Thema: von herzen
Der 1313. Tag von Just Listen. Wenn das kein Zeichen ist.
Als ich dich durch die Wohnungstür und in dein Zimmer bugsiere, während du lallend deinen kleinen Vortrag (Grundbegriffe der Betrunkosophie) für wenauchimmer beendest und anschließend dein Handy in einen der Schmutzwäschehaufen, die sich im Gang auftürmen, beförderst;
dich mit deiner Jacke zudecke, dir dein versifftes Kissen unter den Kopf schiebe und dabei die kleine Delle vom Schädelbasisbruch spüre,
dir die regennassen roten Haare möglichst schonend mit einem meiner Zopfgummis, die du mir sowieso ständig klaust, zusammenbinde, damit du dich im Schlaf weder strangulierst, noch skalpierst;
und als du aufwachst, wie du eben immer im Zweistundentakt aufwachst, um eine zu rauchen,
und es nicht mal mehr fertig bringst, dir eine zu drehen,
aber es schaffst, mich in die Arme zu nehmen, aus dem Nichts, bevor du mit einem "Ich hab dich lieb" wieder auf dein Ranzkissen zurücksinkst, eine Hand immer noch auf meinem Knie,
stelle ich fest, dass ich die bilderbuchmäßigste Co-Abhängige bin, die ich kenne.
Immer wieder.
Und dass es Zeit ist, zu gehen.
Schon wieder.
Vielleicht werden manchmal gerade die "Seelen" am rücksichtslosesten zur Rastlosigkeit gezwungen, die doch eigentlich nur nach Hause wollen.
Oder etwas, das sich so nennen ließe.
Fragen Sie mich nicht, warum.
Als ich dich durch die Wohnungstür und in dein Zimmer bugsiere, während du lallend deinen kleinen Vortrag (Grundbegriffe der Betrunkosophie) für wenauchimmer beendest und anschließend dein Handy in einen der Schmutzwäschehaufen, die sich im Gang auftürmen, beförderst;
dich mit deiner Jacke zudecke, dir dein versifftes Kissen unter den Kopf schiebe und dabei die kleine Delle vom Schädelbasisbruch spüre,
dir die regennassen roten Haare möglichst schonend mit einem meiner Zopfgummis, die du mir sowieso ständig klaust, zusammenbinde, damit du dich im Schlaf weder strangulierst, noch skalpierst;
und als du aufwachst, wie du eben immer im Zweistundentakt aufwachst, um eine zu rauchen,
und es nicht mal mehr fertig bringst, dir eine zu drehen,
aber es schaffst, mich in die Arme zu nehmen, aus dem Nichts, bevor du mit einem "Ich hab dich lieb" wieder auf dein Ranzkissen zurücksinkst, eine Hand immer noch auf meinem Knie,
stelle ich fest, dass ich die bilderbuchmäßigste Co-Abhängige bin, die ich kenne.
Immer wieder.
Und dass es Zeit ist, zu gehen.
Schon wieder.
Vielleicht werden manchmal gerade die "Seelen" am rücksichtslosesten zur Rastlosigkeit gezwungen, die doch eigentlich nur nach Hause wollen.
Oder etwas, das sich so nennen ließe.
Fragen Sie mich nicht, warum.
Ja, die Neigungsgruppe (siehe Video im letzten Eintrag) hats mir irgendwie angetan.
Sie wussten von Anfang an, dass ich seltsam bin, also gucken Sie jetzt nicht so...
Habe beschlossen, auf sämtliche WG-Gründungsversuche zu scheißen. Ständiges Hängengelassenwerden geht mir nämlich an die Substanz, und die ist schon marode genug vor lauter Herzschmerz.
Weshalb ich beschlossen habe, auch dem nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als unbedingt sein muss.
Hebel umgelegt, Hauptsache meilenweit weg vom Beziehungsmodus, die nächsten fünf Jahre am Besten.
Ausnahmsweise geht es mir sogar ganz gut damit; fühle mich wohl, Verbindlichkeiten sind eh doof und ich neige dazu, immer zerfleddert und total kaputt zurückgelassen zu werden.
Zudem fange ich langsam an, ansatzweise daran zu glauben, vielleicht doch so ein bisschen die coole Socke zu sein, für die mich manche Menschen halten wollen.
