Montag, 17. März 2014
In den letzten drei Wochen gab es keinen Tag, an dem ich nicht für mindestens ein paar Stunden beim Kater war.

Manchmal war alles gut, weil er so ist, wie ich es vor ein paar Monaten noch war. Weil ich nichts sagen muss; weil da irgendwie eine direkte mentale Autobahnverbindung zwischen seinem und meinem Hirn ist.

Manchmal ist die Welt untergegangen, weil er so ist, wie er ist. Oder weil sein eineiiger Zwilling im Geiste, der Knastbruder, ein Aggressionspotential jenseits von Gut und Böse hat, oder weil sein anderer Mitbewohner, der Otter, manchmal einfach ein Arschloch ist.
Oder weil zwischendurch planlos irgendwelche Junkies/Kleinkriminellen/Ehemalsnutten vor der Tür stehen und Drogen/Geld/Arbeit/Liebe und Zuneigung/ein Dach über dem Kopf wollen (Glauben Sie mir, das ist hier besser als RTL-Nachmittagsfernsehen!).

Irgendwann habe ich mich aufgerafft und wollte es ihm sagen.
Wollte sagen, Kater, du hast mein Herz nicht. Nicht zu hundert Prozent.
Ich weiß, dass es sich noch auf dem Weg von Mr.Gaunt zurück zu mir befindet, aber das ist es vielleicht nicht.
Da ist was, aber es reicht einfach nicht.
Du bist mir wichtig, aber nicht wichtig genug.
Das ist verknallt und physische Anziehung und der ganze andere Kram.
Aber ich weiß, wie ich bin, wenn ich liebe.
Und das tue ich gerade nicht.
Auch, wenn sich das, was da zwischen uns ist, nicht in Worte fassen lässt.

Dann hat er mir effektiv das Gleiche gesagt (bei ihm wurzelt es nicht in Herzschmerz, sondern in absoluter Beziehungsbeklopptheit) und seitdem weiß ich, was es heißt, wenn einem sowas von ein Stein vom Herzen fällt.
Und wie es ist, wenn man, muttihaft ausgedrückt, "nicht die Finger voneinander lassen kann".
Aber der Kater wäre ja nicht der Kater, wenn es ihm da mal anders ginge als mir.
Somit habe ich da also einen Kerl, der effektiv mein männliches Spiegelbild ist, nur physisch abgefuckter und zehn Monate älter,
mit dem mich irgendwas verbindet, was tiefer geht als Freundschaft,
aber bin mal wieder zu blöd, mich einfach zu verlieben (wäre ja zu einfach).
Der Kater wäre aber nicht der Kater, wenn es ihm da nicht genauso ginge, und somit haben wir jetzt TFGG* und spannenderweise sind da mal alle Beteiligten zufrieden damit.

Und weil der Kater zumindest etwas näher an der Unistadt wohnt und in seiner WG ein Zimmer frei ist, bin ich da in zwei Wochen übergangsweise drin, zumindest für ein paar Monate. Wenn alles gut geht.
Danach mutmaßlich auf in die Industriestadt, weil die genau in der Mitte zwischen der Tankstelle am Ende des Universums und der Uni liegt und somit beides für mich halbwegs erreichbar ist. Und für meine mutmaßlichen WG-Kollegen/-innen.


Keine Ahnung, was ich hier eigentlich mache, aber ich habe in dieser WG Menschen gefunden, die ich so schnell nicht mehr loslassen will.
Egal, ob sie im Knast waren, manchmal Panikattacken haben, jetzt mit der Nachbarin zusammen sind (Knastbruder), schlechte Frauenwitze reißen (der Otter), oder einfach genauso scheiße sind wie ich.


Vielleicht wird irgendwann alles gut.


Und ich habe endlich jemandem, mit dem a)TFGG* funktionieren könnte/wird und b) der sich sehr sehr gerne den Rücken aufkratzen lässt. Und so.
Ja, ich weiß, too much Information.
Aber ich wollte das mal erwähnt haben.




