Die Katzen bekommen einen Trinkbrunnen und ich mal wieder Finanzpanik, also nehme ich einen Auftrag an, der heute Nacht fertig werden muss.
Produktbeschreibungen, feminines Mädchenzeug, sowas.

Für den Kunden habe ich schon mal geschrieben; sie waren so vermessen, mir vier von fünf Sternen in der Bewertungsskala zu geben, haben meine Texte aber komplett unverändert auf ihre Seite übernommen, ich habe interessehalber mal nachgeschaut; wunderschön.

Überhaupt - da sitzt ein Hersteller, der gerne hätte, dass sein Mode-Style-Kram besonders ist, gibt das als Auftrag an Online-Texer-Vermittlungs-Seiten weiter und hofft einfach, dass unter den ganzen Studenten, Akademikern und sonstigen verzweifelten Seelen jemand ist, der sich zwar unter Wert verkauft, aber trotzdem gut genug arbeitet.

Und dann sitze da ich, vermutlich andere Ecke des Landes, Freitagnacht, wenn andere feiern gehen, nach was-weiß-ich-wie-vielen-Tagen ohne Haarwäsche, und stelle mir vor, eine junge Frau mit zu viel Geld, zu wenig Persönlichkeit und einem Gespür für Trends zu sein.
Schreibe da was zusammen, immer wieder spaßig, sich für Produkte, die, bis auf ein winziges Detail, komplett gleich sind, vollkommen unterschiedliche Beschreibungen zu basteln,
und google den Auftraggeber
und schaue mir das so an
und bin mächtig stolz.

Da verkauft jemand Sachen, die noch viel teurer sind, als ich eigentlich dachte, und sie haben Namen, die ich mir ausgedacht habe, ud Beschreibungen, die ich getextet habe!
Mein Hirnschmalz, Herzblut (generell, und auch bei Fashionkram - ich bin Germanistin, und wenn ich schreibe, so richtig, für mehr als den Selbstzweck, dann mache ich das ordentlich. Go gscheid or go home), ein paar Mililiter E-Liquid, wenn das so weiter geht, insgesamt locker eine halbe Flasche Wein* sind da reingeflossen, und es steht genau so, wie ich es geschrieben habe, auf der Seite.
Wenn Sie spontan beschließen, Ihrem inneren Fashion-Girl Ausdruck zu verleihen, indem Sie Ihr halbes Gehalt zum Fenster rausschmeißen in schöne Dinge investieren, kann es sein, dass es gerade meine Produktbeschreibung ist, die Ihr Gehirn da hin schubst.
Sie werden es niemals erfahren, ich werde es niemals erfahren; höchstens, wenn wir uns mal begegnen und ich eines der beworbenen Stücke an Ihnen wieder erkenne.

Ich feier mich gerade schon ein bisschen.
Dafür, dass ich mit der Texterei was gefunden habe, was ich gerne mache und eventuell dennoch als EInnahmequelle nutzen kann.
Keine Ahnung, wie ich sowas jemals in eine Referenzmappe packen soll, aber es macht mir Spaß.
Das schimpfen und fluchen und meckern, das Kichern über Klischeekram, der Luxus, Freitagnacht in meinem Bett zu sitzen und gegen die Einsamkeit und den finanziellen Ruin anzuschreiben, Cent für Cent und Euro für Euro.
Ich könnte so leben.
Ehrlich, ich könnte mir vorstellen, so zu leben - schreiben, Therapie, Theater, schreiben, zwischendurch mal soziale Kontakte pflegen und Lebensmittel einkaufen, schreiben.
In Zielgruppengehirne kriechen und sie auf links krempeln, method acting ist mein Schreibstil, und er funktioniert.
Also, wenn ich funktioniere. Das ist ja so eine Sache.
Aber hey, ich arbeite dran.

Wie auch an meinen Produktbeschreibungen - zu denen könnte ich mal wieder zurückkehren.
Aber ich wollte das gerade hier festhalten, den Positivmoment - er trübt sich wieder ein mit der Frage, warum ich alles mögliche betexten kann außer meinem Unikram, und meine Handgelenke (diesmal betont rechts, letztes Mal war es eher das linke) möchten mich erneut darauf hinweisen, dass wir in letzter Zeit sowohl handschriftlich als auch am PC ein bisschen sehr aktiv sind, aber dann soll das halt versuchen, mir die Laune zu verderben.
Mir auch egal.
Mein Sechzehntel Rotwein ist geleert, ich überlege, ob ich mir noch eines einschenke und damit dann diese Woche ein Achtel getrunken habe. Und wie ich drei Produkten, die, abgesehen von einem winzigen kleinen Detail, vollkommen gleich sind, drei vollkommen unterschiedliche Beschreibungen zuteil werden lassen soll. Schon wieder.