Deshalb suche ich eine Wohnung, in einem Vor- oder Nachbarort der Unistadt, weil ich da von Anfang an hin wollte, günstigere Preise, Wälder und Felder und Dorfidylle bis zum Erbrechen und die Chance auf tierfreundliche Vermieter.
Ich suche sie für mich alleine, und für die Katze, oder Katzen, mal schauen, wie sich das entwickelt.
Und ich werde meine zum Teil mindestens 40 Jahre alten Möbel reinstellen, und die Küche aus der ehemaligen WG Mr.Gaunts, die den tollsten Backofen der Welt hat, und meine Standlampe, und den Schminktisch, und meinen Leitpfosten, ohne dass sich da jemand drüber beschwert.
Und wer in geschlossenen Räumen kifft oder raucht oder sonstwas, bekommt eine gepaddelt, und wer ohne mich vorher zu fragen in meinem Bett vögelt, sowieso.
Ich will meine friedliche Idylle mit gelegentlichen schwarz- bis todemetallischen/elektronisch angehauchten/sonstwie gearteten Unterbrechungen, schlechtem Tanzen zu noch schlechterer Musik in beinahe leeren Gruftkellern, dann und wann einem Abstecher in irgendwelche obskuren Kneipen,
und einer Arbeit, bei der ich nicht auf der Abschussliste von irgendwelchen gefrusteten Chefstellvertreterinnen stehe.
Mit Katze(n), Axolotln, meinen Büchern und Natur, die den Namen auch verdient.
Und ich werde mich jetzt verdammt nochmal darum kümmern.
Amen.
Sie wussten von Anfang an, dass ich seltsam bin, also gucken Sie jetzt nicht so...
Habe beschlossen, auf sämtliche WG-Gründungsversuche zu scheißen. Ständiges Hängengelassenwerden geht mir nämlich an die Substanz, und die ist schon marode genug vor lauter Herzschmerz.
Weshalb ich beschlossen habe, auch dem nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als unbedingt sein muss.
Hebel umgelegt, Hauptsache meilenweit weg vom Beziehungsmodus, die nächsten fünf Jahre am Besten.
Ausnahmsweise geht es mir sogar ganz gut damit; fühle mich wohl, Verbindlichkeiten sind eh doof und ich neige dazu, immer zerfleddert und total kaputt zurückgelassen zu werden.
Zudem fange ich langsam an, ansatzweise daran zu glauben, vielleicht doch so ein bisschen die coole Socke zu sein, für die mich manche Menschen halten wollen.
Deshalb suche ich eine Wohnung, in einem Vor- oder Nachbarort der Unistadt, weil ich da von Anfang an hin wollte, günstigere Preise, Wälder und Felder und Dorfidylle bis zum Erbrechen und die Chance auf tierfreundliche Vermieter.
Ich suche sie für mich alleine, und für die Katze, oder Katzen, mal schauen, wie sich das entwickelt.
Und ich werde meine zum Teil mindestens 40 Jahre alten Möbel reinstellen, und die Küche aus der ehemaligen WG Mr.Gaunts, die den tollsten Backofen der Welt hat, und meine Standlampe, und den Schminktisch, und meinen Leitpfosten, ohne dass sich da jemand drüber beschwert.
Und wer in geschlossenen Räumen kifft oder raucht oder sonstwas, bekommt eine gepaddelt, und wer ohne mich vorher zu fragen in meinem Bett vögelt, sowieso.
Ich will meine friedliche Idylle mit gelegentlichen schwarz- bis todemetallischen/elektronisch angehauchten/sonstwie gearteten Unterbrechungen, schlechtem Tanzen zu noch schlechterer Musik in beinahe leeren Gruftkellern, dann und wann einem Abstecher in irgendwelche obskuren Kneipen,
und einer Arbeit, bei der ich nicht auf der Abschussliste von irgendwelchen gefrusteten Chefstellvertreterinnen stehe.
Mit Katze(n), Axolotln, meinen Büchern und Natur, die den Namen auch verdient.
Und ich werde mich jetzt verdammt nochmal darum kümmern.
Amen.
