Freitag, 1. November 2013
Theoretisch gäbe es so viel zu erzählen,
praktisch hab ich bis auf Weiteres nur Smartphone-Internet, was sich etwas mit meinem Hang dazu, aus nahezu jedem Eintrag hier einen halben Roman zu machen, beißt.

Soweit, so schlecht, ansonsten, man lebt halt. Haare sind noch dran, Kater noch da, die Vatersfreundin ist nach qie vor der personifizierte Terror.
Der Mensch an meiner Seite ist phasenweise sehr am rumspinnen, aber nach wie vor an meiner Seite, könnte also vermutlich schlimmer sein.
Man schlägt sich halt irgendwie durch,

Ab jetzt somit wieder nur Exilgebloggtes, wenn ich mal irgendwo an einen Rechner darf.

Wer mich sehr vermisst, darf mir selbstverfreilichst auf Twitter folgen, siehe provisorischer Link in der Seitenleiste (muss da selbst erstmal mit klarkommen).
In diesem Sinne.




Dienstag, 22. Oktober 2013
So ein wenig fühlt es sich schon nach einem weiteren Tiefpunkt an, wenn man, weil die kfz-Steuer, die Papa Mayhem leider diesmal nicht übernehmen wollte, jetzt fällig war, Lohn für den Nebenjob nächsten Monat und das Praktikum dagegen erst Mitte/Ende nächsten Monats eingeht, man aber trotzdem Miete/Strom/sonstige Ausgaben zahlen muss, das bisschen an halbwegs wertvollem (Haar-)Schmuck, das man hat, verkauft, bzw es versucht.
Und die Springerstiefel. Zunächst das Paar, das noch top in Schuss ist, später, wenn es sein muss, auch die anderen.
Kleidung sowieso.
CDs, egal, wie viel mir an ihnen liegt.
Und Plugs/Tunnel. Egal, wie schön sie sind.

Das einzige, was hier bleibt, sind dann wohl zwei Haarstäbe, einer von Frau Huehnerschreck, einer von Mr.Gaunt.
Und die Ohrringe aus Prag.
Lieber verkaufe ich den kompletten Inhalt meines Kleiderschranks, meines Bücherregals und meines CD-Turms, bevor ich die hergebe.




Sonntag, 20. Oktober 2013
Thema: monolog
Nach gefühlten Ewigkeiten und Nonstop-unter-Strom-stehen (aber hey, ich hab nicht nur ein Praktikum, das wohl ganz gut wird, sondern auch einen Nebenjob, den ich schon nach einem Tag Probearbeiten abgrundtief hasse, auf den ich aber leider als Einnahmequelle angewiesen bin) mal wieder einen Tag mit/bei Mr.Gaunt verbracht, ohne, dass es in einem emotionalen Weltuntergang endete.
Und noch einen, weils grad so schön war.
Und noch einen, weil ich, nachdem wir die Küche geholt haben, sowieso wieder bei ihm war.
(Selbstverständlich wurde die Katze zwischendurch gefüttert, getränkt und, zugegebenermaßen etwas sporadisch, gekuschelt).

Richtig, ich habe eine Küche.
Normalerweise hätte ich mir sowas gesucht, wenn es denn dann soweit ist, aber für 45Euro Du-bist-Mr.Gaunts-Freundin-das-passt-schon-so-Sonderpreis die mir bekannte und von mir heimlich angeschmachtete Band-WG-Küche mit funktionierendem (und echt guten) Herd, intaktem und fast neuen Ceranfeld, Kühl- und Gefrierschrank, Spüle,Unterschrank und Arbeitsplatte sowie zwei Hängeschränken abzustauben, ist dann doch etwas, was man als "Glücksgriff" bezeichnen kann.
Da das gute Stück bis Ende dieser Woche aus der WG raus musste und ich eine Möglichkeit habe, sie bis zum Umzug Richtung Unistadt* zu lagern, war ich zu schnellem Handeln gezwungen (ich hassehassehasse Entscheidungen), aber passt schon.
Küche abgebaut, Küche mit Mr.Gaunt und Papa Mayhem verladen,fertig.
Von Papa Mayhem ein bisschen sinnlos anschreien lassen, Küche bei ihm abgestellt und nochmal anschreien lassen, weil ihm spontan eingefallen ist, dass er doch nicht helfen will, sie in ihr Zwischenlager zu bringen; bisschen drüber aufgeregt, aber passt schon.

