Freitag, 21. Juni 2013
Endlosschleifen, gebetsmühlenartig.
Ich habe mich von ihm getrennt, und das ist auch gut so,
ich habe von Anfang an nur wenig für ihn gefühlt und mich in die Sache reindrängeln lassen, weil ich ihn nicht verletzen wollte, was ich aber so oder so getan habe,
langfristig ist es so besser für ihn, und für mich,
wäre es so weitergegangen, wäre es nur schlimmer geworden, weh getan habe ich ihm so oder so,
es ist besser für mich,
es war das Richtige,
uns geht es besser so, jedem für sich,
...

..ich will nicht so enden wie meine Mutter.
Mit 17 Mann kennen gelernt, in die Sache reindrängeln lassen, mit 21 verheiratet weil man sich auch das hat aufdrängen lassen, mit 28 ein Kind, das man eigentlich gar nicht haben wollte und bei dem ja auch nicht so ganz klar ist, wer denn jetzt der Erzeuger ist, denn
mit der Gesamtsituation, in der man mit dem Mann da, der zu einem gehört, drinsteckt, kommt man mal so gar nicht klar,
und trotz allgemeiner Abgewracktheit gibt es immer noch Andere, die einen ebenfalls ganz ansprechend finden, also warum das nicht ausnutzen.
Und trotzdem weiter wie gewohnt, denn der Mann da, der zu einem gehört, der bietet Sicherheit, und Wärme, und Geborgenheit und letztlich auch Gewohnheit. Irgendwie bringt er es fertig, einen zu lieben, die ganze verkorkste Restperson, die noch von einem übrig ist. Einfach so.
Der an einem hängt. Dem man etwas bedeutet.
Zur Abwechslung mal jemand, der da ist. Irgendwie. Aber es doch nicht schafft, alles totzuschlagen, was war.
Weil es nicht seine Aufgabe ist.
Die bösen Schatten muss man selbst umbringen.
Und manchmal geht das eben nicht.
Also Absturz. Emotional und physisch.
Ein bisschen Hungerkünstler.
Ein bisschen gelbsuchtfarben.
Die positiven Reaktionen nehmen ab.
Dabei läuft doch eigentlich gar nichts falsch?
Sagt man sich so vor.


Der Unterschied ist, dass ich einen Schlussstrich gezogen habe. Und stark bleibe seit 6 Wochen, auch, wenn ich eigentlich weder will, noch kann. Aber mir sage, dass ich muss.
Der Unterschied ist, dass ich kontrastreicher bin. Im Fühlen, im Wahrnehmen, im Handeln, in Allem.
Ich habe das Extrem beinahe perfektioniert.
Der Unterschied ist, dass ich nicht panisch werde, wenn die Positivreaktionen weniger werden und die Aufmerksamkeit abnimmt, sondern wenn ich welche bekomme. Ich brauche Nähe genauso, wenn nicht sogar noch viel mehr, aber ich kann panische Angst bekommen, wenn jemand versucht, auch nur ansatzweise welche aufzubauen und dabei für mich zu schnell/"falsch" vorgeht.
Was nicht selten im Widerspruch zu meinem eigentlichen Handeln steht. Vermeintlich.
"Immerhin liegen zwischen uns genug Welten, um in jeder Situation für genug mental-emotionalen Sicherheitsabstand zu sorgen, auch dann, wenn objektiv betrachtet keiner (mehr) da zu sein scheint."

Der Unterschied ist, dass ich mich nicht aufgebe.
Nicht in dieser Sache.
Gestorben wird so oder so, aber nicht in und nicht an (m)einer Gewohnheits-Scheißsituation.
Nicht so wie sie.
Die einzige Person, die mich umbringen kann, bin ich selbst.