Thema: kurz gemeldet
28. Mai 14 | Autor: mayhem | 0 Kommentare | Kommentieren
Nach Weltuntergang folgt Bauwagenfete,
Nach Bauwagenfete folgt Triebeskalation,
nach Triebeskalation das Standardschuldgefühleweltuntergangsfluchtreflextheater, das mein Hirn dann immer mal veranstaltet.
Und der Postbote liegt da so ganz cool rum, alles ist ok und er der erste Mensch, in dem ich mich ansatzweise getäuscht habe. Kein Grund für Schuldgefühle. Alles bestens. Eigentlich sollte ich mich ausgenutzt bis beschmutzt fühlen, wäre es mir nicht auch nur darum gegangen (und das mit dem "beschmutzt"..ach, lassen wir das).
Morgens schaut mich seine Mutter an, als überlege sie, mich an den Wohnzimmersessel unterm Kruzifix zu fesseln, bis der für mich gerufene Exorzist da ist, der Postbote drückt mir ein Uni-Lunchpaket in die Hand und ich bewege mich immer noch zwischen absolutem Abgestoßensein (bayerische Frohnatur! Aber sowas von) und der Frage, was meine Hormone da eigentlich veranstalten.
"Ach weißte mayhem, Verliebtsein is das ja nicht.
Aber ich glaub, wir brauchen uns gerade einfach so ein bisschen.
Ich brauch dich, weil du mich runterfährst und so toll beruhigst, und weil du mir hilfst, mich an meine Grenzen zu halten.
Und du brauchst mich, um die, die du dir selbst gebaut hast, einzureißen."
Auf Triebeskalation folgt allerdings auch eine eins a Nierenbeckenentzündung
sowie ein paar Tage Krankenhaus, in denen nochmal kurz die Welt untergeht, als der Kater zur Hamsterfrau tuckert, dann nochmal, als ich so am Rande mitkriege, _wie_ lange Mr.Gaunt seine Neue eigentlich schon "kennt", und dann nochmal, als es regnet und das irgendwie alles aus dem mentalen Gulli wieder hochspült und auf die Synapsenstraßen presst wie Rattenkadaver aus der Kanalisation.
Auf die Krankenhausgrübelei folgt ein Semi-Aufraffen, und als ich wieder da bin, verkünde ich der WG Regeln, an die sie sich halten wollen und ich mich halten werde, damit wir das hier halbwegs hinkriegen, bis ich ausziehe.
Was eigentlich relativ bald gewesen wäre, die Chance wurde mir aber vor einer Stunde auch wieder zerdeppert.
Habe seitdem 16mm (Übersprungshandlungen? Ich? Aber sowas von!) in den untersten Ohrlöchern, außerdem mehr Antibiotikatabletten als verordnete Tagesdosis, als ich Freunde habe, nebenher der Hausärztin einen verbalen Einlauf verpasst, weil sie einfach so über Wochen einem (Ex-)Junkie alle zwei Tage eine Schachtel Tilidin oder Tramal verschreibt, ohne sich zu fragen, wo die alle hinwandern,
und jetzt mach ich mir verdammt nochmal die Nägel, das ist ja so kein Zustand mehr.
Nach Bauwagenfete folgt Triebeskalation,
nach Triebeskalation das Standardschuldgefühleweltuntergangsfluchtreflextheater, das mein Hirn dann immer mal veranstaltet.
Und der Postbote liegt da so ganz cool rum, alles ist ok und er der erste Mensch, in dem ich mich ansatzweise getäuscht habe. Kein Grund für Schuldgefühle. Alles bestens. Eigentlich sollte ich mich ausgenutzt bis beschmutzt fühlen, wäre es mir nicht auch nur darum gegangen (und das mit dem "beschmutzt"..ach, lassen wir das).
Morgens schaut mich seine Mutter an, als überlege sie, mich an den Wohnzimmersessel unterm Kruzifix zu fesseln, bis der für mich gerufene Exorzist da ist, der Postbote drückt mir ein Uni-Lunchpaket in die Hand und ich bewege mich immer noch zwischen absolutem Abgestoßensein (bayerische Frohnatur! Aber sowas von) und der Frage, was meine Hormone da eigentlich veranstalten.
"Ach weißte mayhem, Verliebtsein is das ja nicht.
Aber ich glaub, wir brauchen uns gerade einfach so ein bisschen.