Erwähnte ich schon, dass ich endlich mal wieder weltuntergangsfrei Zeit mit Mr.Gaunt verbracht habe?
Wahnsinn, wie gut das tun kann.
Ein bisschen tiefgründig geredet, ein bisschen seinem Vortrag über Verstärker und Bässe, die so viel kosten wie ein mittelmodernes gebrauchtes Auto, gelauscht; seine sehr ausführlichen Begründung, warum er genau so einen braucht, angehört und versucht, in Anbetracht der für mich utopischen Geldbeträge nicht allzu erschüttert zu wirken. Der spielt in einer Band mit Plattenvertrag und nächstes Jahr auf diversen nicht mal so unbekannten Festivals, der darf Instrumente anpeilen, deren Preise im vierstelligen Bereich liegen, und unter seinen vier bereits vorhandenen einen Lieblingsbass besitzen, der so viel gekostet hat, wie das Mayhemmobil.
Außerdem verkauft er seine Seele nach wie vor an eine der eher weniger netten Fabriken hier, weil er sich nicht traut, sich bei einer besseren zu bewerben, die aktuell Leute sucht, aber ihm, als er sich vor über einem Jahrzehnt für einen Ausbildungsplatz beworben hatte, eine Absage erteilt hatte.

Kurz vor Ladenschluss durch den Supermarkt gelaufen, Nahrungsbeschaffungsmaßnahmen durchführen. Total verpennt und wohl mehr oder weniger verwahrlost aussehend, aber das muss so. Opa Gaunt vorm Kühlregal getroffen, als die inzwischen nicht mehr ganz so neue Freundin vorgestellt worden. Reaktion überrascht, aber nicht unfreundlich. Eher neutral.
Ein Plüsch-Robbenbaby gesichtet, für toll und süüüüß und überhaupt ganz super und absolut besitzenswert befunden und nach einem Blick aufs Preisschild enttäuscht bis ansatzweise traurig zurückgelegt.
Ich mag Robben und Seehunde.
Ich mag Plüschtiere (man ist nie zu alt für Plüschtiere!).
Plüsch-Robben haben einen ganz großen Platz in meinem Herzen.
Aber nicht für 7,99 Euro.
Leider.

Auf der Terasse gesessen, die Nebelschwaden über der Kleinstadt beobachtet, die eigentlich ganz ok ist, und nachts sogar relativ schön.
In mich hineingehört und festgestellt, es ist alles gut.

Wieder reingegangen und nicht nur den inzwischen aus dem Proberaum zurückgekehrten Mr.Gaunt, sondern auch die Plüsch-Robbe auf dem Sofa vorgefunden.
Mal wieder geistig und emotional total überlastet gewesen. "Du kannst doch nicht einfach 7,99 für mich ausgeben!"
-"Doch."
Noch ein bisschen vor dem Fernseher gegammelt, ich hatte schon fast vergessen, wie laut und nervig Werbung sein kann.
Angekommen gefühlt.
Am nächsten Tag seiner Mutter wohl einen mittelschweren Schock verpasst, weil sie, zeitgleich anklopfend und den Kellerbunker betretend, mit meiner tendenziell eher unbekleideten Seitenansicht konfrontiert wurde.
Sehr schneller Rückzug ihrerseits, zum wiederholten Male die Ankündigung ihres Sohnes, den Bunker in Zukunft abschließen zu wollen.
Äußere, um ihn zu ärgern, ein "Würdste nich in deinem Alter wieder bei Mutti wohnen, hättste solche Probleme nicht!" und kann gerade noch schnell genug ausweichen, um nicht mit einem Arbeitspullover abgeworfen zu werden.
Blick auf die Uhr, doch schon so spät.
Schade.
Freies Wochenende gibts nur alle sechs Wochen.

Irgendwann dann doch mal auf den Heimweg gemacht. Vorbei an Mrs Gaunt, die sich nicht traut, mich anzuschauen, zum von diversen Dorfeingeborenen bereits misstrauisch beäugten Mayhemmobil.
Total verpennt, tendenziell wohl ein bisschen verwahrlost aussehend, mit Tasche, Duschtuch und einer Alditüte bepackt und einer 35cm-Plüschrobbe unterm Arm.

Alles wird gut.




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*Etwas anderes Studienfach, andere Stadt, nicht der Ursprungsplan, man kennt mich ja. Tendenziell wohl aber die bessere Entscheidung, bis jetzt zumindest. Weiß man ja vorher nie so genau.
Jedenfalls heißt es,mutmaßlich zum Sommersemester (Ja, Sommersemester. Auch nicht Plan A, aber weniger Ansturm und verbesserte Wohnungschancen sind ein Argument), sofern ich mir das nicht auch wieder anders überlege: Adios, Mayhemsdorf, Hallo Großstadt.