Wäre das mein richtiger, echter, hauptberufmäßiger Job, ich fänd's geil.

Scheiß auf den Traummann/die Traumfrau, das Eigenheim (meine Studienkreditschulden sind hoch genug, um anderen Menschen, je nach Gegend, das ihre zu finanzieren), ich hab' sowas von gewonnen.
Keine Million und keine Life Goals der beeindruckenden Art, aber eine Identität als pflanzensammelnde, katzenherdehaltende, düstermetallische Spätnachtstexterin (added Bonus: Langzeitstudium, Lebenskrisen, Kopfkrieg).
Vielleicht ist das für andere nicht viel, aber für mich ist es schon ziemlich nahe an Perfektion.

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*Entgegen des eventuell entstehenden Eindrucks habe ich kein Alkoholproblem - getrunken wird bei der Arbeit seltenst, vorwiegend in Nacht- oder Stressschichten, und auch nur als mentales Gleitmittel, wenn ich mal wieder in die Gehirne solcher Kundengruppen reinflutschen muss





arboretum, Samstag, 30. November 2019, 08:13
Gute Besserung den Handgelenken.

Mir helfen seit vielen Jahren Gelauflagen* für die Handgelenke, sowohl vor der extra Tastatur* als auch vor der Maus. Ohne beides bekam ich an der rechten Hand eine Handwurzelknochenreizung, was mir für lange, lange Zeit so eine spezielle Bandage einbrachte. Ich bin froh, dass ich ohne arbeiten kann.

* Textilbezug ist angenehmer als Plastik, nicht nur im Sommer
** ist angenehmer als mit der Laptoptastatur zu arbeiten, da bekomme ich sonst sofort Probleme


mayhem, Dienstag, 3. Dezember 2019, 17:53
Danke :)

Teilweise bin ich relativ sicher auch selbst schuld, ich arbeite häufiger auf dem Sofa oder Bett lungernd und katzen- oder plüschtierkuschelnd als "ordentlich" am Schreibtisch.

Wobei es an "richtigen Arbeitsplätzen" teilweise schlimmer war/ist als so, irgendwie scheinen meine Körpergröße und manche Büroeinrichtung eine seltsame Kombination zu sein...im Praktikum war es v.a.gegen Ende, als wir sehr viel Output hatten, unangenehm in Sachen Handgelenke ("richtige" Tastatur, Auflage dazu und ergonomisches Sitzmobiliar vorhanden), und das Uni-Mobiliar, die dazugehörigen Rechner und ich werden vermutlich auch keine Freunde (was allerdings schon damit anfängt, dass ich mir dort wie eine Riesin im Puppenhaus vorkomme - ohne mich irgendwie in mir selbst zu falten krieg ich meine Beine dort nicht unter, und das Verhältnis Tischhöhe - Mayhem-Höhe ist generell eher suboptimal).
Jetzt, wo ich das so schreibe, fällt mir auf, dass es vielleicht doch gar nicht so schlimm ist, dass ich, gerade an schlechten Tagen, vom Sofa oder Bett aus arbeite - da krieg' ich im Allgemeinen nicht so schnell Schmerzen und auch nicht immer.

Über 'ne Bandage habe ich schon ein paar Mal nachgedacht, auch ohne erhöhte Arbeitslast ist das mit den Gelenkschmerzen ja immer wieder Thema (lt. Arzt relativ sicher aufgrund der Borreliose-Geschichte) und ich kann zwar Knie/Beine/Füße schonen, aber Hände braucht man halt doch für so ziemlich alles.


arboretum, Freitag, 6. Dezember 2019, 13:03
Die guten Bandagen sind leider ziemlich teuer, aber bei Beschwerden kann man sich die auch vom Arzt verschreiben lassen, Orthopäden machen das.

So ergonomisch, dass die Tischhöhe verstellbar ist, war der Schreibtisch im Praktikum dann wohl leider doch nicht. Solches Mobiliar ist aber erst recht teuer. In den Hörsälen mit Klappsitzen und -tischen bekam ich auch immer die Krise, weil ich nicht gescheit Platz für die Beine hatte. Weiß gar nicht, wie das die hochgewachsenen Studis aushielten.


mayhem, Sonntag, 8. Dezember 2019, 23:04
D.h. ich sollte eventuell einen Orthopäden auf die wachsende Liste an Ärzten, bei denen ich mal wieder vorstellig werden müsste, setzen, wenn es nicht besser wird.