*= Tiefe Freundschaft mit Gelegentlichem Geschlechtsverkehr




Montag, 10. März 2014
....there is a heaven, let's keep it a secret
(Crucify Me - Bring me the Horizon)



"Meine Nieren arbeiten nur noch zu 60%. Ich hab Leberschäden, Probleme mit meinen Muskeln, oder dem, was noch von ihnen übrig ist; meine Zähne sind am Arsch und mein Zahnfleisch sowieso. Ich hab Löcher im Magen, in der Speiseröhre, in der Luftröhre, und in der Lunge.
Egal, wie sehr ich dich will, manchmal klappts einfach nicht und ich fühl mich wie der letzte Idiot.
Ich kann dir nicht sagen, ob ich dein Parfum mag, weil sich mein Geruchssinn so gut wie komplett verabschiedet hat.
In meiner ganz schlimmen Zeit hat mein Arzt zu mir gesagt: "Herr Kater, wenn Sie so weitermachen, werden Sie keine 25". Effektiv hab ich wahrscheinlich die körperliche Verfassung von einem Vierzigjährigen.
So sieht Sucht aus. Nicht so überlässig und obercool, wie sich das manche vorstellen. Da ist nichts destruktiv-wild-romantisches dran.
Ich hab alles durch und war der Held des Mischkonsums, hatte durchs Dealen 12.000 am Monatsanfang und keinen Cent mehr am Monatsende.
Und ich bin einfach nur kaputt.
Und ich will ihnen vor die Füße kotzen oder ins Gesicht schlagen, wenn ich höre, wie manche Kiddies ganz cool meinen, sie würden ja demnächst sonstwas "mal probieren" oder "immer mal" konsumieren.
Wobei, "Kiddies"..du oder ich, wir sind ja meistens auch nur ein, zwei Jahre älter als die."




Montag, 3. März 2014
Diverse Knutsch- und langsam aufblühende blaue Flecken, und grenzdebiles Grinsen, als meine Haare beim Duttöffnen zuhause nach ihm riechen.
Manches ändert sich wohl nie.

Keine Ahnung, was ich da eigentlich mache.
Oder ob das gut ist.
Oder was das wird.
Ich will ihn festhalten und vor ihm weglaufen, am Besten beides gleichzeitig.

Mein Hirn ist seltsam.
Seines auch.
Vermutlich verstehen wir uns deswegen so gut.

Vier (oder sind es schon fünf?) Jahre, ein Aufenthalt in der Geschlossenen (Hey, wir haben sogar die gleiche "Diagnose". Langsam können wir Bekloppten-Bingo spielen), das, was wohl seine Familie sein soll und diverse Abhängigkeiten haben ihn altern lassen.
So werden aus den beinahe 10 Monaten doch wieder beinahe zehn Jahre.

Inzwischen trinkt er Kaffee, wenn wir in der Stammkneipe sitzen. Alkohol nur, wenn wir uns das Getränk teilen.

Hatte sich zwischenzeitlich, entgegen seines früheren "das ist meine Art der Therapie", auf kalten Entzug gesetzt, weil er befunden hatte, dass es eben doch eher kontraproduktiv ist, wenn man seit seinem 14. Lebensjahr dauerzugedrogt oder/und besoffen ist, und hat es, entgegen seiner früheren Überzeugung, sowieso nichts auf die Reihe zu kriegen, geschafft.
Was bleibt, ist sein Dauerrauchen, das er mir zuliebe auf gefühlt nur noch alle 25 Minuten runterschraubt.

Vier Jahre, und dann steht er auf einmal bei mir in der Tanke, abgeranzt wie immer, aber nüchtern und clean und überhaupt, und es fängt so an, wie es damals nie hatte weitergehen können. Und ich weiß nicht, ob ich ihn festhalten, oder möglichst schnell wegrennen soll.
Eigentlich will ich beides.
Am Besten gleichzeitig.

Mein Herz (?) macht manchmal seltsame Sachen.




Samstag, 1. März 2014



Und dann bist du auf einmal wieder da.
Vier Jahre, zahllose Festivals, eine Weile im Ausland und diverse schlechte Tattoos später bist du wieder da, und von all den Tankstellenkunden, die jeden zweiten Tag ihre Familienpackung Tabak holen, bist du der, der nochmal zurückschaut, als er wegfährt.
Dessen Kumpel mich anquatscht, als ihr zehn Minuten später wieder da seid, "Wir können ja mal alle was am Wochenende machen".
Worauf ich ein ein ganz lockeres "klar, gerne" erwidere, einfach so, denn wenn ich etwas von Mr.Gaunt gelernt habe, dann ist es Spontanität.

