Sonntag, 25. September 2011
Selbsterkenntnis ist Krieg.

Gestern nicht nur in der Absteige getanzt, sondern auch davor in einem dunklen Winkel gestanden, den Tränen über-nah gewesen, möglichst weit weg von Kriemhild und der Nachbarin.
Weil die Feindin mich umarmt hat. Einfach so.
Gesagt hat, dass sie merkt, dass es mir nicht gut geht, sie mir eine knallt, wenn ich wieder behaupte, dass nichts wäre, ich ihr nicht sagen muss, was es ist, aber zugeben soll, dass was ist,weil sie es merkt. Sie sich das nicht anschauen will und kann, wie es mir immer schlechter geht.

Ich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen kann,wenn ich reden will und es so weit ist, dass ich es kann.
Und gesagt hat, dass sie da ist. Auch,wenn ich nicht reden kann.


Ich glaube, sie meint das ernst.
Meint das alles ernst, einfach so. Als wäre ich irgendwie was besonderes oder so.
Als wäre ich es irgendwie wert, Zeit in mich zu investieren.
Ich glaube, sie meint das ernst, will helfen, würde sich das anhören.
Wenn ich reden könnte.
Wenn ich es ihr sagen könnte.
Nicht alles. Nicht die Sache mit der alten Sache. Zu oft betont, dass ich ihn nur als Freund sehe.
Zu oft gesagt, ich könnte mir nicht mehr vorstellen mit ihm.
Vielleicht reden wir mal. Nicht über alles, aber über einen Teil.


Die Feindin ist gar keine Feindin mehr, glaube ich.
War es auf einem Gebiet, aber das ist abgeschlossen.

Vielleicht wird die Feindin ja eine Freundin.




Montag, 19. September 2011
Thema: monolog
"It seems you prophesized
all of this would end..."


Es fängt wieder an.
Es fängt wieder an damit, dass ich nach dem Unterricht zum Bus hetze, nicht nur, um ihn nicht zu verpassen, sondern auch, um mich rechtzeitig in eine Sitzbank werfen und die Augen schließen zu können, damit niemand sieht, dass ich eigentlich kurz vom heulen bin.
Für Außenstehende wird es nach just another Kollegiatin aussehen, mit Jogginghose, lose zusammengebundenen, verwuschelten Haaren und etwas außer Atem, während ich versuche, nicht in der inneren Sturmflut zu ertrinken oder von meinem Gedankenkarussel zerschleudert zu werden, wird es immer dunkler werden, der Bus wird sich leeren und dann werde ich alleine durch die Dunkelheit nach Hause laufen, außer der Mitdörfler aus meinem Jahrgang ist dabei, dann nicht.
Es fängt wieder an, nicht alles, aber einiges, und das schlimmste ist diesmal nicht die Herzfolter, sondern der Rest.

Ganz banal, Schulsport.
Nicht, weil ich keine Lust habe; sicher,das auch, aber das ist nicht das Ausschlaggebende.
Das Ausschlaggebende ist, dass ich dieses Jahr komplett alleine bin, nicht eine einzige wenigstens neutrale Person, dafür auf einem Haufen angesammelt all die, wegen denen ich freiwillig die Klasse wechselte, Mobbing hieß es, ganz offiziell, gemacht hat keiner was, aber wenn es sogar bei uns mal Mobbing heißt, bedeutet das schon was.
Komplett alleine bin ich, alleine mit denen, in einem Kurs mit dem wunderbaren Namen Gymnastik/Tanz, nicht, weil ich das kann, sondern weil die Alternativen noch schlimmer waren, alleine bin ich dort, mit denen, mit den Feinden,und ich hasse es.
Ich hasse es, zwischen Gardetänzerinnen zu stehen, albern auszusehen, weil ich weder grazil noch gelenkig bin, doof auszusehen, weil alle Piercings abgeklebt werden müssen, und vor allem hasse ich es, zu Dingen gezwungen zu werden, vor denen ich Angst habe, während spöttische Fratzen daneben stehen und meinen,das sei doch alles nicht so schlimm, und am allermeisten hasse ich es, wenn ich mein Bestes gebe, das nunmal nur schlechter Durchschnitt ist, während alles gafft und dumm grinst und in der Umkleide über mich lästert.
Ich will nicht schon wieder auf mich alleine gestellt sein, nicht gegen die.
Ein Halbjahr.
Ein Halbjahr lang muss ich durchhalten, dann ein Halbjahr Basketball, Jungsgruppe, aber wenigstens nicht alleine, dann wieder Gymnastik und Tanz, dann wieder Baketball.

