Kleiderschrank liegt immer noch einer meiner Leitpfosten.
Erzählt er so, während irgendeine schlechte Hardcoreband lieblos Töne auf die Bühne rotzt.
Was alles gleich geblieben ist.
Dabei ist so viel passiert.
Dann erkläre ich es ihm. Was damals eigentlich alles los war, in meinem wirren Hirn und meinem verwirrten kleinen Herz, und wieso ich so war, wie ich war.
Und er tut nicht nur so, sondern versteht es sogar wirklich. Und sieht ausnahmsweise mal so aus, als würde er klarkommen.
Mit sich, und der Welt, mit mir, und überhaupt mit Allem.
Und dann sagt er, eigentlich wars trotzdem schön.
Dass das kein Versuch sein soll, es wiederzubeleben, aber ich als Mensch gefehlt habe.
Aus irgendeiner Ecke in mir kommt Zustimmung, zusammen mit der Angst, dass er es doch anders meint, oder ich es anders meine, oder Mist baue, aber als er mich am nächsten Tag heimfährt, wie früher immer, noch kurz die Katze flauscht und sich dann verabschiedet, weiß ich, dass es nicht so ist.
Und aus irgendeiner Ecke kommt ein Hinweis, eigentlich klingt er mehr wie eine Tatsache, dass das ausnahmsweise kein Mist war. Und er mir nicht wieder was vorspielt. Und ich nicht wieder scheiße baue.
Dass er wieder der ist, der er mal war, nur anders, und dass das gerade ganz gut tut.
Er mir, ich ihm, wie auch immer.
Man sieht sich immer zweimal im Leben.
Und manchmal ist das ganz gut so.
arboretum,
Sonntag, 22. Juni 2014, 16:33
Kann das sein, dass bei Peace, Love and Happiness keine Kommentare zugelassen sind, damit Dir niemand darunter schreibt, dass Du jetzt mal den Kerl in Ruhe lassen und Dich lieber auf Dein Studium konzentrieren sollst?
Mache ich trotzdem, zur Not halt hier.
Mache ich trotzdem, zur Not halt hier.
mayhem,
Sonntag, 22. Juni 2014, 18:26
Nein, eigentlich hat das andere Gründe; wäre dem so, könnte ich auch einfach rauslöschen/editieren.
Auf mein Studium konzentriere ich mich schon ausreichend, zumindest sprechen meine Ergebnisse in den Zwischentests eindeutig dafür ;)
Der Blog ist ja auch so ein bisschen Seelenmüllhaufen, somit kann man durchaus davon ausgehen, dass nur, weil hier eventuell manche Themen gehäuft vorkommen, das nicht automatisch heißt, dass ich nicht auch sowas wie ein restliches Reallife habe, in dem sogar noch mehr passiert, als hier erwähnt. :)
Auf mein Studium konzentriere ich mich schon ausreichend, zumindest sprechen meine Ergebnisse in den Zwischentests eindeutig dafür ;)
Der Blog ist ja auch so ein bisschen Seelenmüllhaufen, somit kann man durchaus davon ausgehen, dass nur, weil hier eventuell manche Themen gehäuft vorkommen, das nicht automatisch heißt, dass ich nicht auch sowas wie ein restliches Reallife habe, in dem sogar noch mehr passiert, als hier erwähnt. :)
c17h19no3,
Sonntag, 22. Juni 2014, 19:39
...das nicht automatisch heißt, dass ich nicht auch sowas wie ein restliches Reallife habe, in dem sogar noch mehr passiert, als hier erwähnt.
daran muss man leider immer erinnern. ;)
daran muss man leider immer erinnern. ;)
arboretum,
Mittwoch, 25. Juni 2014, 16:55
Dass Deine Zwischenergebnisse gut waren, freut mich für Dich. Gut gemacht! Soweit ich weiß, ist das Semester aber noch nicht zu Ende und angesichts des ECP-Systems dürften da auch noch ein paar Klausuren anstehen. Mit "aufs Studium konzentrieren" meine ich auch solche Dinge wie Finanzierung sichern, für ein Stipendium bewerben, Job und andere Wohnung suchen usw. usf. Angesichts der fehlenden emotionalen und finanziellen Unterstützung von Daheim hast Du es doch eh schon schwerer als andere Studis, wenn dann noch so viel Energie für solchen Wirrwarr drauf geht, besteht die Gefahr, dass Dir für das Studium nicht genug bleibt. Wo andere Studis auf ihre Eltern und deren guten Beziehungen bauen können, bist Du auf Dich allein gestellt und musst es - wie bisher - aus eigener Kraft schaffen, dazu brauchst Du u.a. verflixt gute Noten. Das Zeug dazu hast Du - und bist es Deinen Talenten auch schuldig. Also mach' etwas daraus.
@ morphine: Das ist in meinem Fall nicht nötig. Oder wollten Sie damit ausdrücken, dass Mademoiselle Mottentanz im selben Ausmaß "literarisiert" wie Sie?
@ morphine: Das ist in meinem Fall nicht nötig. Oder wollten Sie damit ausdrücken, dass Mademoiselle Mottentanz im selben Ausmaß "literarisiert" wie Sie?
mayhem,
Freitag, 27. Juni 2014, 23:01
Sowohl die Klausurenvorbereitung, als auch das Finanzielle sind in Arbeit. Wie gesagt, bedingt durch die Natur des Blogs findet durchaus nicht alles Erwähnung :) Zur Zeit sogar sehr wenig, was vmtl alles etwas wirr wirken lässt.
Ansonsten trägt die Tatsache, dass mein Hauptfach zumindest bis jetzt ganz wunderbar ist, wohl entscheidend zu meiner Semi-Motivation (man kennt mich ja. Aber für meine Verhältnisse bin ich wirklich motiviert^^) bei.
Ansonsten trägt die Tatsache, dass mein Hauptfach zumindest bis jetzt ganz wunderbar ist, wohl entscheidend zu meiner Semi-Motivation (man kennt mich ja. Aber für meine Verhältnisse bin ich wirklich motiviert^^) bei.
arboretum,
Sonntag, 29. Juni 2014, 23:08
Das ist gut, denn man braucht Selbstmotivation, um gut durchs Studium zu kommen. Wenn ich es richtig verstanden habe, findest Du an Deinem Nebenfach weniger Gefallen. In dem Fall wäre es besser, schnell zu wechseln, schon allein, damit es mit dem BAFöG-Amt keinen Stress gibt. Hast Du schon Gelegenheit gehabt, Dir mal ein paar Vorlesungen in einem Fach anzuhören, das als Alternative in Frage käme?