Zwei Tage später muss ich deine Daten aufnehmen, weil du zu wenig Geld für den Sprit hast und habe Zeit, um deinen Perso zu studieren. Der Name, das Foto.
Und auf einmal ist alles wieder da, und du bist es dann auch und findest meinen Spontanvorschlag, mich auf einen Kaffee einzuladen, nicht mal schlecht.
Wenn ich etwas von Mr.Gaunt gelernt habe, dann ist es Furchtlosigkeit im Umgang mit anderen Menschen, also tue ich das einzig Vernünftige, rede dich tot und wieder lebendig, bis du um halb vier Uhr morgens zur Arbeit musst, und nachdem ich meine Krankschreibung (Sehnenscheideentzündung,yeeeeey!) in der Hand halte, bist du der Erste, dem ich schreibe und ihn frage, ob er abends schon was vor hat.


Einen Absteigenbesuch mit anschließender Kneipentour später landen die Mitgitarristin und ich doch irgendwie in deiner WG, und noch etwas später, als wir uns zu dritt auf das winzige Sofa gequetscht haben, beschließe ich, erneut das einzig Vernünftige zu tun. "Kater, mir's kalt. Ich missbrauch dich jetzt als Heizung, damit musst du jetzt einfach mal klarkommen".
-"Könnt mir Schlimmeres vorstellen".

Viel zu wenige Stunden später werde ich, nach 30 Minuten Schlaf, durch das Geschepper deiner Mitbewohner geweckt und wenig später von ihnen mit Frühstück versorgt und gar nicht mal so misstrauisch beäugt. Deinen Kumpel, den Knastbruder, kenne ich ja schon aus der Tanke, der Rest ghettoisiert so am Rande vor sich hin, bis ihr los müsst, eine andere Wohnung renovieren.

Als wir vor der Tür stehen, bekomme ich erst eine Umarmung und dann einen gefühlt zwei Millisekunden dauernden Kuss, lade auf dem Weg zurück zum Mayhemmobil meine Angst, ich könnte dir mehr Hoffnung , als im Nachhinein angebracht wäre, machen, irgendwie anders deine Gefühle verletzen und dich in raucherähnliche Abgründe stürzen, oder sonst irgendwie Mist bauen, bei der Mitgitarristin ab, die sich auch alles brav anhört und netterweise darauf verzichtet, mich darauf hinzuweisen, dass ich paranoid ohne Ende bin und außerdem schon wieder viel zu weit denke.


Vier Jahre.
Hätte ich dich nicht wieder angesprochen, wäre es noch länger geworden.
Vier Jahre, und jetzt bist du wieder hier. In der Kleinstadt, der guten. Nach wie vor mit total verhauenem Iro-Undercut-irgendwas, aber jetzt in fast schulterlang, und du trinkst fast nichts mehr, zumindest an diesem einen Abend.
Die Saufphase hast du hinter dir, hast du gesagt.
Dass du nicht werden willst, wie dein Vater war.

"Wir Säuferkinder müssen zusammenhalten."
Vier Jahre, in denen du so unendlich gealtert bist.
Ich noch viel mehr, sagst du. Dass du mich, bevor du mich wiedererkannt und dich erinnert hast, älter geschätzt hättest, obwohl ich fast ein Jahr jünger bin als du.
Fast 10 Monate.
Nicht fast 10 Jahre.

Keine Ahnung, was da los ist.
Aber ich freue mich auf heute Abend.
Auf die Stammkneipe, auf die Beinahe-Lehrerin samt Freund, den Postboten, der mich toller findet, als gut für ihn ist, und auch auf den ultimativen Kulturclash, wenn deine Knasti-Kiffer-Ghetto-WG auf sie trifft.
Und darauf, dich wieder zu sehen.



Keine Ahnung, was ich hier eigentlich mache.