Sie ist Schicksalskomponente.
Sie ist Trauma.
Sie ist das Gerüst der Vergangenheit.
Und der Schatten, der über allem liegt, was war.
Und der über allem liegt, was ist.
Sie war da. Als Einzige.
Sie war der Feind. Der Größte.
Sie ist Schuld an mir.
Ich bin Schuld an ihr.
Sie ist Anti-Vorbild. Das Überzeugendste, das ich habe.
Die Schreckensvision über Allem.
Und teilweise unvermeidliche Zukunft (?).
Ich verteidige sie gegen die Vatersfreundin.
Finde sie wieder, in Texten, auf Fotos, immer dann, wenn es gerade ungünstig ist und immer dann, wenn ich von zerstreuten bis geistig zersetzten Dorfmenschen mit ihrem Namen angesprochen werde.
Egal, wie lang meine Haare wachsen, wie viele Piercings ich habe, wie viel größer ich bin und wie ich mich anziehe.
Menschliches Andenken, eingemeißelt in Fleisch und Blut und Knochen.
Und Erinnerungen, eingebrannt in Hirn und Herz und Seele und Verstand.
Bleiben.
Auf ewig.
Bei ihr, und bei mir.
Wird man nicht mehr los.
Nie mehr.

Der Unterschied ist, dass ich sie überstanden habe.




Samstag, 15. Juni 2013
Prüfungen vorbei. 15 Englisch, 3 Mathe, insgesamt ganz ok , man merkt relativ deutlich, wo meine Stärken liegen.

"Deine Stärken? Nichtwissen so rüberzubringen, dass jeder denkt, dass du voll die Ahnung hast, und damit nicht nur durch alle Schuljahre, sondern sogar sehr gut durchs Abi zu kommen."
Die Egoschleuder und ich haben die hochbeinigen, nahezu perfekt würfelförmigen Sessel, die ich bei meinem Umzug aus Opa Mayhems leerer Wohnung und vor dem Sperrmüll gerettet habe, in den Garten getragen, einen umgedrehten leeren Wasserkasten als improvisierten Tisch dazwischengestellt und mich ein bisschen gefeiert.
Natürlich lange nicht so ausgiebig, wie diverse Klassenkameraden das gefühlt seit heute Mittag im Nachbargarten tun, aber man wird ja schließlich auch nicht jünger.
-"Stimmt."
Die Egoschleuder zeigt sich wieder sehr umgänglich und sogar Anzeichen sozialen Verhaltens, so wurde ich diesmal gnädigerweise vorher gefragt, ob ich ihn überhaupt sehen will (wahrheitsgemäße Antwort:"Weiß ich selbst nicht so genau"), bevor er sich aufs Fahrrad geschwungen hat und mal schnell die 15km gefahren ist, und es wurde auch nicht einfach irgendein Wein mitgenommen, sondern einer, der auf der Grenze zwischen halbtrocken und lieblich balanciert, trocken mag ich nämlich eher selten. "Ein, zwei Flaschen Wein krieg ich besser im Rucksack unter als drei Packen Pussybier, und das bringt ja nix, wenn du dann nichts zu trinken hast."
Wir sitzen so im Garten, gelegentlich fliegt mal ein Volleyball oder eine leere Flasche rüber, einmal auch ein ehemaliger Musikkurskollege, irgendwas deutsch-hiphop-abartiges wummert aus einer zu basslastigen Anlage und übertönt dabei das Konzert, das die Grillen hier jeden Abend für mich geben und das normalerweise bis in mein Luftschloss hinauf sehr gut zu hören ist, und eigentlich ist das alles ganz gut so, angenehmer Durchschnitt eben.
Mit der Egoschleuder verbindet mich zwar kein unzerstörbares seelisches Band und auch keine tiefgreifende Freundschaft, aber wenn er will, kann er relativ angenehme Gesellschaft sein, das kann man sich zwischendurch schon mal geben. Man darf nur nicht zu viel Zeit mit ihm verbringen, sonst fühlt er sich zu sicher und fängt wieder an, den Arschlochfaktor mehr hochzuschrauben, als ich das mag, und man sollte eine gewisse Grunddistanz wahren. Genug Nähe, um ein bisschen Wärme abzukriegen, aber genug Abstand, um meine irrsinnige Verletzlichkeit für mich zu behalten.
Klingt anstrengender, als es ist, es gibt traurige Gestalten, für die der Kleinkrieg, den ich gelegentlich mit der Egoschleuder führe, Alltagsrealität in Form einer Beziehung ist.
"Du, langsam wirds schon ein bisschen kalt..wollen wir dann wieder rein?" Da, er hat mich schon wieder nach meiner Meinung gefragt. Ich sage es doch, Wunder geschehen.