Ich brauch dich, weil du mich runterfährst und so toll beruhigst, und weil du mir hilfst, mich an meine Grenzen zu halten.
Und du brauchst mich, um die, die du dir selbst gebaut hast, einzureißen."
Auf Triebeskalation folgt allerdings auch eine eins a Nierenbeckenentzündung
sowie ein paar Tage Krankenhaus, in denen nochmal kurz die Welt untergeht, als der Kater zur Hamsterfrau tuckert, dann nochmal, als ich so am Rande mitkriege, _wie_ lange Mr.Gaunt seine Neue eigentlich schon "kennt", und dann nochmal, als es regnet und das irgendwie alles aus dem mentalen Gulli wieder hochspült und auf die Synapsenstraßen presst wie Rattenkadaver aus der Kanalisation.
Auf die Krankenhausgrübelei folgt ein Semi-Aufraffen, und als ich wieder da bin, verkünde ich der WG Regeln, an die sie sich halten wollen und ich mich halten werde, damit wir das hier halbwegs hinkriegen, bis ich ausziehe.
Was eigentlich relativ bald gewesen wäre, die Chance wurde mir aber vor einer Stunde auch wieder zerdeppert.
Habe seitdem 16mm (Übersprungshandlungen? Ich? Aber sowas von!) in den untersten Ohrlöchern, außerdem mehr Antibiotikatabletten als verordnete Tagesdosis, als ich Freunde habe, nebenher der Hausärztin einen verbalen Einlauf verpasst, weil sie einfach so über Wochen einem (Ex-)Junkie alle zwei Tage eine Schachtel Tilidin oder Tramal verschreibt, ohne sich zu fragen, wo die alle hinwandern,
und jetzt mach ich mir verdammt nochmal die Nägel, das ist ja so kein Zustand mehr.
Thema: oh happy day.
"Der Krähen Klage dringt nicht an mein Ohr,
ich riss es aus meinem klagend' Gewissen.
Ich mordete alle Schatten hinfort,
die einst mich in Abgründe rissen
Auch hab ich das blut-rost'ge Messer
wohl unterm Kirschenbaum vergraben
und habe den Dämon der Rache
in meinen Träumen erschlagen"
Nach einem weiteren WG-Weltuntergang und der darauffolgenden Vorlesung finde ich mich auf einmal auf dem Weg ("Straße" kann man das ja nicht nennen) zum Postboten wieder, und nachdem ich das Mayhemmobil über diverse Berge (inklusive 90 Grad-Kurven und nur echt mit zweistelliger Steigung), die keine höhere Geschwindigkeit als 45 km/h zulassen, und Feldwege, auf denen es schon mir zu eng war und Traktorfahren wohl an olympischen Leistungssport grenzt, gequält habe, stehe ich dann irgendwann tatsächlich vor seiner Haustür.
Links Hühnerstall, rechts ultimativ flauschige Hasen, die grob geschätzt doppelt so groß sind wie Kater Mayhem, und vor mir ein circa achtjähriges Kind, das mich zunächst misstrauisch beäugt, um dann zu einer unter einer Strickjacke, einer geblümten Bluse, Gummistiefeln, einem schweren Rock, diversen Geschirrtüchern, einer Schürze und einem (absolut obligatorischen) Kopftuch begrabenen Frau zu flüchten, die aussieht, als ob sie mich gleich mit der Mistgabel, die sie in der rechten Hand hält, vom Hof jagen würde.
"Grüß Gott, ich wollt zum Postboten. Is der da?"
Die richtige Grußformel ist alles, das Gesicht der Frau hellt sich auf.
"Woarddemmoakuaz."
(Anmerk.d.Red. : Warte mal kurz/einen Moment bitte.)
Die Frau schubst das Kind samt Sportbeutel zur Hoftür raus. "Umochtbisdewiddadahemm!"
( Um acht Uhr erwarte ich dich wieder zu Hause.)
"Bostboooooooooooooooooot! Bewechdeinoarschher, d'hoasd B'such!"
(Postbote, komm doch bitte mal her, du hast Besuch.)
Nach diversen, kontinuierlich lauter werdenden und schließlich die ganze Nachbarschaft an die Fenster rufenden Versuchen ihrerseits, den Postboten (wo auch immer er gerade steckt) her zu bewegen, gibt die Kopftuchfrau auf, tritt einmal fest gegen eine Holztür und erklärt mir, einmal die Treppe hoch, dann links, dann die Balkontür eintreten, und im Flur dann die erste Tür rechts.