Ein Halbjahr durchstehen. Erstmal nur dieses eine Halbjahr.
Zähne zusammenbeißen, nichts anmerken lassen, das übliche beschissene Gelaber, und die selbe Lehrerin wie letztes Jahr, die genauso wie ich weiß, dass ich nicht zum Sport gebaut wurde, und sich immer wieder aufs Neue fragt, wie man so schlecht sein kann.
Und die selben beschissenen Leute wie damals, als meine Haare kurz waren und schwarz gefärbt und meine Arme aufgekratzt.
Mit dem Unterschied, dass ich damals noch was positives und außerdem eine Mutter hatte.

Und jetzt? Keine Mutter mehr,dafür eine Fehlstelle im Herz, deren Existenz ich relativ gut ignoriere, nichts positives, dafür immernoch die pochenden Schmerzen, die die alte Sache auslöste,
" Steht auf oder sterbt auf euren Knien
Steht auf oder ihr lernt es nie
"
Gelegentlich mal die ein oder andere Lebenskatastrophe oder Explosion, und die Egaleinstellung funktioniert irgendwie auch nur, solange ich nicht das Haus verlasse.
Wie auch immer es kommt, was auch immer passiert-
ein Ende ist in Sicht. Für alles.
Das härteste Zähnezusammenbeißen ever, die Bandagen fester geschnürt als jemals zuvor, und in den Boxring steigen auf der einen Seite meine Angst und auf der anderen Seite der Mehrfachgegner gebastelt aus Trotz und dem Gefühl, das entsteht, wenn man in solchen Momenten die richtige Musik hört.

" Ja hier sind wir, eure Feinde und Ziel
Wir gehn zum Lachen in den Keller und wir trinken Terpentin
"
Ich ziehe wieder in die Schlacht, ohne Siegesaussichten,
weiß genau, dass die Angst im Boxring schließlich doch gewinnt.
Ich ziehe wieder in die Schlacht.
Dieses Jahr mehrfach, mehr als sonst und härter als sonst, Kampf an sämtlichen Fronten und gegen mich selbst,das übliche, nur schlimmer, liebe Eltern, bitte halten Sie ihren Kindern die Augen und Ohren zu und passen sie auf, es könnten emotionale Trümmer und Herzfetzen durch die Luft fliegen, machen Sie sich also drauf gefasst, dass es dreckig wird und Flecken zurückbleiben, die sich nicht in der Waschmaschine reinigen lassen.












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Zitate aus:
When the sun rose again von Alice in Chains
Terpentin von den Böhsen Onkelz
(das übrigens ein paar gute textstellen enthält, wird bestimmt noch öfter zitiert werden)




Mittwoch, 14. September 2011
Thema: monolog
Guten Tag, ich bin die Zukunft.
Nicht etwa, weil mich der Größenwahnsinn völlig vereinnahmt hat, nein. Ich kann mich daran erinnern, wie das früher gesagt wurde, zu meinen Eltern, "Kinder sind die Zukunft", und heute saßen wir da so, die angehenden Abiturienten, jetzt großen Qualifikationsphase 1, erstes Semester, und der Mensch, dieser Mensch, der letzte, der uns in Mathe unterrichten wird, hat so etwas ähnliches gesagt. Während der Religionlehrkörper sich darauf beschränkte, uns zu erklären, wie verdammt stolz wir sein können, überhaupt so weit gekommen zu sein, uns allesamt zur Elite erklärte und ankündigte, das nächste große Ziel sei das Abitur und ich mir dachte, ich muss erstmal dieses Halbjahr/Semester schaffen, sagte der Mathelehrer, wir seien die Zukunft. Vielleicht sogar sowas wie Hoffnung.
Und ihm nimmt man das irgendwie ab.

Wahrscheinlich enden wir als arbeitslose Akademiker; zumindest diejenigen, die es schaffen,wir wurden ja mehrfach darauf hingewiesen, dass die Quote derer, die durchfallen, im Vergleich zu den G9-Jahrgängen viermal so hoch ist.
Aber es endet.
Ich sag es so halb ironisch, wir werden alt, und für mich fühlt es sich trotzdem noch so oft so gleich an, gesiezt wird immernoch nicht, sicher, wir haben in Mathe und Wirtschaft jetzt richtigen Unterricht, in Chemie muss ich effektiv ein ganzes Jahr nachlernen und die Mitschreibpflicht entfällt, aber wir haben immernoch den selben midlifecrisisgeplagten Deutschlehrer, bei dem ich nichts lerne und das Gefühl habe, er würde die Noten würfeln, und in den Pausen beobachte ich immernoch manchmal das ehemalige Problem..