Er findet es doof, sich ins Fenster zu setzen und der Sonne beim endgültigen Abtauchen zuzuschauen, also lassen wir das und hören noch ein bisschen Musik, bis sein Kopf auf meiner Schulter immer schwerer wird und er einfach einschläft. Also schiebe ich ihn ein Stück zur Seite und in eine meiner Meinung nach halbwegs schlaftaugliche Position, klettere über ihn und aus dem Bett und setze mich noch ein bisschen zu Kater Mayhem ins Wohnzimmer, der erst verschlafen blinzelt, dann faucht und höchst motiviert sämtliche Krallen und Zähne in meiner Hand vergräbt, als ich einen Versuch starte, ihn von dem (schwarzen) Bandshirt, das mir die Egoschleuder endlich gegeben hat und auf dem man helle Katzenhaare naturgemäß ganz wunderbar sieht, runter zu schieben, nur um schließlich zwei Sekunden später schnurrend anzutappsen und sich auf meinem Schoß zusammen zu rollen.
Männer.

Gegen 3 wird die ganze Sache mit Schneidersitz und Rücken gegen die Wand (das Sofa ist nach wie vor umgeklappt, weil die Egoschleuder beim letzten Mal eigentlich dort hätte schlafen sollen, Sicherheitsabstand und so, daraus aber dann doch nichts geworden ist) doch dezent schmerzhaft, und weil ich auch so schon oft genug Rückenschmerzen und davon abgesehen keine Lust habe, morgen mal wieder nicht zu wissen, wie ich eigentlich aufstehen soll, falte ich mich auseinander, platziere das (protestierende) Kätzelein neben dem Shirt, das ich schneller wegziehe, als mein haariger Mitbewohner sich auf die neue favorisierte Schlafunterlage werfen kann,lasse mich beim Zähneputzen von einer sage und schreibe fünf Zentimeter großen Spinne, die sich in der Schräge über dem Spiegel häuslich einzurichten scheint, nachhaltig erschrecken, versuche später mal wieder erfolglos, eine gerechte Platzverteilung der Liegefläche meines Bettes zu erreichen, gebe irgendwann entnervt auf, rolle mich auf meinem Viertel zusammen, frage mich kurz darauf mal wieder, wie es die Egoschleuder fertig bringt, sich im Schlaf circa fünffach zu verrenken, irgendwann so halb auf mich drauf zu werfen, sämtliche Arme und Beine gefühlt mehrfach um mich herum zu verknoten, mich so fest festzuhalten/zu umklammern, dass man meinen könnte, ich würde sonst geklaut werden, und in dieser Position, die jeden Orthopäden zur Verzweiflung bringen würde, zufrieden bis zu acht Stunden am Stück zu schlafen, wenn ich es nicht vorher schaffe, mich zu befreien und irgendwie noch ein kleines Stück Liegefläche zu erkämpfen, und ob es irgendeine Möglichkeit gibt, ihm das abzugewöhnen.
Sein ins Kissen genuscheltes "Duentkommschmirnisch" lässt mich daran zweifeln, diesmal bin ich aber schnell genug, sämtliche Umklammerungsversuche abzuwehren.
Unwilliges Knurrgrummeln seinerseits, ein sehr bestimmtes "Rutsch rüber!", verbunden mit einem Schubser, meinerseits, und fünf Minuten später habe ich meine Hälfte zurückerobert und außerdem eine angenehm nahe, aber nicht zu nahe Schlafposition eingenommen. Geht doch.