Die ich sowieso nicht hätte verfehlen können.
Zwei Chaossterne auf dem Türrahmen, ein Spongebobposter an der Tür, und dahinter unverständliches Geschrei auf voller Lautstärke, trotz dessen der Postbote mein Klopfen hört und mir öffnet, um mich anschließend so fest zu umarmen, dass mir kurz die Luft weg bleibt.
"Ach, schön, dass du her gefunden hast. Such dir irgendwo ne freie Ecke."
Zwischen unendlich vielen obskuren Elektrogeräten, die er wohl selbst gebaut hat, und noch mehr Pflanzen, die auf sämtlichen Fensterbänken, Regalen, und von Schränken herunter wuchern, finde ich einen Schaukelstuhl, neben dem sogar noch eine Ecke frei ist, in die ich meine Tasche stopfen kann.
"Erstmal Tee?"
-"Erstmal Tee."
"Weißt du, eigentlich ist das schon so eine Vorstufe oder Mutation von Verliebtsein. Wenn man vor jemandem sitzt, dem gerade die halbzerkauten Chips wieder aus dem Mundwinkel fallen, weil er so besoffen ist, und man ihn trotzdem noch ganz wunderbar findet, und das inzwischen so ziemlich jeden Abend.
Aber auf der anderen Seite ist es auch so, dass man jemandem, der einem was bedeutet, einen Platz in seinem Leben gibt.
Man sollte nicht auf verlorenem Posten darum kämpfen müssen, irgendwann doch zugelassen zu werden; darum, dass es eine zweite Chance gibt, und darum, dass "der Knastbruder mag Mayhem nicht" als das angesehen wird, was es ist, nämlich ein verdammt mieser Grund, dafür jemanden wegzuschubsen. Auszusetzen.
Mich wieder vom Boden aufzuheben und dann einfach wieder fallen zu lassen. "
Der Postbote und ich laufen querfeldein spazieren, an längst stillgelegten Bahngleisen vorbei, mitten ins Nirgendwo, und mit genug Abstand zum Dorf, den Menschen, der WG, und dem ganzen Rest, sodass ich reden kann.
-"Eigentlich hast du Recht. Ich weiß nicht, ich kann da nie so viel dazu sagen, wenn du was erzählst. Das ist immer alles so passend und endgültig, dass ich gar nicht weiß, was man noch hinzufügen könnte."
"Davon abgesehen, dass ich dich sowieso tot- und wieder lebendig rede und nicht zu Wort kommen lasse."
-"Ach, das passt schon so. Ist quasi wie Radio..."
"....zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus, ne?"
-"Endlich eine Frau, die mich versteht! Nee. Mehr so angenehme Hintergrundmusik. Du hast so ne eher dunkle, bisschen tiefere Stimme, und so einen angenehmen Sprechrhythmus, der erdet einen so schön."
"Bis jetzt bin ich dreimal innerhalb eines Monats gefragt worden, ob ich aus Thüringen komme, ich würde so klingen, und wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass ich wahlweise viel zu leise, oder viel zu laut spreche, und zu undeutlich. "Angenehm" hat dazu noch keiner gesagt."
-"Siehste mal. Ich bin halt nicht so, wie die Meisten."
Der Postbote ist nicht wie die Meisten.
Unsere Unterhaltungen sind stockend und unsicher, weil selbst ich gegen ihn die Meisterin des Gesprächsflusses bin, und wenn, dann rede die meiste Zeit ich, nach dem Motto "einfach alles raushauen, irgendwann wird schon was sinnvolles dabei sein".
Irgendwie schaffe ich es trotzdem, das peinliche Schweigen nur als Hintergrundgefühl einer Semi-Unterhaltung existieren zu lassen, während wir weiter durch die Gegend, die als Vorlage fürs Auenland (nur mit fünf Trilliarden Bergen, die wahllos in die Gegend geschmissen und verdammt hoch gezogen wurden) gedient haben muss, und schließlich wieder zurück Richtung Dorf laufen. Irgendwann fange ich an, die leicht irritierten, aber überraschend neutral-freundlichen Einwohner zurück zu grüßen, und als wir nach drei Stunden wieder im Zimmer des Postboten sitzen, in dem sich die Beleuchtung auf Klatschsignal einschalten lässt, und uns Nichtlustig-Videos und den von mir bis zum Erbrechen weiterempfohlenen Frosch!Metalbrother! (Wirklich, da lernen Sie noch was fürs Leben) zum tausendsten Mal ansehen, tickt die Gedankenamokherzschmerzbombe in mir tatsächlich langsamer.