Und dann fällt mir auf, dass es doch nicht mehr dasselbe ist. Kleinigkeiten sind es.
Busfahrkarten selbst kaufen, über 22 Euro für eine Woche, Vergünstigung beantragen und eventuell Teilerstattung; Stundenpläne muss man sich in nicht vorhandener Freizeit selbst zusammenschreiben und dabei auch gleich, in welchen Kursen man sitzt, es gibt ein eigenes Sekretariat, man darf legal den Arbeitsraum betreten und in den Pausen sitzt man nicht mehr in der Aula, sondern im Oberstufenzimmer, oder man läuft zum Supermarkt um die Ecke und holt sich Kaffee.

Und in diesem Oberstufenzimmer mit den abgeranzten Sofas, die vom Sperrmüll geholt wurden, wummert schlechter Techno aus dem alten Computer, den nur die 12. Klasse benutzen darf, die, die jetzt Abitur machen, und beim Computer sitzt das ehemalige Problem, verkifft wirkend wie immer, obwohl er anscheinend inzwischen nichtmal mehr raucht, sitzt da, entweder in Jogginghose und Kapuzenpullover und mit ungekämmten Haaren, oder, seltener, in Jeansröhre und Shirt, und lebt einfach sein Leben so vor sich hin.
Sitzt einfach da und exisiert so radikal an mir vorbei, dass es trotz aller Distanz ein bisschen wehtut, aber ich kann ehrlich nicht sagen, wieso.
Vielleicht Macht der Gewohnheit.

Und wir sitzen so alle in unserem Oberstufenzimmer, mit Sperrmüllsofas, angesprayten Wänden,Röhrenbildschirm, schlechter Technomusik und einem Waschbecken, nach dessen Benutzung die Hände dreckiger sind als davor, und auf einmal sind wir die "Großen".
Auf einmal sind wir es, für die es die ganzen Infoblätter gibt, die mehrmals die Woche zur Berufsberatung herangezogen werden, die Seminararbeiten schreiben müssen.
Die, in seinem Fall, Abitur schreiben, nicht in ein paar Jahren, sondern jetzt,und irgendwie hat er sich zwar verändert, aber ich weiß noch, als ich zum ersten Mal mit ihm geredet habe, da war ich in der 5.Klasse.
Jetzt steht nichtmal mehr ein Buchstabe hinter der Zahl, sondern davor, Q11, und bei ihm steht Q12.
Und es ergeben sich durch Kurswahl Freistunden zu den beschissensten Zeiten, und in den Freistunden sitzt man jetzt doch da und arbeitet manchmal für die Schule, Notizen aus dem Unterricht in sinnvolle Hefteinträge umwandeln; manchmal auch einfach nur reden und rumsitzen, auf den Sperrmüllsofas im abgeranzten Oberstufenzimmer. Manchmal nur auf der Kante vom Sitz,weil so viele Leute da sind, manchmal könnte aber auch jeder von uns drei Sofas haben, je nachdem, wer gerade Unterricht hat.

Und ich gehöre immernoch nicht dazu. Die ehemals Parallelklassmenschen reden nicht mehr (mit mir), weil die einzige Fastfreundin sich an die Fachoberschule verzogen hat und meine soziale Ader eine neue Zweckgemeinschaft hat entstehen lassen, mit einem Mädchen,das wirklich ganz alleine ist, aber noch unbeliebter als ich, und ich merke wieder, dass ich es mit Plastikmenschen zu tun habe. Also beschränke ich mich auf Zweckgemeinschaften, und wenn die nicht zustande kommen, weil niemand da ist, setze ich mich neben die eine Zweiergruppe aus Plastikmenschen, die in den Kursen sitzt, in denen ich sonst alleine bin, und wirke wenigstens ein wenig angeschlossen. Man könnte sagen, wie früher auch, mit der Ausnahme,

dass es mir egal ist. Genau so egal wie dumme Blicke anderer Plastikmenschen, blöde Kommentare und alles,was dazugehört.

Der einzige, der in mir noch ein bisschen Unbehagen und Zweifel hervorrufen kann, ist das ehemalige Problem. An schlechten Tagen vielleicht etwas mehr, an ganz schlechten Tagen können vielleicht auch andere ein bisschen Unbehagen auslösen, aber nicht gestern und nicht heute.