Hörsaal- Akrobatik! :D
Ich versuche meistens, am Gang zu sitzen, damit ich meine Beine in eben diesen ausstrecken kann, oder sie unterm Sitz nach hinten anzuwinkeln, sofern dafür genug Platz ist. Beine übereinander schlagen wäre schon cool, das hab ich aber aufgegeben, zumindest, wenn eine Tischplatte vorhanden ist oder vorhanden sein sollte. Und wenn ich mir so oder so bereits die Knie anschlage, gehts halt auch nicht.
Ein ehemaliger Kommilitone, der etwas über 2m groß ist, hat bei enger Bein-Zusammenfaltung einen Schneidersitz hinbekommen und fand das immer noch bequemer als die Alternativen, manchmal ist er aber auch bewusst als einer der letzten in den Saal gekommen, dann konnte/"musste" man nämlich auf den Treppen sitzen.
Die Verlagerung von Vorlesungssälen in Seminarräume hat dazu geführt, dass die Klappmobiliar-Challenge wegfällt und nur noch die regulären Probleme mit Tischplatten (generell meine Feinde) und den Stühlen bestehen, die sind aber an sich gut händelbar, ich wechsle einfach etwas öfter die Position/die Art, wie ich mich zusammen falte. Als kleiner Mensch ist das aber vermutlich auch nicht immer optimal, an meiner Fakultät ist eine Frau, die sich immer einen kleinen Hocker mit in die Kurse nimmt, weil ihre Füße nicht bis zum Boden runter reichen. :)

sid, Donnerstag, 5. Dezember 2019, 04:23
Nachdem ich nie zum Kommentieren komme, muß der Mittelschlaf (Prioritäten setzen *g*) herhalten - nun denn...

Ich feier mich gerade schon ein bisschen.
Bin dafür, daß Sie sich ganz ordentlich feiern - das ist ein toller Erfolg!
Warum das eine geht, aber das andre (derzeit Wichtigere) wird immer ein Geheimnis bleiben. Nur so viel: Damit sind Sie nicht allein.
Nur Mut, der Unikram wird auch noch rutschen, weil können tun Sie es ja : )

Ich finde es toll, daß Ihre Text so komplett übernommen werden. Gut ausdrucken, aufheben und tatsächlich in die Mappe packen : ))
Und jetzt bitte: feiern Sie sich bisserl mehr *g*


mayhem, Sonntag, 8. Dezember 2019, 23:07
Damit sind Sie nicht allein.
Das ist immer noch einer der hilfreichsten Sätze, die man mir sagen kann. :)
Ein paar Theorien zur Uni-Blockade habe ich, aber der Umgang damit ist zumindest aktuell dringender als die Ursachensuche.

Mappe könnte ich überhaupt mal anlegen - im Praktikum wurde mir untersagt, meine dort verfassten Texte dafür zu nutzen, ich könne ja, wenn ich will und Zeit habe, zusätzlich welche dafür verfassen; wenn das aber während der Arbeitszeit, oder in Themenbereichen, die ggf für das Unternehmen tauglich sind, stattfindet, gehören sie auch automatisch dem Unternehmen, hieß es.
Weiß nicht, ob so ein paar lumpige Excel-Tabellen und Mini-Produktbeschreibungen so viel her machen?
Aber irgendwo muss ich mit dem Mappendings ja mal anfangen.

arboretum, Dienstag, 10. Dezember 2019, 10:34
Apropos Borreliose: Eine Bekannte von mir hat die sich vor einigen Jahren beim Joggen eingefangen, dass der Zeckenbiss nicht harmlos war, wurde zu spät bemerkt.. Sie hat anfangs Antibiotika bekommen, wollte die aber nicht wochenlang nehmen. Sie hat die Borreliose dann erfolgreich mit Artemisiua annua behandelt. In der kommenden Woche sehe ich die Bekannte, ich kann sie ja nochmals genauer danach fragen.


mayhem, Dienstag, 10. Dezember 2019, 22:09
Puuh, beim vorzeitigen Absetzen von Antibiotika bin ich etwas skeptisch.
Die Antibiotika-Behandlung ist bei mir aber sowieso schon vorbei und ich aus der Akut-Phase auch eine ganze Weile draußen, regulär sollte das ganze also vorbei sein.
Es besteht auch immer noch die Möglichkeit, dass es kein Borreliose-Folge-Kram ist, aber die Version ist bisher schlicht am Wahrscheinlichsten.


arboretum, Mittwoch, 11. Dezember 2019, 10:34
Sie hat meines Wissen schon einige Zeit Antibiotika genommen. Es ging wohl darum, ob sie es noch weiternimmt. Ich lass mir das nochmals genauer erzählen.


mayhem, Mittwoch, 11. Dezember 2019, 17:58
Ok, ich wollte da auch nichts unterstellen - weiß nur, dass es bei manchen Erkrankungen ziemlich ungünstige Verläufe ergeben kann, wenn die Antibiotika zu früh abgesetzt werden :/