Irgendwann muss der Postbote schlafen gehen, und weil er findet, dass die WG mir nicht gut tut, und ich ihm da eigentlich zustimmen muss, bleibe ich bei ihm.
Und weil der Postbote nicht ist, wie die Meisten, liegen wir so da, in der unteren Hälfte eines Hochbetts, halb versteckt hinter den Pflanzen, die von der oberen runterwuchern, unter einer Decke und ich als der kleine Löffel, wie sich das gehört, und er startet nicht einen Annäherungsversuch der sexuellen Art. Liegt einfach so da, atmet ruhig und tief und friedlich, sein Kopf ganz vorsichtig an meiner Schulter angelehnt, nur wenige Millimeter. Sämtliche Hände, Arme, Beine, Füße und sonstige Extremitäten bei sich. Nur ein paar Haarsträhnen haben sich verirrt und auf mich gelegt, trotz mehr als Hosenbundlänge nur ganz leicht, nicht so medusamäßig, wie das meine machen würden, würde ich nachts nur einen Pferdeschwanz, oder sogar offene Haare tragen.
Und er schnarcht nicht mal, und als er um fünf aufstehen muss, schafft er das, ohne mich zu wecken, sodass ich mich ganz gemütlich gegen elf ins Bad und kurz darauf so unauffällig wie möglich aus dem Haus schleichen kann (Sie kennen mich. Fremde Menschen, und so), das Mayhemmobil sattele und wieder Richtung Kleinstadt starte.
Die Bombe ist immer noch in mir.
Sie wird explodieren und ich weiß nicht, was dann noch von mir übrig ist.
Aber sie tickt langsamer, für den Moment.
Und wenn er auch ein nervtötend optimistischer, teilweise nicht gerade feinfühliger, vieles nicht verstehender, so gar kein bisschen geschädigt-zerlegter, höchstens ein bisschen zerfledderter Mensch ist; er ist ein Mensch, ein lebendiger, der sich weder von Klischees, noch von irgendwelcher Scheiße hinter Masken oder auf den Boden drücken lässt, sondern mit beiden Füßen fest darauf steht.
Weiß nicht, ob mir das gut tun soll oder nicht.
Fest steht, ich bin verwirrt.
Und ich habe nicht das Bedürfnis, diesen Zustand so schnell aufzulösen.
-------------------------
Zitat aus Frühling von Nargaroth. Aus dem Album Jahreszeiten, das sowieso sehr tolle Texte hat und musikalisch überraschend vielseitig ist, das Black Metal-Etikett sollte einen da nicht abschrecken.
ich riss es aus meinem klagend' Gewissen.
Ich mordete alle Schatten hinfort,
die einst mich in Abgründe rissen
Auch hab ich das blut-rost'ge Messer
wohl unterm Kirschenbaum vergraben
und habe den Dämon der Rache
in meinen Träumen erschlagen"
Nach einem weiteren WG-Weltuntergang und der darauffolgenden Vorlesung finde ich mich auf einmal auf dem Weg ("Straße" kann man das ja nicht nennen) zum Postboten wieder, und nachdem ich das Mayhemmobil über diverse Berge (inklusive 90 Grad-Kurven und nur echt mit zweistelliger Steigung), die keine höhere Geschwindigkeit als 45 km/h zulassen, und Feldwege, auf denen es schon mir zu eng war und Traktorfahren wohl an olympischen Leistungssport grenzt, gequält habe, stehe ich dann irgendwann tatsächlich vor seiner Haustür.