Aber der einzige, der mir wehtun kann, ist die alte Sache,
und das hat er schon. Ohne es zu wollen.
Tausendfach, Milliarden an Kleinigkeiten.
Mehrere große Schläge.
Mein Herz ist krankenhausreif.


Mein Herz krankenhausreif und ich am Ende vom Ende, richtig gelesen, ich fühle Licht am Ende des Tunnels, völlig ohne Grund und ohne Anlass (zu hoffen), in mir drin die leise Stimme, die sagt,dass es doch nur der Anfang vom Ende ist, großer Paukenschlag und fertig, aber es gibt auch eine Gegenstimme.


" Das ist die Ruhe vor dem Sturm."




Samstag, 10. September 2011
Krisenrat spontan vertagt, mein Vater hat das getan, was er am besten kann und wofür ich ihn in solchen Situationen liebe: Er hat einfach nichts gesagt und beschlossen, sich seiner Arbeit zu widmen.
Somit war meine allgemeine Stimmung eher positiv und ich hatte den Vorsatz, den heutigen Tag als guten Tag abhaken zu können,d ie Vatersfreundin aber machte ihrer Frustration heute morgen Luft, indem sie wieder einmal die Katze überfütterte und ihr in Babystimme mitteilte, was für ein unordentliches Dreckschwein ich doch wäre (Auslöser diesmal: ungewöhnliche Menge Kot im Katzenklo,weil die Katze sich da nicht an Vorgaben hält), wohlgemerkt so laut,dass ich aufgeweckt wurde und nach einer halben Stunde Protestliegenbleiben beschloss, ihr den Gefallen zu tun und aufzustehen.

Zunächst schien alles friedlich, weil sie zu beschäftigt war, um mich weiter zu terrorisieren, und so trafen zeitgleich der Postmensch mit einer Karte aus Tunesien, geschickt von der Feindin, und der Gegenübernachbar, der ein Paket abholen wollte, ein. Letzterer sei laut Vaterfreundin höchstgefährlich, da sein Bruder Nr.1 wegen Vergewaltigung und Bruder Nr.2 wegen Totschlag gesessen hatten. Trotz seiner eindeutig bösen Gene wirkte der Gegenübernachbar ganz freundlich, entschuldigte sich, dass ich das Paket hatte annehmen müssen, bedankte sich, wünschte mir ein schönes Wochenende und zog mit seinem Paket, das breiter war als er, von dannen.

Unschöne Überraschung Nr. 1 bot mir die Vatersfreundin, die die Zeit genutzt und den Katzennapf komplett überfüllt hatte, vor dem eine ziemlich vollgefressene Katze saß, die später aus Langeweile auch noch den Rest verdrücken wollte und mir noch ein bisschen später unschöne Überraschung Nr.2 darlegte, als sie das Zuviel an Futter durch den Vorderausgang wieder loswurde.
Auf die Arbeitstasche meines Vaters, auf der sie so gern schläft.
Mein Herz hüpfte förmlich vor Freude. Ha, ha.

Als auch dieses Hindernis auf dem Weg zum guten Tag überwunden war, stand mit einem mal die Nachbarin vor der Tür, die mich bat, nicht um 19Uhr, wie ausgemacht, aufzutauchen, sondern schon um 17Uhr. Wohlgemerkt erfuhr ich dies eine Stunde im Voraus, und der Plan "19Uhr Nachbarin-20.30Uhr Absteige" mit vorherigen Renovierungsarbeiten in Gesicht und in sachen Klamotten wurde mit einem Mal weggesprengt.
Ich kann doch so schlecht "nein" sagen.
Ihre CD wird sie nun wohl ohne handdesigntes Cover entgegen nehmen müssen,natürlich ist sie enttäuscht, aber meine Güte, sie soll froh sein, dass ich überhaupt auftauche.
Meine Motivation ist auf dem Tiefpunkt und emotional bin ich genauso angekotzt, wie es die Arbeitstasche meines Vaters war, aber ich habs versprochen...


Geh ich halt abgefuckt und mit abgeblättertem Nagellack in die Absteige.
Ist nur Hiphopreaggaesonstwasabend, die werdens verschmerzen können, wenn ich optisch nicht die ultimative Traumfrau bin.


Irgendwie ist ja doch alles wieder wie immer.
Und irgendwie finde ich das gerade nichtmal schlimm.