Montag, 7. Oktober 2013
"Ich kann das einfach nicht mehr."
Die Crackschlampe sieht mich an, mit so viel Herzschmerz und Seelenleid im Gesicht.
-"Ich doch auch nicht."
Vermutlich sehe ich genauso schlimm aus.
Sitzen am Teich, frierend und in tiefster, dunkelster Nacht, nach einer spontanen Flucht vom Geburtstag ihres Freundes.
"Aber er siehts einfach nicht." So viel Verzweiflung in diesem einen Satz.
Meine und ihre.
"Ich hab meine Arbeit gekündigt, um zu ihm zu können. Ich hab an meinem Geburtstag meine Freunde sitzen lassen und bin hierher. Ich hab ihm gesagt, was los ist. Aber er kapierts einfach nicht. Oder wills nicht kapieren. Und Rücksicht nehmen auch nicht."
-"Kennt man."
Eine Parallelstraße weiter tobt die Feier des Grinsebuddhas, der es irgendwie geschafft hat, 20 Menschen in seine winzige WG zu quetschen, sitzt der Raucher rum und ist Mr.Gaunt wieder der betrunkene (aber wenigstens halbwegs lustige) Alleinunterhalter des Abends.
"Ich kann das echt nicht mehr. Und ich hab nichtmal was zu rauchen. Könnt ich mir aber eh nicht leisten. Ich hab noch 30 Euro, dann bin ich pleite. Die 30 gehen für die Zugfahrt nach Hause drauf."
Sie sitzt so vor mir, ein Häufchen Elend, mit leergekotzter Seele. Hat alles rausgewürgt und mir erzählt, und gesagt, sie hat Angst.
Angst, weil ich zu viel verstehe, und es da viel zu viele Parallelen gibt.
Aber sie hat auch gesagt, dass es mal ganz gut ist, nicht alleine zu sein.
Säuferkinder unter sich, Erzeuger unbekannt, Restwelt verständnislos.
Auch mal eine Abwechslung.
"Mayhem, du solltest Schluss machen."
-"Was?"
"Du solltest Schluss machen. Ich hab euch reden gehört. Sein Rummgejammer von wegen, seine Exfreundinnen wären nie so gewesen, die hätten immer mitgefeiert, und er wüsste angeblich nicht, wie er damit umzugehen hätte. Bla bla. Genauso, dass er sich nicht vorstellen kann, mit dir auf ein Festival zu gehen. Für die Aussage hätt ich ihm eine reingehauen. Hinsetzen und jammern und schmollen kann ich auch, und nichts anderes macht er. Vorher einen auf verständnisvoll gemacht, und jetzt heult er dir die Ohren voll, dass du dich "nicht so anstellen" und "einfach machen" sollst, und dass es ihn ja soooo belastet, dass du Angst vor Menschen hast. Meine Fresse, das hat er von Anfang an gewusst. Und du schlägst dich echt gut, soweit ich das mitkriege. Du bist ja immer dabei, wenn was ist, und gibst dir ja auch Mühe. Und man muss außerdem echt nicht mit jedem Arschloch reden. Mach ich auch nicht."
-"Er hat mal gesagt, dass er das ja so cool findet, dass du immer mitfeierst und so auf die Leute zugehen kannst und alles."
"Ok, er ist echt nicht nur blöd, sondern auch total blind.
Was hab ich heute großartig gemacht? Getränke gemischt und mit dir geredet. Und sonst mit niemandem. Weil ichs nicht einsehe, mit Idioten, die ich nicht mag, zu reden, unds auch nicht lustig finde, wenn sich dreißigjährige Männer zusaufen wie zu Schulzeiten, dabei Türen kaputt machen und sonstwas und das auch noch sooooo toll finden. Ehrlich, such dir nen anderen Kerl, oder gleich n Weib, am Besten wieder in der Altersklasse oder älter, normalerweise haben die nämlich halbwegs nen Plan vom Leben. Und führen sich nicht so auf. Die nehmen manchmal sogar Rücksicht und alles."
-"Ich will aber niemand anderen."
Und diesmal weiß ich, dass ich das, was ich gesagt habe, auch so meine.
"Ja klar, das ist immer schwierig. Schau dir an, wie fertig ich wegen dem Grinsebuddha bin. Aber willst du echt dein Leben an nen Kerl verschwenden, der dir noch mehr Stress macht, als du eh schon hast, weil er zu bescheuert ist, um zu verstehen, dass bei manchen Problemen "einfach machen" eben sowas von überhaupt nicht hilft? Der kann noch so oft erzählen, dass er schon mit Essgestörten und genug Bekloppten zusammen war. Wenn ers nicht auf die Reihe kriegt, sich so zu verhalten, dass er seine depressive und verängstige Freundin nicht noch mehr kaputt macht, ist er auch nicht besser als die ganzen anderen Holzklötze da draußen."