Links Hühnerstall, rechts ultimativ flauschige Hasen, die grob geschätzt doppelt so groß sind wie Kater Mayhem, und vor mir ein circa achtjähriges Kind, das mich zunächst misstrauisch beäugt, um dann zu einer unter einer Strickjacke, einer geblümten Bluse, Gummistiefeln, einem schweren Rock, diversen Geschirrtüchern, einer Schürze und einem (absolut obligatorischen) Kopftuch begrabenen Frau zu flüchten, die aussieht, als ob sie mich gleich mit der Mistgabel, die sie in der rechten Hand hält, vom Hof jagen würde.
"Grüß Gott, ich wollt zum Postboten. Is der da?"
Die richtige Grußformel ist alles, das Gesicht der Frau hellt sich auf.
"Woarddemmoakuaz."
(Anmerk.d.Red. : Warte mal kurz/einen Moment bitte.)
Die Frau schubst das Kind samt Sportbeutel zur Hoftür raus. "Umochtbisdewiddadahemm!"
( Um acht Uhr erwarte ich dich wieder zu Hause.)
"Bostboooooooooooooooooot! Bewechdeinoarschher, d'hoasd B'such!"
(Postbote, komm doch bitte mal her, du hast Besuch.)
Nach diversen, kontinuierlich lauter werdenden und schließlich die ganze Nachbarschaft an die Fenster rufenden Versuchen ihrerseits, den Postboten (wo auch immer er gerade steckt) her zu bewegen, gibt die Kopftuchfrau auf, tritt einmal fest gegen eine Holztür und erklärt mir, einmal die Treppe hoch, dann links, dann die Balkontür eintreten, und im Flur dann die erste Tür rechts.
Die ich sowieso nicht hätte verfehlen können.
Zwei Chaossterne auf dem Türrahmen, ein Spongebobposter an der Tür, und dahinter unverständliches Geschrei auf voller Lautstärke, trotz dessen der Postbote mein Klopfen hört und mir öffnet, um mich anschließend so fest zu umarmen, dass mir kurz die Luft weg bleibt.
"Ach, schön, dass du her gefunden hast. Such dir irgendwo ne freie Ecke."
Zwischen unendlich vielen obskuren Elektrogeräten, die er wohl selbst gebaut hat, und noch mehr Pflanzen, die auf sämtlichen Fensterbänken, Regalen, und von Schränken herunter wuchern, finde ich einen Schaukelstuhl, neben dem sogar noch eine Ecke frei ist, in die ich meine Tasche stopfen kann.
"Erstmal Tee?"
-"Erstmal Tee."
"Weißt du, eigentlich ist das schon so eine Vorstufe oder Mutation von Verliebtsein. Wenn man vor jemandem sitzt, dem gerade die halbzerkauten Chips wieder aus dem Mundwinkel fallen, weil er so besoffen ist, und man ihn trotzdem noch ganz wunderbar findet, und das inzwischen so ziemlich jeden Abend.
Aber auf der anderen Seite ist es auch so, dass man jemandem, der einem was bedeutet, einen Platz in seinem Leben gibt.
Man sollte nicht auf verlorenem Posten darum kämpfen müssen, irgendwann doch zugelassen zu werden; darum, dass es eine zweite Chance gibt, und darum, dass "der Knastbruder mag Mayhem nicht" als das angesehen wird, was es ist, nämlich ein verdammt mieser Grund, dafür jemanden wegzuschubsen. Auszusetzen.
Mich wieder vom Boden aufzuheben und dann einfach wieder fallen zu lassen. "
Der Postbote und ich laufen querfeldein spazieren, an längst stillgelegten Bahngleisen vorbei, mitten ins Nirgendwo, und mit genug Abstand zum Dorf, den Menschen, der WG, und dem ganzen Rest, sodass ich reden kann.
-"Eigentlich hast du Recht. Ich weiß nicht, ich kann da nie so viel dazu sagen, wenn du was erzählst. Das ist immer alles so passend und endgültig, dass ich gar nicht weiß, was man noch hinzufügen könnte."
"Davon abgesehen, dass ich dich sowieso tot- und wieder lebendig rede und nicht zu Wort kommen lasse."
-"Ach, das passt schon so. Ist quasi wie Radio..."
"....zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus, ne?"
-"Endlich eine Frau, die mich versteht! Nee. Mehr so angenehme Hintergrundmusik. Du hast so ne eher dunkle, bisschen tiefere Stimme, und so einen angenehmen Sprechrhythmus, der erdet einen so schön."