Zehn Minuten später ist er wieder eingeschlafen, somit zum offensichtlichen Instinktverhalten zurückgekehrt und ich werde wieder festgehalten, als ginge es um mein Überleben.
Aber kann man sich schonmal geben, das.
Immerhin liegen zwischen uns genug Welten, um in jeder Situation für genug mental-emotionalen Sicherheitsabstand zu sorgen, auch dann, wenn objektiv betrachtet keiner (mehr) da zu sein scheint.




Mittwoch, 5. Juni 2013
Thema: gefunden.


I only wish you weren’t my friend
then I could hurt you in the end..


Diesmal kein allgemeiner Welt-, sondern schlicht und zerreißend Herzschmerz.
"Soll ich vorbeikommen?"
-"Nur, wenn du deine Sachen holen willst."
"Ich will meine Sachen aber nicht holen..."


Vermutlich fangen wir, wenn wir uns am Samstag sehen, einfach beide an, zu heulen.

I never claimed to be a saint..

Wieso nimmt mich auch keiner ernst, wenn ich sage, dass ich eine der Personen bin, die nur mit Warnhinweis und Gefahrengutkennzeichung das Haus verlassen sollten.




Montag, 3. Juni 2013
Habe mich aufgerafft und beschlossen, die Welt zu retten.
Oder wenigstens mich.



In 13 Stunden also auf in die Schlacht, vorletzte Runde.
Vorausgesetzt, das Mayhemmobil lässt mich. Im Idealfall kommen wir auch ohne Zwischenfälle wieder heim.

Wohnung aus dem Messi-Status befreien, weil in drei Tagen ein Heizungsmensch kommt und diese richtet (jetzt, wo es sowieso wieder warm wird).
Eigentlich müsste man drei Wochen einplanen.
Mindestens.

Letzte Runde Abitur, von Zytogenetik bis Verhaltenslehre.

Das Festival, auf dem ich zum Großteil Bands ablichten sollte, die jetzt gar nicht mehr teilnehmen (können).

Mindestens ein Einkauf.

Vielleicht endlich ein Treffen mit Mr.Gaunt, nachdem die Egoschleuder, vom Kontaktabbruch nachhaltig mitgenommen, gerade verkündet hat, ihn gestern angerufen und "einfach mal gefragt" zu haben. Antwort tendenziell positiv, nachtschichtbedingt aber dann doch nichts.
Sollte sich die Egoschleuder also zu einem weiteren Anruf bei Mr.Gaunt bequemen, habe ich diese Woche mit Glück was vor. (Sie können sich gar nicht vorstellen, WIE debil-glücklich ich gegrinst habe, auch, wenn ich der Egoschleuder eigentlich gesagt hatte, dass sie sich bloß nicht mehr bei mir melden soll).

Ausmisten. Opa Mayhems Wohnung ist noch genau so, wie er sie vor einem Jahr in Richtung Heim verlassen hat, aber jetzt ist keiner mehr da, der zurückkommt.

Asiate mit der Vatersfreundin. Habe ich ihr irgendwann mal versprochen, und zur Zeit funktioniert die optisch-emotionale (Vor-)Täuschung gegenseitigen Verständnisses ganz gut.

Raucher-Konfrontation. Nachdem er dort die Technik macht, wo ich fotographieren soll(te), lässt sich das vermutlich nicht vermeiden.

Fotoshooting. Gewichtsabnahme und wohl vor allem die Tatsache, dass ich mit 1,76m, der eindeutig längsten Haarmatte in der Gruppe und überhaupt meinem optischen Gesamteindruck das komplette Gegenteil zu den Anderen bilde, haben mir das irgendwie eingebracht.
Ich habe doch gesagt, irgendwann spiele ich wieder Theater.
Und wenn es nur für eine Kamera ist.

Mutmaßlich noch diverse größere und kleinere Weltuntergänge, von denen ich aber aktuell noch keine Ahnung habe und jetzt auch noch nichts wissen will.


Sie kennen mich, ich komme zurecht.