-"Ich weiß nicht, ob er besser oder sowas ist. Aber ich will ihn nicht verlieren. Nicht an sowas. Vielleicht bin ich auch einfach zu blöd zum Erklären und er versteht es deshalb nicht."
Die Crackschlampe seufzt. " Er nimmt es einfach nicht ernst. Das ist das Problem. Er nimmts nicht ernst. Ist beim Grinsebuddha genauso. Da muss erst Legolas kommen und ihm sagen, hey, deiner Freundin gehts kacke aus den und den Gründen, und da bist du dran Schuld, nicht sie, damit er mal seinen Hintern hochkriegt. Und ganz ehrlich, so nen beschissenen Zustand haben wir nicht verdient."
-"Es ist ja nicht so, dass alles scheiße wäre. Eigentlich läuft es richtig gut und ich fühle mich zur Abwechslung mal absolut..angekommen, oder keine Ahnung, wie man das nennen soll. Es fühlt sich eben richtig an. "
"Wenn es nicht so traurig wäre, wäre das richtig episch filmreif, wie du so total fertig hiersitzt und fast heulst."
-"Mein halbes Leben ist filmreif. Deins übrigens auch."
"Jo, das auf jeden. Aber ich glaube, der Grinsebuddha hat in meinem keinen Platz mehr. Eigentlich weiß ich es sogar."
Sagt sie, der personifizierte Liebeskummer, und kippt ihr Rotwein-Cola-Gemisch, das sie mitgenommen hat, runter, und findet schließlich irgendwo in den Untiefen ihres überdimensionierten Stoffbeutels nicht nur eine Packung Taschentücher, sondern auch ihre Fassung wieder.
"Muss man halt durch, können wir jetzt auch nix dran ändern. Themawechsel, sonst hört das hier ja nie auf mit der Gefühlskotze.
Wenn ich echt in die Stadt, in die du nie wolltest, komme, und du da echt auch studierst, dann müssen wir ne WG aufmachen. Du hast Angst vor fremden Menschen, ich find sie einfach so zum Kotzen, ich putze gern, du backst ultragut, und wir haben beide sowas von nen Schlag."
-"Hast du ne Katzenhaarallergie oder so? Dann wirds schwierig."
"Nö, ich kann die Viecher nur nicht ausstehen. Aber die Katze vom Grinsebuddha ist ne Ausnahme, und deine ist bestimmt auch voll nett. Dann kann ich mich an die gewöhnen, und wenn du immer mal Rumkekse backst oder den einen abartig geilen Kuchen da, kannst du meinetwegen mit fünf Katzen einziehen."
Wäre eigentlich sogar eine Überlegung wert.
Also, die WG, nicht die fünf Katzen.
Zeit bleibt bis zum Sommersemester noch genug, und eine teilzeitmisanthropische, ebenfalls mittelschwer bekloppte Barkeeperin, die gerne sauber macht, als Mitbewohnerin zu haben, ist vermutlich auch nicht das Schlechteste, was einem passieren kann.
-"Könnten wir halt echt. Fängst du im Sommersemester an?"
"Nee, Wintersemester. Aber vielleicht komm ich schon früher her, je nach Geld."
-"Hm, ok, müssen wir dann halt mal schauen. Ich weiß nicht, wegen deinen diversen Konsummittelchen-"
"Ich kiff nur noch, alles andere ist zu teuer. Und auch das nicht mehr regelmäßig, weil ich kein Geld mehr hab. Wenns dich stört, kann ich damit aber auch in meinem Zimmer bleiben, oder auf den Balkon gehen, falls wir dann sowas haben."
-"Na dann."
"Kannsts dir ja überlegen. Bin mir auch noch nicht sicher, ob ich echt da hin gehe, aber wär schon ganz cool. Studierst du sicher da?"
-"Ja. Ich wollte eigentlich wo anders hin, aber vom Studienfach her ists in der Stadt, in die ich nie wollte, angenehmer, weil Informatik größtenteils wegfällt. Außerdem haben die nen relativ guten Ruf, mein geplantes Nebenfach klingt auch echt interessant und mit Glück kenne ich ein paar Leute. Oder wenn ich Pech habe, je nachdem, wie mans sieht."

Habe also, nach einer mehrstündigen Krisensitzung in eisiger Kälte, die eigentlich "nur mal schnell bisschen an die frische Luft, bis meine Nerven aufhören, zu flattern" hätte sein sollen, nicht nur eine ähnlich Geschädigte gefunden, sondern eventuell auch eine potenzielle Mitbewohnerin.
Ganz vielleicht auch eine neue Freundin.
Und davon abgesehen die Gewissheit, vor drei Monaten das Richtige getan zu haben, und dass Mr.Gaunt es sowas von wert ist.
Wie er das sieht? Wird man sehen.
Er versucht es. Manchmal. Glaube ich.
Ich versuche es.
Und warum einfach, wenn es auch schmerzhaft, mit dauerhafter Verlustangst beladen und sowieso hochemotional geht?
Irgendwie ist es das wert.
Zumindest im Moment.