"Bis jetzt bin ich dreimal innerhalb eines Monats gefragt worden, ob ich aus Thüringen komme, ich würde so klingen, und wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass ich wahlweise viel zu leise, oder viel zu laut spreche, und zu undeutlich. "Angenehm" hat dazu noch keiner gesagt."
-"Siehste mal. Ich bin halt nicht so, wie die Meisten."
Der Postbote ist nicht wie die Meisten.
Unsere Unterhaltungen sind stockend und unsicher, weil selbst ich gegen ihn die Meisterin des Gesprächsflusses bin, und wenn, dann rede die meiste Zeit ich, nach dem Motto "einfach alles raushauen, irgendwann wird schon was sinnvolles dabei sein".
Irgendwie schaffe ich es trotzdem, das peinliche Schweigen nur als Hintergrundgefühl einer Semi-Unterhaltung existieren zu lassen, während wir weiter durch die Gegend, die als Vorlage fürs Auenland (nur mit fünf Trilliarden Bergen, die wahllos in die Gegend geschmissen und verdammt hoch gezogen wurden) gedient haben muss, und schließlich wieder zurück Richtung Dorf laufen. Irgendwann fange ich an, die leicht irritierten, aber überraschend neutral-freundlichen Einwohner zurück zu grüßen, und als wir nach drei Stunden wieder im Zimmer des Postboten sitzen, in dem sich die Beleuchtung auf Klatschsignal einschalten lässt, und uns Nichtlustig-Videos und den von mir bis zum Erbrechen weiterempfohlenen Frosch!Metalbrother! (Wirklich, da lernen Sie noch was fürs Leben) zum tausendsten Mal ansehen, tickt die Gedankenamokherzschmerzbombe in mir tatsächlich langsamer.
Irgendwann muss der Postbote schlafen gehen, und weil er findet, dass die WG mir nicht gut tut, und ich ihm da eigentlich zustimmen muss, bleibe ich bei ihm.
Und weil der Postbote nicht ist, wie die Meisten, liegen wir so da, in der unteren Hälfte eines Hochbetts, halb versteckt hinter den Pflanzen, die von der oberen runterwuchern, unter einer Decke und ich als der kleine Löffel, wie sich das gehört, und er startet nicht einen Annäherungsversuch der sexuellen Art. Liegt einfach so da, atmet ruhig und tief und friedlich, sein Kopf ganz vorsichtig an meiner Schulter angelehnt, nur wenige Millimeter. Sämtliche Hände, Arme, Beine, Füße und sonstige Extremitäten bei sich. Nur ein paar Haarsträhnen haben sich verirrt und auf mich gelegt, trotz mehr als Hosenbundlänge nur ganz leicht, nicht so medusamäßig, wie das meine machen würden, würde ich nachts nur einen Pferdeschwanz, oder sogar offene Haare tragen.
Und er schnarcht nicht mal, und als er um fünf aufstehen muss, schafft er das, ohne mich zu wecken, sodass ich mich ganz gemütlich gegen elf ins Bad und kurz darauf so unauffällig wie möglich aus dem Haus schleichen kann (Sie kennen mich. Fremde Menschen, und so), das Mayhemmobil sattele und wieder Richtung Kleinstadt starte.
Die Bombe ist immer noch in mir.
Sie wird explodieren und ich weiß nicht, was dann noch von mir übrig ist.
Aber sie tickt langsamer, für den Moment.
Und wenn er auch ein nervtötend optimistischer, teilweise nicht gerade feinfühliger, vieles nicht verstehender, so gar kein bisschen geschädigt-zerlegter, höchstens ein bisschen zerfledderter Mensch ist; er ist ein Mensch, ein lebendiger, der sich weder von Klischees, noch von irgendwelcher Scheiße hinter Masken oder auf den Boden drücken lässt, sondern mit beiden Füßen fest darauf steht.
Weiß nicht, ob mir das gut tun soll oder nicht.
Fest steht, ich bin verwirrt.
Und ich habe nicht das Bedürfnis, diesen Zustand so schnell aufzulösen.
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Zitat aus Frühling von Nargaroth. Aus dem Album Jahreszeiten, das sowieso sehr tolle Texte hat und musikalisch überraschend vielseitig ist, das Black Metal-Etikett sollte einen da nicht abschrecken.